Grundlagen der Diagnostik II (Fach) / Methoden der diagnostischen Infogewinnung (Lektion)
In dieser Lektion befinden sich 57 Karteikarten
Befragung, Anamnsese und der ganze Schrott
Diese Lektion wurde von WhiteHeart erstellt.
- Punkte eines Arbeitsbündnisses gemeinsame Motivation auf ein sachbezogenes Ziel Garantie des Schutzes vor Missbrauch Einwilligung in eine asymmetrische Kommunikation
- Phasen des Gesprächs Vorphase (Kontaktaufnahme, Vertrautwerden; Small Talk -> Einfluss auf Gesprächsatmosphäre) Orientierungsphase (Zielsetzung und Rahmenbedingungen ausgehandelt; zielsetzung, Art, Dauer; Einwilligung zur Aufzeichnung) Kernphase (Themen vorgeben, Fragen stellen, Gesprächsführung -> vertrauensvolle Atmosphäre; Gesprächskrisen souverän begegnen; heikle Themen nicht umgehen) Abschlussphase (Bewertung des Gesprächsverlaufs durch den Befragten; ggf. Konsequenzen aus Interview ziehen) Nachphase (zur Alltagskommunikation zurück, demographische Daten) Nachbereitungsphase (Anfertigen eines Kontextprotokolls [Zustandekommen, Zeit, Situation, Verlauf, wichtige Gefühle])
- Typische Gesprächsfehler unklare Zielvorgaben unklare Rolle des Interviewers unzureichende Situationsgestaltung Nähe/Distanz Ungleichgewicht "laufen lassen" "Leitfadenbürokratie" Mehrfachfragen Suggestivfragen Fachjargon ins Wort fallen Themenwechsel (heikle Themen) Konfluenz- Zustimmungsbedürfnis Einlassen auf Machtkampf emotionaler Kontrollverlust Abwertung des Interviewten
- Krisen im Gespräch Kampf um Rollenverteilung Kampf ums Thema "Mauern" Gegenfragen Schweigen redeschwall Aggressionen Vertrauensverlust/Kränkung Pseudointerview massive Wertediskrepanz Störung durch Dritte technische Pannen
- Ziele diagnostischer Gesprächsformen Verstehen der Biographie Erhebung ergänzender Hintergrundinformationen Eignungsdiagnostik Entscheidungsgrundlage Beratung/Therapie Prozessbegleitende Diagnostik Persönlichkeitsdiagnostik Klassifikation psychischer Störungen Gutachtenerstellung Erfolgskontrolle Datenerhebung in der sozialökonomischen Diagnostik
- Zweck des diagnostischen Gesprächs Verstehen von Lebenszusammenhängen eines Individuums Klassifikation eines Individuums (Zuordnung von I zu einer Diagnoseklasse)
- wichtigste Elemente einer psychiatrischen Befragung Angaben zur Person erster Eindruck Äußere Erscheinung aktuelle Anamnese Familienanamnese Körperliche Anamnese psychosoziale Anamnese soziale Anamnese sexuelle Anamnese gynäkologische Anamnese Alkohol und Drogen Verhalten im Verlauf der Untersuchung Psychischer Befund und Diagnose
- Worauf bezieht sich der Begriff "Anamnese"? Prozess der Datenerhebung Endergebnis dieses Prozesses
- Anamnese = Vorgeschichte der Erkrankung (und laut mancher Definitionen Erkundung des gesamten Entwicklungsverlaufs)
- Themenbereiche der Anamnese (Deegener) augenblicklicher Vorstellungsgrund/Entwicklung des Problemverhaltens weitere Beschwerden familiäre Situation & sozioökonomisches Umfeld Schwangerschaft, Geburt und frühkindliche Entwicklung Erziehungsstil der Eltern Kontakt- und Freizeitbereich Leistungs- und Schulbereich psychosexueller Bereich
- Definition Anamnese Schmidt und Kessler: Darstellung der Vorgeschichte einschließlich Beschreibung der aktuellen Situation und das Sammeln, Systematisieren sowie diagnostische Verarbeiten von Infos Schraml: somatische Anamnese biographische Anamnese sozioökonomische Anamnese
- Wovon hängt die Objektivität der Anamnese ab? Strukturiertheit der benutzten Instrumente grundsätzliche schulische Ausrichtung des Diagnostikers (Gewichtung der Daten)
- pathologic bias = Grundhaltung, allem Möglichen in den Berichten des Klienten einen klinisch-pathologischen Anstrich zu geben
