Entscheidungstheorie (Fach) / Kapitel VI: Entscheidung bei Sicherheit und einem Ziel (Lektion)

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Entscheidung bei Sicherheit und einem Ziel

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  • Wertfunktion und Präferenz Präferenzen von Entscheidern werden durch Wertfunktionen abgebildet  zunächst wird der einfachste Fall betrachtet:  jede Alternative hat genau eine Konsequenz, d.h. es liegen sichere Erwartungen vor   nur ein Ziel ist entscheidungsrelevant  es soll gelten:  endliche Alternativenmenge A = {a, b, c, …}  Konsequenz von a auf das Ziel bzw. Attribut X sei xa  (= Attributsausprägung)  Attributsausprägung kann nominal-, ordinal- oder kardinalskaliert sein
  • Präferenz ein Entscheider besitzt eine Präferenz zwischen zwei Alternativen a, b ∈ a > b (a wird präferiert) oder  a < b (b wird präferiert) oder  a ~ b (Indifferenz)  um eine rationale Entscheidung treffen zu können, muss die Präferenzordnung   vollständig sein (d.h. der Entscheider besitzt für jedes Alternativenpaar eine Präferenz) und  transitiv sein (d.h. wenn a > b und b > c dann a > c)
  • Ordinale (nicht-messbare) Wertfunktion stellt mathematische Abbildung der Präferenz dar  Definition: Eine Wertfunktion v ist eine Funktion, die den Alternativen a, b eine reelle Zahl derart zuordnet, dass der Wert von a genau dann größer als der Wert von b ist, falls der Entscheider a gegenüber b präferiert.  Satz (Existenz): Ist die Präferenz eine vollständige, transitive Ordnung (und A ist abzählbar), so existiert immer eine Wertfunktion daraus folgt: nicht jede Präferenz lässt sich durch eine Wertfunktion abbilden Repräsentiert die Ordnung der Alternativen, sagt aber nichts über die Stärke der Präferenz zwischen Alternativen aus ⇒ man spricht daher auch von ordinaler (nicht-messbarer) Wertfunktion
  • messbare Wertfunktion Abbildung der Stärke der Präferenz erfordert eine sog. messbare Wertfunktion  damit diese existiert muss eine Präferenz bzgl. der Übergänge zwischen Alternativen angegeben werden können  zusätzlich muss Transitivität und Vollständigkeit vorliegen Definition: Eine messbare Wertfunktion v muss zusätzlich zu den Erfordernissen einer nicht-messbaren Wertfunktion die Eigenschaft haben, dass der Übergang von a nach b genau dann besser als der Übergang von c nach d ist, wenn die Differenz der Werte von b und a größer als die Differenz der Werte von d und c ist wichtig: die Bezeichnung „messbar“ ist missverständlich, d.h. auch nicht-messbare Wertfunktionen messen Präferenzen
  • Eindeutigkeit von Wertfunktionen die Wertfunktion ist nicht eindeutig  Sei v eine Wertfunktion und m eine streng monoton wachsende Funktion, dann ist v*(x) = m (v(x)) wieder eine Wertfunktion Auch messbare Wertfunktionen sind nicht eindeutig. Es sind aber nicht mehr beliebigeTransformationen zulässig. Erlaubt ist beispielsweise m(v) = a·v+b mit a>0
  • Ermittlung von Wertfunktionen korrekte Ermittlung von Wertfunktionen ist eines der zentralen Anliegen der ET  Grund: aus der Wertfunktion kann die Präferenz des Entscheiders bzgl. Alternativen direkt abgeleitet werden  Ermittlung erfolgt durch Befragung des Entscheiders  Konsistenzprüfung erforderlich  Wertfunktion wird i.d.R. in einem Diagramm dargestellt  Abszissenachse: Ausprägungen der Alternativen  Ordinatenachse: Werte der Wertfunktion  Wertfunktion wird i.d.R. auf das Intervall [0, 1] normiert  beste Alternative wird als x+ und schlechteste Alternative als x- bezeichnet
