Kinderheilkunde (Subject) / Erkrankungen des Nervensystems (Lesson)
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* Hirnblutungen * Periventrikuläre Leukomalazie * Infantile Zerebralparese
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- Hirnblutung Zusammenfassung * Hirnblutungen treten v.a. bei extrem Frühgeborenen <28 SSW und <1000g Geburtsgewicht auf * Die Blutung tritt an der germinalen Matrix, eine gefäßreiche Region des Frühgeborenen-Gehirns auf (Grad I), kann dann in die Ventrikel übergehen (Grad II) diese ausfüllen (Grad III) und schließlich in das Gehirnparenchym um die Ventrikel eindringen (periventrikulär) * Je nach schwere der Blutung heilt sie vollkommen aus, führt über eine Arachnoiditis oder eine Abflusstauung zum posthämorrhagischen Hydrocephalus oder im schlimmsten Falle zum Morbus Little, der infantilen Zerebralparese * Deswegen gilt bei frühgeburtlichkeit das Prinzip des minimal Handlings, da jede Form von Stress das Risiko einer Hirnblutung erhöht
- Hirnblutung Peri-und intraventrikuläre Blutungen sind gefürchtete ZNS-Komplikation bei Frühgeborenen. Sie sind eine Folge von Blutungen an der germinalen Matrix und können im schlimmsten Fall zur infantilen Zerebralparese (Morbus Little) mit mentaler Retardierung führen. * 40 % der Frühgeborenen unter der 32.SSW erleiden eine Hirnblutung * Risikogruppe sind die sehr unreifen Frühgeborenen o < 28te SSW o < 1000g
- Hirnblutung Merke Merke: * Zwar können heutzutage sehr unreife Frühgeborene durchgebracht werden doch wird dies oft mit neurologischen Folgeschäden erkauft * Der Schweregrad der Hirnblutung ist proportional zur Unreife und zum Außmaß der Asphyxie → Schwere Hirnblutungen v.a. bei <28ten SSW und <1000g schweren Frühgeborenen
- Hirnblutungen Germinale Matrix Ort der Hirnblutungen ist stets die Germinale Matrix (supependymale Keimregion) des unreifen Gehirns Germinale Matrix * Definition: Die Germinalmatrix besteht aus reich vaskularisierten neuroepithelialen Zellen * Funktion: Ort der Bildung der Großhirnneuronen die anschließend nach lateral auswandern * Lokalisation: Periventrikulär in der laterale Wand der Seitenventrikel (lateral des Plexus chorioideus) * Vulnerabilität der Germinalen Matrix aufgrund von: o direkten Übergang der Arteriolen in Venolen ohne Zwischenschaltung von Kapillaren o Gefäße besitzen nur eine einzige Endothelschicht o hohe Metabolismus, viele Mitochondrien → gute Sauerstoffversorgung nötig, Schwankungen werden schlecht toleriert * Vulnerable Phase: < 32 SSW in den ersten 3 Tagen postpartum
- Hirnblutung Germinale Matrix (Merke) Merke: * Ein reifes Neugeborenes hat bereits vollständig zurückgebildete Gefäße in der germinalen Matrix. Eine Blutung in dieser Region ist unwahrscheinlich * Zu einer Blutung in der Germinalen Matrix kann es v.a. intrauterin, während der Geburt oder in den 'ersten drei Lebenstagen unmittelbar nach Geburt kommen (→ vulnerable Phase). Hier sind die initialen Ultraschalluntersuchungen der ersten Lebenstage von großer Diagnostischer Bedeutung * Die Neuronenbildung findet regelhaft in den ersten 32 SSW statt. Wird nun ein Fühgeborenes vor der 32ten SSW geboren bilden sich die Blutgefäße der Germinalen Matrix trotzdem zurück. Eine Neuronenbildung ist nun nicht mehr möglich. Frühchen bleiben immer hinter ihren intellektuellen Möglichkeiten zurück, auch wenn es nicht zu Blutungen kommt. Verglichen mit reifen Neugeborenen weisen sie eine verminderte Intelligenz auf.
