Internationale Politik und Internationales Recht (Fach) / Staatsrecht III (Lektion)
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Vertiefende Lehrveranstaltung
Diese Lektion wurde von lauraerichsen erstellt.
- Staatsrecht III im Grundgesetz Art. 23 Europa-Artikel (seit 1922) Art. 24 Übertragung und Einschränkung von Hoheitsrechten Art. 25 Allgemeine Regeln des Völkerrechts als Bestandteil des Bundesrechts Art. 26 Verbot des Angriffskrieges Art. 32 Auswärtige Beziehungen Art. 59 Völkerrechtlich Vertretung und Verträge Art. 100 II Völkerrechtliche Normverifikation
- Funktion des Völkerrechts Funktion: Verlässlichkeit und Rechtssicherung im internationalen Verkehr Funktion: (De-)Legitimierung politischen Handelns Koordination -> Kooperation -> Integration
- Grundgesetz <-> Völkerrecht (der "offene Verfassungsstaat") Kontext, wichtige Artikel & Bedeutung Entstehungskontext des GG: UNO (1945); Nürnberger Prozesse (1946); Allg. Erklärung der Menschenrechte (1948) Art.1I,IIGG Art. 26 GG Art. 24 und 25 GG: bewusste Öffnung für internationale Kooperation Einbindung der Bundesrepublik in die internationale Gemeinschaft Teilhabe an der Dynamik des Völker- und Europarechts
- Charakteristika des "klassischen" Völkerrechts Verhältnis der Rechtssubjekte: Gleichordnung Typische Handlungsform: Vertrag Durchsetzung: keine obligatorische Gerichtsbarkeit, Formen von Selbsthilfe
- Lotus-Regel Völkerrechtliche Bindungen als Beschränkung der souveränen Handlungsfreiheit eines Staates kann nur durch einen souveränen Akt der Selbstbindung (Vertrag oder Gewohnheitsrecht) begründet werden Regel: Es ist von der Handlungsfreiheit der Staaten auszugehen, solange sich nicht eine völkerrechtliche Nrom nachweisen lässt, welche die Handlungsfreiheit beschränkt und der sich der handelnde Staat selbst unterworfen hat.
- Bewertung: Lotus-Regel fragmentarisch: Rückzug auf die (noch) nicht beschränkte Souveränität der Staaten gestattet de lege lata (=nach derzeit geltendem Recht) ein Verhalten, das eigentlich zu missbilligen wäre keine Werteordnung im traditionellen Völkerrecht (keine moralischen Kategorien verrechtlicht) konkretes Interesse (im klassischen Verständnis) internationale Koordination, keine geschlossene Völkerrechtsordnung für VR-Gemeinschaft
- Wandlung "klassisches Völkerrecht" kein internationaler Gesetzgeber -> Sekundärrecht Internationaler Organisationen; UN-Sicherheitsrat Konsens der Völkerrechtssubjekte (str.) -> Bindungen ohne/gegen den Willen, v.a. im Rahmen Int. Organisationen; zwingendes Völkerrecht (ius cogens); Rolle der Menschenrechte Selbstbindung v.a. durch Verträge und Gewohnheitsrecht -> Rolle von Standards und Prinzipien Durchsetzung: keine obligatorische Gerichtsbarkeit, Bedeutung dezentraler Durchsetzung auf innerstaatlicher Ebene -> Proliferation internationaler Gerichte (aber: Unterwerfung notwendig)
- Völkerrechtsquellen Vgl. Art. 38 Abs. 1 IGH-Statut internationale Übereinkünfte allgemeiner oder besonderer Natur, in denen von den streitenden Staaten ausdrücklich anerkannte Regeln festgelegt sind; das internationale Gewohnheitsrecht als Ausdruck einer allgemeinen, als Recht anerkannten Übung; die von den Kulturvölkern anerkannten allgemeinen Rechtsgrundsätze; vorbehaltlich des Artikels 59 richterliche Entscheidungen und die Lehrmeinung der fähigsten Völkerrechtler der verschiedenen Nationen als Hilfsmittel zur Feststellung von Rechtsnormen.
