Pädagogische Psychologie (Fach) / Intelligenz (Lektion)

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Intelligenz

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  • Definition "Intelligenz" "Intelligenz ist die zusammengesetzte oder globale Fähigkeit zweckvoll zu handeln, vernünftig zu denken und sich wirkungsvoll mit seiner Umwelt auseinanderzusetzen" Wechsler 1975 Intelligenz ist dieallgemeine Fähigkeit eines Individuums, sein Denken bewusst auf neue Anforderungen einzustellen....allgemeine geistige Anpassungsfähigkeit an neue Aufgaben und Bedingungen des Lebens" Stern 1912
  • Generalfaktorenmodell der kognitiven Fähigkeiten nach Spearman (1923) - Strukturmodell, das Bedeutung der allgemeinen Intelligenz betont - eklektisches Modell, integriert anarchistisches und monarchistische Doktrin - Intelligenz = Faktor g (Erkennen von Zusammenhängen, in allen Aufgaben präsent) und spezifischer Faktor s (voneinander unabhängig) -> Messwert der VP Xi =gi +si Testverfahren: Raven Matrizen (Sprachfrei)
  • Primärfaktorenmodell nach Thurstone (1938) - Untersuchung von Studenten - Intelligenz = 7 primary mental abilities, keine globale Fähigkeit, nicht durch Zahl, nur durch Intelligenzprofil darstellbar (PSB inkonsequent); Leistungen in kognitiven Aufgaben hängen von verschiedenen Faktoren ab (<-> Spearman), die in unterschiedlicher Gewichtung beitragen -  Intelligenz ist übergeordneter Faktor plus... · Sprachverständnis (V)                         z.B. Synonyme/Antonyme finden · Verbale Flüssigkeit (W)                        z.B. Wörter finden, die auf –ung enden · Numerische Fähigkeit (N)                    z.B. Rechenaufgaben ·Räumliche Fähigkeit (S)                       z.B. Identität im Raum gedrehter Körper beurteilen · Gedächtnis (M)                                     z.B. Paarassoziationslernen · Wahrnehmungsgeschwindigkeit (P)  z.B. Anstreichen bestimmter Symbole in einer Reihe ·Schlussfolgerndes Denken (R), insbesondere induktives Denken (I)                                                                       z.B. Reihen fortsetzen, Analogien
  • Hierarchisches Intelligenzmodell Cattell (1971) fluide Intelligenz gf: primär genetisch determiniert, bei Aufgaben ohne Vorwissen, schlussfolgerndes Denken, räumlich-visuelle Fähigkeiten, nimmt im Laufe des Alters ab kristallisierte Intelligenz gc: Fähigkeit, erworbenes Wissen anzuwenden (Transfer), Ergebnis von Lernprozessen, Umwelteinflüssen und gf (investment), nimmt im Laufe des Lebens zu - gf und gc korrelieren -> Faktor höherer Ordnung - Test: CFT
  • Berliner-Intelligenz-Struktur-Modell BIS-Modell (Jäger 1984) jede Intelligenzleistung ist gegliedert in... - inhalt- wissensgebundene Fähigkeit (Art des Aufgabenmaterials, Domäne der kognitiven Repräsentation) -> verbal, numerisch, figural-räumlich - operative Fähigkeit (kognitive Prozesse, die für bestimmte Aufgaben nötig sind) -> Operationsmerkmale: Verarbeitungskapazität, Einfallsreichtum, Gedächtnis, Bearbeitungsgeschwindigkeit Testverfahren: Kognitiver Fähigkeitstest (Heller & Perleth 2000), Berliner Intelligenzstruktur-Test (Jäger et al. 1997)
  • Hierarchisches Intelligenzmodell Wechsler (1939) -Intelligenz ist g-Fakor, der sich aber in verbale und praktische Intelligenz aufspalten lässt, die sich wiederum in spezifische Fakoren aufspalten - Testverfahren HAWIK - Problem: Handlungsintelligenz und verbale Intelligenz korrelieren -> HAWIK misst eher g-Faktor
