Rechtswissenschaft (Fach) / Allgemeines Schuldrecht (Lektion)

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Vertragliches Schuldverhältnisse, Primär- und Sekundäransprüche (Examensvorbereitung)

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  • Abgrenzung: Schuldverhältnis - Gefälligkeitsverhältnis Ein Schuldverhältnis kommt nur zustande, wenn die Erklärung, sich zu einer Leistung verpflichtenzu wollen, auch von einem Rechtsbindungswillen getragen wird. Ein solcher Rechtsbindungswille fehlt bei bloß gesellschaftlichen, konventionellenoder freundschaftlichen Zusagen sowie bei den Gefälligkeiten des Alltags. Ob ein Schuldverhältnis oder ein bloßes Gefälligkeitsverhältnis vorliegt, ist im jeweiligen Einzelfallzu klären (BGHZ 21, 107), wobei Uneigennützigkeit und Unentgeltlichkeit Voraussetzungder Gefälligkeit sind; die wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung der Angelegenheit sowie Art,Grund und Zweck der Leistung und die Interessenlage müssen jedoch weitere Indizien für dasVorliegen einer Gefälligkeit liefern. Bei einem Gefälligkeitsverhältnis muss man außerdem immer überlegen, ob stillschweigend derHaftungsmaßstab (für die verbleibende deliktische Haftung) reduziert worden ist.  
  • Was ist ein faktischer Vertrag? Wer aus dem Verteilernetz eines Versorgungsunternehmens(ohne strafbare Manipulation) Elektrizität, Fernwärme oder Gas entnimmt, nimmtdie Realofferte des Unternehmens konkludent, zumindest aber durch sozialtypisches Verhaltenan und muss nach der Protestatio-Regel auch das tarifliche Entgelt zahlen. Das Verhältnis zwischen Entnehmer und Versorgungsunternehmen wird teilweise als »faktischerVertrag« bezeichnet.
  • Beendigung von Dauerschuldverhältnissen Dauerschuldverhältnisse, wie : Mietverträge, Arbeitsverträge, Pacht, Leihe, Darlehen, Verwahrung und Gesellschaftsverträge, können aus wichtigem Grund gem. § 314 gekündigt werden. Diese Kündigung geht dem Rücktritt gem. §§ 323 ff. vor.
  • Primärpflichten Primärpflichten sind verschuldensunabhängige vertraglich vereinbarte Leistungspflichten eines Schuldners
  • Was sind Sekundärpflichten? Sekundärpflichten entstehen erst durch die Störung der Primärpflichten. Sie können an der Stelle der Primärpflichten stehen (Schadensersatz statt der Leistung) oder daneben (Schadensersatz neben der Leistung)  
  • Was sind Hauptleistungspflichten? Die Hauptleistungspflichten sind nach h. A. diejenigen Primärpflichten, die das jeweilige Schuldverhältnisprägen. An ihm orientiert sich die Einordnung in die verschiedenen Typen der Schuldverhältnisse(z.B. Kauf-, Werk-, Mietvertrag). Bei gegenseitigen Verträgen sind diese Pflichtensicher synallagmatisch verknüpft.
  • Was sind Nebenleistungspflichten? Nebenleistungspflichten ergänzen als Primärpflichten die Hauptleistungspflichten und sicherndie Erfüllung des Schuldverhältnisses. Sie sind zum Teil gesetzlich geregelt (Bsp. §§ 402, 666)oder ergeben sich aus dem Schuldverhältnis (z.B. Mitlieferung einer Gebrauchsanweisung, Aufklärungüber Gefahren). Nur die Nichterfüllung einer Hauptleistungspflicht berechtigt zur Leistungsverweigerunggemäß § 320.
  • Was sind nicht leistungsbezogene Nebenpflichten (Schutzpflichten)? Schutzpflichten stehen in keinem direkten Zusammenhangmit der Hauptleistungspflicht. Sie können nicht eingeklagt werden. Sie betreffen das Integritätsinteressedes Gläubigers und sind in § 241 II normiert, wonach jeder Teil zur Rücksichtauf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichtet ist. Ihre Verletzungbeeinträchtigt nicht das Erfüllungsinteresse, sondern berechtigt zum Schadensersatz statt derLeistung nur unter den besonderen Voraussetzungen der §§ 280 III, 282  
  • Wofür ist die Unterscheidung zwischen Leistungs- und Schutzpflichten wichtig? Die Unterscheidung zwischen Leistungs- und Schutzpflichten ist wichtig für denSchadensersatzund den Rücktritt.Bei einer Leistungspflicht sind die §§ 280 I, III, 281 bzw. 323 einschlägig.Bei einer Schutzpflicht sind die §§ 280 I, III, 282 bzw. 324 einschlägig.Die Unmöglichkeitsregelungen beziehen sich nur auf Leistungspflichten (§§ 275, 280 I,III, 283, 311a, 326).
