Deutsch als Zweitsprache (Subject) / Deutsch als Zweitsprache - Vorlesung (RWTH Aaachen 2019) (Lesson)
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Diese Karteikarten Beruhen auf der Vorlesung zur o.g. Veranstaltung an der RWTH im Wintersemester 2019 / 2020 bei den Dozenten Jürgens und Slutas
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- Was ist DaZ-bezogener Inhalt der KMK-Beschlüsse von 2002? 1. die Ausbildung von speziellen Lehrkräften für DaZ 2. allen Lehrkräften Grundkenntnisse in DaZ und Strategien für einen produktiven Umgang mit Mehrsprachigkeit zuvermitteln, da jeder Fachunterricht immer auch Sprachunterricht ist; 3. den Fachkräften im vorschulischen Bereich Kenntnisse inDaZ und Sprachförderung zuvermitteln; 4. dass für das erfolgreiche Erlernen der Zweitsprache als Unterrichts‐ und Bildungssprache die Schülerinnen und Schüler Gelegenheit erhalten, in und außerhalb der Schule ihre Erstsprache im schriftlichen und mündlichen Bereich weiter zuentwickeln.
- Empirische Schulleistungsstudien die in den Themenbereich DaZ ragen - TIMSS = Third International Mathematics and Science Study - PISA = Program for International Student Assessment - IGLU = Internationale Grundschul‐Lese‐Untersuchung - DESI = Deutsch Englisch Schülerleistungen International
- DaZ-bezogene Ergebnisse der Schulleistungsstudien - Leistungen über dem Durchschnitt der Industrieländer - Mehr Jugendliche aus schwierigen sozialen Verhältnissen schaffen den Aufstieg in die Gruppe der besten Schüler. - Der Bildungserfolg hängt immer noch zu sehr vom Elternhaus ab und gerade Migrantenkinder schneiden immer noch deutlich schlechter ab als deutschdeutscher Nachwuchs. - Der Abstand zwischen den sozialen Schichten hat sich zwar verringert, liegt aber immer noch über dem OECD Durchschnitt. - SuS mit Migrationshintergrund erreichen niedrigeres naturwissenschaftliches Kompetenzniveau besonders in erster Generation. - Anders als bei Mathematik und Lesen zeigen sich in den Naturwissenschaften keine Verbesserungen seit 2006.
- Entwicklung der Multikulturalität an deutschen Schulen seit 2006 - Anteil von SuS mit Migrationshintergrund ist von 19.9% auf 27.9% gestiegen - Die Anzahl der Herkunftsländer ist gestiegen
- Gründe für die Unterschiede im Bildungserfolg zwischen SuS mit und ohne Migrationshintergrund 1. Sozioökonomischer Status (bereits im Herkunftsland) 2. Flucht und Vertreibung 3. Mangelnde Sprachkompetenz 4. Rolle der Herkunftskulturen 5. Institutionelle Diskriminierung
- Mehrsprachigkeit im Unterricht - Language Awareness: 5 Dimensionen 1. kognitive Aspekte: Wissen um sprachliche Strukturen und Regelmäßigkeiten 2. affektive Aspekte: spezifische an Sprache gebundene Emotionen, Freude am Sprachenlernen 3. soziale Aspekte: eine anerkennende und wertschätzende Einstellung gegenüber Sprachen 4. pragmatische Aspekte: verschiedene kulturbedingte Handlungsweisen und Verhaltensnormen 5. politische Aspekte: kritischer Umgang mit Sprachen und die Sensibilität für sprachliche Diskriminierungen
- Mehrsprachigkeit im Unterricht - Didaktik der Sprachenvielfalt - Vergleich nicht nur von Sprachen sondern auch von Texten, Alltagsroutinen und Kulturen. - Ziel: sprachliche Vielfalt als kulturelle Vielfalt bewusst und erlebbar machen - Ausgangspunkt: die Erfahrungen der SuS - Voraussetzung: Sensibilisierung der Lehrkräfte
- Probleme des Begriffes "Muttersprache" • nicht eindeutig definiert • Weitere Sprachen unterschiedlicher Niveaus aufgrund von Migration • Emotional bevorzugte Sprache schwer einschätzbar
- Begriff Familiensprache nach Jeuk 2010 --> betrifft die Kommunikationssituation in der Familie • Offen: Grad der Beherrschung / emotionaler Bezug • In vielen Familien mehrere Familiensprachen
- Eigenschaften des Erstspracheerwerbs • bezieht sich auf die zeitliche Reihenfolge des Spracherwerbs ⇒ ohne Wertung • von Geburt an ungesteuert erworben • kann monolingual oder bilingual erfolgen
- Bilingualismustypen nach Apeltauer • balancierte Zweisprachigkeit: zwei Sprachen werden sehr gut beherrscht • Zweisprachigkeit mit einer dominanten Sprache: eine der Sprachen wird weniger gut beherrscht als die andere • Semilingualismus: in keiner der beiden Sprachen besteht eine alters gemäße Sprachkompetenz
- Sechs Biligualismustypen nach... ? Romain
- Sechs Bilingualismustypen: Eine Person - Eine Sprache • Eltern haben unterschiedliche Muttersprachen • Die Umgebung spricht dieselbe Sprache wie ein Elternteil • Jedes Elternteil spricht in jeweiliger Muttersprache mit dem Kind
- Unterscheidungskriterien der 6 Bilingualismustypen nach Romain • Die Sprachen der Eltern • Die Sprache der Umgebung • Die Kommunikationssprache mit dem Kind
- Sechs Bilingualismustypen: Eine Sprache - Eine Umgebung • Eltern haben unterschiedliche Muttersprachen. • Die Umgebung spricht dieselbe Sprache wie ein Elternteil. • Zu Hause sprechen die Eltern die Nicht-Umgebungssprache mit dem Kind.
