organisationssoziologie (Fach) / Organisationssoziologie (Lektion)
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Heinze
Diese Lektion wurde von LauraKraemling erstellt.
- Hirschman: Folgestudien: Withey/Cooper (1989) und Naus et al. (2007) Beide Studien erweitern Hirschman(1970) jeweils um eine weitereKategorie, wie Mitglieder auf Leistungsdefizite ihrer Organisation reagieren: hier allgemein Arbeitsunzufriedenheit. Die beiden neuen Kategorien „Vernachlässigung“ und „Zynismus“ sind im Gegensatz zu Hirschman(1970) nicht auf Korrektur des Leistungs-defizites ausgerichtet. Beide Kategorien weisen empirisch ähnliche Ausprägungen wie „Exit“ auf und können daher als Ausprägungen einer „inneren Emigration“ im Gegensatz zur „äußeren Emigration–Exit“ verstanden werden.
- March - Bounded Rationality Weche Annahmen werden getroffen? In der Theorie vollständiger Rationalität werden folgende Annahmen getroffen: Entscheider kennen alle Handlungsalternativen, Entscheider kennen alle Handlungsfolgen, Entscheider haben vollständige und transitive Präferenzen, Entscheider wollen ihren Nutzen maximieren, Alternativen und Folgen sind unabhängig vom Entscheider. Diese Annahmen spiegeln aber nicht die Praxis in Organisationen wider. Daher sind sie kein sinnvoller Ausgangspunkt für die Organisationsforschung.
- March - Bounded Rationality Realitätsgetreue Annahmen Eine realitätsgetreue Modifikation dieser Annahmen führt zur Theoriebegrenzter Rationalität (bounded rationality): Entscheider kennen nicht alle Handlungsalternativen Entscheider kennen nicht alle Handlungsfolgen, Entscheider haben keine vollständigen und Präferenzen Entscheider können ihren Nutzen nicht maximieren, Handlungsalternativen und Folgen sind nicht unabhängig vom Entscheider. Die modifizierten Annahmen führen zu der Frage, wie Entscheider in Organisationen überhaupt handeln können, welche Gefahren auf sie lauern und welche Handlungsstrategien sie verfolgen können.
- March - Satisfizing und Slack Satisfizing bedeutet, dass Unternehmen ihre Preise so festsetzen, dass sie einen angemessenen Gewinn realisieren. Diese Entscheidungsregel widerspricht der betriebswirtschaftlichen Theorie der Unternehmung. Dieser Theorie zufolge erfolgt die Preisbildung am Schnittpunkt von Angebot und Nachfrage. Satisfizing bedeutet auch, dass Organisationen bei Personal-entscheidungen üblicherweise nicht die bestmögliche Kombination von Person und Stelle anstreben. Beim satisfizing wird nur solange nach besseren Alternativen gesucht, bis jemand gefunden ist, der den Anforderungen genügt. Unter slack versteht man unentdeckte und ungenutzte Einsparpotenziale in Organisationen. Es handelt sich um die Differenz zwischen den realisierten und den möglichen Leistungen einer Organisation. Solange die Leistung einer Organisation über ihrer intern gesetzten Zielschwelle liegt, werden Puffer aufgebaut. Entscheider legen sich solche Puffer zu, um für Krisen gerüstet zu sein. Wenn dagegen die Leistung einer Organisation unter ihrer intern gesetzten Zielschwelle liegt, werden Puffer abgebaut. Damit wird die Organisation insgesamt effizienter, weil sie weniger Ressourcen für die gleiche Leistung benötigt.
- March - Loose Coupling und Garbage Can Loose coupling bedeutet, dass Entscheidungsprämissen und tatsächliches Handeln, Begründungen und Entscheidungen, Lösungen und Probleme sowie Prozesse und Prozessergebnisse nicht in einem linearen und konsistenten Zusammenhang stehen. Lose Kopplung wird bspw. durch Dezentralisierung und Delegation von Verantwortung oder durch die bewusste Verwendung mehrdeutiger Begründungen und durch vage Erwartungen ermöglicht. Dadurch gewinnt die Organisation flexible Reaktionsmöglichkeiten auf widersprüchliche Erwartungen der Umwelt, allerdings auf Kosten derinternen Kohärenz und Einheitlichkeit. Eine spezifische Form von loser Kopplung sind garbage cans: die zeitliche Ordnung von Problemen, Akteuren und Problemlösungenkann bed eutsamer sein als die vorausgeplante, konsistente und einheitliche Form des konventionellen Problemlösens in Organisationen.
