Organisationspsychologie (Subject) / 5. Interaktion und Kommunikation + 6. Gravitation und Sozialisation (Lesson)
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5. + 6. Foliensatz
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- Definition: Soziale Interaktion - soziale Interaktion bezeichnet Einwirkung verschiedener Personen aufeinander - Einwirkung dabei nicht notwendigerweise eine Absicht, ein Plan oder das Wissen der Personen über Einwirkung zu unterstellen ist - wechselseitige Einwirkung ist Kern der Interaktion - Interaktion: Prozess der wechselseitigen Einwirkung zweier/mehrerer Personen aufeinander
- Definition: Kommunikation Abb. 8) - Kommunikation ist Übermittlung/Austausch von Informationen - jede Kommunikation ist Interaktion (Austausch von Nachrichten = Einwirkung) - nicht jede Interaktion ist Kommunikation
- Voraussetzungen für Kommunikation Absicht: Mitteilung hat i.d.R. ein Ziel Ziel wird mit Medium (brieflich, fernmündlich, face-to-face) zu verwirklichen versucht Kommunikationsteilnehmer orientieren sich wechselseitig an einem/mehreren Themen
- Beispiel für Einwirkung: Social Facilitation - Phänomen, bei dem Anwesenheit anderer zu höherer Leistung führt im Vergleich zur Einzelarbeit - allein physische Präsenz anderer bewirkt physiologische Aktivierung - findet Einwirkung völlig unabhängig davon statt, was jemand mit seinem Verhalten beabsichtigt
- Nonverbale Interaktion - nonverbale Interaktion = Körpersprache - kann Ausdrucksmittel der Kommunikation sein und als solches wahrgenommen werden (nonverbale Interaktion als Teil der Kommunikation) - kann wirken, ohne dass dies bewusst wahrgenommen wird (einseitige Einwirkung auf MA) - Zwischenfazit: Kommunikation und Interaktion lassen sich voneinander abgrenzen
- Ostrazismus: Die soziale Bedeutung der Interaktion - Scherbengericht: antikes Volksgericht, bei dem über Verbannung unliebsamer Personen aus Athen abgestimmt wurde - Person mit meisten Stimmen musste Stadt für 10 Jahre verlasen - Ausschluss aus der Gemeinschaft bildet Kern der Definition des Ostrazismus am Arbeitsplatz
- Ostrazismus am Arbeitsplatz: Definition - liegt vor, wenn einzelne Person oder Gruppe keine Handlungen zeigt, die anderes Organisationsmitglied in eine Interaktion einbeziehen, obwohl solche Handlungen sozial angemessen wären - verletzt das Anschlussmotiv (need to belong): fundamentales, angeborenes Bedürfnis nach Zugehörigkeit, das entscheidend für das Wohlbefinden ist - deshalb Menschen besonders sensibel für alle Hinweise, die Ostrazismus andeuten
- Folgen von Ostrazismus am Arbeitsplatz Ostrazismus sieht im fMRT aus wie physischer Schmerz soziale Wirkungen können schlimmer sein als bei anderen Verhaltensweisen wie Aggressionen oder Belästigungen am Arbeitsplatz Ostrazismus: Unterbindung von Interaktion, Ausschluss nicht durch aktive Handlungen der anderen Mitglieder der Organisation, sondern durch das Unterlassen (für Opfer schwer zu belegen) Integration der MA durch Kommunikation bedeutet mehr als "nur" Sicherung der Abläufe in der Organisation: Respektierung der Persönlichkeit
- Formen der Kommunikation (3) mündliche (verbale) Kommunikation schriftliche (verbale) Kommunikation nonverbale Kommunikation
- Verbale Kommunikation - wichtigste Form der Kommunikation (z.B. Ansprachen, Mitarbeitergespräche, Gruppendiskussionen) - Telefon- und Videokonferenzen ermöglichen sie über Distanzen hinweg - zwei Vorteile: Geschwindigkeit Möglichkeit zu unmittelbarem Feedback - zur Erreichung vieler eher ungeeignet (Verzerrungen)
- Schriftliche Kommunikation - Brief, Fax, Mail, Sms, Firmenzeitschriften, Informationen an schwarzen Brettern, Post-its... - Vorteile: Mitteilungen können beliebig lange archiviert werden ("Aktenkundigkeit") Formulierungen sind gewöhnlich sorgfältiger als bei mündlicher Kommunikation - Nachteile: Zeitaufwand kein unmittelbares Feedback nimmt überhand an (Mails), Hindernis für Produktivität
- Nonverbale Kommunikation Mimik, Gestik, Körperhaltung, Modulation der Stimme jedes Verhalten kann Mitteilungscharakter haben "man kann nicht nicht kommunizieren" (Watzlawick et al, 2011) vier Typen nonverbaler Kommunikation: zufällige Kommunikation: zufällige Wahrnehmung spontan ausgelöster Signale intuitive Kommunikation: absichtlich ausgesandte Signale, die unbewusst empfangen werden informative Kommunikation: symptomatisches Verhalten, das nicht als Botschaft beabsichtigt ist, aber vom Empfänger so interpretiert wird Interpretative Kommunikation: nonverbale Botschaften werden bewusst gesendet und empfangen
- Folien 18-20 Extra! Nicht vergessen!