- Sechs Bilingualismustypen: Eine Sprache zu Hause - Die andere Sprache aus der Umgebung • Eltern haben dieselbe Muttersprache. • Die Umgebung spricht eine andere Sprache als die Eltern • Zu Hause sprechen die Eltern ihre Muttersprache mit dem Kind.
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- Sechs Bilingualismustypen: Zwei Sprachen zu Hause - Eine andere Sprache aus der Umgebung • Eltern haben unterschiedliche Muttersprache. • Die Umgebung spricht eine andere Sprache als die Eltern. • Zu Hause sprechen die Eltern ihre jeweilige Muttersprache mit dem Kind.
- Sechs Bilingualismustypen: Nicht Muttersprachliche Eltern • Eltern haben dieselbe Muttersprache. • Die Umgebung spricht dieselbe Sprache wie die Eltern. • Zu Hause spricht ein Elternteil eine Nicht-Umgebungssprache mit dem Kind.
- Sechs Bilingualismustypen: Gemischte Sprachen • Eltern sprechen dieselben Muttersprachen • Die Umgebung spricht dieselben Sprachen wie die Eltern • Zu Hause sprechen beide Eltern beide Sprachen mit dem Kind
- Bilingualismustypen nach Alter: Erstspracherwerb vs. Zweitspracherwerb Alter etwa Erwerb Sprache A Erwerb Sprache B Bezeichnung 0-3 Jahre + - monolingualer Erstspracherwerb + + bilingualer Erstspracherwerb 3-6 Jahre + + früher Zweitspracherwerb 6-12 (+) + Zweitspracherwerb nach der Pub. - + Zweitspracherwerb von Jugend- lichen und Erwachsenen
- Erstspracherwerbstheorien: Behaviorismus • Der Umwelt (aktiv) (Eltern, Lehrer, Bezugspersonen) wird durch Reizdarbietung eine große Rolle zugesprochen. • Der Lerner ist passiv und imitiert die Umwelt. • Vertreter: Skinner, Pawlow
- Erstspracherwerbstheorien: Nativismus / Reifungstheorien • Grundannahme: Angeborene mentale Fähigkeiten (die alle Menschen gleichermaßen zum Spracherwerb befähigen) ⇒ Umwelt als auch Lerner passiv ⇒ Universalgrammatik (Chomsky) = System mentaler Strukturen (Nervenbahnen), die Weiterentwickelt werden, biologische Voraussetzung
- Erstspracherwerbstheorien: Kognitivismus • Spracherwerb kein autonomer Prozess und nicht angeboren • Sprachliche und kognitive Entwicklung sind gekoppelt • Spracherwerb als Stufenprozess • Lerner als aktiv, Umwelt als passiv
- Erstspracherwerbstheorie nach Lenneberg • Grund für Spracherwerb im genetischen Programm, nötig für die Funktion sind Anreize aus der Umwelt • Voraussetzungen: – bestimmter Reifegrad – Leben in sozialer Umwelt / Sprachgemeinschaft • Sprachbereitschaft: – Latente Sprachstruktur die im Prozess der Aktualisierung (Spracherwerb) in eine realisierte Struktur umgewandelt wird. – Primärspracherwerbsfähigkeit: ∼2. Lebensjahr bis Pubertät
- Erstspracherwerbstheorien: Interaktionistische Theorien (Bruner) • Umwelt und Lerner als aktiv ⇒ Spracherwerb dialogisch • Kernthese: Kind kann sich bereits kommunikativ verständigen, bevor es spricht • Sprache als Mittel zur Herstellung sozialer Beziehungen • Spracherwerb: Weder angeborene Fähigkeiten noch Konditionierung oder Nachahmung • Bedeutung von Begriffen: Aushandlung in der Interaktion
- Zweitspracherwerbstheorien: Kontrastivhypothese (Behaviorismus) ...Fries und Lando (1940, US Militär) • Erstsprache bedingt Zweitsprache: - positiver Transfer von Gemeinsamkeiten erleichtert den Zweitspracherwerb - Negativer Transfer von Interferenzen erschwert den Zweitspracherwerb. • Zwei Versionen: starke (Fehler fix und sogar vorhersagbar) vs. schwache (Fehler als Diagnoseinstrument) Form
- Zweitsprachserwerbstheorien: Identitätshypothese (Nativismus) ...Corder, Dulys und Burt, Krashen (∼1970) • Zweitspracherwerb ∼ Erstspracherwerb ⇒ Sprachliches Vorwissen spielt für den Zweitspracherwerb keine bedeutsame Rolle. • Fehler werden als notwendige Entwicklung von Lernenden betrachtet.