  • Was sind Obliegenheiten? Von den Pflichten sind die Obliegenheiten zu unterscheiden. Sie begründen weder einen Anspruchauf Erfüllung noch auf Schadensersatz. Obliegenheiten sind lediglich Verhaltensregeln,die bei Nichtbeachtung zum Verlust oder zur Minderung einer Rechtsposition führen, etwa Verlustoder Kürzung eines Anspruchs. Sie können sich aus Gesetz ergeben oder vertraglich vereinbartwerden.Beispiele: Untersuchungs- und Rügeobliegenheit in § 377 HGB; Schadensabwendungs- und Minderungsobliegenheitin § 254 BGB
  • Wie ist die Prüfungsreihenfolge der Ansprüche? Man muss immer mit den vertraglichen Ansprüchen anfangen. Danach folgen die dinglichen, die deliktischenund die bereicherungsrechtlichen Ansprüche. innerhalb der vertraglichen Ansprüche mit den primären vertraglichen Ansprüchen anfangen.Danach erst folgen die sekundären Ansprüche.
  • Die Ansprüche welcher Person prüft man zuerst? Regelmäßig ist das egal Anders, wenn der Anspruch einer Person von einer anderen Person abhängt.  Das gilt besonders für die Gegenleistung. Sie hängt vom Schicksal der (in der Klausur oft gestörten,charakeristischen) Leistung ab. Nun sind bei manchen Verträgen (Bsp. Tausch) Leistung undGegenleistung nicht per se zu unterscheiden. Dann fängt man mit dem Anspruch auf dieLeistung an, bei der eine Störung vorliegt (z.B. ist der Leistungsgegenstand untergegangen,oder es wurde schlecht geleistet.) Man prüft hier die primären und die sekundären Ansprüche,bevor man zur Gegenleistung übergeht.
  • Prüfungsaufbau eines schuldrechtlichen Anspruchs I. Anspruch entstanden?1. Das Schuldverhältnis, aus dem der Anspruch folgt, muss zunächst entstandensein, es ist also zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Anspruchsgrundlage, z.B.der §§ 280f., 311, 433 oder 631 BGB erfüllt sind.2. Ist der genaue Inhalt des Rechtsgeschäfts noch zu ermitteln, so erfolgt zuerst eineAuslegung der Willenserklärungen, §§ 133, 157 BGB. Fehlen vertragliche Vereinbarungen,so gelten die Regelungen des BGB (z.B. §§ 315ff. BGB).3. Wirksamkeit durch rechtshindernde Tatsachen gehindert?Bsp.: Geschäftsunfähigkeit, §§ 104ff., Formnichtigkeit § 125, Verstoß gegen einVerbotsgesetz,Sittenwidrigkeit §§ 134/138 BGB4. Gläubiger- /Schuldnerwechsela) Gläubigerwechsel (Bsp.: Abtretung § 398 BGB, gesetzlicher Forderungsübergang§ 412 BGB)b)Schuldnerwechsel (Bsp.: befreiende Schuldübernahme §§ 414ff. BGB) II. Anspruch wieder untergegangen?Kein Erlöschen des Anspruchs durch eine rechtsvernichtende Einwendung?Bsp.: Erfüllung oder Erfüllungssurrogate (Aufrechnung), §§ 362ff., 387ff. BGB;Unmöglichkeit§§ 275, 326 I 1 BGB; auflösende Bedingung § 158 II BGB; Rücktritt§ 346 BGB, Widerruf § 355ff. BGB III. Anspruch durchsetzbar?1. Der Anspruch muss durchsetzbar sein, es dürfen also keine rechtshemmendenEinreden entgegenstehen.Bsp.: Zurückbehaltungsrechte §§ 273, 320, 1000 BGB, Verjährung § 214 BGB,Einrededer Mangelhaftigkeit § 438 Abs. 4 S. 2 BGB, Stundung.2. Zuletzt werden die besonderen Einreden aus § 242 (Verbot der unzulässigenRechtsausübung) geprüft.Bsp.: dolo agit qui petit quod statim redditurus est, venire contra factum proprium,Verwirkung, unredlicher Erwerb der Rechtsstellung, Unverhältnismäßigkeit derRechtsdurchsetzung.
  • AGB: Vorformulierte Klauseln Vorformuliert sind die Vertragsbedingungen, wenn sie für eine mehrfache Verwendung schriftlichaufgezeichnet oder in sonstiger Weise (Textbaustein im Computer, Tonband) fixiert sind.Es genügt sogar, die Regelungen immer wieder handschriftlich niederzulegen (auch in anderenWorten, wenn der Sinn erhalten bleibt), selbst wenn der Verwender sie nur aus dem Kopf rekapituliert.