- Völkerrecht in der innerstaatlichen Rechtsordnung Variante: Dualismus Völkerrecht und staatliches Recht bilden keine Einheit zwei voneinander getrennte Rechtskreise Völkerrechtliche Verpflichtungen treffen den Staat von außen, keine Wirkung im innerstaatlichen Recht Übersetzungsakt notwendig, um innerstaatliche Relevanz zu erreichen fehlt Überführung: innerstaatlich Rechtsakte gültig, die gegen völkerrechtliche Verpflichtungen verstoßen (dann ist Staat im Außenverhältnis verantwortlich) Beispiel: Deutschland BVerfGE 111, 307 (318) – Görgülü: „Dem Grundgesetz liegt deutlich die klassische Vorstellung zu Grunde, dass es sich bei dem Verhältnis des Völkerrechts zum nationalen Recht um ein Verhältnis zweier unterschiedlicher Rechtskreise handelt und dass die Natur dieses Verhältnisses aus der Sicht des nationalen Rechts nur durch das nationale Recht selbst bestimmt werden kann; dies zeigen die Existenz und der Wortlaut von Art. 25 und Art. 59 Abs. 2 GG.“
- Völkerrecht in der innerstaatlichen Rechtsordnung Variante: Monismus betrachtet alles Recht als eine Einheit Die völkerrechtlichen Rechte Pflichten, die den Staat treffen, sind von allen Staatsorganen, also auch von den Gerichten und Verfassungsbehörden, zu beachten, ohne dass es eines weiteren nationalen Umsetzungsakts bedürfte Typisch: Normen, die das Völkerrecht ganz allgemein in die Rechtsordnung inkorporieren Z.B. Art. VI para. 2 U.S. Constitution: “This Constitution, and the Laws of the United States which shall be made in Pursuance thereof; and all Treaties made, or which shall be made, under the Authority of the United States, shall be the supreme Law of the Land; and the Judges in every State shall be bound thereby, any Thing in the Constitution or Laws of any State to the Contrary notwithstanding.”
- Monismus: normativer Rang nicht vorentschieden Meist Präferenz für Vorrang/ Höchstrang des Völkerrechts
- Dualismus: Transformation vs Vollzug Transformationstheorie: Völkerrechtsnorm wird durch Überführung in das deutsche Recht in eine inhaltsgleiche deutsche Rechtsnorm umgewandelt = Verdopplung Vollzugstheorie: Völkerrechtsnorm bleibt eine Norm des Völkerrechts, der durch den Überführungsakt lediglich ein innerstaatlicher Vollzugsbefehl erteilt wird BVerfG: hält an Transformationstheorie fest - lässt Auslegung nach heimischen Maßstäben zu -> D ist durch Ratifizierung WVK + Gewohnheitsrecht an völkerrechtliche Auslegungsregeln gebunden Lehre: Vollzugstheorie, da T das Gesetz künstlich vom Vertrag und seinem Schicksal abkoppelt
- Unmittelbare Anwendbarkeit Völkerrecht in innerstaatlicher Rechtsordnung self-executing vs. non-self-executing self-executing: aus sich selbst heraus vollziehbar -> werden automatisch Bestandteil des "Law of the Land" non-self-executing: nicht aus sich selbst heraus vollziehbar -> bedürfen eines Umsetzungsaktes, bevor die staatlichen Gerichte und Behörden ihnen zufolge handeln können Z.B.: Art. 1 des 2. Fakultativprotokolls zum IPBPR(1) Niemand, der der Hoheitsgewalt eines Vertragsstaats dieses Fakultativprotokolls untersteht, darf hingerichtet werden. (2) Jeder Vertragsstaat ergreift alle erforderlichen Maßnahmen, um die Todesstrafe in seinem Hoheitsbereich abzuschaffen.
