Heterogenität - Pädagogisches Begriffsverständnis
Ungleichartigkeit, Verschiedenartigkeit hinsichtlich grundlegender Lernvoraussetzungen Positives Verständnis von Heterogenität Anerkennung zwischen gleichberechtigten Verschiedenen
Heterogenität - Soziologisches Begriffsverständnis
Soziale Komplexität, Differnzierung, Vielgestaltigkeit sozialer Strukturen entwickelter (post-) industrieller Gesellschaften Wertneutrales Begriffsverständnis Frage nach dem Zusammenhang gesellschaftlicher Zusammenarbeit und Heterogenität
Entgrenzung und Heterogenität
Typisches Phänomen gegenwärtiger (westlicher) Gesellschaften Zusammenhang von Entgrenzung und Heterogenität -> Aufbrechen tradierter Grenzen: wachsende Vielfalt Konsequenz: wachsende Heterogenität und neue Unübersichtlichkeit
Soziale Heterogenität
Soziale Komplexität, Vielgestaltigkeit und Differenzierung der sozialen Strukturen entwickelter Industriegesellschaften
Was kann Heterogenität sein?
Problem für gesellschaftlichen Zusammenhalt und Ressource gesellschaftlicher Entwicklung?
Ungleichheit
Unterschiede implizieren nicht zwangsläufig Ungleichheit Sozial bedeutsame Unterschiede → mehr oder minder stark ausgeprägter Ungleichheit
Welche Unterschiede sind sozial bedeutsam?
gesellschaftlich und historisch variabel Bsp: Geschlecht Hautfarbe Religionszugehörigkeit Ethnische Zugehörigkeit
Kapitalsorten nach Pierre Bordieu
Ökonomisches Kapital: Einkommen - Vermögen - sonstiger in Geldwerte konvertierbarer Besitz Kulturelles Kapital: inkorporiertes kulturelles Kapital: kulturelles Kapital: kulturelle Fähigkeiten, Wissen, Bildung (im nicht formales Sinne) objektiviertes kulturelles Kapital: Bücher institutionalisiertes kulturelles Kapital: Bildungsabschlüsse Soziales Kapital: Beziehungen, Ressourcen, die aus Zugehörigkeit zur Gruppe beruhen
Positionen im sozialen Raum (Bourdieu)
Ärzte ↑Kapitalvolumen+ Unternehmer Hochschullehrer I Topmanager Gymnasiallehrer I ←Kult. Kapital+_____________________________________________________Ökonomisches Kapital+ Kulturelles Kapital- → Sozialarbeiter I Techniker Erfolgloser Künstler I Hilfsarbeiter
Was ist soziale Ungleichheit?
Von Menschen gemachte (mithin veränderbare) Grundtatsache menschlichen Zuammenlebens Oft Versuch der Legitimation durch Verweis auf göttliche Ordnung Gesellschaftlich verankerte Formen der dauerhaften Begünstigung einiger, bzw. Benachteiligung anderer Nicht immer Bewusstsein der Begünstigung Systematische ungleiche Verteilung des Zugangs zu in einer Gesellschaft allgemein begehrten Gütern (immateriellen und materiellen) Gütern Materielle Güter z.B.: Grundbesitz, Einkommen, Vermögen Immaterielle Güter z.B.: Bildung, Macht, Prestige, Gesundheit
Kumulativer Effekt sozialer Ungleicheit
Neg.: Migration - Hauptschule - Beruf mit geringem Einkommen - niedrige soziale Schicht Pos.: Bildungsbürgerliches Milieu - Gymnasium / Studium - Beruf mit hohem Einkommen - hohe soziale Schicht
Funktionalistische Theorie sozialer Ungleichheit
Soziale Ungleichheit ist ein unbewußt entwickeltes Werkzeug, mit dessen Hilfe die Gesellschaft sicherstellt, dass die wichtigsten Positionen von den fähigsten Personen gewissenhaft ausgefüllt werden. Daher muss jede Gesellschaft, ob primitiv oder komplex, das Prestige und die Beurteilung, verschiedener Personen unterschiedlich ausfallen lassen und somit ein gewisses Maß institutionalisierte Ungleichheit aufweisen
Modernisierung
Vorgänge umfassenden sozialen, wirtschaftlichen und politischen Wandels von traditionalen Gesellschaften zu hochgradig arbeitsteiligen, wirtschaftlich entwickelten, funktional differenzierten und demokratischen Gesellschaftssystemen
Funktionale Differenzierung
Unterteilung des sozialen Systems der Gesellschaft in arbeitsteilig spezialisierte Teilsysteme, die spezifische Zwecke verfolgen bzw für die Gesellschaft wichtige Funktionen erfüllen Sicherstellung einer das jeweilige Teilsystem betreffenden relativen Autonomie Legitimationsverlust zentraler Kontrollen und Interventionen