- March - Exploration und Exploitation Exploration: Suche nach neuem Wissen und Überschreitung des gegenwärtigen Know-Hows, eröffnet neue Horizonte und Perspektiven Exploitation: Verfeinerung des etablierten Wissens und die Einpassung in vorhandene Denkweisen, beutet vorhandenes Wissen und etablierte Technologien ausOrga Organisationen sind in der Regel auf exploitation hin ausgerichtet: anerkanntes Wissen in routinierter Weise verarbeiten, auf der Basisfunktionierender Tec hnologien tätig sein, die Produktion bestimmter materieller und kultureller Güter planen und implementieren. Organisationen riskieren ihre Existenz, wenn sie nicht nach neuen und innovativen Technologien suchen und wenn sie nicht bereit sind, Experimente zu wagen, deren zukünftige Erträge nur schwer zu bestimmen sind. Exploration fungiert als Suchstrategie zur Vorbereitung von Entscheidungen in Organisationen, sie eröffnet Optionen und Handlungsfelder, die für das Überleben von organisierten Systemen in einer veränderlichen Umwelt von herausgehobener Bedeutung sind. Die Schwierigkeit für Organisationen besteht darin, dass sich exploitation schneller und effektiver reproduziert als exploration. Exploitation verfügt über Mechanismen der Selbstverstärkung, während Exploration über solche Mechanismen nicht verfügt. „The certainty, speed, proximity, and clarity of feedback ties exploitation to its consequences more quickly and more precisely than is the case with exploration. (...) Compared to the returns from exploitation, returns from exploration are systematically less certain, more remote in time, and organizationally more distant from the locus of action.” (March 1991, S. 73)
- March: Simulationsmodelle: Lernraten und organisationales Gesamtwissen: Langsames Lernen der Mitglieder erhöht das durchschnittliche Gesamtwissen, vor allem dann, wenn die Organisation schnell lernt. Schnelles Lernen der Mitglieder verringert das Gesamtwissen, insbesondere wenn die Organisation schnell lernt Homogene und heterogene Lernraten: Eine Mischung langsam und schnell lernender Mitglieder ist für das durchschnittliche Gesamtwissen vorteilhafter als eine auf die Lerngeschwindigkeit bezogen homogene Mitgliederpopulation Personalfluktuation und Lerngeschwindigkeit: Effekte der Personalfluktuation auf das Organisationswissen in Abhängigkeit der Lerngeschwindigkeit der Mitglieder. Schlussfolgerungen der Simulation: Wenn die Mitglieder langsam lernen und die Personalfluktuation gering ist, wächst das Organisationswissen. Wenn Mitglieder langsam lernen und gleichzeitig eine hohe Personalfluktuation herrscht, wird das Organisationswissen verringert. Wenn Mitglieder schnell lernen und eine moderat hohe Personalfluktuation vorliegt, erhöht sich das Organisationswissen. Personalfluktuation bei Umweltturbulenz:Effekte der Personalfluktuation auf das Organisationswissen bei turbulenter Umwelt. Schlussfolgerungen aus Simulation: Gegenseitiges Lernen von Mitgliedern und Organisation führt zu einer dramatischen Verringerung des Organisationswissens, wenn keine Personalfluktuation stattfindet. Eine Abnahme des Organisationswissens bedeutet: fehlende Möglichkeiten zur exploration und damit Gefahr neues Wissen und neue Technologien zu verpassen
- Folgestudien March: Folgestudien: He/Wong (2004) Design: Befragung von Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes in Singapore und Malaysia (N=206); ein Befragungszeitpunkt; ANOVA, Regressionsanalyse und Pfadanalyse. Hypothese: Unternehmen, die explorative mit exploitativen Innovationsstrategien verbinden, sind leistungsfähiger. Abhängige Variable: durchschnittliche Wachstumsrate des Umsatzes;sowohl selbstberichtet als auch über Archivdatenvalidiert. Unabhängige Variablen (likertskalierte Befragungsitems): exploration: Einführung neuer Produkte, Erweiterung der Produktpalette, Öffnung neuer Märkte, Eintritt in neue Technologiefelder exploitation: Verbesserung bestehender Produktlinien, Verbesserung der Produktionsflexibilität, Reduktion von Produktionskosten, Reduktion des Ressourcenverbrauchs He/Wong (2004) bestätigen empirisch die theoretische Aussage von March, dass eine Kombination von exploration und exploitation für Wachstumssteigerungen und Leistungsverbesserungen notwendig ist.