  • Vorgehensweise bei der Ermittlung der Wertfunktion stetiger Attribute bei stetigen Attributen werden stets nur einige Punkte der Wertfunktion direkt bestimmt  die restlichen Attributsausprägungen können ermittelt werden durch 1) stückweise lineare Interpolation zwischen den ermittelten Punkten   2) statistische Verfahren, die eine Kurve ungefähr an die direkt ermittelten Punkte anpassen (häufig: logarithmische, quadratische oder Exponentialfunktion)  beide Vorgehensweisen sind leicht EDV-technisch umsetzbar
  • Methoden zur Ermittlung der Wertfunktion es gibt zahlreiche Methoden zur Ermittlung von Wertfunktionen  im Folgenden werden drei Methoden 3.1 Direct-Rating-Methode 3.2 Methode gleicher Wertdifferenzen 3.3 Halbierungsmethode behandelt:  dabei wird davon ausgegangen, dass die Attributsausprägung kontinuierlich skaliert ist und die Wertfunktion monoton steigend ist (für monoton fallende Wertfunktionen analog anwendbar)
  • Direct-Rating-Methode einfachste und schwächste Methode zur Bestimmung von Wertfunktionen  Vorgehensweise: beste und schlechteste Zielausprägung festlegen  wertmäßige Rangfolge der Alternativen festlegen  direkte Bewertung  beste Alternative erhält 100 Punkte und schlechteste 0 Punkte  Bewertung der dazwischen liegenden Alternativen soll Rangfolge und Präferenzdifferenzen abbilden  Normierung auf [0, 1] und Skizze  Konsistenzprüfung
  • Methode gleicher Wertdifferenzen anspruchsvoller als Direct-Rating-Methode  Vorgehensweise:  Bestimmung der schlechtesten Ausprägung x- mit x- = 0 Punkte  Erhöhung von x- um 1/n des Gesamtintervalls auf a1 mit v(a1)= 1 Punkt   (x- → a1) wird als Normintervall bezeichnet  Bestimmung von a2, so dass gilt: (x- → a1) ~ (a1 → a2)  Wiederholung dieses Vorgangs bis x+ erreicht wird  Normierung auf [0, 1] und Skizze  Konsistenzprüfung
  • Halbierungsmethode ebenfalls anspruchsvoller als Direct-Rating-Methode  Vorgehensweise:  Festlegung von x- und x+  Bestimmung des wertmäßigen Mittelpunkts von [x–, x+] = x0,5 mit v(x0,5)=0,5  Bestimmung des wertmäßigen Mittelpunkts von [x–, x0,5] = x0,25 mit v(x0,25)=0,25  Bestimmung des wertmäßigen Mittelpunkts von [x0,5, x+] = x0,75 mit v(x0,75)=0,75  ggf. weitere Wiederholungen  Skizze  Konsistenzprüfung
  • Inkonsistenzen treten sehr häufig auf, weil   1) Entscheider ein beschränktes Urteilsvermögen haben  2) Methoden falsch angewendet werden  werden häufig aufgedeckt, wenn eine Wertfunktion mit verschiedenen Methoden ermittelt wird  Entscheider sollte mit seinen Inkonsistenzen konfrontiert werden und diese ggf. korrigieren  gegebenenfalls weiteres Vorgehen:  Durchschnittsbildung  Fehlerminimierung
  • nicht-monotone Wertfunktionen erfordern Anpassung der o.g. Methoden  Intervall wird in mehrere monotone Teilintervalle aufgeteilt  Methoden werden dann für die Teilintervalle separat durchgeführt  Bsp. Kölschkonsum   zunächst monoton steigend  Maximum bei ca. 10 Kölsch  danach monoton fallend  allerdings: nicht-monotone Wertfunktionen sind oft das Ergebnis einer ungenügenden Zielstrukturierung  korrektes Ziel im o.g. Bsp. vermutlich „Wohlbefinden“  bzw. Zerlegung in zwei Ziele: „Durstlöschung“ und „Aufnahmefähigkeit
  • Unvollständige Information wegen fehlender oder ungenauer Information kann keine Wertfunktion ermittelt werden  es gibt aber möglicherweise auf Basis der vorhandenen Information eine Klasse von möglichen Wertfunktionen (=V(I))  es kann dann aber noch auf Dominanz untersucht werden  formaler Zusammenhang: Sei a,b є A a dominiert b ⇔ v(a) > v(b) für alle v є V(I)