- Vorgesetzten-Untergebenen-Kommunikation: Kommunikation von oben nach unten enthält alles, was zur Steuerung und Koordinierung der Aktivitäten in der Organisation notwendig ist Zielvorgaben, Anweisungen, Regelungen, Rückmeldungen über individuelle Leistungen, etc. alles, was MA wissen müssen, um ihre Aufgaben erledigen zu können Nachteile: - Dauer der Übermittlung - Veränderungen des Sinngehaltes bei mündlicher Kommunikation
- Vorgesetzten-Untergebenen-Kommunikation: Kommunikation von unten nach oben aufwärts gerichtete Kommunikation: Informationen, die Vorgesetzte brauchen, um ihre Aufgaben zu erledigen z.B. Daten, Verbesserungsvorschläge, neue Ideen der Mitarbeiter, Zustandsberichte etc. kommuniziert nicht symmetrisch zur Kommunikation von oben nach unten findet sehr viel seltener statt, ist kürzer und tendiert zu Verzerrungen
- Kommunikationsverzerrungen unvollständige, tendenziöse oder verfälschende Weitergabe von Informationen Auftreten hängt von Bedingungen ab: Merkmale der Botschaft: häufiger bei Informationen, die für den Vorgesetzten negativ und für den Untergebenen unvorteilhaft sind Merkmale der Untergebenen: häufiger bei Untergebenen mit hohem Sicherheitsbedürfnis, Aufwärtsstreben, Aufstiegswunsch bzw. ausgeprägtem Machtmotiv Merkmale der Beziehung: seltener bei starkem Vertrauensverhältnis Gegenmaßnahmen der Organisation: Strengere Regeln, Kontrollen, Überwachung Gegenmaßnahmen beeinflussen Engangement und Eigeninitiative der MA negativ
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- (Wahl der Kommunikationskanäle) Theorie der medialen Reichhaltigkeit - erklärt Wahl der Kommunikationskanäle - ein Medium umso reichhaltiger, je schneller Rückmeldung kommt, je mehr Kommunikationskanäle zur Verfügung stehen, je stärker sich die Kommunikation damit individuell prägen lässt und je vielfältiger die Kodes - z.B. gesprochene Sprache, Gestik, Mimik, Blick etc. - sind - Wahl hängt davon ab, ob eine Routine- oder Nichtroutinenachricht übermittelt werden soll
- Reichhaltigkeit verschiedener Kommunikationsmedien Abb. 9)
- Überbringen schlechter Nachrichten Vorbereitung vorbereitende Warnungen schriftliche Dokumentationen Absicherungen Mitsprache einräumen Überbringen Timing Wahl des Mediums Selbstpräsentation Erklärungen geben Nachgang PR-Aktivitäten Beschwerdeverfahren Sündenbockverhalten Abschiedszeremonien
- Unterschiede: formale und informelle Kommunikation formale K. benutzt vorgesehene Informationskanäle ("Dienstweg"), informelle ereignet sich zwischen Bekannten formale K. findet in offiziellen Räumen statt, informelle in den "Randzonen" der Organisation formale K. ist verbindlich (z.B. Anweisung des Vorgesetzten), informelle weitgehend unverbindlich (Gerüchte werden erzählt, ohne für Wahrheitsgehalt haften zu müssen) formale K. sorgfältig ausgearbeitet, informelle spontan und in Alltagssprache gehalten formale K. kann immer eindeutig einer Quelle zugeordnet werden, informelle ist einfach da (z.B. Gerüchte)