- Folgestudien March: Folgestudien: Jansen et al. (2006) Design: Befragung von 769 Einheiten eines Finanzdienstleisters in Europa; zwei Befragungszeitpunkte; Regressionsanalyse. Abhängige Variable: durchschnittliche Profitabilität ein Jahr nach Messung der unabhängigen Variablen. Unabhängige Variablen: diverse Skalen und Konzepte Jansen et al. (2006) zeigen, dass exploration vor allem in dynamischen und turbulenten Organisationsumwelten vor Leistungsabfall schützt; zugleich zeigen die Autoren, dass exploitation in wettbewerblichen Kontexten Vorteile bietet und sich dort auch besser fortpflanzt.
- Etzioni: Macht, Beteiligung, einfache Teilnehmer Machtformen Zwangsmacht beruht auf der Androhung oder Anwendung physischer Sanktionen, beispielsweise durch die Zufügung von Schmerzen,Verstümmelungen oder Tod. Instrumentelle Macht beruht auf der Kontrolle über materielle Ressourcen und Belohnungen, beispielsweise Gehalt, zusätzliche Geldleistungen oder bevorzugter Zugang zu bestimmten Gütern und Dienstleistungen. Normative Macht beruht auf der Anwendung und Kontrolle symbolischer Belohnungen und Bestrafungen, beispielsweise durch Gewährung von Lob oder Tadel oder durch die Verleihung gesellschaftlich anerkannter Titel.
- Etzioni: Macht, Beteiligung, einfache Teilnehmer Beteiligunsmodi Richtung der Beteiligung:positiv oder negativ zur Machtressource eingestellt Intensität der Beteiligung:stark oder schwach Eine stark negative Beteiligung heißt Entfremdung, z.B. Sklaven,Gefängnisinsassen oder Wehrpflichtige Eine stark positive Beteiligung heißt moralisch, z.B. Gläubige in der Kirche, Anhänger einer politischen Partei. Eine mittlere Stellung nimmt die berechnende Beteiligung ein, z.B.Ange stellte in einer Firma, Gäste in einem Restaurant
- Etzioni: Macht, Beteiligung, einfache Teilnehmer Einfache Teilnehmer Folgebereitschaft bezeichnet das Verhältnis zwischen den Machthabern und einfachen Teilnehmer Einfache Teilnehmer sind nach Etzioni diejenigen, die in mindestens einer der drei Kategorien eine hohe Ausprägung aufweisen Intensität und Richtung der Beteiligung Grad der Unterordnung Umfang der Leistungspflichten Bei einfachen Teilnehmern sind im Gegensatz zu den Machthabern die größten Unterschiede in der Folgebereitschaft festzustellen. Der Glauben an die Legitimität der Machtausübung reicht nicht aus;Folgebereitschaft wird erst erzeugt, wenn etwas als Belohnung bzw. Bestrafung wahrgenommen wird.
- Etzioni - Organisationstypen Zwangsorganisationen(ZO): physischer Zwang wird dazu verwendet,Insassen in einem räumlich begrenzten Gebiet zu verwahren. Utilitaristische Organisationen(UO) beruhen auf der Kontrolle von materiellen Belohnungen. Die einfachen Teilnehmer sind berechnend in das Organisationsgeschehen eingebunden. Normative Organisation(NO) beruhen auf der Kontrolle normativer Belohnungen. Die einfachen Teilnehmer sind moralisch eingebunden. NO ist die umfassendste Organisationskategorie. Duale Organisationen(DO) verknüpfen zwei verschiedene Formen der Folgebereitschaft.
- Etzioni - Organisationsziele ZO: soziale Ordnung;Akteure mit abweichendem Verhalten werden von der Gesellschaft getrennt und abweichendes Verhalten wird unterbunden. UO: wirtschaftliche Ziele; Güter und Dienstleistungen werden hergestellt und über einen Markt an Kunden verteilt. NO: kulturelle und soziale Ziele; kulturell und sozial wertgeschätzte Artefakte und Praktiken werden hergestellt, gepflegt undweitergegeben.
