Definition
mehrer gleichzeitig erlittene Verletzungen verschiedener Köperregionen, von denen min. eine oder die Kombi der Verletzungen lebensbedrohlich ist
Trauma Epidemiologie
Todesursache Nr. 1 bis 44 Jahre 16.000 Tote jährlich (8.000 Verkehrtote) 48.000 Behinderungen jährlich hohe Belastung für Behandler In den nächsten 45 Minuten werden in deutschland 500 Menschen verletzt und 2 sterben. Durchschnittsalter: 42,6 Jahre 72% Männer 95% stumpfes trauma 5% penetrierend 14,3% Letalität 63% Thorax, 60% Schädel, 40% Extremität, 35% Wirbelsäule, 25% Abdomen, 24% Becken, 16% gesicht Todesursachen: CNS, Blutung 50% sofort tot, 30% früh tot, 20% spät
Konzepte der präklinischen Versorgung
Scoop&Run (18min USA, 34min BRD) wenige Maßnahmen schnelle präklinische Versorgung Rettungsmittel wenig gebunden Stay&Play (27min USA, 61min BRD) Maximaltherapie Stressreduktion lange Rettungszeit
Deathly Six
Verlegung der oberen Atemwege Spannungspneumothorax offener Pneumothorax (spontan atmend) instabiler Thorax massiver Hämatothorax Herzbeuteltamponade
Traumamanagement Präklinik
Einsatzstelle: Schutzausrüstung, spez. Gefahren, Anzahl der Betroffenen/Verletzten, einwirkende Kräfte, Verletzungsmechanismus Ersteinschätzung: Gesamteindruck, Patientenzustand kritisch?, Reanimationspflicht?, unmittelbar behandlungsbedürftige/lebensbedrohliche Probleme Treat first what kills first! Do no further harm!
Damage Control Orthopedics (DCO)
provisorische, zeitlich begrenzte Behandlung abdominaler, thorakaler und knöchernder Verletzungen, mit definitiver Versorgung nach stabilisierung des Patienten Indikationen: ISS > 16 oder - schweres Schädel-Hirn-Trauma (AIS > 3) - schweres Thoraxtrauma (AIS > 3) - instabile Beckenfraktur - multiple Frakturen langer Röhrenknochen (Femur/Tibia/Humerus) - persistierender instabiler Kreislauf (RR sys. < 90mmHg)
Timing definitive Versorgung
pro Durchführung Folge-OP nach Polytrauma: nach Tag 5 nach Trauma, Verbesserung Oxygenierung, negative Bilanz (Flowphase), Stabilisierung der Gerinnung, rückläufige Elastase, C-reaktives Protein, IL-6, PCT contra: 1-5d nach Trauma, Verschlechterung des Gasaustausches, pos. Bilanz (Einschwemmung), protahierte Gerinnungsstörung (DIC), Anstieg von Elastase, C-reaktives Protein, IL-6, PCT, anhaltende Laktatämie
Das Abdominaltrauma
95% stumpfe Verletzungen, 5% penetrierende Verletzungen Abdomen ist in 30% beim Polytrauma mitbetroffen Letalität durch Abdominaltrauma bis zu 45%, davon 80-90% durch Verbluten und sek. durch Multiorganversagen persistierende Blutung nach Polytrauma ist die häufigste vermeidbare Todesursache Frakturen: T12-L1 (Pankreas, große Gefäße), Rippenfraktur li C8-12 (Milz, li niere), Rippenfraktur re C8-12 (Leber, re Niere), Beckenfraktur (Urogenitaltrakt, rektosigmoid, retroperitoneale Gefäße) Diagnostik: Anamnese, körp. Untersuchung, Zusatzverletzungen, Vitalfunktionen, Sono (FAST) -> Nachweis > 300ml ist nicht gut, CT (Goldstandard), Peritoneallavage 9% übersehene Verletzungen, davon 15-22% medizinisch relevant Therapie: bei stumpfen Trauma konservativ, penetrierend operativ DCO: NOT-OP, mediane Laparatomie, kontrollierte Eröffnung des Abdomens und checken nach Blutungen, Tamponade aller 4 Quadranten, Hohlorganverschluss, temporärer Bauchdeckenverschluss, second look (24-72h) Komplikationen: Blutungen, Kompartement-Syndrom, closed-loop obstruction -> perioperative Mortalität kann durch DCO um 50-70% verringert werden
abdominelles Kompartmentsyndrom
intraabdomineller Druck ist beim Gesunden 0mmHg oder negativ APP= MAP-IAP intrabd. Hochdruck ab > 12mmHg, 3x in 4-6h gemessen chir. Intervention erst ab Grad IV Messung über Blasenkatheter Kompartmentsyndrom alles soder nichts Prinzip (Druck > 20mmHg und neu auftretendes Organversagen) Grad I: 12-15mmHg Grad II: 16-20mmHg Grad III: 21-25 mmHg Grad IV > 25mmHg Prophylaxe: Entlastung GIT durch Sonde, Motilitätssteigerung, Volumenrestriktion, Dialyse, Muskelrelaxierung, ultima ratio ist Relaperatomie (Schaffung eines Abdomen apertum)