- Objektivität der Niederschrift Niederschrift von anamnestischen Daten ist in der Regel problemorientiert (Defizite, Probleme und ihre Determinanten werden zusammengefasst)
- Anamnestische Fragebögen/Erhebungsinstrumente Minnesota-Briggs History Record (Briggs et al): 7 Skalen (familiäre Uneinigkeit, Elternkonflikt, Gesundhitsbewusstsein, Introversion, Schul- und Berufsversagen, soziale Fehlangepasstheit, emotionale Probleme und Abhängigkeiten) Psychological Data Sheet (Carr)
- Definition Exploration = Vorgehen, das darauf abzielt, den subjektiven Lebensraum des Probanden zu erkunden Häcker: Exploration zur Meinungsforschung (Interview) E. bei Unklarheiten E. als diagnostische Methode
-
- Vier Perspektiven des Interviews Informationsvermittlung duch Wechselrede zwischen mind 2 Personen Informationsfluss primär in einer Richtung (vom Befragten zum Frager) Interaktion auf unterschiedlichen Ebenen: kognitiver Proess (allgemeinpsychol.), Formen der Kommunikation (sozialpsychol.), Prozesse wechselseitiger Verstärkung (lernpsychol.), Abwehr- und Übertragungsvorgänge (tiefenpsychol.) Auswertung rational kontrollierbar (quantifizierte Kategorien)
- Vorteile des standardisierten Gesprächs Anwendung und Auswertung ökonomisch Infos mehrerer Interviewer lässt sich einfach vergleichen leichter, Gütekriterien zu ermitteln Fehler durch unterschiedlichen Wortlaut der Fragen oder unterschiedl. Auswertung der Antworten lassen sich leichter kontrollieren / reduzieren
- Nachteil des standardisierten Gesprächs subjektiver Lebensraum des Probanden wird nur unzureichend abgebildet
- Vorteile im unstandardisierten Gespräch individuelle Anpassung des Gesprächs an die individuelle Situation des Befragten wichtige Themen können beliebig lang verfolgt werden sprachliche Anpassung des Psychologen an die Artikulationsfähigkeit des Probanden
- Nachteile im unstandardisierten Gespräch fehlende Vergleichbarkeit mit anderen Gesprächen wichtige Informationen werden im Laufe des Gesprächs möglicherweise vergessen
- Definition entscheidungsorientiertes Gespräch = Gespräch, das zur Vorbereitung von möglichst zufriedenstellenden Entscheidungen nach Kriterien der psychologischen Wissenschaft geplant, durchgeführt und ausgewertet wird (Vorstellungen und Erwartungen des Probanden werden erhoben, nicht nur Abfragen von Fakten)
- Fehler im entscheidungsorientierten Gespräch debattieren monologisieren dirigieren umfunktionieren fixieren abschalten involvieren identifizieren bewerten moralisieren
- Definition Eignungsinterview = Gespräch zwischen mindestens einem Interviewer und einem zu Beurteilenden zur Erhebung arbeitsrelevanter Information bei Fragen zur beruflichen Entwicklung oder der Personenauswahl
- Gütekriterien des Eignungsgesprächs Inter-Rater-Reliabilität Mittel um .70 und höher unstrukturierte Formen: bis .34 strukturierte Formen: bis .87 prognostische Validität von strukturierten Interviews: .45-.55
- unzulässige Fragen Familie (Heiratsabsichten, intime Beziehungen) Gesundheitszustand (frühere und derzeitige Erkrankungen) mögliche Schwangerschaft Vermögensverhältnisse Vorstrafen bei mangelnder Einschlägigkeit Religions- und Parteizugehörigkeit oder Gewerkschaftszugehörigkeit
- Eignungsdiagnostische Interviewformen Behavior Description Interview (BDI) [Janz, Hellervik&Gilmore]: Verhalten in bestimmten Situationen der Vergangenheit ist der beste Prädiktor für Verhalten in der Zukunft Situational Interview (SI) [Latham, Pursell & Campion]: Menschen verhalten sich ihren Absichten entsprechend Multimodales Interview (MMI) [Schuler]: kombiniertes Vorgehen des BDI und SI
- Biographische Daten Alter, Geschlecht und soziale Herkunft (face-sheet-data) (L)ife-Daten (mehr als nur s.o.)