- Hirnblutung Risikofaktoren Risikofaktoren der Hirnblutung * Unreife: <28 SSW, <1000g * Asphyxie/Hypoxie * erniedrigte Hirndurchblutung: o PDA o niedriger Blutdruck o Hypokapnie * vermehrte Hirndurchblutung: o hoher Blutdruck o Volumenexpansion (Transfusion) o Apnoen (pCO2 ↑ → Durchblutung ↑) o Pneumothorax (pCO2 ↑ → Durchblutung ↑) o Ductusligatur o Hyperkapnie o länger dauernde Manipulation am Kind * erhöhter Venendruck o traumatische Geburt o Pneumothorax o Beatmungsprobleme o Asphyxie * Gerinnungsprobleme * CPAP Beatmung Fazit: Alles was Stress für das Frühgeborene bedeutet und quasi jede therapeutische Maßnahme. Deshalb → minimal Handling soweit möglich
- Hirnblutung Pathogenese * Die Blutung erfolgt zunächst nur in die germinale Matrix (Grad I), dann in die Seitenventrikel (Grad II). Schließlich füllen sich die Ventrikel zusehends mit Blut (Grad III → Blutung nimmt >50% des Ventrikelvolumens ein) so dass es durch den Druck und Einblutungen in die Ventrikelwand zum hämorrhagischen Infarkt derselbigen kommt (Grad IV) * Um die Ventrikel herum laufen Marklager der Pyramidenbahnen. Die Bahnen der Beine verlaufen innen an den Ventrikelwänden, die Bahnen der Beine folgen weiter außen * Kommt es zu Einblutungen in die Ventrikelwände (Grad IV) werden zunächst die motorischen Bahnen der Beine unterbrochen. Bei tieferen Blutungen können auch die Arme mitbetroffen sein, noch tiefere Läsionen führen zur mentalen Retardierung. * Da es sich um eine Unterbrechung der Pyramidenbahnen handelt findet sich eine spastische Lähmung
- Hirnblutung Klinik akute Symptome * Atemstillstand * Bewegungsarmut bis hin zur schlaffen Parese der Skelettmuskulatur * vorgewölbte Fontanelle * Blutdruckabfall * Temperaturstörungen * metabolische Azidose * generalisierte Krampfanfälle Langzeitschäden * Je nach tiefe der Blutung ins Hirnparenchym kommt es zu unterschiedlich schwerer Ausprägung der infantilen Zerebralparese (Morbus Little) 1. spastische diplegie der unteren Extremitäten 2. spastische Tetraplegie der unteren und oberen Extremitäten 3. mentale Retardierung * Die Läsionen sind nicht progredient aber irreversibel
- Hirnblutung Merke,Cave Merke: * Hemiparesen sind Ausdruck einer einseitigen Blutung * Tetraplegien sind meist mit mentaler Retardierung vergesellschaftet * Eine isolierte Diplegie der Beine mit mentaler Retardierung ist nicht möglich, da die Blutung sich erst durch die "Armregion" fressen muss * Eine isolierte Diplegie der Arme OHNE Beinbeteiligung ist nicht möglich, da der Schaden sich erstmal durch die "Beinregion" fressen muss Cave: Pyramidenbahnläsionen führen zu spastischen Lähmungen, da der hemmende Einfluss der Pyramidenbahn auf die Muskulatur wegfällt
- Hirnblutung Komplikation Stadieneinteilung Komplikationen * Bei Blutungen in den Ventrikel Grad II und III o Arachnoiditis mit folgendem Hydrocephalus occlusivus o klinischer Symptomatik eines Hydrozephalus mit Hirndruckerhöhung * Blutungen in das Parenchym Grad IV o Periventrikulärerer Infarkt o es bleiben riesige Löcher im Hirngewebe um die Ventrikel zurück und führen zu den oben beschriebenen Lähmungserscheinungen. Die Erscheinungen ähneln stark der der Periventrikulären Leukomalazie Stadieneinteilung Die Klassifikation erfolgt nach Sonografischen Kriterien: * Grad-I-Blutung: Blutung ausschließlich in der Germnalmatrix * Grad-II-Blutung: leichte Blutungen in die Ventrikel, die <50% des Ventrikellumens ausfüllen * Grad-III-Blutung: schwere Blutungen in die Ventrikel, die >50% des Ventrikellumens ausfüllen * Grad-IV-Blutung: Einblutungen in das Gehirn → Hämorrhagischer Infarkt
- Hirnblutung merke Merke: * Die Blutungen sind häufig asymetrisch * Grad-III-Blutungen und höher führen zu einer Erweiterung des Ventrikelsystems mit posthämorrhagischem Hydrocephalus
