Reaktionen der Diazoniumsalze - Substitution der Diazoniumgruppe
a) Verkochen von Diazoniumsalzen (SN über Arylkationen) b) Balz-Schiemann-Reaktion zur Einführung von Fluor Thermolyse von Diazoniumtetrafluoroboraten unter Bildung von fluorierten Aromaten c) Sandmeyer-Reaktion: Einführung von Halogenen (außer Fluor), Cyanogruppen oder Sulfinsäuregruppen (Cu/SO2) in Aromaten radikalische Reaktion zwischen Diazoniumsalzen und Cu(I)-Salzen Die Cu-Ionen wirken als Elektronenakzeptor und als Elektronendonator (Sandmeyer-Katalysator) Iodierung: Iod reagiert anstelle von CuI, da Iodidionen katalytisch wirken Konkurrenzreaktionen: Bildung von Phenolen (SN), Biarylen oder Azoverbindungen (SE)
Reaktionen der Diazoniumsalze - Reaktionen der salpetrigen Säure mit CH-aciden Verbindungen
Reaktionsfähigere CH-acide Verbindungen (mit mind. einer Nitro-, Oxo-, zwei Carboxy- oder Estergruppen in α-Stellung) können mit Natriumnitrit in Gegenwart von z.B. Eisessig nitrosiert werden Die Reaktion entspricht der sauer katalysierten Aldolreaktion Die gebildeten Nitrosoverbindungen tautomerisiert i.d.R. unter Ausbildung der Isonitrosoform (Oxim!)
präparative Bedeutung der Nitrosierung
- Synthese von α-Aminocarbonylverbindungen (Reduktion) - Synthese von α-Dicarbonylverbindungen (Hydrolyse) Bsp.: Synthese von Isonitrosomalonsäureestern bei schwach CH-aciden Verbindungen kann die Reaktion durch starke Basen gestartet werden Die Reaktion entspricht dann der Claisen-Esterkondensation
Reaktivität der Carbonsäuren
- O-Atom der Carbonylgruppe nucleophiles Zentrum, Angriff durch Elektrophile - C-Atom der Carbonylgruppe elektrophiles Zentrum, Angriff durch Nucleophile - Carboxygruppe ist planar, sp2-hybridisiert - Hydroxygruppe ist schlechte Abgangsgruppe - H-Atom der Hydroxygruppe ist acide
Carbonsäuren - allgemeines
- Nomenklatur i.d.R. als Alkancarbonsäuren (Stammalkan + Säure) - Salze: Carboxylate bzw. Alkanoate (Stammalkan + oat) - Gewinnung: Oxidation von prim. Alkoholen, Aldehyden, Hydrolyse von Carbonsäurederivaten, etc. - Carbonsäuren dimerisieren leicht über Sauerstoffbrücken
Carbonsäurederivate: Reaktivitätsreihe
Abnahme der Reaktivität von oben nach unten Carbonsäurechlorid Carbonsäureanhydrid Carbonsäureester Carbonsäureamid
Carbonsäuren: Analytik
Benzylamid- und Anilid-Bildung (Schmelzpunkt) Esterbildung mit 4-Bromphenacylbromid (Schmelzpunkt) Nachweis über Hydroxamsäuren (rot-violett)
Carbonsäurechloride
- Carbonsäurechloride sind Acylierungsreagenzien - Einsatz zur Gewinnung von Carbonsäurederivaten mit geringerer Carbonylreaktivität - Synthese aus Carbonsäuren und anorganischen Säurechloriden, z.B. Thionylchlorid - das Anfangen der freiwerdenden Salzsäure durch Hilfsbasen ist insbesondere bei basischen Nucleophilen notwendig (Einhorn: Pyridin, Schotten-Baumann: wäss. Alkali)
Carbonsäureanhydride und Ketene
- Anhydride entstehen (formal) durch Wasserabspaltung aus 2 Molekülen Carbonsäure bzw. 2 Carboxylgruppen (cycl. Anhydride) - Carbonsäureanhydride sind Acylierungsreagenzien - Ketene sind innere Anhydride der Carbonsäuren und entstehen z.B. durch Dehydrochlorierung von Carbonsäurechloriden in Gegenwart tert. Amine - Keten dimerisiert leicht zu Diketenen - Ketene sind Heterokumulene und sp-hybridisiert
