Erziehungswissenschaften (Fach) / 8-S_u_U (Lektion)
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Gesamtschule
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- Handlungskatalog der KMK nach PISA 2000 1. Verbesserung der Sprachkompetenz in verschiedenen Bereichen 2. Bessere Verzahnung von Vor- und Grundschule; frühere Einschulung 3. Verbesserung der Grundschulbildung 4. Bessere Förderung bildungsbenachteiligter Kinder 5. Qualitätssicherung durch verbindliche Standards und Evaluation 6. Stärkung der diagnostischen und methodischen Kompetenzen der Lehrkräfte 7. Ausbau schulischer und außerschulischer Ganztagsangebote
- Familiäre Determinaten der Kompetenzentwicklung • anregungsreiche, die Intelligenz des Kindes fördernde Umgebung (Umwelt) • soziale Status- und Strukturmerkmale (Schichtzugehörigkeit, Familienkonstellation, Berufstätigkeit der Mutter) • Elternverhalten: Stimulation (anregende und aktivierende Umwelt) • Elternverhalten: prozessorientiertes Unterstützungsverhalten bei den Hausaufgaben
- Rolle des Unterrichts auf Kompetenzentwicklung • Quantität des Angebots (mehr Lernzeit) • Qualität des Angebots (verfügbare Lernzeit besser nutzen)
- Die „traditionelle“ GS im 19. Jahrhundert - Probleme • Überbürdung der Schüler und Lehrer (geteilte Unterrichtszeit von 8-12 Uhr und von 14-16 Uhr, nach dem Nachmittagsunterricht: Hausaufgaben (Schüler), Vor- und Nachbereitungen zum Unterricht (Lehrer) • 4 Schulwege für die Kinder • Keine Rücksicht auf Kinderarbeit in Landwirtschaft und Gewerbe (sic!) • Klassenüberfüllung erforderte Schichtschulwesen
- Entwicklung zur "modernen GS" in anderen Ländern (USA und England, Frankreich) • Erzieherische Aufgaben • Sozialpädagogische und sozialpolitische Aufgaben • Didaktisch-pädagogische Aufgaben
- Entwicklung zur "modernen GS" Anfänge Deutschland • In Deutschland wurde die „ungeteilte Unterrichtszeit“ eingeführt • Schule blieb „Unterrichtsschule“ Zuhause bzw. außerschulisch Erziehung • Die zusätzlichen Aufgaben wurden als Angelegenheit der Familie und der außerschulischen Jugendhilfe betrachtet • „Modelle moderner Ganztagsschulerziehung“ blieben reformpädagogischen (Ausnahme-)Projekten vorbehalten
- 1965-1975: Sozialwissenschaftlich geprägte Bildungsreform ziel besseres kompensatorisches lernen weniger Ausbau pädagogisches schulportfolio • Bildungsexpansion • Auftrieb erhielt die Ganztagsschulbewegung durch die Empfehlungen des Deutschen Bildungsrats zur Ganztagsschule (1968) und zur Gesamtschule (1969) • Kontinuierlicher Ausbau vor allem bei Sonderschulen, Gesamtschulen und Gymnasien • Schwerpunkt Begabungsförderung und Verbesserung der Chancengleichheit • Weniger reformpädagogische Prägung als viel mehr Anknüpfung an die traditionelle „Lernschule“ • Allerdings erfüllt sich die Hoffnung auf eine sehr viel stärkere Ausbreitung der GTS nicht
- Bildung in- und außerhalb der Halbtagsschule… • Vorrangige Aufgabe der Schule: didaktische, methodische und organisatorische Sicherstellung der für die Bildung nötigen Lernprozesse • Schule beansprucht hierbei nur einen Teil der Lebenszeit • Bildung findet nicht nur im schulischen Lernen statt, sondern auch außerhalb der Schule • Bildung hat somit eine schulische und eine außerschulische Komponente • beide Komponenten sind aufeinander bezogen, ja geradezu aufeinander verwiesen… • Das Lernen in der Halbtagsschule ist auf die Fortführung des Bildungsprozesses unter Mitwirkung der Erziehungsberechtigten angewiesen • Wiederholungen und Übungen des Gelernten werden in den Nachmittag und die außerschulischen Lebenswelt verlagert • Die fachüberschreitende und wertende Auseinandersetzung mit dem Gelernten, die Einschätzung seiner Bedeutung in verschiedenen Lebensbezügen und seine Anwendung in außerfachlichen und lebensbedeutsamen Handlungskontexten kann kaum in der Halbtagsschule stattfinden und wird dem (selbst zu gestaltenden) Nachmittag überantwortet