Dimensionen und Erscheinungsformen gesellschaftlicher Modernisierung
Ökonomische Dimension -Industrialisierung -Urbanisierung -Wachstum des Sekundär-,&Tertiärsektors -allgemeine Durchsetzung der Geldwirtschaft Soziale Dimension Wandel von traditioneller Statusgesellschaft zur Leistungsgesellschaft Rationalisierung - Zunahme von Sekundärinstitutionen wie Betrieb und Schule zu Lasten der Primärinstitution wie Verwandschaft -steigende Mobilität Kulturelle Dimension Säkularisierung -Tendenzielle Lösung der Individuen aus traditionellem Bindungen -Verwissenschaftlichung Politische Dimension Übergang von feudalen Herrschaftssystem zu staatlicher Politik mit bürokratischer Verwaltung -Demokratisierung -Nationenbildung -später Entstehung supranationaler Organisationen (z.B. EU, UN, WHO)
Dimensionen der Säkularisierung
gesellschaftlich-institutionell Rückzug der Kirchen aus Bereichen, die zuvor ihrer Kontrolle unterstanden kulturell-symbolisch Verschwinden religiöser Inhalte aus dem kulturellen Leben subjektiv Säkularisierung des Bewusstseins, Bedeutungsverlust religiöser Deutungen
Individualisierung
Der Mensch wird zur Wahl seiner Möglichkeiten, zum homo optionis. Leben, Tod, Geschlecht, Körperlichkeit, Identität, Religion, Ehe, Elternschaft, soziale Bindungen- alles wird bis ins Kleingedruckte entscheidbar, muss einmal zur Option zerschellt, entschieden werden
Gesellschaftlicher Hintergrund der Individualisierung
Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Gestiegene soziale und geographische Mobilität Bildungsexpansion in den 60er/70er Jahren In-Frage-stellen der Geschlechterrollen
Dimensionen der Individualisierung
Freisetzungsdimension Entzauberungsdimension Reintegrationsdimension
Freisetzungsdimension
Enttraditionalisierung Ausbettung aus Herkunftsmilieus Auflösung kollektiver Habitualisierungen Pluralisierung de Muster der Lebensführung
Entzauberungsdimension
Unsicherheiten Subjetive Zurechnungen von Handlungsfolgen Individualisierung sozialer Risiken Sinnbasteln, Bastelexistenz von der Normalbiographie zur Wahlbiographie
Reintegrationsdimension
Zwang des Entscheiden-Müssens Selbstintegration Selbstoptimierung -Arbeitskraftunternehmer -Unternehmerisches Selbst Posttraditionale Vergemeinschaftung z.B.: Szenen -Event-Gemeinschaften
Posttraditionale Vergemeinschaftung
Gemeinschaftsbildung als Angelegenheit der Wahl Freiwillige Gemeinschaftsbildung, keine Verpflichtung zur Mitgliedschaft Geringe Sanktionsmöglichkeiten Strukturelle Labilität Ein- und Austritt flexibler
Risikoindividualisierung
Die Chancen der neuen Optionenvielfalt scheinen mit dem Risiko verbunden, die falschen Entscheidungen zu treffen oder aber aus Angst vor der falschen Entscheidung, die Entscheidung zu treffen, sich nicht zu entscheiden was immer noch eine Entscheidung ist
Ambivalente Konsequenzen der Individualisierung
Zwang des Entscheiden-Müssens Verlust von Sicherheiten Neue Unübersichtlichkeit -> wachsende Heterogenität
Soziale Schichtung
Gliederung der Gesellschaft in Schichten, deren Mitglieder an knappen, aber begehrten Ressourcen verfügen, ungleiche Lebenschancen besitzen und einen ungleichgroßen gesellschaftlichen Einfluss haben
Schichtung und Status
Geschlossenes Schichtungssystem zugeschriebener Status Offenes Schichtungssystem erworbener Status (Leistungs- und erfolgsorientierte Gesellschaft)
Schicht und Klasse
Begriffe fassen Menschen in ähnlicher sozioökonomischer Lage zusammen, mit der aufgrund ähnlicher Lebenserfahrungen ähnliche Persönlichkeitsmerkmale (psychische Dispositionen, Einstellung und Wertorientierungen, Bedürfnisse und Interessen, Mentalitäten und Lebensstile) sowie ähnliche Lebenschancen und Risiken verbunden sind
Soziale Klasse nach Karl Marx