- Begriff des Völkerrechts Völkerrecht = v.a. zwischenstaatliches Recht: Vereinbarungen zwischen Völkerrechtssubjekten, die vom Völkerrecht bestimmung und von einem Rechtsbindungswillen getragen sind Schriftform nicht erforderlich (anders Art. 2 Abs. 1 lit. a WVK), aber üblich
- Dimensionen der Geltung des Völkerrechts (+Art.) sachlich (ratione materiae), vgl. Art. 26 WVK -> pacta sunt servanda persönlich (ratione personae), vgl. Art. 34 ff.WVK -> keine Verträge zu Lasten dritter usw. räumlich (ratione loci), vgl. Art. 29 WVK -> grds. für gesamtes Staatsgebiet, "bewegliche" Grenzen zeitlich (ratione temporis) vgl. Art. 28 WVK -> ab Inkrafttreten, grds. keine Rückwirkung
- Verhältnis Völkerrecht zum innerstaatlichen Recht (Geltung) Kollision mit innerstaatlichem Recht befreit nicht von der Vertragstreue (Art. 27 WVK, aber Art. 46 WVK).
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- Abschluss völkerrechtlicher Verträge: mehrphasiges Verfahren diplomatische Verhandlungen (sondierungen) Verhandlungen Paraphierung Unterzeichnung innerstaatliches Zustimmungsverfahren (verfassungsrechtlich, nicht völkerrechtlich vorgesehen, D: Art. 59 II GG) Ratifikation/Beitritt
- Art. 59 II GG: Zustimmungsgesetze Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, bedürfen der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes politische Beziehungen des Bundes: Vgl. BVerfGE 1, 372 (Leitsazu 1): "Ein Staatsorgan regelt [...] politische Beziehungen im Sinne des Art. 59 Abs. 2 GG, wenn [...] er wesentlich und unmittelbar die Existenz des Staates, seine territoriale Integrität, seine Unabhängigkeit oder die Ordnung der Staatengemeinschaft betrifft" -> evtl veralteter, zu enger Begriff des Politischen? Gegenstände der Bundesgesetzgebung Eingriffe in Freiheit und Eigentum sonstige wesentliche Fragen wenn Bundesgesetze geändert werden müssen Bundesgesetzgebung: Analog für Gegenstände der Landesgesetzgebung im Rahmen von Art. 32 Abs. 1 GG (str.)
- Mitwirkung von Bundestag/ Bundesrat Politische Verträge (Art. 59 II 1): + Gegenstände der Bundesgesetzgebung (Art. 59 II 1): + Sonstige Verträge (Art. 59 II 2): -
- Mitwirkung Bundespräsident Ratifikation
- Kontrolle am bzw. des Völkerrechts vor deutschen Gerichten: Vertragsrecht 1. Vor Ratifikation: Kontrolle durch das BVerfG (abstrakte Normenkontrolle, Verfassungsbeschwerde 2. Nach Ratifikation: Über Zustimmungsgesetz Bestandteil der deutschen Rechtsordnung: von allen Gerichten zu beachten soweit unmittelbar anwendbar Bundesgerichte wachen als Revisionsinstanzen über einhaltliche Einhaltung Bundesverfassungsgericht: - Kontrolle von Gewrichtsentscheidungen, Kontrolldichte abhängig von Gegenstand (intensiv bei Grund- und Menschenrechten) und Gefahr eines VR-verstoßes; - Inzidente Kontrolle des Vertrags im Rahmen von konkreter Normenkontrolle oder Verfassungsbeschwerde, zurückhaltende Ausübung
- Elemente des Völkergewohnheitsrechts Übung von einiger Dauer (consuetudo): Einheitlichkeit, gewisse Dauer und Verbreitung der Übung = objektives Element ->Quasi-Universalität: verbreitete und repräsentative Praxisanforderung macht es großen Staaten leichter Recht zu etablieren Rechtsüberzeugung (opinio juris): unter Rückgriff auf Verlautbarungen/ Stellungnahmen der Staatsrogane abgeleitet, besonders deutlicher Ausdruck sind Proteste gegen die Rechtsverletzung durch einen anderen Staat = subjektives Element -> Comity: aus Gründen der Bequemlichkeit (wird sich nicht an Praxis gehalten) -> Coutoisie: aus Gründen der Höflichkeit im internationalen Verkehr
- Kodifikation von Gewohnheitsrecht Vgl. Art. 13 Abs. 1 lit. a UNCh: "Die Generalversammlung veranlasst Untersuchungen und gibt EMpfehlungen ab, um [..] die fortschreitende Entwicklung des Völkerrechts sowie seine Kodifikation zu bgünstigen" Rolle der International Law Commission (ILC)
- Gewohnheitsrecht aus Verträgen grundlegender normbildender Charakter Vertrag mit umfassender und repräsentativer Beteiligung nahezu einheitliche Staatenpraxis Klassisch: IGH, North Sea Continental Shelf Cases
- Regelungsgehalt Art. 25 GG Regelungsgegenstand: - allgemeine Rechtsgrundsätze, Universelles Völkergewohnheitsrecht Rangfrage: nach h.M. Zwischenrang zwischen GG und Bundesgesetzen "erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes: Sinn umstritten (Bewohner?)
