Forschungsmethoden (Fach) / Qualitative Befragung (Lektion)

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Qualitative Befragung

Diese Lektion wurde von RaphaelPrell erstellt.

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  • grundlegende Eigenschaften qualitativer Forschung objektive Realität kann nicht untersucht werden stattdessen Untersuchung von subjektiven und kollektiven Perspektiven Ergebnisse werden als "Konstruktionen über Konstruktionen" bewertet
  • Stichwortartige Zusammenfassung qualitative Methoden Keine Hypothese, Arbeiten mit Leitfragen Datenerhebung nicht oder kaum standardisiert Nuancenreiche, abgewogene, lebendige, ausführliche Auskunft möglich kaum strukturierte Datenfülle Auswertung mit interpretativ - verstehenden Verfahren (subjektive, nicht normierbare Einflüsse möglich) Keine Repräsentativität im statistischen Sinn zu erreichen, da nur wenige Einzelfälle intensiv erfasst werden (punktuell) Geeignet für eine differenziertere Untersuchung des Einzelfalls und seiner Besonderheiten, detaillierte Auskünfte über Meinungen, Einstellungen etc. "Individualisierung" Dokumentation der Daten problematisch (zum Teil unmögliche) Gütekriterium der "Nachvollziehbarkeit"
  • interpretative Paradigma liegt qualitativen Methoden maßgebend  zugrunde geht davon aus, dass alle Interaktion ein interpretativer Prozeß ist, in dem die Handelnden sich aufeinander beziehen durch sinngebende Deutungen dessen, was der andere tut oder tun könnte Wirktlichkeit wird demnach durch Handlungs- und Kommunikationsprozesse und deren Interpretation konstruiert
  • Kennzeichen qualitativer Forschungspraxis nach Flick, Kardoff &Steinke Methodisches Spektrum statt Einheitsmethode (es stehen eine Reihe von Methoden zur Verfügung, aus denen ausgewählt wird) Gegenstandsangemessenheit von Methoden (Methoden richten sich nach der Fragestellung und nicht umgekehrt) Orientierung am Alltagsgeschehen (Datenerhebung erfolgt im alltäglichen Kontext des Befragten) Kontextualität als Leitgedanke (die Aussagen der Interviewpartner stehen im Kontext der Äußerung, Befragungs/Lebenssituation) Perspektiven der Beteiligung (unterschiedliche Interviewpartner haben eine unterschiedliche Perspektive auf ein Problem) Reflexivität des Forschers (Einfluss des Forschers auf das Feld, den Gegenstand und die Befragten wird mit einbezogen) Verstehen als Erkenntnisprinzip (es wird nach Motiven und Sinnzusammenhängen, nicht nach Kausalzusammenhängen gesucht) Prinzip der Offenheit (offener Forschungsverlauf um Fragen modifizieren und Forschungsverlauf anpassen zu können) Fallanalyse als Ausgangspunkt (erster Schritt: Einzellfallbetrachtung, zweiter Schritt: Verallgemeinerung/Vergleiche) Konstruktion der Wirklichkeit als Grundlage (Weltsicht der Befragen als Konstruktion erster Ordnung, wissenschaftliche Konstruktion als Konstruktion zweiter Ordnung) Qualitative Forschung als Textwissenschaft (quan. - alle erhobenen Daten in Zahlen, qual. - alle erhobenen Daten in Text) Entdeckung und Theoriebildung als Ziel (Theorien werden nicht an Empirie überprüft, Empirie führt zur Entwicklung von Theorien)
  • Interpretativ verstehende Erhebungstechniken teilnehmende Beobachtung qualitative Interviews Suche und Auswahl bereits bestehender Texte
  • qualitative Interviews - Systematik nach Flick Leitfadeninterviews - Frage-Antwort-Spiel ähnlich einem Fragebogeninterview Erzählungen - Interviewer gibt nur Erzählstimulaz, kein Frage-Antwort-Spiel Gruppenverfahren - mehrere Personen werden gleichzeitig befragt um die Gruppendynamik zu nutzen, Dynamik entsteht durch wechselseitige Stimulation, hohe Realitätsnähe der Situation und Spontanität der Äußerungen)  
  • qualitative Interviews - Systematik nach Lamnek unterscheided fünf Interviewformen abgestuft nach ihrer Offenheit rezeptives Interview (völlige Offenheit - Interviewer tritt nicht als Fragesteller, sondern als Zuhörer auf) narratives Interview (kein wissenschaftliches Konzept bei der Datenerhebung, theoretische Vorstellungen werden erst aufgrund der empirischen Basis ermittelt problemzentriertes Interview (ein theoretisches Konzept ist vorhanden, die Annahmen werden durch die Interviews mit der sozialen Realität konfrontiert, plausibilisiert und modifiziert) fokussiertes Interview (hypothesengesteuert, Leitfadeninterviews, deswegen nur geringe Spielräume bei der Befragung) Tiefen- oder Intensivinterview (kaum Offenheit, Forscher hat bereits spezifische theoretische Vorstellungen, wird häufig in Psychoanalyse angewendet)
