Literaturwissenschaft (Fach) / 01 L1: wissenschaftliche und literaturtheoretische Grundbegriffe (Lektion)
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L1 - Glossar zur Einführung in die Literaturwissenschaft
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- Anspielung Allgemein für einen angedeuteten Hinweis auf Titel, Formulierungen, Figuren, Situationen usw. aus einem als bekannt vorausgesetzten Text.
- arbiträr/motiviert Strukturalistische Unterscheidung für zufällige Relation von Signifikant und Signifikat beziehungsweise begründete Relation.
- Argumentation In Sprache gefasste Strategie zur Begründung und Plausibilisierung wissenschaftlicher Thesen.
- Bedeutung Bezeichnung für die im Schreiben und beim Lesen vollzogene Aufladung von Zeichen und Zeichenverknüpfungen mit Sinnzuschreibung durch angeborene und kulturelle erlernte emotive und kognitive Prozesse.
- Denotat/Konotat Linguistische Unterscheidung für die wörtliche Bedeutung eines Zeichens gegenüber der übertragenen Bedeutung eines Zeichens (z.B. Ironie, Anspielung).
- Epoche Seit dem 18. Jahrhundert genutzter Terminus zur historischen Klassifikation literarischer Texte nach Zeiträumen.
- Gebrauchsliteratur Bezeichnung für Literatur, die für einen genau umrissenen Situationskontext geschrieben wurde (z.B. Flugblätter, Agitprop-Literatur usw.)
- Hypothesenbildung Aufstellung von plausiblen und im weiteren Verlauf der Untersuchung begründbaren Vermutungen.
- Kommunikation Zwischenmenschliche Informationsvermittlung mit Hilfe von sprachlich oder außersprachlich kodierten Botschaften.
- Immunisierung Wissenschaftstheoretischer Begriff für Theorien und Methoden, die sich gegenüber einer Überprüfung abschotten.
- Kohäsion/Kohärenz Während sich die Kohäsion auf die äußere Gestalt des Textes, das heißt die sprachlichen Mittel bezieht, verweist die Kohärenz auf die inhaltliche Ebene des Textes.
- Signifikant/Signifikat Strukturalistischer Begriffe für Bezeichnendes vs. Bezeichnetes: Auf De Saussure zurückgehende Unterscheidung zwischen dem Formaspekt des sprachlichen Zeichens und dem inhaltlichen Aspekt.
- Text Zentraler, unterschiedlich gebrauchter Begriff der Literaturwissenschaft für kohärente, gegliederte und hierarchisch geordnete Zeichenfolgen.
- Unterhaltungsliteratur Abwertende Bezeichnung für nicht mit Bildungsanspruch konsumierte Literatur.
- Zitat Wörtlich oder annähernd wörtlich wiedergegebener Teil aus einer Rede oder einem Text anderer, der in Schrifttexten meist konventionell durch Anführungszeichen markiert wird.
- Autor Literaturwissenschaftliche Bezeichnung für die empirisch-historische Person des Textproduzenten im juristischen Sinne des Urhebers eines Textes im Unterschied zur textexternen Handlungsrolle und der text-internen Figur des Erzählers oder lyrischen Ichs. Traditionell wird der Autor als intentionales Subjekt verstanden, das einen bestimmten Sinn in seinen Text hineinlegt.
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- Begriff Wort oder Wendung, die in einem historisch und systematisch abgegrenzten Sinn gebraucht werden und daher meist eine Begriffsgeschichte haben.
- Buch Abgeleitete Bezeichnung aus den Buchenholztafeln, in die Runen geritzt wurden, für das seit der Antike bekannte Medium der Schriftaufzeichnung auf Holz, Ton, Wachs, Leder oder Papier, den Kodex. Es ermöglicht im Unterschied zur Schriftrolle den Textvergleich durch Seitenvergleich. Überschriften, Autorenname, Gattungszuweisung, Verlag, Seitenzählung und Kapiteleinteilung usw. sind erst seit dem Spätmittelalter und dann verstärkt durch den Buchdruck gebräuchlich werdende Gliederungen des Textes.
- Darstellung/Appell/Ausdruck Begriffstrias aus Karl Bühlers Buch "Sprachtheorie" von 1934 für die drei Grundfunktionen eines Zeichens, nämlich die Darstellung von Gegenständen und Sachverhalten, der Appell an den Empfänger und der Ausdruck von seiten des Senders.
- Diskurs Allgemein für "Unterredung", "Vortrag" oder "Abhandlung" bezeichnet in der Literaturwissenschaft vor allem die historische Gesamtheit effektiv geschehener Aussagen und der Praktiken innerhalb eines historisch umgrenzten Rahmens, denen eine spezifische Regelhaftigkeit immanent ist.
- Falsifikation Widerlegung einer wissenschaftlichen Aussage oder Theorie durch ein Gegenbeispiel
- Gattung Bezeichnung zur Klassifikation von Textgruppen (vor allem nach der klassischen Trias von Lyrik, Epik und Dramatik); wird heute auch durch den neutraleren Begriff der Textsorten ersetzt.
- kulturelles Wissen das historisch variable und kulturabhängige Wissen, das in jedem Sinnbildungsprozess (z.B. Interpretation) mit eingeht und ihn erst ermöglicht
- Institution Im weiteren Sinne regelhafte Verfestigung menschlichen Handelns, die es verbindlich erwartbar und berechenbar machen. Institutionen sind mit konkreten Handlungsnormen und Rollenerwartungen verknüpft, die von all denjenigen erfüllt werden müssen, die an den jeweiligen Formen der Interaktion und Kommunikation teilnehmen möchten (z.B. Autor, Kritiker, Verleger, Leser usw.). Literatursoziologisch relevante Institutionen sind diejenigen Einrichtungen (oft rechtlich verfasste Körperschaften), die die Produktion, Distribution und Rezeption von Literatur regeln.
- Kanon 1. Ein Korpus von Werken, die in einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe für eine bestimmte Zeit als allgemeingültig und verbindlich gelten oder gelten sollten (materialer Kanon). 2. Ein Korpus von Interpretationen, in dem festgelegt wird, welche Bedeutungen und Wertvorstellungen mit den kanonisierten Texten verbunden werden (Deutungskanon). Kanones erfüllen die Funktionen der Identitätsstiftung, Legitimation und Handlungsorientierung.
- langue/parole Strukturalistische Bezeichnung für Sprache als abstraktes Zeichensystem (langue) gegenüber Sprache als konkreter Sprachrealisierung (parole).
- Medien Sammelbezeichnung für die Aufzeichnungs-, Übertragungs- und Verarbeitungsformen von Literatur vom Buch bis zur CD-ROM innerhalb eines Kommunikationsprozesses. Eingeschränkte Begriffsverwendung (nur im Plural) für moderne Massenmedien seit 1880 vom Kolportageroman über Zeitschriften bis hin zu Filmen, Schallplatten, Computern etc.
- Nationalliteratur/Weltliteratur Als Dichotomie bezeichnet sie seit dem 19. Jahrhundert den Gegensatz von Literatur innerhalb von einer Sprache und Kultur sich entwickelnd (Nationalliteratur) versus Literatur als Dialog verschiedensprachiger Literaturen (Weltliteratur).
- Objektsprache/Metasprache Sprache, die in einem zu untersuchenden Text verwendet wird (Objektsprache) im Unterschied zu der Sprache, mit der diese Untersuchung durchgeführt wird (Metasprache).
- Paradigma/Syntagma Strukturalistische Bezeichnung für linguistische Grundrelationen, die die komplexe Struktur des Sprachsystems beschreiben, nämlich die vertikale Klasse möglicher Zeichen (Paradigma) gegenüber der horizontalen Verknüpfung von Zeichen (Syntagma).
- Querelle des anciens et des modernes "Streit des Alten (Antiken) und des Neuen (Modernen)", 1687 von Charles Perrault vor der Académie Francaise ausgelöster Streit um den kulturellen Vorrang der Antike vor der Neuzeit, um die Möglichkeit, von den tradierten Mustern abzuweichen bzw. diese übertreffen zu können.
- Referenz Bezeichnung für die Beziehung zwischen Signifikant und Signifikat.
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- Schriftlichkeit Auch Literalität: Kommunikationszustand, der sich bei der Weitergabe immaterieller Wissensbestände schriftlicher Notationssysteme bedient. Kennzeichen ist vor allem die "zerdehnte" Kommunikationssituation.
- Textsorten Moderner literaturwissenschaftlicher Begriff, der anstelle des Gattungsbegriffs die Klassifikation von Texten bezeichnet.
- Verifikation Wissenschaftstheoretischer Begriff für die Bestätigung einer wissenschaftlichen Aussage oder Theorie durch ein Beispiel.
- Lesen/Textverstehen Bezeichnung für den emotiv-kognitiven Prozess bei der Textrezeption
- Leser Bezeichnung für die textrezipierende, empirisch-historisch beobachtbare Person oder textinterne, fingierte Figur. Der intendierte Leser ist der von einem Autor vorgesehene Leser seines Textes, der ideale Leser derjenige, der alle in einem Text angelegten Bedeutungsangebote realisiert.
- Literarisches Leben Allgemein für die Gesamtheit aller Handlungen und Äußerungen der Literaturproduktion, -distribution und -rezeption.
- Literaturgeschichte Die im 19. Jahrhundert durch den Historismus entstandene Form der Anrodnung von Autoren und ihren Texten nach historiographischen Mustern (Nationalgeschichte, Sozialgeschichte, Ideengeschichte usw.). Löst die annalistische und additive Litterärgeschichte früherer Zeit ab.
- Literaturkritik Vornehmlich wertende Beurteilung vor allem der Gegenwartsliteratur in Zeitungen u.ä., oft mit dem Anspruch der Vermittlung zwischen Autor und Publikum.
- Literaturmarkt Allgemein für die seit dem 18. Jahrhundert an die Stelle des Tauschhandels und des Mäzenatentums getretene Form der Literaturdistribution.
- Literaturtheorie Die explizite Thematisierung von Grundlagenproblemen der Literaturwissenschaft und Entwicklung begrifflicher und methodischer Verfahren zu ihrer Lösung.
- Literaturwissenschaft Gesamtheit der philologischen, methodischen und literaturtheoretischen Institutionen.
- Mediengeschichte Literaturhistorisches Beschreibungsverfahren, das den Wandel der Medien und ihres Einsatzes untersucht (Buch- und Buchhandelsgeschichte, Bibliotheksgeschichte, historische Leserforschung, neue Medien usw.).
- Methode Auf einem Regelsystem aufbauendes Verfahren zur Erlangung wissenschaftlicher Ergebnisse.
- Morphologie Teilbereich der Linguistik, der die Erforschung der kleinsten bedeutungs- oder funktionstragenden Elemente einer Sprache, der Morpheme, zum Gegenstand hat.
- Mündlichkeit Auch "Oralität": kommunikativer Zustand, in denen die Weitergabe immaterieller Wissensbestände in erster Linie mündlich erfolgt, vor allem bezogen auf nicht schriftlich verfasste Kulturen. Ihre Kennzeichen sind Formalhaftigkeit, Redundanz, eine ausgeprägte Gedächtniskultur, physische Anwesenheit der Kommunikationspartner.
- Paratext Begriff der Narrativistik für die Gesamtheit derjenigen Texte, die aus einem Manuskript ein Buch machen und dessen Rezeption steuern. Gérard Genette unterscheidet Peritexte, die mit dem Buch zusammen erscheinen (Reihen- und Verlagsbezeichnungen, Titel, Vor- und Nachworte, Klappentexte usw.) und Epitexte, die zwar auf das Buch bezogen, aber räumlich von ihm getrennt sind (Entwürfe, Briefe, Prospekte usw.).
- Philologie [griech. "philos": "Freund"; "logos": "Wort, Rede, Buch"]Bezeichnung für die Gesamtheit der theoriegeleiteten Erschließung (durch Textkritik, Edition und Kommentar) und der poetologischen und historischen Reflexion (durch Exegese, Interpretation, Textanalyse) sprachlicher (zumeist literarischer) Dokumente: Philologie ist diejenige Wissenschaft, die sich um Sicherung, Verständnis und Vermittlung literarischer Texte und deren geistiger, kultureller und sozialer Zusammenhänge bemüht.
- Phonetik Teilgebiet der Linguistik, der die konkreten, artikulatorischen, akustischen und sensorischen Eigenschaften der kleinsten lautlichen Einheiten, den Phonen, untersucht.
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