  • Cattell-Horn-Carroll-Modell Integration von Catell (fluide + kristallisierte I), Horn  und Carroll 3 Ebenen: - g- Faktor - 10 Fähigkeiten - über 70 Fähigkeiten
  • Kognitionspsychologischer Ansatz der Intelligenz Kritik an Strukturmodellen o   nur deskriptiv bzw. zielt auf Unterscheidung schlau-dumm o   liefern keine Erklärung für die Prozesse, die intelligentes Verhalten hervorbringen Ansatzpunkte: Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit -> Erwerb von Kenntnissen -> Kumulation über die Jahre -> erhöhter IQ Kapazität des Arbeitsgedächtnisses: bei geringer Kapazität können nicht alle Aspekte von komplexer Aufgabe betrachtet werden (Korrelation reasoning + Verarbeitungsgeschwindigkeit) inhibitorische Prozesse: Möglichkeit des Widerstandes gegen Ablenkung wird als weitere Dimension der Intelligenz gesehen
  • Kritik an konventionellen Intelligenzkonzepten - IQ-Tests zu artifiziell, nichts mit Realität zu tun - mäßige prognostische Validität der Tests für berufl. Erfolg - keine Berücksichtigung der nicht-kognitiven Begabungen
  • Praktische Intelligenz (Dörner, 1986) - Fähigkeit zur Identifikation und Lösung im Alltag auftretender Probleme - Personen mit hohem IQ schneiden bei Alltagsproblemen nicht besser ab (Bürgermeister Computersimulation)
  • Soziale Intelligenz (Thorndike 1922) - Grad der Fähigkeit des Menschen mit anderen zu kommunizieren, Kompetenz und Intelligenz im Umgang mit anderen 2 Aspekte: - Fähigkeit zur richtigen Wahrnehmung der Gefühle und Bedürfnisse anderer - Fähigkeit zur angemessen Reaktion auf diese
  • Vier-Facetten-Modell der Emotionalen Intelligenz (Mayer & Salovey 1997) (1) Emotionswahrnehmung: Genaue Wahrnehmung und Bewertung angemessener Ausdruck von Emotionen(2) Emotionsnutzung: Nutzung von Emotionen zur Unterstützung von Denkvorgängen(3) Emotionswissen: Verstehen und Analysieren von Emotionen (4) Emotionsregulation: Reflexive Emotionsregulation (z.B. Fähigkeit für Gefühle offen zu bleiben oder Gefühle bei sich und anderen beeinflussen zu können)
  • Diskussion zur emotionalen Intelligenz nicht trennscharf zur sozialen Intelligenz -> kein eigenes Konstrukt, sondern Fähigkeitsbündel aus Persönlichkeitseigenschaften aus dem Bereich Emotion, Affektregulation und Stressbewältigung und der Anwendung der allgemeinen Intelligenz auf Alltagsprobleme
  • Succesful Intelligence (Sternberg 1997) - Intelligenz als Fähigkeit innerhalb einer Kultur Erfolg zu haben - Intelligenz = erfolgreiche Lebensführung - erfordert den flexiblen Einsatz analytischer, praktischer und kreativer Fähigkeiten - analytische Fähigkeiten, die im IQ-Test gemessen werden, am unwichtigsten
  • Multiple Intelligenzen nach Gardner (80er) - Intelligenz als Fähigkeiten und Fertigkeiten zum lösen genuiner Probleme; Fähigkeitsbereiche voneinander unabhängig 8 Intelligenzen: - sprachlich-linguistische Intelligenz (Sensibilität für Sprache, Dichter, Redner) - mathematisch-logische Intelligenz (math. Operationen, logisches Analysieren von Problemen) - musikalisch-rhythmische Intelligenz (Komponieren, Musizieren) - bildlich-räumliche Intelligenz: räumliches Vorstellungsvermögen - körperlich-kinästhetische Intelligenz: Körper zum Problemlösen einsetzen - naturalistische Intelligenz: beobachten, unterscheiden, Sensibilität für Naturphänomene, Umgang mit Lebewesen - interpersonale Intelligenz: ~ Empathie - intrapersonale Intelligenz: Selbstreflexion, eigene Gefühle kennen usw - spirituelle Intelligenz?