- Durchsetzung Gewohnheitsrecht vor deutschen Gerichten Direkt: Normverifikation nach Art. 100 II GG -> Monopol des BVerfg (Rechtssicherheit!) -> Entscheidungserheblichkeit für Ausgangsstreit -> "Zweifel": aus objektiver Sicht zu bestimmen Indirekt: Verfassungsbeschwerde -> Verstoß gegen Art. 2 I GG "allgemeine Regelndes Völkerrechts" als Bestandteil der "verfassungsmäßigen Ordnung" -> Entziehung des gesetzlichen Richters (Art. 101 I S. 2 GG): Pflichwidrige Nichtvorlage schon (+), wenn Streit über Bestehen, Inhalt oder Reichweite einer Norm besteht / Ausnahmsweise "Durchentscheiden" statt Rückverweisung (Prozessökonomie)
- Rang des Völkerrecht im Fall der Normenkollision 1. Völkerrechtliche Verträge Art. 59 II GG: politische und gesetzesinhaltliche Verträge im Rang von Bundesgesetzen Problem: Verwaltungsabkommen 2. Sekundärrecht supranationaler Organisationen Art. 24 I GG: Übertragung von Hoheitsrechten Zustimmungsgesetz als Brücke 3 "Allgemeine Regeln des Völkerrechts" Art. 25 GG: Vorrang vor Bundesgesetzen; Nachrang gegenüber GG Gewohnheitsrecht und allgemeine Rechtsgrundsätze
- "Schleusenfrage" Findet das Völkerrecht innerstaatlich unmittelbar -quasi "automatisch" - Beachtungoder erst durch einen besonderen Akt der Anerkennung?
- Rangfrage Welchen normativen Rang bekleiden die völkerrechtlichen Verplichtungen? Hiervon hängt ab, welche Rechtsvorschrift im Fall eines Widerspruchs zwischen einer völkerrechtlichen und einer innerstaatlichen Regel den Vorrang erhält.
