Privatrecht 1 (Fach) / Vertragsschlusshindernisse - Ernstlichkeit, Mentalreservation (Lektion)

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Riedler, Andreas "Zivilrecht 1. 5 Auflage" 2010

Diese Lektion wurde von PAE1984 erstellt.

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  • Gemäßigte Rechtsfolgentheorie Dem Erklärenden mussen nicht alle Rechtfolgen, die er mit Abgabe seiner Erklärung auslöst, bewusst sein. Vielmehr reicht es aus, wenn er sich im Zeitpunkt der Vornahme der Handlung bewusst ist, eine rechtlich verbindliche Handlung zu setzen. (17/3)
  • Scherzerklärung Scherzerklärungen liegen vor, wenn die Erklärung für den objektiv-redlichen Erklärungsempfänger erkennbar nur zum Scherz und damit ohne Bindungswillen des Erklärenden abgegeben wurde. Aus der Sicht des objektiv-redlichen Erklärungsempfängers erkennbare Scherzerklärungen binden den Erklärenden nicht und sind ungültig. Nicht als Scherz erkennbare Scherzerklärungen binden den Erklärenden, der allerdings einem Erklärungsirrtum erlegen sein könnte. 17/4, 17/6
  • Mentalreservation (Geheimer Vorbehalt): Liegt vor, wenn der Erklärende eine Erklärung abgibt, die nach seinem mentalen Vorbehalt nicht die aus der Sicht eines objektiv-redlichen Dritten als gewollt erscheinende Rechtsfolgen auslösen soll. Er weiß, dass der objektive Erklärungswert von seinem inneren subjektiven Willen abweicht. Nicht durchschaubare Mentalreservationen des Erklärenden sind unbeachtlich - der Erklärende wird an seine Erklärung gebunden. Durchschaubare Mentalreservationen führen zur Ungültigkeit der Erklärung, werden dem Erklärenden wegen erkennbarer fehlender Ernstlichkeit nicht zugerechnet. Bei tatsächlich durchschauter Mentalreservation knn der Empfenger den Vertrag mit dem tatsächlich vom Erklärenden gewollten Inhalt zustandebringen.
  • Scheingeschäft Liegt vor, wenn beide Vertragsparteien übereinstimmend im gegenseitigen Einverständnis wechselseitige Erklärungen abgeben, die nicht die aus der Sicht eines objektiv-redlichen Dritten gewollten Rechtsfolgen auslösen sollen. Die Parteien wollen übereinstimmend nicht an den objektiven Erklärungswert gebunden sein. Rechtsfolge: Laut § 916 Abs 1 S 1 ABGB absolute Nichtigkeit Nichtigkeit von Scheinverträgen ist für: Scheinadoption, Namens- und Staatsbürgerschaftsehe und Abgabenhinterziehungsgeschäfte explizit festgehalten. Erbrachte Leistungen: Kondiktion nach § 877 ABGB, Vindikation nach § 366 ABGB
  • Dissimuliertes Geschäft Ein anderes durch ein Scheingeschäft verdecktes Geschäft (=relatives Scheingeschäft). Rechtsfolgen: § 916 Abs 1 S 2 ABGB - Gültigkeit des dissimulierten Geschäftes ist nach allgemeinen Regeln zu beurteilen. (Wäre es gültig, wenn es erklärt worden wäre?) Eine Zweifelsregel existiert nicht, § 878 S 2 ABGB ist nicht analog anwendbar.
  • Scheingeschäft - Dritte Sollten dritte Personen auf die Gültigkeit des Scheingeschäftes vertrauen, sind sie nach § 916 Abs 2 ABGB geschützt - hat ein Dritter Rechte an der vom Scheingeschäft betroffenen Sache erworben, kann ihm die Einrede der absoluten Nichtigkeit des Scheingeschäftes nicht entgegengehalten werden.
  • Umgehungsgeschäft Parteien wählen mit der Absicht, gesetzliche Ge- und Verbote zu umgehen, eine andere Rechtsform mit der annähernd wirtschaftlich dasselbe Ergebnis erzielt werden soll wie das Ergebnis beim gesetzlich verbotenen Geschäft. Unterschied zum Scheingeschäft: Bindungswille der Parteien Un-/Gültigkeit des Umgehungsgeschäftes beurteilen sich nach der Reichweite der umgangenen Norm.