  • Bewertung der multiplen Intelligenzen nach Gardner + umfassende Zusammenstellung von Material aus sehr unterschiedlichen und bisher disparaten Quellen - keine Theorie der Intelligenz, sondern eher allgemeiner Fähigkeiten? - klassische Intelligenzfacetten nicht unabhängig - kein Versuch, Messoperationen vorzuschlagen, um Modell zu prüfen
  • Intelligenzalter nach Binet (1911) - Untersuchung von Schulfähigkeit von Kindern - Maß: Intelligenzalter: Grundalter (Altersstufe, bis zu der Kind alle Aufgaben lösen konnte) + (Anzahl zusätzlich gelöster Aufgaben * 12/Anzahl der Aufgaben pro Altersstufe) Interpretation: Intelligenzalter - Lebensalter -> Intelligenz relativ Kritik: IA steigt nicht proportional zu LA
  • Intelligenzquotient nach Stern (1911) - Differenz hat je nach Altersstufe unterschiedliche Bedeutung: bei gleicher Differenz wird die Abweichung (IQ) mit steigendem LA immer geringer -> Quotientenbildung    IQ = (IA / LA) • 100   (Normalverteilung!) Vorteil: Vergleichbarkeit von Leistungssvorsprüngen/rückständen auf verschiedenen Altersstufen
  • Wechslers IQ - IQ von Stern nur solange gültig, wie IA mit LA zunimmt -> sonst müsste IQ im Laufe des Lebens sinken -> : IQs als Abweichungsquotient vom Mittelwert der Bezugsgruppe (aktuelle Messmethode) - Normalverteilung, Mittelwert 100, SD 15
  • Korrelate der Intelligenz - Intelligenz als wichtigster Prädiktor für Schulleistung (Heller): Varianzaufklärung 25% (Helmke  Weinert 1997), r= .5-.7 (Krapp & Weidenmann 2001) - Korrelation mit Schulnoten .4- .6 in Hauptfächern, besonders Mathe - .2 in Nebenfächern (Lukesch) - Intelligentere eignen sich in derselben Zeit mehr und intelligenter organisiertes Wissen an -> erleichtert neue Lernprozesse (Helmke & Weinert 1997)
  • Schulischer Einfluss auf Intelligenzentwicklung Empirische Befunde: mit längerer Dauer der Beschulung gehen positive IQ-Veränderungen einher →   Stagnation bzw. leichtes Abfallen der Leistungen im IQ-Test während der Sommerferien →   Absinken des IQ bei Kindern, die längere Zeit nicht zur Schule gehen →   Mittlerer IQ länger beschulter Grundschulkinder ist höher als der Gleichaltriger, aber kürzer beschulter Kinder (Merz et al., 1985) Marburger Hochbegabtenstudie (Rost, 1993): je später Schüler getestet werden, d.h. je länger sie unterrichtet wurden, desto höhere Intelligenzwerte erreichen sie (gleichzeitig kein signifikanter Effekt des Lebensalters)
  • Geschlechterunterschiede bzgl. Intelligenz - Grundschule: W besser im Schreiben/Lesen - ab ca 9 Jahren: M besser in visuell-räumlichen Aufgaben - mathematische Leistungen: größere Streuung bei M, mehr Spitzenleistungen - W erhalten weniger Lernbehinderungsdiagnosen und weniger Förderunterricht - Willingham & Cole (1997) Metaanalyse: - nur in 2/15 Gebieten mittlerer- starker Effekt: W Vorteil verbal, technisch-naturwissenschaftlich Vorteil M -> Differenz nahm von 1960-90 ab -> Geschlechterunterschiede in den meisten Fähigkeitsbereichen überwiegend gering - PISA 2009: Jungs sind besser in Mathe (kleiner Effekt), Mädels im Lesen (mittlerer Effekt)
  • Förderung kognitiver Fähigkeiten - Intelligenz und Begabung fußt zwar auf angeborenen Grundlagen, wird aber von Lernangebot der Umwelt beeinflusst; Intelligenz vor allem bei schwachen Schülern trainierbar (Klauer 2000) - Head start: breit angelegtes Programm; primär für sozial unterpriviligierte Familien, um Nachteile auszugleichen -> Chancengleichheit;v.a. für Vorschule, Lesen, Schreiben etc;home based, center based und mixed Formen; Förderung der kognitiven und sozialen Entwicklung der Kinder als Vorbereitung für Schule; Erziehungsberatung -> Evaluation Head Start (Love et al 2005): Untersuchten Intelligenz, Wortschatz, Gesundheitsstatus des Kindes, Erziehungsverhalten -> recht geringe Effekte, etwas höher für center und mixed; Autoren verweisen auf Breite von Wirkung - bei spezifischen Trainings Hinweis auf Transfer geben (Dilemma: spezifisches vs breites Programm); Denktraining (Klauer 2000): Training zum induktiven Denken; Vermittlung von Strategien (Was ist gesucht? Wie finde ich es? Wie kontrolliere ich Lösung?) -> soll helfen inhaltsunabhängige Denkstrukturen aufzubauen; mittlere und stabile Effekte für verbesserte Schulleistung und IQ-Testleistung