- Etzioni - Rekrutierung und Sozialisation Ob Konsens zwischen der Leitung und den einfachen Teilnehmern herrscht und ob die Kommunikation zu den Organisationszielen passt,hängt von zwei wichtigen Mechanismen ab: Rekrutierung und Sozialisation Rekrutierung bestimmt für die anfängliche Orientierung, Sozialisation dagegen die dauerhafte Beteiligung der einfachen Teilnehmer. ZO haben keine eigenen Rekrutierungskriterien. UO sind vergleichsweise selektiv und legen großen Wert auf hoch entwickelte Selektionsmechanismen wie Eingangsprüfung, Assessment Center, Interviews. NO sind sehr heterogen, was die Rekrutierung angeht: Hohe Selektivität: Priesterseminare Geringe Selektivität: staatliche Universitäten Um ihre Ziele effektiv erreichen zu können, müssen Organisationen ihre einfachen Teilnehmer solange erziehen, bis ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen Organisationsziel und Beteiligungsform erreicht ist.
- Etzioni - Aktionsradius und normative Durchdringung der Umwelt ZO, UO und NO unterscheiden sich im Verhältnis zu ihrer Umwelt: Aktionsradius: erfasst die Anzahl der von den einfachen Teilnehmern gemeinsam durchgeführten Aktivitäten; es geht darum, wie weit bzw.wie eng die Organisation ihre Grenzen zur Umwelt zieht. Normative Durchdringung: erfasst, inwieweit die Organisation für inner- und außerhalb der Organisation liegende Handlungsbereiche Normen setzt.
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- Etzioni: Folgestudien: Hornung 2010 Zusammenhang zwischen prozeduraler und materieller Gerechtigkeit, den drei Commitment-Typen nach Etzioni und sozial unterstützendem Verhalten am Arbeitsplatz. Empirische Untersuchung: 207 Beschäftigte eines Krankenhauses. Operationalisierung materieller Gerechtigkeit Operationalisierung prozeduraler Gerechtigkeit Operationalisierung sozial unterstützenden Verhaltens am Arbeitsplatz:
- Etzioni - Querbezüge Hirschman (und Folgestudien) : Typisch für UO und berechnende Beteiligung: Abwanderung. Typisch für NO und mor lische Beteiligung: Widerspruch Typisch für Entfremdung (nicht nur für ZO) : innere Emigration/Zynismus.
- Etzioni - Querbezüge Luhmann und DiMaggio/Powell Etzioni hat einen weiten Mitgliederbegriff, Luhmann einen engen. Etzioni zufolge hängt die Motivation der Teilnehmer mit den Organisationszielen zusammen, Luhmann geht–wie auch March–von einer Indifferenzzone aus Etzioni erfasst das Verhältnis System-Umwelt (pervasiveness,scope) genauer als Luhmann, aber weniger präzise als DiMaggio/Powell (organizational fields).
- Etzioni - Querbezüge Weber Physischer Zwang ist bei Weber Letztmittel (Reserve) legitimer Machtausübung,bei Etzioni dagegen Routinemittel zur Erzeugung von Folgebereitschaft bei einfachen Organisationsteilnehmern. Etzioni hebt hervor, dass das Gehorchenwollen nicht allein auf Legitimität (traditional, charismatisch,legal-rational) beruht, sondern auch mit Belohnungen verknüpft ist. Weber setzt „von oben“an (Verwaltungsstäbe),Etzioni dagegen „von unten“(einfache Teilnehmer). Sowohl Weber als auch Etzioni entwerfen eine exhaustive Typologie, d.h. alle empirischen Phänomene werden durch die Typologie erfasst.
- Etzioni - Querbezüge Coleman Die neuen Korporationen ähneln den UO. Die alten Korporationen ähneln den ZO. Die NO stehen zwischen den neuen und alten Korporationen.
- Perrow Störfälle, Unfälle und Systemunfälle Vier analytische Ebenen bei technischen Systemen: Ebene 1: Einzelteile, wie beispielsweise ein Ventil oder ein Schalter sind die kleinsten Komponenten, die erfasst werden können. Ebene 2: Funktionell zusammenhängende Einzelteile bilden auf der nächsthöheren Ebene eine Einheit, beispielsweise ein mit Dampf betriebener Stromgenerator. Ebene 3: Eine funktionale Anordnung von Einheiten wiederum ergibt ein Teilsystem, beispielsweise ein Kühlsystem, zu dem Motor, Pumpen und Leitungen gehören. Ebene 4: Ein Kernkraftwerk hat mehrere Dutzend solcher Teilsysteme,die als Gesamtsystem die Reaktoranlage bilden .