- Klassifikation biographischer Items verifizierbar/nicht verifizierbar historisch/futuristisch tatsächlich/hypothetisch erinnerungsbezogen/mutmaßend faktisch/interpretativ spezifisch/allgemein verhaltensbezogen/verhaltenstendenzbezogen
- Defintion Biographische Daten = subjektiv bedeutsame, verfügbare und transparente Daten aus der Lebensgeschichte einer Person, die diese einem Diagnostiker schriftl/mündl. mitteilt Verfügbarkeit: nicht zugängliche Infos sind nicht biographisch Bedeutsamkeit: müssen subjektiv bedeutsam sein Transparenz: zwischen Diagnostiker und Proband überlappender oder weitgehend derselbe Bedeutungshintergrund schriftlich/mündlich: Fragebogen, Checklisten, Dokumente / Explorationsformen
- Biographisch-diagnostische Strategien Äthiologischer Ansatz (biogr. Daten als Ursache von Merkmalen; Hypothesen und deren Aufklärung in der Vorgehensweise) Deskriptiver Ansatz (Entwicklung eines Menschen aus seinen Lebenserfahrungen heraus zu dem, was er darstellt; persönlichkeitsorientiert) Prädiktiver Ansatz (Erstellung von Prognosen aufgrund biogr. Daten)
- Biographische Inventare Biographisches Inventar zur Diagnose von Verhaltensstörungen (BIV) (97 Fragen, ab 18 Jahre) Psychischer und Sozialkommunikativer Befund (PSKB) (Störungen in 11 klinischen Kategorien erfasst) Fragebogen zur Messung von Lebenszielen (GOALS) (Macht, Leistung, Abwechslung, Altruismus, Intimität und Affiliation; 24 items; beurteilt nach persönlicher Wichtigkeit, Realisierbarkeit, momentaner Erfolg bei Verwirklichung) Rokeach Value Survey (RVS) (Ausprägung von Wertehaltungen) Frankfurter Selbstkonzeptskalen (FSNK) (Selbstkonzepte differenziert beschreiben) Fragebogen zur Lebenszufriedenheit (FLZ) (Ausprägung der allgemeinen Lebenszufriedenheit) Freiburger Beschwerdenliste (FBL) [Fahrenberg] Freiburger Persönlichkeitsinventar (FPI-R)
-
- Vorteil von Beobachtung weniger Verzerrungen durch den Probanden als bei Fragebogen oder im Gespräch
- Arten der Verhaltensbeobachtung Gelegenheitsbeobachtungen (spielt nur begleitende Rolle, dienen der Gewinnung des "allgemeinen Eindrucks" und zur bildung von Hypothesen) systematische Verhaltensbeobachtung
- Klassifikationsgesichtspunkte von Beobachtungsverfahren freie vs. systematische Beobachtung (systematisch: reales Verhalten wird gemessen; frei: keine...Subjektivität der Beobachtungen, Fehler beim Protokoll, Beobachtungsfehler, Aufwand) Ausmaß der Kontrolle und Strukturierung (je mehr Kontrolle desto höher die Vergleichbarkeit) Beobachtung in vivo vs. Beobachtung auf der Basis von Aufzeichnungen (in vivo: aufwändiger, es muss beobachtet und registriert werden) Grad der Teilnahme des Beobachters am aufzuzeichnenden Geschehen (aktiv: Problem der Durchführungsobjektivität; nichtteilnehmend-verdeckt: Problem der forschungsethischen Normen)
- Definition Systematische Verhaltensbeobachtung = die auf das Verhalten eines oder mehrerer Menschen gerichtete, nicht dem Zufall überlassene, methodisch kontrollierte Wahrnehmung mit der Absicht, dadurch etwas für die Persönlichkeit Charakteristisches zu erfahren
- Stichprobenplan = regelt, wann Verhaltensstichproben gezogen werden Zeitstichprobenplan (zu welchen Zeitpunkten Verhalten registriert wird) Ereignisstichprobenplan (erst registriert, wenn ein vorher definiertes kritisches Ereignis eintritt)
- Beobachtungssystem bzw. Kodierschema = Menge von Regeln, die spezifizieren, welche Verhaltensaspekte jeweils beachtet und registriert werden müssen (Messinstrumente der Verhaltensbeobachtung) Liste von Kennzeichnungen (Kodes) möglichst explizit definierter Verhaltensklassen
- isomorphe vs. reduktive Beschreibung isomorphe Beschreibung: das zu beobachtende Verhalten möglichst vollständig wiedergeben reduktive Beschreibung: Registrierung wird auf bestimmte Aspekte reduziert bzw. Zusammenfassung in größere Verhaltensklassen