  • Leitfrageninterviews fokussiertes Interview (hypothesengesteuert, Falsifikationsprinzip, deswegen nur geringe Spielräume bei der Befragung) halbstandardisiertes Interview (Interviewer kann an bestimmten Stellen vom Leitfaden abweichen, Zusatzfragen stellen oder nachhaken) problemzentriertes Interview (keine Antwortvorgaben, Orientierung an einer relevanten, gesellschaftlichen Problemstellung, Interviewer hat sich mit der Problem- und Fragestellung bereits auseinander gesetzt)
  • Erzählungen narratives Interview (offen strukturiert, soll völlig ohne vorgearbeitetes Konzept erfolgen, baut auf freies, spontanes erzählen auf, wird vor allem in der Biographieforschung genutzt) episodisches Interview (fragt narrativ-episodisches Wissen, also erfahrungsnahes, mit einer Situation verknüpftes Wissen und semantisches Wissen, also abstrahierte und verallgemeinerte Annahmen ab)
  • Gruppenverfahren Gruppeninterviews (Interviewer ist eher Fragensteller) Gruppendiskussionen (Interviewer nimmt stärker die Funktion eines Moderator ein)
  • Auswahl und Anzahl der Interviewpartner keine möglichst große Anzahl an Interviews nötig, weil keine Häufigkeitsaussagen getroffen werden sollen Auswahl muss nicht nach dem Zufallsprinzip erfolgen, weil keine Repräsentativität der Untersuchungsergebnisse angestrebt wird
  • Strategien zur Auswahl von Interviewpartnern Alle einbeziehen (Vollerhebung nur möglich, wenn Kreis der betroffenen klein ist) Schneeballverfahren (eine bereits interviewte Person gibt hinweise auf weitere potentielle Kandidaten, kann dazu führen, dass sich die Auwahl auf eine bestimmte Gruppe begrenzt) Annoncen (beschränkt die Interviewten auf solche die Interesse signalisieren) Gatekeeper (Schlüsselpersonen vermitteln Kontakte, besonders sinnvoll wenn Zielgruppe schwer zu erreichen ist) Theoretisch begründete schrittweise Auswahl (theoretisches/selektives Sampling, Auswahl und Zusammensetzung der Empirie wird erst im Laufe der Datenerhebung und Schrittweise getroffen, es werden solange neue Partner rekrutiert, bis vermutlich keine neuen Erkenntnisse hinzukommen: theoretische Sättigung) bewusst spezifische Auswahl (je nach Fragestellung gezielte Auswahl von Interviewpartnern: Extremfälle, typische Fälle, unterschiedliche Fälle etc.) statistisches Sampling (pseudo quantitative Methode, Matrix des Sampels wird im Vorhinein festgelegt, es ergibt sich eine Tabelle mit abzudeckenden Bereichen)
  • Grounded Theory wurde in 1960er Jahren von Glaser und Strauss entwickelt ähnelt dem kritischen Rationalismus, aber Entdeckung von Theorien spielt größere Rolle als Überprüfung wesentliches Ziel ist es neue theoretische Konzepte zu entdecken entdeckte Theorien haben mittlere Reichweite, also vergleichende Studien über unterschiedliche Populationen, Regionen etc. Vorgehensweise ist zirkulär: induktive und deduktive Verfahren werden miteinander verknüpft Anspruch auf Repräsentativität wird nicht erhoben, es wird empirischer Minimalismus betrieben Datenerhebung, Entwicklung von Konzepten und Überprüfung erfolgt nicht nacheinander sonder möglichst zeitgleich
  • qualitative Inhaltsanalyse mit qualitativer Inhaltsanalyse, welche relativ standardisiert ist, sind auch größere Textmengen bearbeitbar, allerdings erfolgt nur eine Verdichtung und Reduzierung und noch keine Interpretation systematische Bearbeitung von Kommunikationsmaterial Einbettung des Materials in Kommunikationszusammenhang (Autor, Hintergrund etc.) Systematik der Inhaltsanalyse: regelgeleitet, theoretisch fundiert (ähnlich dem Kodierungs- und Typisierungsverfahren) Zusammenfassend: Material wird in einen überschaubaren Kurztext überführt induktive Kategorienbildung: aus dem Material werden Kategorien entwickelt explizierende Inhaltsanalyse: zu unklaren Stellen wird zusätzliches Material gesucht strukturierende Inhaltsanalyse: bestimmte Aspekte werden nach vorher festgelegten Kriterien  (Kodierleitfaden) aus dem Text herausgefiltert  
  • hermeneutische Textinterpretation einzelne Passagen werden bearbeitet, nicht das gesamte Material, bzw. die Gesamtheit der Fälle Textinterpretation hat nicht die Ordnung, Systematisierung und Strukturierung zum Zweck, sonder den Forscher mit den fremden Zusammenhängen vertraut zu machen objektive Hermeneutik: extrem aufwendig und kontrovers diskutiert, hat Objektivität als Ziel, verschiede Interpretatoren arbeiten das Material durch und erstellen eine Reihe von Deutungen sozialwissenschaftliche-hermeneutische Paraphrase: verschiedene Interpretatoren arbeiten das Material durch und diskutieren ihre Deutungen in der Gruppe, die Ergebnisse werden im Anschluss mit den Befragten diskutiert
  • Vier Seiten einer Nachricht (Schulz von Thun) bei der Bedeutung von Aussagen kann unterschieden werden zwischen dem Gesagten, dem Gemeinten und dem Verstandenen eine Nachricht kann vier Aspekte beeinhalten: Sachinhalt, Appell, Beziehung, Selbstoffenbarung