- Hirnblutung Komplikation * Untersuchung aller Frühgeborenen >32 SSW ohne neurologischer Symptomatik oder >32 SSW mit neurologischer Symptomatik * Ultraschalluntersuchung des Frühgeborenengehirns über die Fontanelle (Koronar und Parasagitalschnitt) * Jedes Frühgeborene sollte 3 Sonographische Untersuchungen des Gehirns erhalten, die bei klinischer Auffälligkeit gegebenfalls früher erfolgen sollten: o 1ster Lebenstag: Erkennen von intrauterinen Hinrschädigungen → Unterscheidung von intrauterinen und postnatalen Hirnblutungen. o 3ter Lebenstag: Erkennen von Hirnschäden die in der vulnerablen Phase der Gefäßrückbildung der ersten 3 Lebenstage entstanden sind o 8ter Lebenstag: Erkennen von späten Hirnblutungen und Beurteilung eines eventuellen posthämorrhagischen Hydrocephalus o Evtl. Kontrolluntersuchungen falls Pathologie erkannt. Merke: * Frische Hirnblutungen: echodicht * Posthämorrhagischer Hydrocephalus: echoarm * Die Unterscheidung von Intrauterinen und postnatalen Hirnblutungen durch die Ultraschalluntersuchung am ersten Lebenstag hat auch rechtliche Bedeutung, da bei intrauteriner Hirnschädigung Klagen gegen ärtzliche Kunstfehler keine Grundlage haben
- Hirnblutung Verlaufskontrolle Verlaufskontrolle Grad 4 Blutung in die Ventrikel und die das Gehirnparenchym Grad 4 Blutung in die Ventrikel und die das Gehirnparenchym * Grad-I-Blutungen: Gelegentlich entwickeln sich kleine, harmlose, porenzephale Zysten an der ehemaligen Germinalen Matrix * Grad-II-Blutungen: (Passagere) Ventrikelweitung. In der Regel kein vermehrtes Auftreten von neurologischen Folgeschäden * Grad-III-Blutungen: Posthämorrhagischer Hydrocephalus macht evtl. eine Liquordrainage nötig. Neurologische Folgeschäden bei 35% * Grad-IV-Blutungen: Posthämorrhagischer Hydrocephalus und Zytenbildung in den infarzierten periventrikulären Gebieten. Je nach Gebiet verschiedene neurologische Ausfälle bei 75%
- Hirnblutung Therapie Prophylaxe Prognose Therapie Prophylaxe * Minimal Handling: Möglichst schonende Geburt → Kaiserschnitt * strikte Kreislaufüberwachung → die Vitalparameter sollten möglichst konstant bei den physiologischen Werten gehalten werden um eine Hypoxie des Hirngewebes zu vermeiden Merke: Die Ventrikelblutung ist eigentlich kein Problem, da sie ohne Folgeschäden ausheilt. Die Parenchymale Blutung dagegen führt zu gravierenden Folgeschäden Prognose * Abhängig vom Grad der Einblutung: Geringgradige Blutungen heilen i.d.R. folgenfrei aus, höhergradige Blutungen führen zu lebenslangen, irreversiblen Schäden. * Abhängig von der Entwicklung eines posthämorrhagischen Hydrocephalus und dem Außmaß der zusätzlichen hypoxischen Schädigung
- Periventrikuläre Leukomalazie Die Periventrikuläre Leukomalazie beschreibt ein Erweichen der weißen Substanz bei Frühgeborenen infolge einer Ischämie in der Phase der Hypotonie. * 5% der unter 1500g geborenen * Jede Prä- und Perinatale Komplikation die zu einer Drosselung der Hirndurchblutung führt kann zu einer Periventrikulären Leukomalazie führen. es kommt dann zur 1. Ischämischen Infarkten mit Nekrosen durch die Sauerstoffunterversorgung in beiden Hirnhälften 2. Betroffen sind die um die Ventrikel liegenden Regionen, da sie das letzte versorgte Gebiet der äußeren Hirnartierien (Arteria meningea media) darstellen (Prinzip der letzten Wiese)
- Periventrikuläre Leukomalazie Pathogenese 1. Es kommt zunächst zu einer milden Ausprägung der PVL mit einer leichten größenzunahme der Ventrikel und einer leichten Echogenität in der Sonographie 2. schließlich bilden sich Zysten aus, die auch die Ventrikel miteinbeziehen (unregelmässiger Rand), dieses Stadium nennt man cystische PVL 3. Es kann letzten Endes zu Einblutungen in die Zysten kommen, das Stadium der hämorrhagischen PVL ist erreicht
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- Periventrikuläre Leukomalazie Klinik * Folge ist eine infantilen Zerebralparese (Morbus Little) in derselben Ausprägung wie bei bei der frühgeborenen Hirnblutung * spastische Tetraplegie, beginnend bei den Beinen * bei starker Ausprägung außerdem: Mentale Retardierung Merke: Patienten mit infantiler Zerebralparese (Morbus Little) werden im Volksmund als "Spastiker" bezeichner Risikofaktoren * Unreife * PDA - Persistierender Ductus arteriosus * Asphixie, Hypoxie, Azidose, Hyper oder Hypokapnie * Bradykardie und Hypotonie * Amnioninfektionen → Bereits intrauteriner Beginn möglich
- Periventrikuläre Leukomalazie Diagnostik, Therapie, Prävention, Prognose Diagnostik * nach der Geburt: Ultraschall * später: MRT Therapie: * symptomatisch Prävention: * Ausreichender Blutdruck * Vermeiden von Hypoxie und Azidose Prognose: * trotz MRT und Sono ist die Ausprägung/Schwere der Erkrankung unmöglich vorherzusagen.