- Der "gemäßigte Dualismus" Schleusenfrage: Art. 25 als "Generalinkoporationsnorm" Zustimmungsgesetz nach Art. 59 II GG vor Ratifikation Rangfrage / Völkerrechtsfreundlichkeit: völkerrechtskonforme Auslegung, sonst: Pflicht zur Anpassung der Rechtslage (str.) Grenzen der Völkerrechtsfreundlichkeit Methoden der Rechtsanwendung bewusster Völkerrechtsverstoß des Bundesgesetzes (sog. treaty override) -> nicht bei Menschenrechtsabkommen Kein Verzicht "auf die in dem letzten Wort der deutschen Verfassung liegende Souveränität"
- Völkerrechtliche Verträge vs. Völkergewohnheitsrecht Rang Gesetzesrang über das Zustimmungsgesetz: Art. 59 II GG/ bei Verwaltungsabkommen: Art. 59 II GG vs. Vorrang vor Gesetzen, Nachrang gegenüber Verfassung: Art. 25 GG
- Völkerrechtliche Verträge vs. Völkergewohnheitsrecht Kollisionsregeln Verordnung: Verordnung rechtswidrig / nichtig Gesetz: "völkerrechtsfreundliche" Auslegung, soweit möglich, i.Ü. setzt sich lex pesterior durch (treaty override; anders bei Menschenrechtsabkommen) Grundgesetz: völkerrechtskonforme Auslegung, soweit möglich; i.Ü. setzt sich GG durch vs. Verordnung: nichtig Gesetz nichtig oder unanwendbar (str.) Grundgesetz: völkerrechtskonforme Auslegung, soweit möglich, sonst setzt sich innerstaatlich GG durch, Konflikt mit dem VR wohl nur durch GG Änderung zu lösen
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- Völkerrechtliche Verträge vs. Völkergewohnheitsrecht Durchsetzung durch Fachgerichte: BVerfG prüft auf Vertretbarkeit, bei drohendem VRverstoß intensivere Prüfung, bei Menschenrechten volle Überprüfung des GG. i.V.m: Menschenrechtsabkommen vs. durch Fachgerichte: bei Zweifeln über Bestehen oder Inhalt der Völkerrechtsregel Vorlage an das BVerfG: Art. 100 II GG, bei pflichtwidriger Nichtvorlage Verfassungsbeschwerde
- Konventionsgarantien der EMRK Freiheitsrechte: umfangreicher, nicht umfassender Katalog (aber: Zusatzprotokolle, Auslegung von Art. 8 EMRK) Gleichheitsrechte: Art. 14 EMRK (nur akzessorisch, dh iVm einem anderen Konventionsrecht); ZP 12 Verfahrensgarantien: va Art. 6 EMRK; Verfahrensdimension anderer Rechte (zB Art. 2 EMRK) Soziale Rechte: Europäische Sozialcharta; EGMR zurückhaltend
- "Stellschrauben" im EMRK-System Individualbeschwerde nach Erschöpfung des staatl. Rechtswegs Dynamische Interpretation ("living instrument") durch EGMR Effektiver Schutz ("keine theoretischen oder illusorischen Rechte") Beurteilungsspielraum (margin appreciation) der Konventionsstaaten
- EMRK im Grundgesetz Bestandteil der deutschen Rechtsordnung (Geltungsfrage) im Rang eines einfachen Bundesgesetzes (Rangfrage) - EMRK iVm ZustimmungsG gem. Art. 59 II GG
- BVerfG: "Konstitutionalisierung" der EMRK Faktischer Vorrang vor Gesetzen durch Aufhebung der lex-posterior-Regel: (widerlegiliche Vermutung, dass Gesetzgeber nicht von den EMRK-Pflichten abweichen wollte Auslegungsleitende Bedeutung der EMRL für das GG (Quasi-Verfassungsrang): Begründet über Art. 1 II GG und Völkerrechtsfreundlichkeit des GG Auslegungsleitende Bedeutung der EGMR-Rechtsprechung für das GG (quasi-verfassungsrechtlicher Rang)
- Inhalt der Berücksichtigungspflicht EMRK Immer: Pflicht zur Befassung mit einschlägiger EGMR-Rechtsprechung Regelmäßig: Pflicht zur Aufnahme durch konventionskonforme Auslagug und Anwendung nationalen Rechts -> Harmonisierung von Begriffen und Pinzipien ->Ausnahme: ergebnisorientierte Überführung in eigene Dogmatik Ausnahme: Pflicht, Abweichungen zu begründen
- Grenzen der Berücksichtigungspflicht der EMRK BVerfGE, Görgülü: Völkerrechtsfreundlichkeit "entfaltet Wirkung nur im Rahmen des demokratischen und rechtsstaatlichen Systems des Grundgesetzes" und beinhaltet keinen Verzicht "auf die in dem letzten Wort der deutschen Verfassung liegende Souveränität" wenn konventionsfreundliche Auslegung nach den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung und Verfassungsinterpretation nicht mehr vertretbar scheint wenn der Grundrechtsschutz nach dem GG eingeschränkt wird d.h. insbesondere bei abweichender Gewichtung in mehrpoligen Rechtsbeziehungen -> Begründungspflicht anstelle der Übernahmepflicht
- An welche inhaltlichen Normen ist Außen- und Europapolitik nach dem GG gebunden (Verbote und Aufträge)? Allgemeine Bindungen: Art. 20 III GG: Gesetzes- und Verfassungsbindunge; insbesondere Grundrechte (Art. 1 III GG) und Menschenrechte (über Art. 59 II GG iVm Zustimmungsgesetz bzw Art. 25 GG; vgl. auch Art. 1 II GG) - Inland: keine Besonderheiten, Bindung an einschlägige Bestimmungen - Ausland: Örtlicher Geltungsbereich ("Ob" der Bindunge)? Uneinsgeschränkte sachliche Geltung ("Wie" der Bindung)?