  • Hochbegabung Definition Heller: individuelle kognitive, motivationale und soziale Fähigkeit, in einem oder mehreren Bereichen Höchstleistungen zu erzielen Rost (2004): Eine Person ist intellektuell „hochbegabt“, wenn sie (1)  sich schnell und effektiv deklaratives und prozedurales Wissen aneignen kann, (2)  dieses Wissen in variierenden Situationen zur Lösung individuell neuer Probleme adäquat einsetzt, (3)  rasch aus den dabei gemachten Erfahrungen lernt und (4)  erkennt, auf welche neuen Situationen bzw. Problemstellungen die gewonnenen Erkenntnisse transferierbar sind (Generalisierung) und auf welche nicht (Differenzierung) ·         Grenzwert zur Quantifizierung, z.B. Prozentrang 98 Grundsätzlich 2 Möglichkeiten: 1. Eindimensionales Konzept: 2 SD über Durchschnitt PR > 98, IQ > 130 -> international 2. Mehrdimensionales Konzept: Hochbegabung = überdurchschnittliche Intelligenz und andere Aspekte (Kreativität)
  • Drei-Ringe-Modell nach Renzulli (1987) + Renzulli & Reis (2003) - Hochbegabung nicht nur Intelligenz, sondern entwickelt sich dynamisch, wenn hohe Intelligenz, Kreativität, Engagement & Motivation (->Aufgabenverpflichtung) zusammentreffen -> Schnittmenge daraus = Hochbegabung; Grundintelligenz notwendig, aber nicht allein ausreichend; dynamisch! mehrere Faktoren Kritik (Rost): - es rekurriert nicht auf ein Potential, sondern auf tatsächliche Leistung -> kein Begabungsmodell - Einbezug von Kreativität nicht sinnvoll; schwer zu definieren/messen, Vorhersage der Intelligenz nicht durch Kreativitätsmessung verbessert; herausragende Leistungen auch ohne Kreativität möglich - keine weitere Spezifizierung der Merkmale, ungenaue, schwer messbare Variablen
  • Triadisches Interdependenzmodell nach Mönks (1990) - dynamisches Begabungsmodell (=veränderbar) - wie Renzulli (1987), aber bezieht noch Umweltfaktoren ein (Familie, Peers, Schule) -> nur wenn diese 3 Faktoren des sozialen Kontextes harmonieren, Entwicklung von Hochbegabung möglich Kritik (Rost) - wie bei Drei-Ringe-Modell - Vorstellung von Entwicklung von Hochbegabung bleibt vage (was heißt "harmonisches Ineinandergreifen"?) - Umweltfaktoren zwar potentiell für Entwicklung von Begabung relevant, aber nicht in deren Definition einzubeziehen
  • Das differenzierte Begabungs- und Talentmodell von Gagné (1993) - trennt Begabung und Talent (Begabung: noch nicht entwickelte Fähigkeiten) - Begabungen werden zu Talenten durch Übung, Lernen, Training, intrapersonale Katalysatoren (Motivation, Persönlichkeit) & Umweltkatalysatoren - talentierte Person ist immer begabt, aber begabte Person nicht immer talentiert -> Underachiever
  • Bedingungsfaktoren für Hochbegabung - siehe Anlage-Umwelt Debatte - Einzelfalldarstellungen legen nahe, dass sehr viel Training notwendig ist, um Fähigkeiten auf so hohem Niveau zu erreichen - Spirale: Auffälligkeiten -> Investition der Umwelt -> Wahrnehmung durch Kind -> mehr Anstrengung -> höhere Leistung
  • Diagnostik Hochbegabung - Münchner Hochbegabungsbatterie MHBT (Heller & Perleth): Test + Fragebogen, Selbstauskünfte, Checklisten für Lehrer und Eltern, Peerurteile - Lehrerurteile korrelieren mittelhoch mit IQ: eher auf Leistung als auf Potential bezogen; Intelligenzspitzen und schwächen sehr verschwommen; Leistungsmotivierte "brave" Schüler haben Bonus, Underachiever werden kaum erkannt; - Rost & Hanses (1997): Wie gut können Grundschullehrer hochbegabte Underachiever erkennen? -> SuS, die keine überdurchschnittliche Note haben, werden nicht erkannt; - Eltern überschätzen Leistung des eigenen Kindes oft (fehlender Bezugsrahmen)
  • Korrelate Hochbegabung Hochbegabte schneiden in sehr vielem besser ab (Selbstkonzept, emotionale Stabilität, hohe Selbstwirksamkeit, stärkere Aufgabenorientierung, höhere Ansprüche an Freundschaften) Rost 2000 Lubinski et al 2006: erhöhte Lebenszufriedenheit in Arbeit und Beziehungen, allgemein weniger Probleme; bei hochbegabten Underachievern nicht! in verschiedenen Aspekten ungünstiger als durchschnittlich Begabte
  • Förderung Hochbegabter - Schulische Maßnahmen: Tutorfunktion für andere SuS, Aufgaben, die Stoff vorauseilen (Akzeleration) oder vertiefen (Enrichment), mehr Freiheiten, solange andere nicht gestört; extra Klassen mit speziellem Programm, vorzeitige Einschulung, Überspringen von Klassen - außerschulische Maßnahmen: Ferienkurse, Wettbewerbe (Jugend forscht), Vereine, Verbände - Fortbildung für Lehrer - > extra Klassen evtl negative Auswirkungen auf Selbstkonzept (in normalen Klassen big fish little pond Effekt)