Literaturwissenschaften (Fach) / Einführungsvorlesung, Rhetorik/Poetik (Lektion)

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Diese Lektion wurde von kathikuhn erstellt.

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  • Poetik Leitlinien, die Deskription und Normierung eines Textes verbinden.
  • Poetologie Autoren äußern sich über inhaltliche und formale Beschaffenheit von Texten
  • Fiktionales Erzählen/ Fiktionale Texte Teil einer realen Kommunikation, in der zur realen Kommunikationssituation eine imaginäre hinzutritt. Ein realer Autor präsentiert einen erfundenen Text.
  • Faktualer Text Ein faktualer Text vergegenwärtigt das Geschehen in realer Kommunikationssituation zwischen realem Sprecher und realem Hörer / Leser.
  • Autor und Erzähler Der Autor gehört zur realen Welt. Der Erzähler gehört zur fiktiven Welt / zum fiktionalen Text.
  • Philologie Liebe zum Wort
  • Wann wurde Sebastian Brandts „Das Narrenschiff“ veröffentlicht und inwiefern ist dies für die Begriffsklärung „NEUERE deutsche Literaturwissenschaft“ relevant? 1494 Es markiert den Beginn der NEUEREN deutschen Literaturwissenschaft im 15. Jahrhundert in Abgrenzung zur älteren (in Form der historischen Sprachstufe „Frühneuhochdeutsch“)
  • Welcher Zeitrahmen ist gemeint, wenn wir von NEUERER deutscher Literaturwissenschaft sprechen? Humanismus bis zur Gegenwart. Für die Neuere deutsche Literaturwissenschaft ist der Zeitraum vom 17.- 21. Jahrhundert verbindlich.
  • Was sind Kennzeichen „nicht-literarischer“ Texte? Aufmachung Lesesituation keine Merkmale von Poesie
  • Nennen Sie die Merkmale der „Poesie“ Versform Reim rhetorische Stilmittel glanzvoll konstruierte Sätze Signale für Doppelbödigkeit (Bildlichkeit: Metaphern, Symbole, Allegorien) = Der literarische Text weist über das Buchstäbliche hinaus und enthält eine existentielle Botschaft
  • Was ist die Leistung der „markierten Fiktion“ und was versteht man darunter Ihre Leistung besteht im „ästhetischen Vergnügen“, welches durch künstlerische Mittel und Ausdrucksformen erzeugt wird. Die Literatur weist sich selbst als Literatur aus und sowohl Autor, als auch Leser sind als literarische Personen Teil ihrer Fiktion.
  • „fiktional“ Kennzeichen der Literatur: fiktional= erfunden (Fiktion von lat. fictio: „Gestaltung“, „Erdichtung“) Im Gegensatz zu: „non-fiktional“: nicht erfunden, z.B. Sachliteratur
  • Autonomie der Kunst Inhaltliche Emanzipation: Themen und Inhalte dürfen nicht vorgeschrieben werden. Formale Emanzipation: Formen und Gattungen dürfen nicht vorgeschrieben werden. Ökonomische Emanzipation: Schriftsteller ist nicht länger in abhängiger Beschäftigung tätig. Juristische Emanzipation: Freiheit von Literatur und Kunst wird durch Gesetze und Rechte gesichert.
  • Autonom-ästhetisch eigengesetzlich-ästhetisch (subjektive Meinung)
  • Heteronom-ästhetisch fremdgesetzlich-ästhetisch (Übereinkünfte, die nach wissenschaftlicher Vorgehensweise getroffen worden sind)
  • poetologische Differenz „Die poetologische Differenz ist die Differenz zwischen der innerfiktionalen Begründung eines innerfiktionalen Sachverhalts und der außerfiktionalen Begründung eines innerfiktionalen Sachverhalts.“ S. auch causa efficiens und causa finalis!
  • Was versteht man in der Literatur unter einem „designatum“, was bedeutet „intentum“? Das „designatum“ bezeichnet das Gesagte, das „intentum“ das Gemeinte. Gemeint ist also nicht nur das bezeichnete Gegenständliche (beispielsweise bei „Effi Briest“ die Platanen), sondern unter Berücksichtigung der Machart des Textes das sich dahinter an Bedeutung verborgene Gemeinte (unter Berücksichtigung der Intertextualität der Hinweis auf Goethes Ehebruchsroman „Die Wahlverwandtschaften“).
  • Bestimmen Sie die „causa finalis“ und die „causa efficiens“ causa efficiens: Wirkursache → Sachverhalte in der innerfiktionalen Welt wirken aus sich heraus. causa finalis: die Ziel- oder Zweckursache → die innerfiktionalen Sachverhalte stehen im Dienst einer vom Autor ins Werk gesetzten höheren Bedeutung dieser Sachverhalte (Beispiel: c. e.: Anni stolpert, weil sie nicht aufpasst, c. f.: Anni stolpert, damit die Briefe gefunden werden können).
  • Was ist die Voraussetzung eines „literaturwissenschaftlichen Arbeitens“? Um das Kunstverständnis zu gewährleisten, ist die bewusste Reflexion der Inhalte, des künstlerischen Verfahrens und der historischen Entstehungsbedingungen unabdingbar.