- Perrow Störfälle, Unfälle und Systemunfälle Störfall: ein nicht-intendiertes und unerwünschtes Ereignis bei Komponenten oder Einheiten, das die gegenwärtige oder zukünftigeLeistung einer Organisation erheblich mindert und/oder größeren Schaden an Personen und/oder Sachen anrichtet. Unfall: ein nicht-intendiertes und unerwünschtes Ereignis bei Teilsystemen oder Gesamtsystemen, das die gegenwärtige oder zukünftige Leistung einer Organisation erheblich mindert und/oder größeren Schaden an Personen/Sachen anrichtet. Komponentenunfall: wird durch vorhersehbare/erwartbare/nachvollziehbare Sequenz von Störfällen hervorgerufen. Systemunfall: kommt durch nicht vorhersehbare/erwartbare/nachvollziehbare Interaktion mehrerer Störfälle zustande.
- Perrow - Interaktion und Kopplung Frage: Wie entstehen Systemunfälle? Antwort: Koordinatensystem mit zwei zentralen Variablen Variable 1:Komplexität der Interaktion zwischen Komponenten,Einheiten und Teilsystemen; Ausprägung:linear oder komplex Variable 2: Kopplung zwischen Komponenten, Einheiten und Teilsystemen; Ausprägung: lose oder eng Lineare Interaktionen: treten im erwarteten und bekannten Betriebsablauf auf und sind für das Bedienpersonal gut sichtbar, auch wenn sie außerplanmäßig auftreten. Komplexe Interaktionen: treten auf, wenn Komponenten und Einheiten mehr als eine Funktion haben und wenn sie räumlich benachbart sind. Bei Systemen mit komplexen Interaktionen ist der Grad der beruflichen Spezialisierung typischerweise höher als bei Systemen mit linearen Interaktionen; Folgen:Beschäftigte in komplexen Systemen sind weniger gut ersetzbar. Beschäftigte in komplexen Systemen überblicken selten das gesamte Spektrum an möglichen Interaktionen und sind weniger gut in der Lage, unerwartete Interaktionen zu erkennen und zu meistern. Lose Kopplung: es gibt Puffer und Elastizität zwischen Komponenten und Einheiten; Änderungen bei einer Komponente oder bei einer Einheit wirken sich nicht direkt auf anderen Komponenten und Einheiten aus. Enge Kopplung: es gibt keine Puffer und keine Elastizität zwischen den Komponenten und Einheiten; sämtliche Vorgänge des Produktions-prozesses sind fest miteinander verknüpft; Änderungen an einer Stelle wirken sich unmittelbar auf die Vorgänge an anderer Stelle aus Lose gekoppelte Systeme können in Bereitschaft gehalten werden, Aufschübe sind möglich. Eng gekoppelte Systeme sind von festgelegten Prozessabläufen gekennzeichnet. Sie können nicht in Bereitschaft stehen und warten, bis sie abgerufen werden.
- Perrow: Zentralisierung und Dezentralisierung Erster Quadrant: enge Kopplung und lineare Interaktion erfordern in der Regel eine zentralisierte Organisationsstruktur; die oberen Hierarchieebenen der Organisation halten für die seltenen aber erwartbaren Störfälle Gegenmaßnahmen bereit. Zweiter Quadrant: enge Kopplung und komplexe Interaktionen erfordern dezentrale und eine zentralisierte Organisationsstruktur; auch diese Organisationen sind häufig hierarchisch strukturiert, und sie neigen überzählig häufig zu Systemunfällen. Dritter Quadrant: lose Kopplung und lineare Interaktionen erfordern dezentrale und eine zentralisierte Organisationsstruktur; empirisch überwiegen Organisationen mit zentralisierter, hierarchischer Struktur. Vierter Quadrant: lose Kopplung und komplexe Interaktion erfordern eine dezentrale Organisationsstruktur; Störfälle und Unfälle können abgefangen werden, da die Mitarbeiter die Möglichkeit haben, die Situation selbst zu beurteilen und Maßnahmen zu ergreifen.
- Perrow - Umgang mit Hochrisikosystemen Inhärentes Risiko für Systemunfälle: qualitative Schätzung auf einer Skala von 1 (niedrig) bis 10 (hoch), z.B. Dämme (1), Kernkraftwerke (8) Tatsächliches Risiko für Systemunfälle: qualitative Schätzung auf Basis einschlägiger Erfahrungen, wieder auf einer Skala von 1 (niedrig) bis 10(hoch), z.B. Dämme (1), Kernkraftwerke(9) Tatsächliches Risiko für Komponentenunfälle: qualitative Schätzung auf Basis einschlägiger Erfahrungen, wieder auf einer Skala von 1 (niedrig) bis 10 (hoch), z.B. Dämme(4), Kernkraftwerke(7) Netto-Katastrophenpotenzial:ergibt sich aus der Addition des tatsächlichen Risikos für System- und Komponentenunfälle; gibt das Ausmaß einer organisational verursachten Katastrophe an,z.B.Dämme(5), Kernkraftwerke(16) Substitutionskosten: qualitative Schätzung auf einer Skala von 1(niedrig) bis 10 (hoch), z.B. Dämme(6), Kernkraftwerke(2)
- Perrow - Umgang mit Hochrisikosystemen Gesellschaftspolitische Schlussfolgerungen: Handlungsoptionen auf der Basis von Schwellenwerten für Netto-Katastrophenpotenzial und Substitutionskosten. Tolerieren und verbessern:organisierte Systeme mit geringem Katastrophenpotential (0-6 von 20), die nur unter extremem Kosten-aufwand (6-10 von 10) substituierbar wären, z.B. Staudämme, chemische Anlagen, Luftfahrt sowie Bergbau. Einschränken:organisierte Systeme mit mittelhohem Katastrophen-potenzial (6-11 von 20), deren Substitution jedoch mit relativ hohen Kosten verbunden ist (4-6 von 10), z.B. Schifffahrt und Biotechnologie Abschaffen: organisierte technische Systeme, deren Katastrophen-potenzial hoch (11-20 von 20) und deren Substitutionskosten relativ gering sind (0-4 von 10), z.B. Atomwaffen, Kernkraftwerke, Raumfahrt.
- Perrow -Systemunfälle in der Energieversorgung Leitfragen: Wann ist das Ausmaß von Unfällen besonders hoch? Wie kann man vermeiden, dass Unfälle besonders große Zerstörungen anrichten?Antwort: über je mehr Ressourcen eine Organisation verfügt, umso höher ist das Ausmaß der Zerstörung im Falle eines Systemunfalls. Es gibt drei miteinander verknüpfte Konzentrationsprozesse, die das Ausmaß von Systemunfällen erhöhen: Energie (insb. Bevorratung von Stoffen), Bevölkerung (insb. urbane Ballungsgebiete), ökonomische und politische Macht. Bis Anfang der 1990er Jahre: ca. 10.000 Kraftwerke, ca. 15.000 Generatoren, ca. 3.000 Energieversorger, ca. 150 regionale Koordinationsstellen, dezentraler Aufbau: ein eng gekoppeltes System mittlerer Komplexität. Seit den 1990er Jahren: Stromnetz wird zunehmend instabil, lokale Instabilitäten weiten sich zu flächendeckenden Systemunfällen aus: es findet eine Verschiebung in den 2. Quadranten statt Ursache 1: Stromnachfrage wächst, während Netzinfrastruktur nicht im selben Maße ausgebaut wird.Ursache 2: Liberalisierung des Strommarktes: vormalige Monopole werden für Anbieter- und Preiswettbewerb geöffnet.Drei Folgen: Übernahmewelle: Entstehung großer Stromanbieter mit erheblicher Marktmacht und Einfluss über große Teile des Stromnetzwerks. Händler-Unternehmen: Kapitalisierung regionaler Preisunterschiede,Störfälle infolge der Langstreckenübertragung großer Energiemengen. Illegale Übernutzung des Stromnetzes: Störfälle infolge von Leer-verkäufen und bewusst herbeigeführter Angebotsknappheit. Schlussfolgerung und Empfehlung: Verkleinerung der Marktmacht von Organisationen und Stärkung dezentraler technischer und organisationaler Netzwerke.