- Mögliche Defizite in der außerschulischen Lernumwelt • mangelnde Zeit • mangelndes Interesse • wenig Anregung • „mediale Verwahrlosung“ • kein kindgerechter Arbeitsplatz zu Hause • widrige Lebensumstände Hierbei handelt es sich um eine klar bestimmbare Gruppe von Kindern – diese dürften von ganztägigen Angeboten profitieren
- 3 Grundformen ganztägiger Schulangebote 1. Offene Schule 2. Tagesheimschule 3. Ganztagsschule
- Offene Schule • Eigentlich eine Halbtagsschule • Verbindlicher Unterricht am Vormittag, dann Mittagessen, dann „Betreuung“ (Hausaufgaben, Neigungsgruppen, Ags, Freizeitangebote etc.) • Keine explizit bildungsorientierte sondern eher fürsorgliche Funktion: soll vor „Unbetreutsein“ schützen und Beaufsichtigung leisten • Leicht zu organisieren, keine zusätzlichen Lehrkräfte erforderlich • Kompatibel zu Nachmittagsangeboten von Vereinen und Verbänden • Pragmatische Lösung für Eltern, die am Nachmittag nicht selbst betreuen können
- Tagesheimschule • Von ca. 7:30 bis 18 Uhr; Mittagessen, Gelegenheit zum Ruhen • Unterrichtsfreie Zeit für Interessen, Neigungen, Hobbies (Schulgarten, Lesen, Computer, Mofa, Erste Hilfe etc.) • Integratives Konzept von Leben & Lernen, orientiert an reformpädagogischen Ideen • außerschulische Erziehung (sonst Sache der Eltern) wird in die Schule verlagert • Heimstätte für Kinder, die sonst „kein Zuhause“ hätten • Geht weit über den Bildungsauftrag der Schule hinaus: Nicht „Bildungsanstalt mit eingeschlossener Betreuung“ sondern „ Betreuungsinstitution mit eingeschlossenen Bildungsangeboten“
- Ganztagsschule als Unterrichtsschule • Unterricht am Nachmittag aus eher pragmatischen Gründen (z.B. Differenzierung, Raummangel, etc.) • Mittagessen eher improvisiert • Erhöhung der Aufmerksamkeit und Leistung der Schüler durch bessere Aufteilung des Unterrichts • Löst auch nachmittägliche Betreuungsprobleme • Kann aber nicht eine Fortsetzung der Bildungsprozesse in lebensrelevanten Handlungskontexten außerhalb der Schule bieten, sondern lässt hierzu sogar noch weniger Gelegenheit ...
- Vorschlag: „Erziehender Unterricht“ in der Ganztagsschule • Ganztagsschule als familienergänzende Einrichtung mit Unterricht als Hauptzweck • Benötigt werden neue Formen, in denen erlerntes Wissen mit dem Urteil der Schüler verbunden wird und die Bedeutung des Erlernten für das lebensweltliche Handeln einschätzbar wird • „erziehender Unterricht“: Wissen, Urteil, Handlungskompetenz • mehr Unterricht als die Ganztags- o. Lebensgemeinschaftsschule aber • andere Unterrichtsformen als die Halbtagsschule
- Ein erstes Fazit Gesamtschule: • Impulse aus der fast einhundertjährigen Entwicklung der GS ergeben sich derzeit häufig nicht • GS sollte nicht, bloß als kompensatorische Fördermaßnahme für „Risikoschüler“ (vgl. PISA) verstanden werden • GS sollte nicht bloß als „Zeitreserve“ z.B. für eine verkürzte Schulzeit herhalten (z.B. bei der Einführung von „G8“) • Die Chancen für die innere Neugestaltung der Schule sollten genutzt werden • GS nicht als „Notmaßnahme“ verstehen, sondern als Chance zur Entwicklung einer „modernen Schule“
- Forschungsstand Anfang der 2000er Jahre • Wenig systematische Forschung, keine eindeutigen Ergebnisse • positive Veränderungen im sozialen Lernen und im Schulklima • bei lernschwachen Schülern positive Effekte auf die kognitiven Fähigkeiten durch Verlängerung der aktiver Lernzeit möglich • bei anderen Kindern negative Effekte auf die kognitiven Fähigkeiten durch Wegfall elterlicher Unterstützung möglich • Insgesamt kann die ganztägige Organisationsform einen nivellierenden Effekt im Leistungsbereich haben • Förder-Effekte im kognitiven Bereich sind nur zu erwarten, wenn entsprechende Maßnahmen hierzu explizit geplant und systematisch implementiert werden • „die Stärke ganztägiger Schulorganisation besteht offensichtlich in der Verbindung des erweiterten Zeitumfangs mit pädagogischen Konzepten“