- Urteilsfehler bei der Verhaltensbeurteilung Beobachterdrift (Nachlassen an Sorgfalt, Konzentration, etc.) Reaktivitätseffekte (soziale Erwünschtheit) Überforderte Differenzierungsfähigkeit (Beobachter überschätzt seine Kapazität) Unscharfe Definitionen (Beobachtungsobjekte nicht eindeutig definiert) Unvertrautheit mit den Beobachtungseinheiten (nicht mit dem Kodierschlüssel vertraut genug)
- Kodiermanual = enthält explizite Definitionen der einzelnen Kodes, Beispiele und Gegenbeispiele
- Aufgaben bei der Erstellung eines Beobachtungssystems Segmentierung des Verhaltensstroms (Aufteilung der Beobachtungsperiode in einzelne Beobachtungseinheiten) Klassifizierung der hieraus resultierenden Einheiten
- Arten von Beurteilungsfehlern Beurteilungstäuschungen (Phänomene interpersoneller Wahrnehmung) Beurteilungsverzerrungen Beurteilungsversagen
- Beurteilungstäuschungen der erste Eindruck Selbst-Bezug (eigene Maßstäbe gehen in Einschätzung mit ein) Tendenz zur Mitte (Fehler der zentralen Tendenz) Kontrast-Effekt (Zuschreibung von Eigenschaften, die man sich selbst abspricht; vgl. Ähnlichkeitsfehler: vertraute Eigenschaften werden vorgezogen) Halo-Effekt (aus der Präsenz einer Eigenschaft wird die Ko-Präsenz einer anderen geschlossen; logischer Fehler; Pygmalion-Effekt) Konformitätsdruck bei der Personenbeurteilung (vgl. Eperiment Asch) Schlechte-Laune-Effekt (persönliche Stimmungslage beeinflusst Beurteilung) Soziale Stereotype (Offenheit, Toleranz und Selbstkritik gefragt) Impression Management (Versuch von Personen, den Eindruck, den sie auf andere machen, zu steuern/kontrollieren)
- Beurteilungsverzerrungen Milde-Effekt (Tendenz, günstigere Urteile abzugeben [generosity-error]; Tendenz, sympathischere Personen günstig zu beurteilen [leniency-error]) Strenge Effekt (Unbekannte/Negative werden schlechter bewertet; Überbewertung schlechter Leistung aufgrund von Erwartung überdurchschnittlicher Leistung; Gegenreaktion auf den Milde-Effekt) Nähe-Effekt (je näher der Kontakt zum Beurteiler und je enger die Zusammenarbeit ist, umso besser die Beurteilung) Hierarchie-Effekt (Je höher der Rang in der Hierarchie, desto besser die Beurteilung) Benjamin-Effekt (Je jünger Personen am Arbeitsplatz sind, desto strenger ist Beurteilung) Klebe-Effekt bzw. Status-quo-Effekt (Tendenz, am Status-quo-festzuhalten und ihn nicht zu hinterfragen) Nikolaus-Effekt (weil Mitarbeiter wissen, dass sie bald belohnt werden, strengen sie sich kurzfristig mehr an) Matthäus-Effekt (Kumulationseffekte; "Wer hat, dem wird noch mehr gegeben; Schüler mit guten Noten wird leichter weiter gute Noten bekommen)
- Beurteilungsversagen = Beurteiler bezieht bewusst leistungsfremde Gesichtspunkte mit ein.
- Vorteile der Verhaltensbeobachtung ermöglicht Mannigfaltigkeit der Verhaltensaspekte zu berücksichtigen Chance, spontanes, nicht vorklassifizierbares Verhalten zu erfassen größere Nähe zum individuellen Bios: biographischer Ansatz der psychologischen Diagnostik kann auf Verhaltensbeobachtung nicht verzichten
- Nachteile der Verhaltensbeobachtung Auswahl der Beoabchtungseinheiten unterliegt einer Willkür schwierig, Abgrenzung der Verhaltenseinheiten theoretisch zu begründen Vergleichbarkeit ist erschwert
- Man braucht eine Testtheorie, um... Testverfahren hinsichtlich der Qualität differenziert beurteilen zu können um Aussagekraft eines Testergebnisses einschätzen zu können (Messtheorien!) für Entwicklung eigener Testverfahren und Fragebögen (Testkonstruktion)
- Klassische Testtheorie (KTT) = Sammlung von Methoden aus dem vorigen Jahrhundert (Gulliksen) 95% aller Tests basieren auf der KTT
-