Entscheidungstheorie (Fach) / Kapitel VI: Entscheidung bei Sicherheit und einem Ziel (Lektion)
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Entscheidung bei Sicherheit und einem Ziel
Diese Lektion wurde von Schlolli1802 erstellt.
- Wertfunktion und Präferenz Präferenzen von Entscheidern werden durch Wertfunktionen abgebildet zunächst wird der einfachste Fall betrachtet: jede Alternative hat genau eine Konsequenz, d.h. es liegen sichere Erwartungen vor nur ein Ziel ist entscheidungsrelevant es soll gelten: endliche Alternativenmenge A = {a, b, c, …} Konsequenz von a auf das Ziel bzw. Attribut X sei xa (= Attributsausprägung) Attributsausprägung kann nominal-, ordinal- oder kardinalskaliert sein
- Präferenz ein Entscheider besitzt eine Präferenz zwischen zwei Alternativen a, b ∈ a > b (a wird präferiert) oder a < b (b wird präferiert) oder a ~ b (Indifferenz) um eine rationale Entscheidung treffen zu können, muss die Präferenzordnung vollständig sein (d.h. der Entscheider besitzt für jedes Alternativenpaar eine Präferenz) und transitiv sein (d.h. wenn a > b und b > c dann a > c)
- Ordinale (nicht-messbare) Wertfunktion stellt mathematische Abbildung der Präferenz dar Definition: Eine Wertfunktion v ist eine Funktion, die den Alternativen a, b eine reelle Zahl derart zuordnet, dass der Wert von a genau dann größer als der Wert von b ist, falls der Entscheider a gegenüber b präferiert. Satz (Existenz): Ist die Präferenz eine vollständige, transitive Ordnung (und A ist abzählbar), so existiert immer eine Wertfunktion daraus folgt: nicht jede Präferenz lässt sich durch eine Wertfunktion abbilden Repräsentiert die Ordnung der Alternativen, sagt aber nichts über die Stärke der Präferenz zwischen Alternativen aus ⇒ man spricht daher auch von ordinaler (nicht-messbarer) Wertfunktion
- messbare Wertfunktion Abbildung der Stärke der Präferenz erfordert eine sog. messbare Wertfunktion damit diese existiert muss eine Präferenz bzgl. der Übergänge zwischen Alternativen angegeben werden können zusätzlich muss Transitivität und Vollständigkeit vorliegen Definition: Eine messbare Wertfunktion v muss zusätzlich zu den Erfordernissen einer nicht-messbaren Wertfunktion die Eigenschaft haben, dass der Übergang von a nach b genau dann besser als der Übergang von c nach d ist, wenn die Differenz der Werte von b und a größer als die Differenz der Werte von d und c ist wichtig: die Bezeichnung „messbar“ ist missverständlich, d.h. auch nicht-messbare Wertfunktionen messen Präferenzen
- Eindeutigkeit von Wertfunktionen die Wertfunktion ist nicht eindeutig Sei v eine Wertfunktion und m eine streng monoton wachsende Funktion, dann ist v*(x) = m (v(x)) wieder eine Wertfunktion Auch messbare Wertfunktionen sind nicht eindeutig. Es sind aber nicht mehr beliebigeTransformationen zulässig. Erlaubt ist beispielsweise m(v) = a·v+b mit a>0
- Ermittlung von Wertfunktionen korrekte Ermittlung von Wertfunktionen ist eines der zentralen Anliegen der ET Grund: aus der Wertfunktion kann die Präferenz des Entscheiders bzgl. Alternativen direkt abgeleitet werden Ermittlung erfolgt durch Befragung des Entscheiders Konsistenzprüfung erforderlich Wertfunktion wird i.d.R. in einem Diagramm dargestellt Abszissenachse: Ausprägungen der Alternativen Ordinatenachse: Werte der Wertfunktion Wertfunktion wird i.d.R. auf das Intervall [0, 1] normiert beste Alternative wird als x+ und schlechteste Alternative als x- bezeichnet