- 3 Fehlerquellen in der Identitätshypothese (Nativismus) – Übergeneralisierung: Anwendung einer internalisierten Regel auf Fälle, die prinzipiell anderen Normen unterliegen. – Simplifizierung: Ersetzung von knoj. Verbformen durch Infinitive. – Regularisierung: Übertragung von Regeln auf Ausnahmen (gemacht, gegeht / machte, gehte)
- Zweitsprachserwerstheorien: Interlanguagehypothese (Kognitivismus) ... Selinker, Reinecke • Bei Zweitsprachenerwerb wird eine Interlanguage (Übergangssystem) geschaffen • „Erprobung“ des Übergangssystems an der Realität • Spracherwerb verläuft in Stufen
- Prinzipien der Interlanguage – Language transfer: Übertragung aus der Erstsprache – Transfer of training: Erprobung von Mustern aus Übung – Strategies of second language learning: Regelbildungsprozess – Strategies of second language communication: Bewältigung konkreter Kommunikationssituationen (Vermeidung, Kompensation) – Overgeneralization of target language material
- Zweitspracherwerbstheorien: Teachabilityhypothese • zuzuordnem dem Nativismus --> Ähnlichkeit verschiedener Spracherwerbsverläufe hinsichtlich ihrer Phasenstruktur • Erstsprachserwerbsähnliche Phasen
- Zweitspracherwerbstheorien: Schwellenmodell - 0. Semilingualismus: Niedriges Niveau in beiden Sprachen --> negative kognitive Auswirkungen -----1. Schwelle----- - 1. Dominanzbilingualismus: Hohe muttersprachliches Niveau in einer der (beiden) Sprachen --> werder positive noch negative Auswirkungen -----2. Schwelle----- - 2. Additiver Bilingualismus: Hohes Niveau in biden Sprachen --> positive kognitive Auswirkungen
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- Zweitsprachserwerbstheorien: Interdependenzhypothese sprachliches Niveau der Erstsprache zum Zeitpunkt des Zweitspracherwerbs --> ausschlaggebend für den Erfolg bzw. Misserfolg für Zweitsprachenerwerb
- Thesen Gogolin (2011) zu SuS mit Zuwanderungsgeschichte im Unterricht Für SuS mit Zuwanderungsgeschichte bedeutet die Aneignung schulsprachlicher Fähigkeiten eine besondere Herausforderung: Sie haben im Unterricht stets eine Doppelaufgabe zu leisten.
- Begriff Bildungssprache • Definition: Die (hoch-)Sprache der Gebildeten und proveligierten Schichten in Abgrenzung von der Mundart [...] der gesellschaftlichen Unterschichten. • Habermas: Sprache des „offiziellen“ sozialen Austausches (z.B. Medien) ⇒ Meist schriftlicher Ausdruck ⇒ steht im Gegensatz der Fachsprache allen Offen ⇒ Aufgabe des Schulwesens ist die Nutzung und Anleitung zu Aneignung der Bildungssprache
- Konzept der Bildungssprache: Gemeinsamkeiten bei Halliday, Bernstein, Cummins, Gogolin – Unterscheidung zwischen alltäglichem kontextgebundenen Sprachformen... ... und kontextunabhängigen, schriftlichen Sprachformen, die in Schule auch mündlich auftreten
- Konzept der Bildungssprache nach Bernstein – „horizontaler (alltäglicher) Diskurs“ als bezogen auf alltägliches Wissen ⇒ mündlich – „vertikaler (kontextungebundener) Diskurs“ bezogen auf Bildungssituationen
- Konzept der Bildungssprache nach Cummins – kontextgebundene Formen im Alltag in Form von Sprache – kontextungebundene Sprachformen in schriftlicher und mündlicher Form oim Unterricht ⇒ Basic Interpersonal Communication Skills(BICS): Alltagssprachniveau, gemeinsame Bezüge, nonverbale Ausdrucksmethoden ⇒ Cognitiv Academic Language Proficiency (CALP): kontextreduziert, weniger nonverbale Ausdrucksmethoden kontextuelle Mittel (Dauer: ∼5 bis 7 Jahre)
- Medium und Konzeption der Sprache nach Koch und Ostreichers • Medium – Realisierungsform der sprachlichen Äußerung: Dichotomie zwischen phonisch (medial mündlich) oder graphisch (medial schriftlich) • Konzeption – Modalität: Kontinuum zwischen „mündlich“ (Nähe) und „schriftlich“ (Distanz) ⇒ Überwindung der Distanz ist Aufgabe der Schulsprache
- 3 Merkmalgruppen der Bildungssprache nach Reich (2008) • Diskursive Merkmale • Lexikalisch-semantische Merkmale • Syntaktische Merkmale
- Diskursive Merkmale der Bildungssprache nach Reich – eine klare Festlegung von Sprecherrollen und Sprecherwechsel – ein hoher Anteil monologischer Formen (Aufsatz, Referat...) – stilistische Konventionen (Sachlichkeit, logische Gliederung...) – fachgruppentypische Textsorte (Protokoll, Erörterung...)
- Lexikalisch-semantische Merkmale der Bildungssprache nach Reich – Differenzierende und abstrahierende Ausdrucke – Präfixverben (erhitzen) und Verben mit Reflexivpronomen (sich beziehen) – nominale Zusammensetzungen – normierte Fachbegriffe / Abstrakta – Bedeutungsunterschiede zur Alltagssprache – Nominalisierungen
- Syntaktische Merkmale der Bildungssprache nach Reich – Markierungen und Kohäsion (so dass, deshalb, als, vor allem, folglich,...) – komplexe Satzgefüge = Hypotaxen – unpersönliche Konstruktionen (Passiv, „man-“) – Funktionsverbgefüge („einer Prüfung unterziehen“ ⇒ Verb selbst hat keine Bedeutung) – mehrteilige Attribute („nach oben offen“, das grüne Haus an der Ecke in der Straße ) – lange Nominalphrasen („durch Drücken des Knopfes“) – Konjunktive
- Definition Bildungssprache nach Gogolin • = formelles Sprachregister, das schulische Bildungsvorgänge grundsätzlich durchdringt und vor allem der Übermittlung von hochverdichteten, kognitiv anspruchsvollen Informationen in kontextarmen Konstellationen dient. • dasjenige Register, dessen Beherrschung von „erfolgreichen Schülerinnen und Schülern“ erwartet wird.
- Welche (3) Fragen sollen Sprachstandserhebungsinstrumente klären? • Wie sieht der Stand der Sprachaneignung von SuS zu einem bestimmten Zeitpunkt aus? • Was sind die Voraussetzungen für das weitere sprachliche Lernen? • Welche Ziele sollen mit den eingesetzten Verfahren verfolgt werden?
- Ansatzpunkt, Grundfrage, Forderung und Ziel von Sprachstandserhebungsinstrumenten • Ansatzpunkt: Bildungsbenachteiligung mehrsprachiger KuJ • Frage: Wie kann deren Bildungspartizipation verbessert werden? • Forderung: Ermittlung des konkreten zusätzlichen Förderbedarfs • Ziel: Bereitstellung entsprechender Ressourcen
- Zugrunde gelegte Norm bei Sprachstandserhebungsinstrumenten • Meist: Durchschnitt der einsprachigen KuJ • Grund: vergleichbare Schulabschlüsse ⇒ Bildungsstandards = gültig für alle ⇒ Sprachliche Qualifikationen als Voraussetzung zum Erreichen der Bildungsstandards
- Methoden von informellen Testverfahren (lesebezogen) • Beobachtungsbögen • Fragebögen • Kriterienraster • Analyse freier Sprach- und Schreibproben
- C-Test: Grundaspekte • C-Test = Lückentext • Voraussetzung: Lese- und Schreibfähigkeit • 4 bis 5 Texten zu Weltwissensthemen der Adressatengruppe
- C-Test: klassisches Tilgungsprinzip – ... ab dem zweiten Satz – ... bei jedem zweiten Wort wird die zweite Hälfte (aufgerundet) getrennt – bei Komposita nur das zweite Wort – Eigennahmen, Abkürzung und Ziffern werden übersprungen – 20 bis 25 Lücken pro Text – bei häufigen „gleichen“ Lücken: Umschreibung – keine Hinweise auf Buchstabenanzahl
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