Ältere deutsche Sprache & Literatur - Germanistische Mediävistik (Fach) / Literaturgeschichte (Lektion)
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Karteikarten für die Mediävistik Vorlesung im 1. Semester an der Uni Freiburg
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- Ambiges Mittelalter Zwei Mittelalterbilder: 1) Sehensuchtsgegenstand: Faszinationsobjekt Ma; mediale Verarbeitung und Popkultur: "Sekundärmittelalter". Einheit mit der Natur, klare Abtrennung von Gut und Böse. 2) Pejorativ verzerrtes Bild: Dunkel, Gewaltvoll, unzivilisiert, rückständig. Ensteht aus der heutigen modernen, kontrollierten, zivilisierten Welt. Wissenschaftlicher Rückschritt (Erde als Scheibe= Klischee Nr.1)
- Ursprung des Mittelalterbegriffs Nachträglich enstandener Begriff. Wahrnehmung im Mittelalter war Endzeitlich. Petrarca: Frühhumanist führt den Begriff ein, um eine Abgrenzung von Antike und Zukunft zu haben.
- Bedingtheit von Literatur Latein als Schriftmonopol, d.h alles was geschrieben wurde war auf Latein. Einbettung weniger deutscher Zeilen in lat. Handschriften Es gibt keine Nationalliteratur.
- Erweiterter Literaturbegriff Das gesammte Schrifttum zählt dazu. D.h z.B. Kochbücher, Zaubersprüche, Randnotizen etc.
- "Longue durée" Es gibt keine feste Epochengrenze. Übergänge sind fließend. Bestimmte Merkmale des Mittelalters bleiben bis zur französischen Revolution bestehen.
- Mediale Bedingungen vor dem Buchdruck Mittelalter: Mündlichkeit (brain memory) Verschriftlichung (script memory ab 8. Jhd.
- Bedingungen der Literatur Bildungs- und Schriftmonopol war bei der Kirche. Litterati (Kleriker) schrieben auf Latein, die Sprache der Kirche. Hatten auch die Mittel dazu.
- Höfische Literatur (Varianz) Im Laufe des 12. Jhd werden Höfe neue Orte der Literaturproduktion. Volkssprachliche Literatur. Mündliche Vorträge; Ebene der Performanz. Varianz: Praxis des Abschreibens produziert ein hohes Maß an ästhetischer, orthogarphischer und inhaltlicher Varianz.
- Buchherstellung Mittelalter Pergament löst Papyrus ab Pergament ist faltbar und kann überall hergestellt werden, wird aber aus Tierhaut hergestellt und war deshalt extrem kostbar Schreibwerkzeug: Tinte, Feder Palimpsest: Pergament wird recycelt; d.h Farbe, Tinte wird weggekratzt und wiederverwendet.
- Funktion eines Buches Ein Buch wird als Repräsentationspbjekt gehandelt, damit stellt man Macht und Wohlstand zur Schau aufgrund von den extrem hohen Kosten. (wie ´n Lambo heute) Legitimationsgegenstand weltlicher Herrschaft. Evangeliar Heinrich des Löwen
- Mittelalterliche Handschriften und moderne Editionen Normalisierung: Anpassung der Rechtschreibung, alles auf einen Stand bringen (Abbreviaturen auflösen, Groß-Kleinschreibung etc) Angleichung von Wortformen an das "Normalmitteldeutsche" Somit erreciht man eine moderne Edition
- Verfahren der traditionellen Textkritik (Lachmann) 1) Sichtung aller überlieferten Texte 2) Erstellung Handschriftenstemma; wer schreibt von wem ab, wie stehen die Werke in Verbindung 3) Welcher Text ist der Autornächste? Ziel: Rekonstruktion eines autornahen "unverfälschten" Textes
- New Philology Kritik an der Textkritik von Lachmann: Es werden Texte erstellt, die so nie existiert haben. Der Künstler wird nicht wertgeschätzt. Man geht nach dem modernen Plagiatsbegriff. Moderner Autorbegriff ≠ damaliger Autorbegriff Autonomie des Kunstwerkes, individuelle Originalität. Autor nicht als Erfinder sondern als Finder des Werkes, also die Wiedererzählung als eigene Kunst 1) Auswertung von Überlieferungen; jede Version wird als einzelnes Kunstwerk verstanden Problem: wann fängt ein eigenes Werk an und wo hört es auf? Ab wann spricht man von zwei verschiedenen?