Carbonsäureester und Lactone
- Acylierungsreagenzien - CH-acide Stoffklassen (Esterkondensation, C-C-Verknüpfung) - Schutzgruppen: unterschiedl. Reaktivität/Stabilität v. Estern prim./tert. Alkohole - säurekatalysierte Synthese aus Carbonsäuren und Alkoholen - Verseifung: alk. Hydrolyse (irreversibel) - Orthoester: Imidoester+Alkohol
Carbonsäureester: Analytik
Hydroxamsäurereaktion (rot-violett) nach Verseifung und saurer Freisetzung als Carbonsäure - Ester tert. Alkohole lassen sich nur schwer verseifen - dagegen verläuft die saure Hydrolyse häufig glatt
Carbonsäureamide, Lactame, Carbonsäureimide
- Mono- bzw. Diacylderivate der Amine/des Ammoniaks - Amide: Reaktionsträge Carbonsäurederivate (mesomeriestabilisiert), Gewinnung aus reaktiveren Carbonsäurederivaten - lactame: Gewinnung aus Aminocarbonsäurederivaten - Imide: Gewinnung aus Carbonsäureanhydriden und Aminen/NH3
carbonsäurehydrazide
- Monoacylderivate des Hydrazins - freie Amino-Gruppe ist basisch und nucleophil - Substitutionsgrad abhängig vom verwendeten Hydrazinderivat - Synthese aus Carbonsäureestern (optimale Carbonylreaktivität) und Hydrazin
Carbonsäurehydroxyamide/Hydroxamsäuren
- Hydroxamsäuren: schwache Säuren (pKS 9-10), Monoacylderivate des Hydroxylamins - Synthese aus z.B. Carbonsäureestern und Hydroxylamin - Analytik: Hydroxamsäuren geben Farbreaktionen mit Metallionen - Anwendung: Nachweis von Carbonsäureestern als Hydroxamsäuren mit FeCl3 (Arzneibuch) - Wirkstoffforschung: Hydroxamsäuren inhibieren Metalloenzyme
Nitrile
- Nitrile: Carbonsäurederivate - historisch: Alkylderivate der Blausäure - das Nitrokohlenstoffatom ist pos. polarisiert > Angriff durch Nucleophile - aliphatische Nitrile sind CH-acide - Gewinnung: Kolbe, Sanfmeyer, Dehydratisierung von Amiden
Nitrile - Imidoester - Amidine
Die Pinner-reaktion der Nitrile mit Alkoholen und wasserfreier HCl führt zu Imidoestern Amidine sind basische Carbonsäurederivate
Acidität und Basicität der Carbonsäuren
Acidität: mittelstarke organische Säuren (pKs ca. 4-5, Substituenteneffekte beachten) Basizität von Carbonsäuren/Verhalten gegenüber starker Basen: - resonanzstabilisierte protonierte Carbonsäuren - (Triebkraft, damit H+ abgespalten werden kann = stabilisiertes Ion)) - säurekatalysierte SN2t-Reaktionen (z.B. Veresterung)
Reaktivität der Carbonsäuren
- Carbonsäuren = mittelstarke org. Säuren - Carbonyl-O-Atom = nucleophiles Zentrum > Angriff durch Elektrophile, z.B. H+ - Carbonyl-C-Atom = elektrophiles Zentrum > Angriff durch Nucleophile - Carboxy-Gruppe ist planar, sp2-hybridisiert - Hydroxygruppe = acide = schlechte Abgangsgruppe - wird Hydroxy-Gruppe ausgetauscht > Derivat
Carbonsäuren - Allgemeines
- Nomenklatur i.d.R. als Alkancarbonsäuren (Stammalkan + Säure (+Suffix)) - Salze: Carboxylate bzw. Alkanoate (Stammalkan + -oat, Acetat = Ethanoat) - Gewinnung: Oxidation v. prim. Alkoholen, Aldehyden, Hydrolyse v. Carbonsäurederivaten - Carbonsäuren dimerisieren in unpolaren Lösungsmitteln leicht über Wasserstoffbrücken
Aldehyde und Ketone
Aldehyde und Ketone zählen zu den Carbonylverbindungen. Ihr chemisches Verhalten wird wesentlich durch die C=O-Verbindung beeinflusst. Charakteristische Reaktionen von Aldehyden und Ketonen an der Carbonylgruppe sind Additions- und Kondensationsreaktionen. Elektronische und sterische Verhältnisse an der C=O-Gruppe: - sp2-Hybridisierung, planar, Bindungswinkel am C-Atom beträgt ca. 120° Die C=O-Bindung ist polar Das Carbonyl-C-Atom ist positiv polarisiert (elektrophil), das O-Atom ist negativ polarisiert (nucleophil) Nucleophile Reagenzien reagieren am Carbonyl-C-Atom Elektrophile Reagenzien (z.B. Protonen, Kationen, ..) reagieren am Carbonyl-O-Atom
Carbonyl-Gruppe
Die Carbonyl-Gruppe ist als -I und -M-Substituent auch für die CH-Acidität der Aldehyde und Ketone in α-Stellung zur C=O-Gruppe verantwortlich Nach Deprotonierung durch eine geeignete Base reagiert das resultierende mesomeriestabilisierte, ambidente Carbanion/Enolat-Anion leicht mit Elektrophilen (z.B. Aldol-Reaktion: Angriff am elektrophilen Carbonyl-C-Atom) Die Carbonylreaktivität der Aldehyde und Ketone liegt zwischen Carbonsäureestern und Carbonsäureanhydriden Aldehyde sind reaktiver als Ketone (Reaktivitätsreihe, induktive bzw. mesomere Effekte) Heteroanaloge Carbonylgruppen: z.B. Thiocarbonyl-Gruppe, Azomethin-, Nitrosogruppe
Reaktionen der Aldehyde und Ketone
Reaktionen der Aldehyde und Ketone können sauer oder basisch katalysiert werden Saure Katalysatoren erhöhen durch Protonierung am Carbonyl-Sauerstoffatom den positiven Charakter des Carbonyl-Kohlenstoffatoms und erleichtern die Reaktion mit dem Nucleophil Durch Protonierung verringern Säuren besonders bei stärker basischen Nucleophilen, wie z.B. Aminen aber auch die Konzentration des freien Nucleophils Basenkatalyse: Durch eine Base kann ein schwaches Nucleophil H-Y in ein starkes Nucleophil Y- umgewandelt werden Daher muss für jede Reaktion der optimale pH-Wert der Reaktion eingestellt werden
Reaktionen der Aldehyde und Ketone
Reaktionen mit O-Nucleophilen: - Hydratbildung: Addition von Wasser (unter Katalyse) - Bildung von Halbacetalen (Addition) und Acetalen (nach Kondensation) mit Alkoholen (Cyclische 5-Ring- und 6-Ring-Halbacetale sind relativ stabil) Reaktionen mit S-Nucleophilen - Bildung von Thioacetalen mit Thiolen - Bisulfit-Additionsprodukte: Addition von Hydrogensulfit Desoxygenierung der Carbonylgruppe (Redox, Reduktion zur Methylengruppe) - Reduktion von Thioacetalen mit Wasserstoff und Raney-Nickel - Clemensen-Reduktion mit amalg. Zink und Salzsäure - Wolf-Kirshner Reduktion (nach Huang-Milon in Ethylenglykol) Reaktionen mit N-Nucleophilen - Iminbildung mit Ammoniak (Imine sind meist instabil) - Azomethinbildung mit primären Aminen > Der Mechanismus entspricht der Iminbildung. Azomethine sind i.d.R. stabil und werden auch als Schiff'sche Basen bezeichnet. Bei Carbonylverbindungen mit unterschiedlichen Resten tritt E/Z-Isomerie auf - Enaminbildung aus Aldehyd/Keton mit α-Wasserstoffatom und sek. Aminen > Enamine sind wie Enole, Enolether und Enolate vinyloge Elektronendonorverbindungen ("maskierte" Aldehyde/Ketone) - Aminalbildung aus Aldehyd bzw. Keton ohne α-Wasserstoffatom und sek. Aminen - Oximbildung mit Hydroxylamin > bei Carbonylverbindungen mit unterschiedlichen Resten tritt E/Z-Isomerie auf - Hydrazonbildung/Azinbildung mit Hydrazinen > bei Carbonylverbindungen mit unterschiedlichen Resten tritt E/Z-Isomerie auf > Bildung von Phenylhydrazonen (z.B. mit 2,4-Dinitrophenylhydrazin, E/Z-Isomerie s.o.) - (Thio)Semicarbazonbildung aus Aldehyd/Keton und Semicarbazid oder Thiosemicarbazid > E/Z-Isomerie s.o. Reaktionen mit C-Nucleoophilen - Synthese von Cyanhydrinen durch Addition von Cyanwasserstoff an Aldehyde und Ketone > Die saure Hydrolyse von Cyanhydrinen liefert α-Hydroxy-Carbonsäuren. Cyanhydrine sind im Alkalischen nicht stabil und bilden die entsprechende Carbonylverbindung und Cyanidionen (E1cb) - Strecker-Synthese (Mehrkomponentensynthese): Reaktion mit Ammoniak (Aminen)/KCN und anschließender Hydrolyse > Die saure Hydrolyse der α-Aminonitrile liefert α-Aminocarbonsäuren - Ethinylierung
Imine und Aminale
Amine (Azomethine) aus Ammoniak (prim. Aminen) und aliphatischen Aldehyden polymerisieren leicht - Synthese von Urotropin (Methenamin, Hexamethylentetramin) - Trimerisierung des Acetaldehydimins > Analogie zu den entsprechenden cyclischen Acetalen des Formaldehyds und Acetaldehyds beachten
Acyloinkondensation
Acyloinbildung (Acyloin = α-Hydroxyketon): Reaktion zwischen aromatischen Aldehyden (ohne α-H-Atom) in Gegenwart katalytischer Anteile KCN. Umpolung des Carbonyl-C-Atoms. Es entstehen keine Cyanhydrine. Nebenreaktion: Cannizzaro-Reaktion. α-Hydroxyketone sind oxidationsempfindlich. Das Produkt der Oxidation von Benzoin ist Benzil (s. Benzilsäure-Umlagerung)
Aldolreaktion (Alsoladdition/Aldolkondensation)
Umsetzung von Aldehyden und Ketonen mit sich selbst oder anderen Aldehyden und Ketonen (häufig) in Gegenwart von Erdalkalihydroxiden. Prinzip: Carbonylkomponente (als Elektrophil) und Methylenkomponente (CH-acide, Nucleophil) Bedeutung: C-C-Bindungsbildung Additionsschritt: Bildung von β-Hydroxyaldehyden bzw. β-Hydroxyketonen (Aldole) Kondensationsschritt: Der Austritt von Wasser führt zu α,β-ungesättigten Aldehyden bzw. Ketonen Neben einer basischen Katalyse ist auch eine saure Katalyse möglich Einfache Aldolreaktionen (eine Carbonylverbindung ist beteiligt) sind i.d.R. effektiver als gemischte Aldolreaktionen Problemfall: Beide Carbonylverbindungen besitzen (mehrere) α-Wasserstoffatome Varianten: z.B. intramolekulare und gezielte Aldolreaktionen Aldole sind isolierbar Eine basenkatalysierte Dehydratisierung erfolgt relativ selten Aldehyde ohne α-Wasserstoffatome geben in Gegenwart von Metallhydroxiden die Cannizaro-Reaktion Kondensation: Basenkatalysierte Dehydratisierung (E1cB) Bsp.: Sauer katalysierte Aldolreaktion - I.d.R. kommt es zu einem Kondensationsschritt, eine sauer katalysierte Dehydratisierung erfolgt leicht bei tert. Alkoholen
Knoevenagel-Reaktion
Spezialfall der Aldolkondensation
Knoevenagel-Reaktion: Spezailfall der Aldolkondensation
- Einsatz von stark CH-aciden Verbindungen (z.B. Malonester und Derivate, β-Diketone) - aufgrund der Konjugationsmöglichkeit der DB kommt es immer zur Wasseranspaltung (Kondensationsschritt) - saure und basische Katalyse möglich (Katalysatoren: z.B. Essigsäure oder Piperidin) - Variante nach Cope: das Reaktionswasser wird azeotrop abdestilliert (Bsp.: Benzaldehyd + Diethylmalonat) - Variante nach Knoevenagel-Doebner für Malonsäure und Malonsäurehalbester: das Kondensationsprodukt wird decarboxyliert, es entstehen α,β ungesättigte Carbonsäuren
Perkin-Reaktion (vereinfacht)
Reaktion von Aldehyden mit Anhydriden aliphatischer Carbonsäuren als CH-acider Komponente (Alsol-ähnliche Reaktion) Es resultieren α,β ungesättigte Carbonsäuren Katalysatoren: Alkalisalze der Carbonsäuren, Pyridin Bsp.: Zimtsäuresynthese, Acrylsäuresynthese
Aminosäuresynthese nach Erlenmeyer
Kondensation von Azlacton (CH-acide) mit Aldehyden Gewinnung von α-Oxosäuren nach Azlactonhydrolyse und α-Aminosäuren durch die Reduktion des enamins und folgender Hydrolyse
Darzens-Claisen-Kondensation (Darzens-Glycidester Synthese)
Aldol-ähnliche Reaktion zwischen Aldehyden bzw. Ketonen und α-Chlorcarbonsäureestern als CH-acider Komponente Zunächste entsteht ein Chlorhydrin, welches unter den Reaktionsbedingungen nach einer SN-Reaktion direkt in einen Glycidester (2,3-Epoxyester) übergeht (Umwandlung in Aldehyde durch Verseifung und Decarboxylierung) Bsp.: Benzaldehyd und Chloressigsäureethylester
Henry-Reaktion
Reaktion von Aldehyden und Ketonen mit Nitroalkanen als CH-acider Komponente (Nitroaldol-Reaktion) Es entstehen Nitroalkohole, die zu Aminoalkoholen reduziert werden können Ein Kondensationsschritt ist möglich Bsp.: Benzaldehyd + Nitromethan
Wittig-Horner-Emmons-Reaktion
Umsetzung von Alkylphosphonsäureestern als CH-acide Komponente mit Carbonylverbindungen (häufig Aldehyden) unter Bildung von Olefinen und Diethylphosphat Nach Deprotonierung des aktivierten Alkylphosphonsäureesters und nucleophilem Angriff ("Aldoladdition") an das Carbonyl-C-Atom kommt es aufgrund der hohen Affinität des Phosphors zum Sauerstoff zur Eliminierung von Diethylphosphat Basen: NaH, Alkoholate, R1=Ph, CN, Ester, R2=H Bsp.: Synthese von Stilben aus Benzaldehyd und Benzylphosphonsäurediethylester
Wittig-Reaktion (Carbonyl-Olefierung)
gezielte Erzeugung einer C=C-Doppelbindung mit Phosphoe-yliden (Phoaphonium-yliden) anstelle einer C=O-Doppelbindung (z.T. übertragbar auf C=N und C=S-Doppelbindungen) z.B. Synthese von Methylencyclohexan
Mannich-Reaktion
Reaktion eines Aldehyds (meist Formaldehyd) mit sek. Aminen (seltener mit prim. Aminen) und einer CH-aciden Verbindung - 3-Komponenten-Reaktion - die CH-acide Verbindung wird aminomethyliert - die Reaktion wird meist im schwach Sauren durchgeführt - sek. Amine geben einheitliche Produkte - CH-acide Verbindungen: Aldehyde, Ketone (Bildung von β-Aminoketonen/aldehyden), aber auch Nitroalkane - Die Aminokomponente muss nucleophiler als die CH-acide Komponente sein Bsp.: Acetophenon + Morpholin + Formaldehyd oder Tropinon-Synthese Mannich-analoge Reaktion: Aminomethylierungen von elektronenreichen Aromaten (Bsp.: synthese von Gramin), NH-aciden Verbindungen wie Phthalimid und S-Nucleophilen sind bekannt
Nitrosierung CH-acider Verbindungen
Nitroso-Oxim-Tautomerie Reaktionsfähigere CH-acide Verbindungen (mit mind. einer Nitro-, Oxo-, zwei Carboxy- oder Estergruppen in α-Stellung) können mit Natriumnitrit in Gegenwart von z.B. Eisessig nitrosiert werden Die Reaktion entspricht der sauer katalysierten Aldolreaktion Die gebildete Nitrosoverbindung tautomerisiert i.d.R. unter Ausbildung der Isonitrosoform (Oxim!) bei schwach CH-aciden Verbindungen kann die Reaktion durch starke Basen gestartet werden - Die Reaktion entspricht dann der Claisen-Esterkondensation Präparative Bedeutung der Nitrosierung: - Synthese von α-Aminocarbonylverbindungen (Reduktion) - Synthese von α-Dicarbonylverbindungen (Hydrolyse)