Klassenzugehörigkeit definiert über Besitz (Bourgeoisie) bzw nicht-Besitz von Produktionsmitteln (Proletariat) Entscheidende Machtquelle = Besitz von Produktionsmitteln Gesellschaft ist bestimmt von Klassenanatagoismus und -konflikt
Soziale Schicht- Bestimmungmerkmale
Besitz- und Einkommensverhältnisse Beruf und Bezugsposition Bildungsabschluss
Nivellierte Mittelstandsgesellschaft
Hochmobile Sozialstruktur (Auf- und Abwärtsmobilität) Einebnung von Klassen u. Schichten (Nivellierung) Verhältnismäßig einheitlicher Lebensstil durch Massenkonsum Aufstieg von Industriearbeiterschaft und Angestellten, Abstieg von Besitz- und Bildungsbürgertum
Nivellierung sozialer Unterschiede?
Steigerung des materiellen Wohlstands des Lebensstandards und des Bildungsniveau der Bevölkerung > Wohlstandsexplosion Fortbestehende Abstände zwischen sozialen Schichten "Fahrstuhleffekt" Fortbestehende Ungleichheit bei besseren Bedingungen
Soziales Milieu nach Emile Durkheim
Soziale Gruppe, die aufgrund gemeinsamer Ideen, Interessen und Gefühle einen gemeinsamen Korpus moralischer Regeln entwickelt, um sich von anderen Gruppen zu unterscheiden Diese Normen werden wiederum im moralischen Habitus der einzelnen verinnerlicht Gruppe Gleichgesinnter, die jeweils ähnliche Werthaltungen, Prinzipien zur Lebensgestaltung, Beziehungen zu Mitmenschen und Mentalitäten aufweisen
Lebensstile
Bestimmte Organisationskultur des individuellen Alltaglebens Regelmäßig wiederkehrender Gesamtzusammenfassung von Verhaltensweisen , Interaktionen, Meinungen, Wissensbeständen und bewertenden Einstellungen eines Menschen Nicht jeder hat einen anderen Lebensstil Ähnlichkeiten, Gemeinsamkeiten und damit ergeben sich Lebensstilgruppierungen weil sich Menschen bei der Gestaltung ihres Lebens an Muster, Vorbilder und Mitmenschen anlehnen
Merkmale von Lebensstilen
Muster der Lebensführung Übergreifendes auf verschiedene ästhetische Bereiche sich erstreckendes Geschmacksmuster. Artikulation von Wertvorstellungen Sicherung von Verhaltensroutinen Strategie der Sinnfindung. Identitätsentwürfe (in Abgrenzung von anderen Lebensstilen). Symbolische Territorien mit Zugehörigkeits- und Abschlussregeln Sozial distinkte kulturelle Praktiken Gleichzeitg Konjunktion und Distinktion
Milieu / Lebensstil vs. Klasse/Schicht
Schwerpunkt nicht bei objektiven Faktoren (Einkommen, Beruf, Bildung) sondern bei kulturellen und symbolischen Faktoren Kein automatischer Schluss von objektiven Merkmalen auf Verhalten und Einstellungen der Person Differenzierung des sozialen Raums nicht nur in der vertikalen Dimension (Klasse/Schicht), sondern auch in der horizontalen Dimension (Milieu/Lebensstil) Milieubegriff: Schwerpunkt auf relativ tief verankerten Werthaltungen und Grundorientierungen Lebensstilbegriff: Schwerpunkt auf äußerlich beobachtbare Verhaltensroutinen
Milieubegriff
Schwerpunkt auf relativ tief versierte und vergleichsweise beständige Werthaltungen und Grundeinstellungen
Lebensstilbegriff
Schwerpunkt auf äußerlich beobachtbare Verhaltensroutinen
Modelle des Zusammenhangs von Klasse / Schicht und Lebensstil/ Milieu
Modell, in dem die Klassenzugehörigkeit den Lebensstil weitgehend determiniert (Bourdieu) Modell, in dem Schichtzugehörigheit und Lebensstil relativ unabhängig voneinander sind (sinus-Modells) Modell, das Elemente des Bourdieuschen und des Sinus-Modells miteinander kombiniert (Michael Vester)
Sozialer Raum nach Bourdieu
Soziale Position (Klassenzugehörigkeit) > Summe & Struktur der Kapitalsorten(ökonomisch, kulturell, sozial)> Klassenzugehörigkeit ↓ Habitus > Kollektive Wahrnehmungs-, Denk-, Bewertungsschema ↓ Lebensstil > Geschmack (legitimer,mittlerer) Notwendigkeit dient der Distinktion Bsp: Soz. Position Großunternehmer: hohes ökonomisches kulturelles und soziales Kapital Habitus: großbürgerlicher Habitus Lebensstil: Antiquitäten, Golf, große Weine, Bayreuth, Grand Hotels u.s.w.