- An welche inhaltlichen Normen ist Außen- und Europapolitik nach dem GG gebunden (Verbote und Aufträge)? Spezielle Bindungen: Staatsziel Europäische Integration: Art. 23 I GG (Grenze: Art. 79 III GG) Verbot des Angriffskrieges: Art. 26 GG (s.a. Art. 87a I GG)
- Ausübung deutscher Staatsgewalt im Ausland Typische Fallkonstellation: Botschaften, Konsulate Auslandsgeheimdienste Auslandseinsätze der Bundeswehr Abgrenzung: inländisches Handeln mit Wirkungen im Ausland Abschiebung, Auslieferung Abhören usw. von Deutschland aus
- Gerichtliche Kontrolle von hoheitlichem Handeln im Ausland Wegen außenpolitischer Handlungsfreiheit der Bundesregierung bloße Vertretbarkeits-/ Willkürkontrolle (zB. BVerfGE 55, 329/364ff ..) Auch bei Handeln mit Wirkung im Ausland grds. nur Prüfung auf "Verletzung der unabdingbaren Grundsätze der deutschen Verfassungsordnung" (z.B. BVerfGE 113, 154/162 f.: Auslieferung; BVerfGE 141, 220: Datenaustausch) Kritik: pauschaler "Bonus" ohne genauerer Prüfung der Erfolderlichkeit und Angemessenheit unvereinbar mit Art. 1 III, 20 III GG?
- Ausnahmen der Ausübung deutscher Staatsgewalt im Ausland Einwilligung (zB iRv Diplomaten- und Konsularrecht, SOFAs) unterhalb der Interventionsschwelle (bei Hoheitsgewalt idR (-)) völkerrechtlicher Titel (v.a. Mandat des UN-Sicherheitsrats nach Kap. VII)
- Örtlicher Geltungsbereich ("Ob") der Außen- und Europapolitik nach dem GG ausdrücklich geregelt: -> §EEG: Anwendungsbereich: Dieses Gesetz regelt 1. den vorrangigen Anschluss von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien und aus Grubengas im Bundesgebiet einschließlich der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (Geltungsbereich des Gesetzes) an die Netze für die allgemeine Versorgung mit Elektrizität, (...) 2. idR durch Auslegung zu entnehmen: -> zB. Waffengesetz? Kreislaufwirtschaftsgesetz? -> Grundrechte: Art. 1 III GG: - "auswärtige Gewalt" nicht genannt- aber: Teil der in Art. 1 III genannten Gewalten, v.a. der "vollziehenden Gewalt"- Sinn und Zweck: rechtlicher Beziehungen zwischen Mensch und Hoheitsgewalt -> folgt als -rechtsstaatliche Hypothek der Hoheitsgewalt über Grenzen hinweg- Anders EGMR zu Art. 1 EMRK: restriktive Rechtssprechung (Blankovic-Urteil 2001) inzwischen z.T. revidiert (Al-Skeini Urteil 2011)
- Sachlicher Geltungsbereich ("Wie") der Außen- und Europapolitik nach dem GG 1. Abstimmung mit souveränen Rechten des Empfangsstaates Abwehrrecht: verpflichtet zum Unterlassen von Hoheitsakten auf fremdem Territorium; idR keine "Kollisionsneigung" Schutzpflichteb: nur im Rahmen des Völkerrechts (zB. Geiselbefreiung auf fremdem Staatsgebiet) 2. Abstimmung mit Bindungen von Partnernationen Str.; jedenfalls keine Beteiligung an schweren Menschenrechtsverstößen; vgl. Auslieferungsfälle 3. Faktische Grenzen zB. an Bord deutscher Fregatte vor Somalia: Art 104 III S. 1 GG - > Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen , ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Eindwendungen zu geben hat. VG Köln, 1.11.2011 - 25 K 4280/09, Rn. 38ff: Wegen Besonderheiten der Festnahme auf hoher See genügt "unverzügliche" Vorführung (Berücksichtigung der Situation)