- Filtermodell der Kommunikation - zum Verständnis informeller Kommunikaton in Organisationen ist Sender-Empfänger-Modell nicht ausreichend - (informelle) Information verändert sich in Abhängigkeit der Informationsverarbeitung des Empfängers - Informationsverarbeitung basiert auf Schemata Schemata sind allgemeine Wissensstrukturen; speichern wichtigste Merkmale des Gegenstandsbereichs, auf den sich das Schema bezieht; außerdem wird damit angegeben, welche Beziehungen zwischen diesen Merkmalen bestehen
- Informationsmenge informelle geringer, formale stärkere Informationsmenge
- Gehörtes verändert sich in Abhängigkeit vom Schema des Empfängers Informationen, die mit dem Schema nicht in Verbindung stehen, werden ausgelassen zum aufgerufenen Schema passende Information wird hervorgehoben Informationen, die gar nicht übermittelt wurden, werden aus dem Schema erschlossen
- Gerüchte eine mit Tagesereignissen verbundene Behauptung, die geglaubt werden soll gewöhnlich mündlich von Mensch zu Mensch i.d.R. keine konkreten Belege, die Richtigkeit bestätigen könnten Levelling: Gerücht wird schnell kürzer, weniger detailliert und weniger komplex Sharpening: bestimmte Aspekte des Gerüchts werden selektiv betont und übertrieben Assimilation: Gerücht wird im Einklang mit bereits existierenden Vorurteilen und Interessen verzerrt
- Sozialisation und Gravitation - organisationale Sozialisation ist Prozess der Vermittlung und des Erwerbs von Kenntnissen, Fertigkeiten, Fähigkeiten, Überzeugungen, Werthaltungen und Normen - befähigt Person, die von der Organisation an sie gestellten Handlungsanforderungen zu erfüllen - Sozialisation: Anpasung an Normen und Übernahme von Werten - Gravitation: Prozesse die dazu führen, dass Organisationen bestimmte Menschen anziehen und für die Mitarbeit auswählen
- Gravitationsprozesse Selbstselektion Arbeitnehmer wählen aus Stellenanzeigen die Unternehmen aus, bei denen sie sich bewerben Arbeitnehmer treffen also Auswahl unter Unternehmen, die Stellen anbieten Fremdselektion Organisationen wählen aus dem Pool von Bewerbern diejenigen aus, die für die Stelle geeignet sind bzw. die zum Unternehmen passen selektierende Prozesse im Unternehmen: Nichtbeförderung, Versetzung, Zuteilung bestimmter Aufgaben, Entlassung
- Attraction-Selection-Attrition-Modell (kurz: ASA) Schneider et al., 2001 Erklärt, warum sich Mitglieder von Organisationen ähneln: Attraction = Anziehung: MA werden duch Werte oder Image der Organisation angezogen (haben sich beworben) Selection = Auswahl: MA wurden von der jeweiligen Organisation aus einem Pool von Bewerbern als geeignet eingestuft und ausgewählt Attrition = Zermürbung: wer nicht zur Organisation passt, wird von deren Kultur "zermürbt" und verlässt deshalb die Organisation
- ASA-Modell am Beispiel der "Dark Side Traits" - dark side traits = "sub-clinical levels of dysfunctional traits" - drei Faktoren höherer Ordnung moving away (excitable, sceptical, cautious, reserved, leisurely) moving against (bold, mischievous, colourful, imaginative) moving towards (diligent, dutiful) - Hypothese: Unterschiede zwischen MA in unterschiedlichen Sektoren
- Zusammenwirken von Gravitation und Sozialisation Gravitation und Sozialisation sind komplementäre Prozesse Gravitation führt zu einer eher groben Passung zwischen den Wertorientierungen der Person und den Werten der Organisation Sozialisationsprozesse erhöhen die Passung weiter ("Feinschliff")