Soziale Position und Lebensstil am Beispiel von Kulturpräferenzen Bourdieu
Soziale Position > Kulturpräferenzen Besitzbürgertum mit sehr hohem Einkommen und eher geringer Bildung > Klassische Musik, Operette, klass. Theater Bildungsbürgertum, Hochschullehrer, freie Berufe, hohe Bildung > Abstrakte, moderne Musik, klass. u. modernes Theater Exekutives Kleinbürgertum, Mittlere Führungskräfte, Techniker, meist ohne HR > Hedonistischer Kulturkonsum, Populäre Filme statt abstrakte Kulturformen Arbeiter, An- u. Ungelernte, sehr geringes Einkommen > Ablehnung Hochkultur, Volksmusikveranstaltung, Volksfeste
Kritik an Bourdieus Modell
Determinanten des Lebensstils durch die soziale Position ( Klassenzugehörigkeit) in individualisierten Gesellschaften größere Variabilität von Milieus und Lebensstilen Mehrere Milieus und Lebensstile innerhalb einer Schicht Erstreckung von Milieus und Lebensstilen über Schicht bzw. Klassengrenzen hinweg
Merkmale des vertikalen Modells sozialer Ungleichheit
Ausgerichtet auf männlichen Haushaltsvorstand -> definiert über dessen Einkommen, Beruf und Bildung Eindeutige und einheitliche Hierarchisierung -> Übergänge möglich Auf- und Abwärtsmobilität Unsensibel gegenüber Statusinkonsistenzen -> Tendenzielle Auflösung der engen Verbindung von Klasse/Schicht und Lebensführung (Modernisierung und Individualisierung) Ausbildung vielfältigerer Lebensstile und Milieus Bsp: Statusinkonsistenzen ICH-AG, Solo-Selbstständige
Vor- und Nachteile des Sinus-Modells
Vorteile Besser als traditionelle Schichtkonzepte geeignet, die Lebenswelt zu erfassen Berücksichtigung von Wertorientierungen und sozialem Status Sensibilität für Werte- und Einstellungswandel Nachteile Mangelnde Berücksichtigung sozialer Ungleichheit Deskriptives Modell, keine Analyse der Determinanten der Milieubildung Keine Erklärung von Milieuwechsel
Migration
Migration ist der auf Dauer angelegte bzw. dauerhaft werdende Wechsel in eine andere Gesellschaft bzw. in eine andere Gesellschaft bzw. in eine andere Region von Einzelnen oder mehreren Menschen
Transmigration
Neues Phänomen im Zuge der Gobalisierung Zirkuläre Migration oder Pendelwanderung:kein einmaliger Ortswechsel, sondern plurilokale, grenzüberschreitende Lebenszusammenhänge mit neuen Vergesellschaftsformen
Migrationshintergrund
Zu Menschen mit Migrationshintergrund zählen alle nach 1949 auf das heutige Gebiet der BRD zugewanderten, sowie alle in DE geborenen Ausländer und alle in DE als Deutsche geborenen mit zumindest einem zugewanderten oder als Ausländer in DE geborenen Elternteil