Magensonde
Verwendung Ernährungstherapie: Cave PVC Sonden werden schneller steif (Weichmacher) nur wenige Tage flexibel besser Sonden als Silikon Ableitung und Dekompression Diagnostik Technik Sonde sollte steif genug sein (z.b. 1h einfrieren) vor Anlage Abmessen Nasenspitze/Ohr/Xiphoid beim Anlegen Pat. sitzen lassen und mit Spray lokal betäuben Sonde mit Gleitgel einreiben vor Anlage zunächst hyperextension (Phase I) und dann Flexion des Kopfes, nachdem Sonde im Mesopharynx angekommen ist (phase II) beim legen Pat. trinken lassen erleichtert den Vorgang; Lagekontrolle mit Stetoskop und Luftspritze; Fixierung der Sonde
stumpfes abdominelles trauma
meist Rasanztraumata keine Korrelation zw. sichtbaren und inneren Verletzungen Patient ist oft in Schonhaltung mit angezogenen Beinen 15-40% Milz, 20-40% Leber, 10-15% Hohlorgane
penetrierende Verletzungen des Abdomens
scharfe Gegenstände verletzen in ca. 50% intraabdomineller Organe (<10% Letalität, > 50% falsch pos. Laparatomien, Paradigmenschift) Schussverletzungen in > 90% (Projektil wird oft abgelenkt und taumelt) (60% Letalität, 72% in Schwangerschaft, wenig falsch pos. Laparatomien) Dokumentation, forensische Bedeutung CT ist Goldstandard Laparatomie ohne Diagnostik nur bei nicht stabilisierbaren Patienten (Schock < 20%)
Milzruptur
80-90% prim. Rupturen sek. Rupturen nach Stunden oder Tagen bis Wochen wegen ligamentären Verbindung zw. Magen, Colon, zwerchfell führen Traktionsbewegungen dieser Organe häufig zu indirekten Verletzungen konservative Therapie in 67-85% erfolgreich beim stumpfen Trauma und < 10% beim penetrierenden Trauma kann zum hämorrhagischen Schock führen durch Irritation des Zwerchfell kann ein Singultus (Schluckauf) oder Schmerz in der li Schulter (Kehr-Zeichen) auftreten Einteilung I subkapsuläres Hämatom < 10%, nichtblutende Parenchymdefekte < 1cm II subkapsuläres Hämatom 10-50%, stationäre intrasplenische Hämatome <2cm, blutende Kapseleinrisse III subkapsulöres Hämatom > 50%, rupturiertes subkapsuläres Hämatom mit Blutung, intrasplenisches Hämatom > 2cm, Einrisse > 3cm IV rupturiertes, intrasplenisches Hämatom, Milzeinrisse mit Segmentbeteiligung und Devaskularisation V Milzberstung, Milzhiluszerstörung Diagnostik Verletzungen li Oberbauch sind richtungsweise, Sono Therapie bei konservativer Therapie alle 6-8h Sono und laborkontrollen in den ersten 24h, stationäre beobachtung von 1 Woche, ggf. Embolisation operativ: Splenektomie
Komplikationen des Abdominaltraumas
Nachblutung, Pankreasfistel, Abzess, Pleuraerguss, Pseudoaneurysmabildung, hämatolog. Veränderungen (Zellen werden nicht mehr korrekt aussoertiert), immunolog. Veränderungen (cave OPSI-Syndrom)
OPSI (overwhelmin Post-Splenectomy Infection)
kann schwere Septikämien verursachen v.a. Pneumokokken und Meningokokken, die oft letal verlaufen (>50%) v.a. Kinder Gesunde haben ein Lebenszeitrisiko von 0,02% für OPSI nach Splenektomie (50-100faches erhöhtes Sepsisrisiko) Prophylaxe: periopreative Antibiose (singleshot), Impfung mit Pneumovax 14d nach Splenektomie (Auffrischung nach 5-6Jahren)
Leberverletzungen
80-90% nach Rasanztrauma in 70-90% schwere Begelitverletzungen re. Leberlappen häufig betroffen (Nähe zum knöchernen Thorax) oft Schmerzen im re Oberbauch und der re Schulter Diagnise mit Sono, CT (Goldstandard) Leberverletzungen zu 70-80% grad I-III konservative Therapie in > 90% der Fälle erfolgreich Einteilung nach Moore I Kapselverletzung mit nicht-blutendem Parenchymriss < 1cm, subkutanes Hämatom < 10% II Parenchymläsionen 1-3cm, Hämatom 10-50%, intrahep. Hämatom <10cm III Parenchymriss > 3cm, Hämatom > 50%, expandierendes Hämatom, intrahep. Hämatom > 10cm IV 25-75% Parenchymzerstörung o. 1-3 Couinaud-Segmente (unilobär) V > 17% Parenchymzerstörung o. > 3 Couinaud-Segmente VI vollständige Leberberstung (bilobär)
Pankreasverletzungen
selten: 0,2% der Fälle bei stumpfen Trauma, bis 12% bei perfoeriertem Trauma bis 95% Begleitverletzungen wird initial in 50% der Fälle übersehen Goldstandard CT, aber in 40% falsch neagtiv Klassifikation I oberflächlich II großflächig III dist. Durchtrennung IV prox. Durchtrennung V komplexe Pankreaskopfverletzung 80% grad I/II -> konservative Therapie operativ incl. Nekrosektomie wie Y-Roux erst nach Stabilisierung Komplikationen: pankreatitis, Fistelbildung, Abzess
Hohlorganverletzung
Labor, sono, rö, CT Klinik mit Perintonitis erst nach 4-6h Klinik von Begelitverletzungen bestimmt oft nur Zufallsbefunde bei Laparatomie
Niere
75% aller Urogenitalverletzungen durch Polytrauma in 10% bei stumpfen abdominaltrauma hämaturie als wichtiger indikator (fehlen schließt aber nicht aus) Sono, Ausscheidungsurogramm, CT OP-Indikation wenn 25-30% devitalisiert , davon 90% eh wgen Begleitverletzungen laparatomiert Verletzungen des Harnleiters sollen mit DJ geschient werden, Harnröhre mit Katheter (Kompletter Abriss -> OP) Klassifikation: I kleineres Trauma II größere Taumen III kritische Verletzungne
Thoraxtrauma
häufige Todesursache stumpfes Trauma: Op < 10% der Fälle penetrierend: Op in 15-30% bei Überleben gute Langzeitergebnisse Rippenseriendraktur bei > 3 Rippen und ist Hinweis auf massive Gewalteinwirkung Hämatothorax und Pneumothorax sind häufig, sollte bei Indikation bei Thoraxdrainage bereitstehen unmittelbar behandeln: Hypoventilation, Hypoxie, Azidose (resp. o. metabolisch), inadäquate Gewebeperfusion Basismaßnahmen: Atemfrequenz, Auskultation der Lunge, Inspektion, Palpation, Perkussion, Pulsoxymetrie, Überwachung beatmungsdruck, Reevaluation,Rö, Sono, BGA, EKG, CT akut lebensbedrohlich: laryngotracheale Verletzungen mit Atemwegsverlegung, Spannungspneu, offener pneu, Rippenserienfrajtur mit lungenkontusion, massiver Hämatothorax, Perikardtamponade
Atemwegsverletzungen
meist durch direkte Gewalteinwirkung Ödem: Heiserkeit, Giemen, Stridor Hautemphysem -> O2-Gabe, Intubation
Spannungspneumothorax
atemabhängige Schmerzen Hypoxie obere Einflussstauung mit art. Hypotension Mediastinalverschiebung überblähter Thorax tympanitischer Klopfschall (schachtelton) abgeschwächtes atemgeräusch anstieg beatmungsdruck -> muss sofort dekomprimiert werden (Nadeldekompression, Minithorakotomie)
offner Pneumothorax
Loch luftdicht abdichten (kommerzieller Verband, Elektrodenpackung, Tüte) fixiert an 3 Seiten mit Öffnung nach unten
instabiler thorax mit lungenkontusion
stellen sich verzögert im Rö dar paradoxe Atmung: O2-Gabe, Analgesie, intubation, zurückhaltende Volumentherapie (Lungenödem)
Rippenverletzungen
1.-3. Rippe: hohe Gewalteinwirkung, hohe Letalität 4.-9. Rippe: Lungenkontusionen, Pneumothorax 10.-12. Rippe: abdominelle Verletzungen
Perikardtamponade
Auswahl des KH wichtig Fremdkörper in situ belassen niedr. RR gestaute Halsvenen bei bds. Atemgeräusch leise Herztöne Niedervoltage im EKG elektromech. Entkopplung Sono
lebensbedrohliche Verletzungen des Thorax
verletzungen des tracheobronchialbaums einfacher pneumothorax lungenkontusionen hämatothorax aortenruptur zwerchfellruptur herzkontusionen ösophagusruptur
Aortenruptur
pulslose leisten bei vorhandenen Radialis- u. Carotispuls re plötzliche Delzerationen wird nur bei gedeckter Ruptur überlebt Verdacht im Rö bei verbreiterten Mediastinum CT Erstmaßnahme: induzierte Hypotension, Stent-Einlage