- Beginn der deutschen Schriftlichkeit Vor 750 keine deutschen Texte. Nur Gravuren auf Waffen, Schmuck oder Gegenständen a)750 n.Chr erste deutsche Schriften; Kommentare oder Wörterbücher b)Monsee-Wiener-Fragmente um 780; übersetzung christlicher Texte ins ahd c)Karolingische Bildungsreform 8 Jhd. (Hof von Karl des Großen)
- Althochdeutsche Zeugnisse a) Herkunft aus Klöstern und Bischhofssitzen b) keine weltliche Literatur außer: Zaubersprüche, Rezepte, Reden aus fest. Anlass,
- Otfrid von Weißenburg a)Erster deutscher Dichter 790-875 b) Bibeldichtung ( Evangelienbuch) c) erster End- und Binnenreim d) Legitimiert sein schreiben mit der göttlichen Inspiration (poeta vates). c) Betreibt Exegese, die Deutung der Bibel
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- Exegese und das Weltbild im Mittelalter Exegese: Ist die Auslegung/ Interpretation von Texten (Bibel). Geschieht auf verschiedenen Ebenen; dem mehrfachen Schriftsinn
- Mehrfacher (Vierfacher) Schriftsinn a) Littera gesta docet= Litteralsinn= wörtliche, geschichtliche Aussage b) quod credas allegoria= Typologischer Sinn (Interpretation „im Glauben“) = dogmatisch-theologische Auslegung c)Tropologischer Sinn (Interpretation „in Liebe“) = moralische Sinnebene, gegenwärtige Wirklichkeit einer Einzelseele d)Anagogischer Sinn (Interpretation „in Hoffnung“) = endzeitlich-eschatologische Auslegung
- Typologie Ein verfahren zur auslegung der Bibel bzw. Welt Es gibt einen Typos (Verheißung) und einen Antitypos (Erfüllung). Das wird auf das alte Testament und auf das neue Testament bezogen. Im AT wird etwas verheißen und im NT erfolgt die Erfüllung. Alles steht im Bezug zueinander und verweist auf das Göttliche; alles ist Teil des Heilplans. Alles ist für einen final ausgerichteten Zweck am Ende der Zeit (MA Vorstellung, dass man am Ende der Zeit lebt)
- Zwei Bücher Lehre a) Das Buch der Bücher: die Bibel b) Das Buch der Welt (Natur): Metaphorisch gemeint Ist wie die Typologie aufgebaut: In der Bibel wird etwas verheißen, in der Natur kann man das Erfüllte sehen (z.B. Gott schuf die Welt in 7 Tagen mit allem drum und dran; In der Natur kann man das sehen)
- Gesellschaft im Mittelalter a) Ständegesellschaft von Gott angesehenes Ideal b) Jeder Stand hat seine Aufgabe (Arbeiten/ Beten/ Beschützen) c) Es gab Ortsherrschaft, Grundherrschaft (Güter) und Leibherrschaft
- Reiseherrschaft Ein Herrscher musste innerhalb seines herrschaftsgebietes reisen um seine Herrschaft zu legitimieren. Es hatte aber auch praktische Gründe, z.B konnte man einen ganzen Hof (König mit Gefolgschaft) nicht auf dauer an einem Ort verpflegen. So reiste man hin und her.
- Das Lehnswesen (Feudalismus) Vasalität: Ist die Beziehungen zwischen Lehnsherren und Lehnsnehmern. Es bildete die Grundlage der hochmittelalterlichen Gesellschaftsordnung. Lehnsmann/ Lehnsnehmer: Adliger, der sich in den Dienst eines anderen Adligen stellt, er schwört ihm Schutz, Rat und Hilfe und bekommt dafür Land, das er bewirtschaften oder wiederum verleihen kann. Das politische System funktioniert entweder über Vasalität, Verwandtschaft oder Freundschaft.
- Deutscher Thronstreit Heinrich V. stirbt 1197 früh. Sein dreijährigen Sohn Friedrich ist sein Nachfolger. Frage ist ob die Staufener an der Macht bleiben sollen oder nicht. Papst Innosenz ist dagegen. Endet in Doppelmonarchie mit Phillip von Schwaben (Staufen) und Otto 4 von Braunschweig.
- Höfische Kultur a) Reisehof besteht aus 100-150 Personen b) Der Hof hällt sich meist an verschiedenen Orten auf aber es gibt beliebtere Orte als andere; Residenzbildung z.B Brauenschweig Heinrich der Löwe c) Geistliche haben hohen Stellenwert auf dem Hof. Sind für Erziehung, Bildung, Gottesdienst und für den Literaturbetrieb zuständig d) Adlig ist der, der sich adlig gibt. Malterer sind keine Adligen aber haben das nötige Kleingeld um sich so zu verhalten und sich zu repräsentieren
- Höfische Leittugenden Zuht: höfische Erziehung Milte: Großzügigkeit Triuwe: Loyalität Maze: Maßhaltung Staete: Beständigkeit Ere:Gesellschaftliches Ansehen
- Dichtung als Reflexion gesellschaftlicher Ordnungsmuster Rittertum war ursprünglich kein Stand Diskrepanz zwischen Ideal und Realität z.B. Raubrittertum oder höfische Damen werden Idealisiert (edelwíp); Realität= Frauen komplett untergeordnet
- Prinzip Wiedererzählen a) erniuwen= Existierender Stoff wird erneuert. Dichter sieht sich nicht als Urheber b) thiten/rihten= richten, verbessern, in Ordnung bringen Aufgabe des Dichters: vorgegebener Stoff in angemessener Form wiedergeben keine kreative Innovation sondern eine Repräsentation a) dilitatio materia= Ausweitung des Stoffes b) descriptiones= Nähere Ausführung, Beschreibung
- Retextualisierung (Bumke) und Wiedererzählen (Worstbrock) Das Prinzip Wiedererzählen (Retextualisierung) definiert das hochmittelalterliche Verständnis für gelungene Dichtung. Bei diesem wurde, anders als in der neuzeitlichen Dichtung, das Erfinden neuer Texte (Orginalität und schöpferische Innovation) als wenig kunstvoll betrachtet. Dafür aber galt das Finden und Bearbeiten von bereits vorhandenen Texten (bene tractare) als äußerst kreativ und gelungen. Artificum= schöpferischer eigenkünstlerischer Bereich des Wiedererzählens
- Agonales Wiedererzählen Agonal= auf Wettkampf ausgerichtet Wer kann besser eine Geschichte Wiedergeben?