Corey-Seebach-Methode
Umwandlung von Aldehyden in Ketone mittels der Corey-Seebach-Methode: Umpolung
Reaktionen von Carbonylverbindungen mit Kryptobasen
Kryptobasen sind basische Verbindungen, deren basischer Charakter "verborgen" ist, Bsp.: metallorganische Verbindungen und Metallhydride 1. Meerwein-Ponndorf-Verley-Reduktion 2. Oppenauer-Oxidation 3. Cannizzaro-Reaktion 4. Benzilsäure-Umlagerung 5. (Claisen-)Tischtschenko-Reaktion 6. Leukart-Wallach-Reaktion 7. Reduktion mit komplexen Hydriden 8. Reaktionen mit metallorganischen Verbindungen
Meerwein-Ponndorf-Verley-Reduktion
Reduktion von Aldehyden und Ketonen zu den entsprechenden Alkoholen mit (Mg-) oder Al-Alkoholaten Mechanismus: Übertragung eines Wasserstoffatoms des Alkoholats (Kryptobase) als Hydridion innerhalb eines cyclischen Übergangszustands auf das Aldehyd- bzw. Ketocarbonyl - Das Al-Alkoholat verstärkt als Lewissäure die elektrophilen Eigenschaften des Carbonyl-C-Atoms - Aluminiumisopropylat dient i.d.R. als Reduktionsmittel - Das Gleichgewicht kann durch Abdestillieren des aus dem Alkoholat entstandenen Ketons (Aceton im Fall von Aluminiumisopropylat) verschoben werden - Die Hydrolyse des entstandenen Alkoholats liefert am Ende der Reaktion den gewünschten Alkohol - Vorteil der Methode: Doppelbindungen bleiben erhalten, Nitrogruppen und Halogene werden nicht angegriffen Bsp.: Reduktion von Zimtaldehyd, m-Nitrobenzaldehyd
Oppenauer-Oxidation: Schonenede Oxidation von Alkoholen zum entsprechenden Aldehyd oder Keton mit Al-Alkoholaten
- Rückreaktion der Meerwein-Ponndorf-Verley-Reduktion - Der zu oxidierende Alkohol wird zunächst mit Al-tert-butylat oder Al-Phenolat in ein Al-Alkoholat überführt (Edukt) - als Ox.Mittel, auf welches das Hydridionausgehend vom Al-Alkoholat übertragen wird, dient häufig Cyclohexanon - eine Gleichgewichtsverschiebung ist durch Abdestillieren der darzustellenden Carbonylverbindung möglich - Doppelbindungen werden nicht angegriffen
Cannizzaro-Reaktion
Oxidoreduktion von Aldehyden ohne α-Wasserstoff (aromatische Aldehyde wie z.B. Benzaldehyd, α-oxo-Aldehyde, Formaldehyd) in Gegenwart von Metallhydroxiden - Übertragung eines Wasserstoffatoms als Hydridion innerhalb eines cyclischen Übergangszustands auf das Carbonyl-C-Atom - Angriff von Hydroxid auf das Carbonyl-C-atom des Hydriddonors - Aldehyde mit α-H-Atom gehen eine Aldolreaktion in Gegenwart von Metallhydroxiden ein - die Anwendung in der org. Synthese ist auf aromatische Aldehyde beschränkt - gekreuzte Cannizzaro-Reaktion: Beteiligung von Formaldehyd als Hydridüberträger, Formaldehyd wird zu Ameisensäure oxidiert - intramolekulare Cannizzaro-Reaktion Bsp.: Furfural, Methylglyoxal, Phenylglyoxal, Pentaerythritol aus Acetaldehyd und Formaldehyd
Benzilsäure-Umlagerung
- Benzil entsteht durch Oxidation von Benzoin - Benzil: 1,2-Diketon - anstelle eines Hydridions wird ein Phenylring mit dem Bindungselektronenpaar übertragen - es entsteht eine α-Hydroxycarbonsäure
(Claisen-)Tischtschenko-Reaktion