- (Grundlagen der organisationalen Sozialisation:) Phasen der Sozialisation Modell: → Poduktivität vor dem Eintritt → Eintritt → Metamorphose → Commitment → Fluktuation
- (Grundlagen der organisationalen Sozialisation:) Sozialisationsinhalte Was wird während der Sozialisation den MA gelernt? berufliche Fähigkeiten Personen Politik Sprache Organisationale Ziele und Werte Geschichte
- Betriebliche Sozialisationsstrategien Anpassungsprozess v.a. informell und basiert auf erschütternden Erfahrungen Formelle personalpolitische Instrumente, die die Sozialisation beeinflussen: - Realistische Tätigkeitsvorschau (als Teil des Einstellungsgesprächs) - Programme zur Einarbeitung von Mitarbeitern: Einführende Veranstaltungen, auf denen Informationen über das Unternehmen, seine Struktur, die Produkte usw. vermittelt werden Schulungen, die häufig außerhalb des Unternehmens stattfinden Begrüßung und Einarbeitung durch den Vorgesetzten soziale und sportliche Aktivitäten mit den Kollegen Traineeprogramme Zuweisung von Paten
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- Betriebliche Sozialisationsstrategien: Mentoring betriebliches Mentoring ist persönlich gestaltete Beziehung zwischen einer beruflich erfahrenen, erfolgreichen und einer weniger erfahrenen Person mit Karriereambitionen Funktionen aus der Sicht des Mentors: Karrierefunktion Türen öffnen Feedback geben Schutz verschaffen Gelegenheiten zur Selbstdarstellung ermöglichen herausfordernde Aufgaben vermitteln oder delegieren Psychosoziale Funktionen Vorbild sein Hilfestellung und Ratschläge geben Respekt ausdrücken freundschaftliche Vertrauensbeziehung anbieten Informelles vs. formelles Mentoring
- Regeln des Mentorings (Kram, 1988) Stellenwert des Mentoring im Unternehmen klären Bedeutung einer guten Mentorenbeziehung für Karriere verdeutlichen Möglichkeiten und Grenzen solcher Beziehung klar machen Vorurteile gegen Mentoring direkt ansprechen und ausräumen ("Seilschaften", "Protegé", etc.) Probleme gegengeschlechtlicher Mentoring-/Beziehungen sensibilisieren Schulung der kommunikativen und zwischenmenschlichen Fähigkeiten
- Wirkungen organisationaler Sozialisation: Bindung an die Organisation - Ziel der Sozialisation: Bindung an die Organisation (commitment): Bleibewunsch und Anstrengung kalkulative Bindung: Kosten für Wechsel werden als zu hoch eingeschätzt affektive Bindung: bleiben, weil man will (Indentifikation, Involviertheit in Aufgaben, emotionale Verpflichtung), korreliert negativ mit Kündigungsabsicht normative Bindung: Gefühl der Verpflichtung, Kündigung wird als moralsch verwerflich betrachtet - hohe Bindung ist nicht immer wünschenswert: Commitment kann Trennung von leistungsschwachen MA erschweren → Commitment und Fluktuation sind keine unabhängigen Ziele
- Wirkungen organisationaler Sozialisation: Kündigungsabsicht und Fluktuation subjektive Kündigungsabsicht ist der beste Prädiktor für tatsächliche Kündigung Kündigungsabsicht: individuelle, subjektiv geäußerte Absicht Fluktuation: betriebswirtschaftlich bedeutende Konsequenz Fluktuation wird i.d.R. auf Organisationsebene erfasst: Anzahl der Personalabgänge im Verhältnis zum Bestand Kündigungen verursachen hohe Kosten: geringe Fluktuation ist Ziel der Sozialisation