- Konzept antiker und mittelalterlicher Autorschaft Poeta Faber= Modell der Kompetenz; Rationales, handwerkliches Können (Thomasín von Zerclére) Poeta Doctus= Modell der Kompetenz; Gelehrtes Wissen, methodische Reflexion, (Hartmann von Aue) Poeta vates= Modell der Inspiration; Göttliche Eingebung (Wolfram von Eschenbach, Autorinnen)
- Die trois matiéres (Jean Bodel) Matiére de Bretagne: Keltische Stoffe; Artusepik, unterhaltend Matiére de Rome: Antikromane; Alexanderromane, lehrreich Matiére France: hist. Vergangenheit (Karl der Große) Heldenepik in Deutschland, wahr
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- Merkmale der Heldendichtung Bedeutungsvolle Ereignisse tragen zu einer nationalen Identitätsfindung. Gehört zum kulturellen Gedächnis (memoria) Figuren: Helden mit besonderen Fähigkeiten, sind eins mit sich selbst Anknüpfung an historische Fakten. Spielt im abgeschlossenen Heldenzeitalter (heroic age) Veränderung durch Assimilation (Erzählschemata wie Brautwerbung) und Reduktion (Grundkonflikte z.B. Eifersucht, Hybris) Absichtlich anonyme Überlieferung, Autor tritt hinter sein Werk zurück! kollektive memoria (WAS IST MIT EREC HARTMANN?) Sangbare Strophen; Mündlcihkeit Beispiele: Hildebrandslied; Nibelungensage; Kundrun
- Nibelungenlied Autor tritt hinter das Werk (Kollektive memoria "uns ist in alten maeren") Mündlichkeit ("hoeren vil gesagen") Verschmelzung zweier Sagenkreise: Siegfriedsage und der Untergang der Burgunden Buchepos als Ergebniss der Literarisierung/Höfisierung
- Klage Klage ist ein Kommentar der Deutungsversuche bietet. Wurde bei dem NL kurz nach der Entstehung hinzugefügt
- Höfischer Roman Matiére de Bretagne + Matiére de Rome Merkmale: a) Neue Stoffe; Antike oder keltische Erzählungen statt heldenepiscjer Geschichten b) vierhebiger Reimpaarvers= Stücke zum Vorlesen c) franz. Vorlagen statt einheimischer Überlieferungen d) Neuer Kunstanspruch= Poetik und Dichtung finden mehr Anerkennung e) Autoren sind bekannt stellen sich nicht hinter das Werk f) Zentrale Themen: Probleme der höfischen Gesellschaft Beginn war der Eneas Roman von Heinrich von Veldeke
- Geschichtsbild des Mittelalters translatio imperii: Übertragung der Herrschaft; Vorstellung das deutsche Könige nachkommen römischer Herrscher sind translatio militae: Übertragung der Ritterschaft; Werte werden seit der Antike weitergegben translatio studii: Übertragung von Wissen
- Mediävalisierung "Vermitteralterichung" antiker Stoffe Troja wird mit mitteralterlichen Waffen, Rüstungen erobert. Es gelten in antiken Geschichten auch schon die mittelalterlichen Gesellschaftsstrukturen und höfische Liebeskonzepte
- Stoffgeschichte der Artusfigur a) mündliche keltische Erzähltradition gepaart mit lat. Historiographie b) erste Erzählung von Geoffrey of Monmouth c) Gegenfigur zu Karl des Großen d)
- Erec et Enide Chrétien de Troyes liefert den Stoff für Hartmann von Aues Erec Poeta doctus molt bele conjointure: Wohl geformte Struktur der Erzählung Struktur: 1. Welt des Hofes/ zivilisation/ höfische Kultur; 2. Welt der Aventuire/ Wildnis Motivdoppelung: Symbolstruktur: Wechsel zwischen Hof und Wildnis repräsentiert die Beziehung zwischen Individuum und Gesellschaft Doppelwegstruktur: