Arbeitspsychologie (Subject) / Einführung (grundlegende Konzepte, historischer Hintergrund) (Lesson)

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TU Chemnitz: Vorlesung Arbeitspsychologie, Prof. Krems, WS 11/12

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  • Was sagt Lewin über die zwei Gesichter der Arbeit?   > Beruf und Arbeit treten dem Einzelnen mit zwei verschiedenen Gesichtern entgegen: 1. Arbeit ist einmal Mühe, Last, Kraftaufwand. Wer nicht durch  Renten oder Herrschaft oder Liebe versorgt ist muss  notgedrungen arbeiten, um seinen Lebensunterhalt  zuverdienen...  Darum Arbeit so kurz und so bequem wie möglich! 2. Arbeit ist unentbehrlich […], weil das Leben ohne Arbeit hohl  und halb ist. [Sie gibt] dem individuellen Leben Sinn und  Gewicht [... ]  --> Darum [... ] Steigerung des Lebenswertes der Arbeit, mache  sie reicher und menschenwürdiger.  
  • Was ist Arbeit nach Hoyos (1974)? Arbeit ist eine Tätigkeit oder Aktivität, die im Rahmen bestimmter Aufgaben entfaltet wird und zu einem materiellen oder immateriellen Arbeitsergebnis führt, das in einem Normensystem bewertet werden kann. Sie erfolgt durch den Einsatz der körperlichen, psychischen oder seelischen Kräfte des Menschen und dient (auch) der Befriedigung seiner Bedürfnisse.
  • Was bedeutet Arbeit nach Semmer & Udris (1993)? Kompetenzen erwerben und demonstrieren Struktur für Zeit und Aktivitäten Kontakt und Kooperation Soziale Anerkennung Identität Sicherung der Existenz
  • Arbeit ist nach Frieling & Sonntag (1999): eine zielgerichtete Tätigkeit und zweckrationales Handeln Daseinsvorsorge und dient der Schaffung optimaler Lebensbedingungen mit gesellschaftlichem Sinngehalt versehen und aufgabenbezogen  ein vermittelnder Prozess zwischen Mensch und Umwelt, der sich in eingreifenden und verändernden Tätigkeiten äußert.
  • Definiere Arbeitspsychologie! Arbeitspsychologie (Ulich, 1994) „Immerhin stimmt die Mehrzahl der deutschsprachigen Arbeitspsychologen wohl überein, dass die Aufgabe der Arbeitspsychologie in der Analyse und Bewertung von Arbeitstätigkeiten und Arbeitsstrukturen nach definierten Humankriterien sowie einer darauf aufbauenden Erarbeitung von Gestaltungsvorschlägen  besteht“. Arbeitspsychologie (Hoyos, 1980) „Die Arbeitspsychologie ist ein Teilgebiet der Angewandten Psychologie und befasst sich forschend, lehrend und praxisbezogen mit psychologischen Problemen, die im Zusammenhang mit menschlicher Arbeit entstehen.“
  • Was ist Arbeits- und Organisationspsychologie? Zentraler Gegenstand der A&O-Psychologie ist die menschliche Arbeit und ihre Organisation Ihre Aufgabe ist die Beschreibung, Analyse, Bewertung und Gestaltung menschlicher Arbeit und deren Organisation Querschnittsdisziplin aus der Allgemeinen Psychologie und Teilgebieten der Angewandten Psychologie
  • Was weißt du über Wilhelm Wundt? Wilhelm Wundt 1832-1920 stud. Medizin in Heidelberg 1858-63  Assistent v. Helmholtz 1874 Professor für Philosophie in Zürich 1875-1917 Prof. für Philosophie und Exp. Psychologie in Leipzig 1879 Gründung des ersten Labors
  • Beschreibe Scientific Management, Taylorismus! Frederic W. Taylor (1856-1915), Ingenieur, „Die Grundsätze wissenschaftlicher Betriebsführung“ (1913): Organisationen sollten nach den Prinzipien rationaler und systematischer ingenieurwissenschaftlicher Analyse entworfen, geführt und ständig perfektioniert werden. Gestützt auf sorgfältige, wissenschaftliche Zeit- und Bewegungsstudien wird der „one best way“ für den Produktionsablauf gesucht. Dabei wird jede Tätigkeit in kleinste Bewegungselemente zerlegt und nach technisch-ökonomischen Kriterien wieder optimal zusammengesetzt.  Ergebnis: Extreme Partialisierung der Tätigkeiten bei ständiger Wiederholung immer gleicher Tätigkeitselemente.