- Überführung enolisierbarer, aliphatischer Aldehyde (mit α-H-Atom) in Carbonsäureester - Durchführung mit wasserfreien mit Al-Alkoholaten als Base - Al-Alkoholate sind nicht ausreichend basisch um eine Aldolreaktion zu katalysieren - nach der Disproportionierung des Aldehyds reagiert die Carbonsäure direkt weiter zum Ester - Bsp.: aus Acetaldehyd und Aluminiumethanolat entsteht Essigsäureethylester
Leukart-Wallach-Reaktion
- reduktive Alkylierung von Aminen mit Aldehyden oder Ketonen in Gegenwart von Ameisensäure als Reduktionsmittel 1. Reaktion von Amin und Carbonylverbindung zum Carbenium-Immoniumion 2. Reduktion des Carbenium-Immoniumions über einen cyclischen Übergangszustand mit Ameisensäure zum Amin - die Methode ist gut geeignet zur Darstellung von tert. Aminen - Vorteil gegenüber einer reduktiven Aminierung: > es können Verbindungen eingesetzt werden, die den Hydrierungskatalysator vergiften - Bsp.: Synthese von N-Methylpiperidin
Reduktion mit komplexen Hydriden
- komplexe Hydride übertragen Hydridionen aud Carbonylgruppen und einige heteroanaloge Carbonylgruppen - komplexe Hydride bilden Wasserstoff mit Verbindungen, die aktive Wasserstoffatome besitzen; selektive Reduktionen sind durch geeignete Wahl des Lösungsmittels möglich - zum Abschluss der Reaktion muss das komplexe Alkoholat hydrolytisch zersetzt werden - NaBH4: Reaktionen in wässriger Lösung sind möglich - LiAlH4: Reaktionen können nur in wasserfreien Lösungsmitteln durchgeführt werden Beispiele: Edukt - Produkt - Aldehyd, Keton - Alkohol - Ester, Säurechlorid - Alkohol - Amid - Amin - Nitril - prim. Amin
Grignard-Verbindungen: Mg-organische Verbindungen (R-MgX)
- die chemische Struktur der Grignard-Reagenzien ist bis heute umstritten (Schlenk-Gleichgewicht trifft wahrscheinlich nicht zu) - Grignard-Verbindungen besitzen nucleophile Eigenschaften am C-Atom (carbanionoider Zustand, Mg ist elektropositiver als C) - die Herstellung der Grignard-Reagenzien erfolgt in aprotischen, wasserfreien org. Lösungsmitteln wie z.B. Et2O oder THF aus Alkylhalogeniden/Acrylhalogeniden und Magnesiumspäne R-X + Mg > R-MgX R: Alkyl, X=Cl, Br, I R: Aryl, X=Br, I
Reaktionen der Grignard-Reagenzien - Reaktionen mit Verbindungen, die aktive H-Atome besitzen wie z.B. Wasser, Alkoholen, Phenolen, Aminen, Carbonsäuren, Thiolen zu Kohlenwasserstoffen
a) Zersetzung der Grignard-Regenzien durch Wasser R-MgX + H-OH > R-H + Mg(OH)X b) Quantitative Bestimmung von aktiven H-Atomen mit Methylmagnesiumiodid nach Zerewitinow es entsteht Methan, welches gasvolumetrisch bestimmt wird CH3-MgI + R-OH > CH4 + Mg(OR)I c) Herstellung von schwer zugänglichen Grignard-Reagenzien C2H5-MgX + R-CΞC-H > R-CΞC-MgX + C2H6 (Herstellung des Iwanow-Reagenz zur Synthese von Tropasäure)
Reaktionen der Grignard-Verbindungen - Reaktionen mit Alkylhalogeniden zu Kohlenwasserstoffen
R-MgX + X-R' > R-R' + MgX2
Reaktionen der Grignard-Reagenzien - Reaktionen mit Metallhalogeniden von Metallen, die edler als Mg sind
Herstellung von Cd-organischen Verbindungen 2 R-MgX + CdCl2 > R2-Cd + MgCl2
Für die org. Synthese wichtigste Eigenschaft der Grignard-Reagenzien
- Fähigkeit, Verbindungen mit polaren Mehrfachbindungen (C=O, C=N, N=O, S=O, CN) nucleophil anzugreifen - Folge ist die Knüpfung von C-C-Bindungen und die Veränderung der chemischen Funktionalität