  • AGB: Für potenzielle Vielzahl von Vorgängen Diesem Merkmal ist bereits genüge getan, wenn der Verwender nur plant, die AGB mehrfach(untere Grenze laut BGH NJW 2002, 138: dreimal) zu verwenden, es aber lediglich einmal tut,oder wenn der Verwender Bestimmungen nur einmal verwendet, die von einem Dritten für eineVielzahl von Verträgen entworfen wurden. Es reicht also aus, wenn im Beispiel 1 der S einenMietvertrag aus dem Schreibwarenhandel holt.
  • AGB: Einseitig gestellt Die Klauseln müssen vom Verwender einseitig gestellt worden sein.Das bedeutet nicht, dass sie von diesem entworfen oder in Auftrag gegeben worden sein müssen,es muss lediglich das Verlangen der Einbeziehung bestimmter Regeln geäußert worden sein.Welche Partei die Einbeziehung verlangt, ist irrelevant; verlangen aber beide Parteien voneinanderunabhängig die Einbeziehung derselben AGB, sind §§ 305ff. nicht anwendbar. Im Beispiel 1greifen daher die §§ 305ff. nicht ein.
  • AGB: Gestellt durch einen neutralen Dritten Auch dürfen die Klauseln – soweit nicht § 310 III Nr. 1 (Verbrauchervertrag) eingreift – nicht voneinem neutralen Dritten eingebracht worden sein. Anders liegt der Fall, wenn ein Dritter voneiner Partei zur Stellung der AGB beauftragt wurdeHandelt es sich bei dem Dritten also um einen unabhängigen Notar und liegt kein Verbraucher-Vertrag i.S.d. § 310 III Nr. 1 vor, so sind §§ 305ff. nicht anwendbar. Dann wird aber über § 242 derInhalt der Klausel doch am Maßstab der §§ 307ff. überprüft.
  • Einbeziehung der AGB Um Bestandteil eines Vertrags zu werden, müssen AGB nach den Regeln der §§ 305 II und IIIeinbezogen werden.Sinn dieser Einbeziehungsregeln ist die Schaffung von Transparenz und die restlose Aufklärungbeider Seiten über die Vertragsbestandteile; kein Vertragspartner soll überraschend Vertragsbedingungenvorfinden, an die er gebunden ist. Im Umkehrschluss sind AGB, die nicht regelgerechteinbezogen wurden, kein Vertragsbestandteil
  • AGB: Einbeziehungsvereinbarung Gemäß § 305 II können AGB nur Vertragsbestandteil werden, indem beide Vertragsparteien ihreEinbeziehung vereinbaren. »Vereinbaren« ist hier sehr weit zu verstehen.– Es ist ein »Hinweis« durch den Verwender erforderlich, dass für das jeweilige Rechtsgeschäftseine AGB gelten sollen. Dieser Hinweis erfolgt idealerweise durch eine Hinweisklausel imeigentlichen Vertrag, die auf die AGB verweist (insbesondere auf der Vorderseite eines Formularsmit Hinweis auf die umseitig abgedruckten AGB). Alternativ kann der Hinweis auchdurch einen Aushang am Ort des Vertragsschlusses erfolgen. So ist es im Beispiel 2 geschehen.– Des Weiteren muss dem Vertragspartner die Möglichkeit der Kenntnisnahme der AGB gegebenwerden.Dazu sind sie am besten auf der Rückseite des Vertrags abzudrucken oder am Ort des Vertragsschlussesauszuhängen. Die Klauseln haben leicht verständlich und gut lesbar zu sein,bei Distanzgeschäften (insbesondere via Internet) müssen dem Kunden die AGB in einerForm angeboten werden, in der er sie kostenlos und ohne Probleme gründlich einsehen kann.
  • Einbeziehung von AGB zwischen Unternehmern Durch § 310 I wird die Anwendbarkeit der §§ 305 II und III auf AGB, die gegenüber einem Unternehmer,einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichenSondervermögen verwendet werden, ausgeschlossen.Insofern sind an die Einbeziehung von AGB im kaufmännischen Verkehr geringere Anforderungengestellt als sonst. Dennoch bedarf es der rechtsgeschäftlichen Einbeziehung, die ausdrücklichoder konkludent erfolgen kann. Im Zweifel ist die Einbeziehung durch Auslegung unterZuhilfenahme der allgemeinen Grundsätze (§§ 133, 157 BGB, 346 HGB) zu ermitteln.
  • AGB: Überraschende Klauseln Bei der Einbeziehung von AGB darf der Kunde darauf vertrauen, dass die Klauseln sich im Rahmendessen halten, was bei Würdigung aller Umstände bei Verträgen dieser Art zu erwarten ist.Klauseln, die über diese Grenzen hinausgehen, sind gemäß § 305c I unzulässig.– Die Klausel muss objektiv, also im Hinblick auf den typischen Gehalt eines entsprechendenVertrags, ungewöhnlich sein.– Die Klausel muss auch subjektiv überraschend sein. § 305c I will nicht vor jeder seltsamenKlausel schützen, sondern nur vor deren ungewollter Anerkennung.