  • Wie ist das Vorgehen beim Scientific Management?     Optimierung der Produktion durch Gestaltung von Arbeitsumfeld, Werkzeugen, Pausen, Personalauswahl  individuelles, leistungsbezogenes Entlohnungssystem (Akkordoder Pensumlohn),  funktionales Mehrlinien-Führungssystem (für  Aufsicht, Instandhaltung, Geschwindigkeit, Unterweisung, ...) Die Motivation der Arbeitenden erfolgt durch monetäre Anreize. Radikales Konzept der Arbeitsteilung Das Management übernimmt die „Kopfarbeit“ (Auswahl und Schulung des Personals, zentrale Planung und Optimierung der Arbeitsausführung). Die Arbeiter führen die im Detail vorgeschriebene praktische Arbeit aus („Handarbeit“). Früheres ungeprüftes Erfahrungswissen und althergebrachte Übung sollen ausgeschlossen werden. Die erforderliche Qualifikation der Arbeitenden ist minimal. Dadurch werden die Lohnkosten gering gehalten und die Arbeitenden werden leichter austauschbar.    
  • Was weißt du über Hugo Münsterberg? Psychologie und Wirtschaftsleben (ersch. 1912) Grundzüge der Psychotechnik (ersch. 1914) in Leipzig (Promotion 1885) 1887-1892 Professor in Freiburg 1892-95 Dozent in Harvard (W. James) 1897-1916 Prof. in Harvard
  • Unterscheide Objekt-und Subjektpsychotechnik! Von wem stammt die Unterscheidung? F. Giese. Methoden der Wirtschaftspsychologie. Objektpsychotechnik: Anpassung von Objekten bzw. der Arbeitsbedingungen an den Menschen Subjektpsychotechnik: Anpassung der Menschen an Objekte z.B. Berufskunde-, beratung, Aus- und Weiterbildung
  • Gruppenfabrikation (W. Hellpach): einzelne Teile der Fabrikation von Arbeitsgruppe hergestellt, damit Arbeiter nicht den Überblick verlieren, was eigentlich fabriziert wird Eine gewisse Anzahl verschiedener zusammengehöriger Teile (z. B. alle Teile einer Wasserpumpe) werden zu einer Gruppe zusammengefasst und ihre gesamte Bearbeitung in einer Fabrikationsgruppe durchgeführt. Kennzeichen einer Fabrikationsgruppe:  beinhaltet alle Arten von Werkzeugmaschinen beschäftigt Maschinenarbeiter umfasst auch Schlosser und andere Handarbeiter  ist in sich geschlossen und unabhängig von anderen Bearbeitungsabteilungen
  • Schildere die Bedeutung der Autonomie für Leistungsfähigkeit und Motivation (Lipman)! Forderung: Dem Arbeiter sollte die Gestaltung seiner Arbeit, die Wahl der Arbeitsmittel und Methoden in möglichst hohem Grade überlassen bleiben. Prinzip: Bei der Regelung des Arbeitsprozesses muss die Menschenökonomie (Erhaltung einer dauerhaften Leistungsfähigkeit des Arbeiters) stets mitberücksichtigt werden. Rationalisierung ist zielführend, soll aber nicht nur Wirtschaftlichkeit erhöhen, sondern auch Interessen der Arbeiter berücksichtigen
  • Soziale Bestimmtheit menschlichen Handelns: Hawthorne-Experimente (Mayo, 1933; Roethlisberger & Dickson, 1939): 2 Grundfunktionen industrieller Unternehmen: Ökonomische Funktion,  Soziale Funktion Human-Relations-Bewegung (Mayo et al., Lewin):  Gruppe wird als soziales System fokussiert  Gefühle, insbes. Arbeitszufriedenheit werden als Forschungsgegenstand wichtig  Soziotechnischer Ansatz: Tavistock-Institut: informelle Arbeitsgruppen im Kohlebergbau (1950, Emery, 1960) → "Social man"
  • Anpassung von Mensch und Arbeit H. Münsterberg: Psychologie und Wirtschaftsleben  Grundzüge der Psychotechnik    F. Giese: Methoden der Wirtschaftspsychologie Objektkpsychotechnik Subjektpsychotechnik  K. Marbe: Betriebsunfälle Unfällerpersönlichkeit  W. Hellpach: Gruppenfabrikation  Moede : Industrielle Psychotechnik