- Voraussetzungen und Rechtsfolge aus Art. 26 GG, Verbot des Angriffskrieges Voraussetzungen: Eignung (objektiv), Absicht (subjektiv) Rechtsfolge: dopppelte Sanktion: Verfassungswirdrigkeit und Strafbarkeit (Auftrag an Gesetzgeber) vgl. § 80 StGB: Vorbereitung eines Angriffskrieges (bis 31.12.2016) § 13 VStGB: Vebrechen der Aggression (in Kraft seit 1.1.2017) - in Bezug auf VN-Charta
- Ausnahmen Art. 2 Nr. 4 UN-Charta "Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der VN unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt" Ausnahmen: Mandat des UN-Sicherheitsrates nach Kapitel VII UNCh Selbstverteidigung gegen bewaffneten Angriff (Art. 51 UNCh) obsolet: Feindstaatenklausel (Art. 107 UNCh) Strittige Fragen: humanitäre Interventionen Geiselbefreiungen Evakuierungsoperationen
- Was versteht man unter "Monismus" und "Dualismus" in Hinblick auf das Verhältnis von Völkerrecht und innerstaatlichem Recht? Monismus: betrachtet Recht als eine Einheit völkerrechtliche Pflichten von allen Staatsorganen (auch Gerichte/ Verwaltungsbehörden) zu beachten, ohne weiteren nationalen Umsetzungsakt typisch: Normen, die das VR ganz allgemein in die Rechtsordnung inkorporieren normativer Rang = nicht vorentschieden, meistens Präferenz für Hächst-/ Vorrang des VR Str.: Völkerrecht definiert Staat/ Elemente oder Völkerrecht auf Willen des Staates zurückzuführen, d.h. untergeordnet Bsp: Österreich, Schweiz, Frankreich, USA Dualismus: Völkerrecht und staatliches Recht bilden keine Einheit zwei voneinander getrennte Rechtskreise VR trifft Staat von außen = keine Wirkung im innerstaatlichen Recht Übersetzungsakt notwenig für innerstaatliche Relevanz ohne Ü-Akt = innerstaatlich kann Recht gelten, das gegen vr-Verpflichtungen verstößt = macht Staat im Außenverhältnis vr-rechtlich verantwortlich (Art. 27 WVK) Bsp.: Deutschland
- Wieso ist in Deutschland von einem gemäßigten Dualismus die Rede? scharfe Trennung zwischen Innen (staatliches Recht) und Außen (VR) wird nicht strikt durchgehalten durch Schleusenfrage (Art. 25 als Generalinkorporationsnorm) werden in quasi-monistischer Weise die allgemeinen Regeln des VR in Bundesrecht überführt, ohne dass es Übernahme in jedem Einzelfall bedarf durch Zustimmunsgesetz vor Ratifikation bei politischen/ gesetzesinhaltlichen Verträgen Sicherstellung innerstaatlicher Geltungsbefehl bei Eintritt vr-Verbindlichkeit
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