- Vorgehensweise bei der Ermittlung der Wertfunktion stetiger Attribute bei stetigen Attributen werden stets nur einige Punkte der Wertfunktion direkt bestimmt die restlichen Attributsausprägungen können ermittelt werden durch 1) stückweise lineare Interpolation zwischen den ermittelten Punkten 2) statistische Verfahren, die eine Kurve ungefähr an die direkt ermittelten Punkte anpassen (häufig: logarithmische, quadratische oder Exponentialfunktion) beide Vorgehensweisen sind leicht EDV-technisch umsetzbar
- Methoden zur Ermittlung der Wertfunktion es gibt zahlreiche Methoden zur Ermittlung von Wertfunktionen im Folgenden werden drei Methoden 3.1 Direct-Rating-Methode 3.2 Methode gleicher Wertdifferenzen 3.3 Halbierungsmethode behandelt: dabei wird davon ausgegangen, dass die Attributsausprägung kontinuierlich skaliert ist und die Wertfunktion monoton steigend ist (für monoton fallende Wertfunktionen analog anwendbar)
- Direct-Rating-Methode einfachste und schwächste Methode zur Bestimmung von Wertfunktionen Vorgehensweise: beste und schlechteste Zielausprägung festlegen wertmäßige Rangfolge der Alternativen festlegen direkte Bewertung beste Alternative erhält 100 Punkte und schlechteste 0 Punkte Bewertung der dazwischen liegenden Alternativen soll Rangfolge und Präferenzdifferenzen abbilden Normierung auf [0, 1] und Skizze Konsistenzprüfung
- Methode gleicher Wertdifferenzen anspruchsvoller als Direct-Rating-Methode Vorgehensweise: Bestimmung der schlechtesten Ausprägung x- mit x- = 0 Punkte Erhöhung von x- um 1/n des Gesamtintervalls auf a1 mit v(a1)= 1 Punkt (x- → a1) wird als Normintervall bezeichnet Bestimmung von a2, so dass gilt: (x- → a1) ~ (a1 → a2) Wiederholung dieses Vorgangs bis x+ erreicht wird Normierung auf [0, 1] und Skizze Konsistenzprüfung
- Halbierungsmethode ebenfalls anspruchsvoller als Direct-Rating-Methode Vorgehensweise: Festlegung von x- und x+ Bestimmung des wertmäßigen Mittelpunkts von [x–, x+] = x0,5 mit v(x0,5)=0,5 Bestimmung des wertmäßigen Mittelpunkts von [x–, x0,5] = x0,25 mit v(x0,25)=0,25 Bestimmung des wertmäßigen Mittelpunkts von [x0,5, x+] = x0,75 mit v(x0,75)=0,75 ggf. weitere Wiederholungen Skizze Konsistenzprüfung
- Inkonsistenzen treten sehr häufig auf, weil 1) Entscheider ein beschränktes Urteilsvermögen haben 2) Methoden falsch angewendet werden werden häufig aufgedeckt, wenn eine Wertfunktion mit verschiedenen Methoden ermittelt wird Entscheider sollte mit seinen Inkonsistenzen konfrontiert werden und diese ggf. korrigieren gegebenenfalls weiteres Vorgehen: Durchschnittsbildung Fehlerminimierung
- nicht-monotone Wertfunktionen erfordern Anpassung der o.g. Methoden Intervall wird in mehrere monotone Teilintervalle aufgeteilt Methoden werden dann für die Teilintervalle separat durchgeführt Bsp. Kölschkonsum zunächst monoton steigend Maximum bei ca. 10 Kölsch danach monoton fallend allerdings: nicht-monotone Wertfunktionen sind oft das Ergebnis einer ungenügenden Zielstrukturierung korrektes Ziel im o.g. Bsp. vermutlich „Wohlbefinden“ bzw. Zerlegung in zwei Ziele: „Durstlöschung“ und „Aufnahmefähigkeit
- Unvollständige Information wegen fehlender oder ungenauer Information kann keine Wertfunktion ermittelt werden es gibt aber möglicherweise auf Basis der vorhandenen Information eine Klasse von möglichen Wertfunktionen (=V(I)) es kann dann aber noch auf Dominanz untersucht werden formaler Zusammenhang: Sei a,b є A a dominiert b ⇔ v(a) > v(b) für alle v є V(I)