  • Soziale Bestimmtheit menschlichen Handelns Hawthorne-Experimente  (Mayo, 1933; Roethlisberger & Dickson, 1939): 2 Grundfunktionen industrieller Unternehmen:  Ökonomische Funktion  Soziale Funktion  Human-Relations-Bewegung (Mayo et al., Lewin)  Gruppe wird als soziales System fokussiert  Gefühle, insbes. Arbeitszufriedenheit werden als  Forschungsgegenstand wichtig  Soziotechnischer Ansatz: Tavistock-Institut: informelle  Arbeitsgruppen im Kohlebergbau (1950, Emery, 1960) ♦ social man Maslows Bedürfnishierarchie (1954)  Herzbergs Zweifaktorentheorie (1959) Humanisierung der Arbeit, Industrielle Demokratie ♦ self-actualizing man
  • Kognitive Wende  Paradigmenwechsel in der Allgemeinen Psychologie  (Kognition)  Handlungsregulationstheorie (Hacker, 1973, 1986;  Volpert, 1974)  Bedürfnisse variieren inter- und intraindividuell  Motive wirken nicht unabhängig voneinander, sondern  sind zu einem komplexen Muster verwoben  Einzelne Person kann in derselben und in  unterschiedlichen Organisationen unterschiedliche Motive  verfolgen  Arbeitszufriedenheit hängt nur teilweise von Motiven ab (Schein, 1980) ♦complex man
  • Menschenbilder (Ulich, 1994) 1. Economic man (Taylorismus) 2. Social man (Hawthorne-Studien) 3. Selfactualizing man (Selbstverwirklichung) 4. Complex man
  • Arbeitswelt an der Schwelle zum 21. Jahrhundert  Seit ca. 1980:  Automatisierungsschub durch Mikroprozessortechnik  Seit 1990:   Dezentrale, vernetzte Arbeitsorganisation  Globalisierung  „Entgrenzung“  ...
  • Geschichte der Angewandten Psychologie Institutionelle und organisat. Entwicklung  um 1900:  Entwicklung erster systematischer diagnostischer  Instrumente zur Selektion in der Pädagogischen  Psychologie und der ABO-Psychologie  Binet  W. Stern  1908: Gründung  der „Zeitschrift für angewandte Psychologie“  des Instituts für angewandte Psychologie in Berlin  um 1905/1910: Entwicklung der Psychotechnik  erster systematischer psychologischer Begutachtungen  (Forensik) und umfangreicherer Eignungsuntersuchungen  eigentlicher Beginn der  ABO-Psychologie  Forensischen Psychologie/Rechtspsychologie  1. und 2. Weltkrieg  internationaler Ausbau der Eignungs- und Selektionsdiagnostik  stärkerer Ausbau der psychotherapeutischen Behandlung  (neben der klassisch.-psychiatrischen) von „Kriegsneurotikern“  (= posttraumatische Belastungsstörungen; autonome  somatoforme Störungen; ICD-10) durch Nervenärzte 2. Weltkrieg: Aufbau großer militärpsychologischer Testlabors  Wehrmachtspsychologie  1929: 19 Planstellen: ca. 2500 psych. Untersuchungen  1935: 69 Planstellen: ca. 6800 psych. Untersuchungen  1938: 170 Planstellen: ca. 41.500 psych. Untersuchungen  1941: ? Planstellen: ca. 200.000 psych. Untersuchungen  Psychologische Dienste der Luftwaffe und Marine  Aufbau eines arbeitspsychologischen Instituts von der  Deutschen Arbeitsfront (Waffenproduktion etc.)  Aufbau eines Systems von Erziehungsberatungsstellen der  Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt  ab 1960: personeller Ausbau im Bereich der Pädagogischen  Psychologie  Schulpsychologie, Erziehungsberatung, Lebensberatung,  Heimpsychologie  ab 1970: personeller Ausbau der Klinischen und Medizinischen  Psychologie  Psychiatrie, Fach- und Reha-Kliniken, Beratungsstellen, freie  psychol. Praxen  ab 1980: personeller Ausbau im Bereich ABO-Psychologie  in Betrieben und Organisationen, externe Beratungsfirmen,  Marketing & Werbung