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- Die Situation der deutschen GTS im Jahr 2001 (Aus FOCUS Nr. 21, 2001) • Die genaue Anzahl der Schulen, den Bedarf und die Kosten können Experten nur schätzen: • Zahl allgemeinbildender Schulen: 38 671, davon 1300 Ganztagsschulen (mit Privat-, ohne Sonderschulen) • Anteil der Ganztagsschüler in Deutschland: 6 %; geschätzter Bedarf: 20- 40 % • Deutsche, die eine Ganztagsschule befürworten: 49 % • Personal-Mehrkosten für eine Ganztagsschule pro Schüler im Jahr: 3000 Mark; Mindestkosten für die bundesweite Umrüstung der Sekundarstufe I (5.-10. Klasse): 6 Mrd. Mark
- Investitionsprogramm "Zukunft Bildung und Betreuung" (IZBB) • von Bund und Ländern am 12. Mai 2003 unterzeichnete Verwaltungsvereinbarung über die • Unterstützung der Länder durch den Bund beim bedarfsgerechten Auf- und Ausbau von Ganztagsschulen • 4 Mrd. Euro, die Mittel können bis Ende 2009 in Anspruch genommen werden • Verwendungszwecke: „Ausbau und Weiterentwicklung“ neuer Ganztagschulen sein, „Schaffung zusätzlicher Plätze“ an bestehenden Ganztagsschulen oder „Qualitative Weiterentwicklung“ von Ganztagsangeboten • KMK-Definition: Ganztagsschulen = Schulen mit Öffnungszeiten von mindestens sieben Stunden an drei Tagen (mit Mittagessen)
- Ziele des Ganztagsschulprogramms (IZBB) • Bessere Bildung • Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf • Mehr Chancengerechtigkeit
- Strukturelemente der GS • Mittagsmahlzeit & Freizeitangebote • AGs & Neigungsgruppen • Förderunterricht • Integration der Hausaufgaben in die Schule • Flexible Stundenplangestaltung & Rhythmisierung • Neue Unterrichtsformen („offene“ U-Gestaltung, Gruppenarbeit, Projekte) • Mehr Gelegenheit für Schüleraktivit.ten • Wandel der Lehrerrolle • Enge Kooperation mit Eltern • Ausbau des schulischen Beratungswesens • Intensivierung des Schullebens • Ausgestaltung des „Lebensraum Schule“ • Öffnung der Schule
- Aktuelle Formen der GS in Deutschland • voll gebundene Form: ALLE Schüler müssen mindestens drei Wochentagen für mindestens sieben Zeitstunden an den ganztägigen Angeboten der Schule teilnehmen • teilweise gebundene Form: EIN TEIL der Schüler (z.B. einzelne Klassen oder Klassenstufen) nimmt an mindestens drei Wochentagen für jeweils mindestens sieben Zeitstunden an den ganztägigen Angeboten der Schule teil. • offene Form: EINZELNE Schüler nehmen auf Wunsch an den ganztägigen Angeboten dieser Schulform teil. Für diese ist ein Aufenthalt, verbunden mit einem Bildungs- und Betreuungsangebot in der Schule, an mindestens drei Wochentagen im Umfang von täglich mindestens sieben Zeitstunden möglich.
- Forschungsstand im Jahr 2012 • Kaum Hinweise darauf, dass sich der Besuch von GTS positiv auf die Fachleistungen auswirkt • Positive Effekte auf das soziale Lernen • Gestaltung und pädagogische Qualität der GTS fällt sehr heterogen aus • Kaum empirische Hinweise darauf, dass die gebunden GTS ihre pädagogischen Möglichkeiten tatsächlich nutzen: kein Zusammenhang zwischen Grad der Verbindlichkeit, Schulqualität und individueller Wirkung • In der Sek I nehmen die Schüler häufig den Ganztag nur sporadisch (1 bis 2 mal pro Woche) und mit zunehmendem Alter immer weniger wahr • längere und intensive Teilnahme der Schüler in der Sek I hat aber einen positiven Effekt auf Sozialverhalten, Schulnoten und Schullaufbahn • Angebote im offenen GT werden vor allem von Familien mit höherem sozioökonomischen Status gewählt (Betreuung bei Berufstätigkeit beider Elternteile) • Positive Effekte hängen vor allem von der Qualität der (auch der außerunterrichtlichen) Angebote ab „Schüler übernehmen dann mehr soziale Verantwortung, lernen motivierter und bauen eher eine Bindung zur Schule auf“)