- Infantile Zerebralparese Infantile Zerebralparesen sind bleibende motorische Schäden, die auf eine frühkindliche Schädigung des unreifen Gehirns (Hirnblutungen, PVL) zurückzuführen sind. Zusätzlich zu der motorischen Störung kann eine geistige Retardierung,sowie ein Anfallsleiden auftreten. * 1:1000 Geburten * bei Frühgeborenen <1500 g 40 fach erhöht (...40:1000) Zu einer infantilen Zerebralparese kann es durch eines oder mehrer folgender Ereignisse kommen * hypoxisch-ischämiche Enzephalopathien (wie die PVL) * Hirnblutungen * Anlagestörungen * bakterielle und virale Infektionen (mit anschließender Hirnblutung) * zentrale Gefäßverschlüsse
- Infantile Zerebralparese Merke Merke: Der begriff Zerebralparese gibt keinen Ätiologischen Hinweis sondern umfasst einfach alle motorischen, neurologischen Krankheitsbilder die Aufrund einer frühkindlichen Hirnschädigung entstanden sind
- Infantile Zerebralparese * Spastik o durch Schädigung im Verlauf des ersten Motoneuron o Spastische Erhöhung des Muskeltonus o v.a. Streck und Adduktorenmuskulatur an den unteren Extremitäten o v.a. Beugemuskluatur der oberen Extremität o gesteigerte Muskeleigenreflexe o positive Pyramidenbahnzeichen * Dyskinesien: Extrapyramidale-motorische Störungen (Dyskinesien) o ständig wechselnder Muskeltonus o abnorme unwillkürliche Bewegungen o sistieren im Schlaf o Dystonie: Bewegungen langsam und wurmartig. Beide Extremitäten betroffen o Athetose: Bewegungen langsam und wurmartig. Nur die Extremitäten sind betroffen o Chorea: Schnelle, unregelmässige Zuckungen o Tremor * ataktische Formen o Ataxie: Koordinations- und Gleichgewichtsstörung mit abgehackten Bewegungsabläufen. Die oben beschrieben Spastiken können sich nun an den Extremitäten je nach Läsionsort und Ausbreitung unterschiedlich manifestieren * spastische Hemiparese: Halbseitenlähmung, beide Extremitäten einer Seite betroffen. Beine und Arme können allerdings unterschiedlich stark gelähmt sein * spastiche Diparese/Diaplegie: Diparese v.a. die unteren Extremitäten betroffen leichte Beteiligung der oberen Extremitäten möglich . * spastische Tetraparese: Tetraparese aller 4 Extremitäten. Häufig mit schwerer geistigen Behinderung vergesellschaftet.
- Infantile Zerebralparesen zur Klinik Merke: Merke: Dyskinesien und Ataxien können bei allen Formen der infantilen Zerebralparesen vorkommen. Stehen dies aber im Vordergrund stellen sie eine eigene Form der Zerebralparese da * Dyskinetische Zerebralparese: typisch für die Bilirubinenzephalopathie * ataktische Zerebralparese: typisch für die Hirnfehlbildungen. Sehr selten.
- Infantile Zerebralparese Diagnostik * Regelmässige entwicklungsneurologische Untersuchung der Kinder o motorische Behinderungen und Anfallsleiden können so frühzeitig erkannt werden * Bei Verdacht auf Zerebralparese: MRT o Bestimmung der Lokalisation und Ausmaß der Region * EEG, orthopädische Kontrolluntersuchung Merke: Die Diagnose sollte sichern, dass es sich nicht um eine andere, kausal behandelbare Erkrankung hinter der neurologischen Erkrankugn handelt
- Infantile Zerebralparese Therapie * Heilung ist nicht möglich * intensive Physiotherapie zum besseren Umgang mit der Lähmung * evtl.Logopädie * evtl. korrigierende Maßnahmen / Operationen bei Fehlstellungen * evtl. Medikamentöse Behandlung eines Anfallleidens * eine Behandlung des stark erhöhten Muskeltonus mit Botulinustoxin kann versucht werden