  • Beschreiben Sie die Aufgabe eines Rhetorikers der Antike! Der Rhetoriker analysierte wirkungsvolle Reden und stellte den ermittelten Bausteinen normative Leitlinien auf.
  • Vers 333 (De arte poetica) Die Dichter wollen entweder nützen oder erfreuen / oder zugleich Erfreuliches und Nützliches über das Leben sagen. (Original lat.: „Aut prodesse volunt aut delectare poetae / aut simul et iucunda et idonea dicere vitae.“)
  • Welche Richtlinien stellt Opitz in dieser Poetik auf? Er unterscheidet die Gattungen und führt für das Drama und die Lyrik feste Regeln ein. Für die Lyrik gelten die Metren Jambus und Trochäus; zudem Wortakzent = Versakzent.
  • Was beabsichtigte Gottsched mit seinem „Versuch einer critischen Dichtkunst vor die Deutschen“? Gottsched führte das Drama auf die aristotelischen Grundsätze zurück (eine Haupthandlung, Geschlossenheit, Finalduktus, hohes Personal, Fallhöhe, Vers, Einheit von Ort, Zeit und Handlung) und stellte für das Drama einen moralischen Lehrsatz auf, den es im Hinblick auf das Publikum zu erfüllen habe (Frühaufklärung).
  • Warum kann man Goethes „Rede zum Shakespeare-Tag“ als Gründungsdokument des Sturm und Drang bezeichnen? Die Rede entbindet den Dichter, sich an bis dahin geltende Regeln (s. Gottsched) zu halten (s. „Götz“: Personal aus allen Schichten, mehrere Handlungsstränge, mehrere Orte, Zeiten und Sprachen etc.).
  • Wie kann man die genuine Leistung Lessings für das deutsche Drama beschreiben? Neuübersetzung von „eleos“ und „phobos“ in „Mitleid“ und „Furcht“; bürgerliches Personal (private Sphäre); kein Vers, sondern „natürliche“ Sprache; Identifikationsangebot an den Zuschauer (keine Fallhöhe, sondern Personal aus „gleichem Schrot und Korn“); Ende traurig statt tragisch.!
  • Hermeneutik 1) Hermeneutik ist ursprünglich die Kunst der sinngemäßen Auslegung eines Schriftwerkes. 2) Hermeneutik bedeutet die geisteswissenschaftliche Methodenlehre und Theorie der Auslegung, Reflexion über Bedingungen und Möglichkeiten des zeit- und gegenwartsbewussten Verstehens allg. aller Lebens- und Kunstäußerungen.
  • Hermeneutischer Zirkel Die Hermeneutik geht von einem Textsinn aus, der rekonstruiert werden kann. Der hermeneutische Zirkel basiert auf der Interpretationssituation zwischen Leser und Autor und beschreibt den Prozess der Annäherung beider Verstehenshorizonte. Die Vorstellung einer Kreisbewegung bezieht sich darauf, dass der Ausgangspunkt des Lesers bereits sein Vorverständnis ist, welches in der Beschäftigung mit dem Text wächst und sich „spiralförmig“ dem Textverständnis weiter annähert.
  • Ars est celare artem Die Kunst will sich verstecken und er Leser muss dahinter kommen --> Leser soll vergeseen dass Werk und Inhalt konstruiert sind
  • Bedeutung Quintilians (Institutio Oratoria) röm. Rhetoriker, der Modell der Redekunst entwarf Register der wichtigsten Mittel guter Redekunst
  • Bedeutung Aristoteles Nachahmung ist innerstes Wesen der Literatur (Mimesis) Aristotelisches Theater
  • Onomatopoesie Wortschöpfungen zum Zweck der klang-/Lautmalerei
  • Inversion Eine Umkehrung der grammatischen Satzfolge. Ziel: Betonung; Einhaltung des Metrums.
  • Allegorie Unter einer Allegorie versteht man eine fortgesetzte Metapher. Einzelmetaphern werden zueinander in Beziehung gesetzt. Beispiel: „Justitia“  Gerechtigkeit (Binde: Unvoreingenommenheit; Waage: Gerechtigkeit; Schwert: gerechtes Urteil)
  • Kühne Metapher Kühne Metapher: verknüpft zwei Wirklichkeitsbereiche miteinander, die normalerweise als unvereinbar angesehen werden. Der Vergleich ist nicht gleich augenfällig. Beispiel: „der Mond ist ein blutiges Eisen“ (Woyzeck). Unterschied zur Metapher: keine semantische Schnittmenge zwischen beiden Bereichen (kein „tertium comparationis“). Beispiel einer Metapher: „Achilles war ein Löwe im Kampf“ (tertium comparationis: mutig, stark, königlich).
  • Lyrik Der Begriff „Lyrik“ stammt von franz. lyrique / lat. lyricus / gr. lyrikos ab = zum Spiel der Lyra gehörend. Lyrik ist eine Form der a) subjektivistischen, b)emotionalisierten, c) enthusiasmierten Rede. Merkmale: - mutmaßlich absichtlicher Reim - mutmaßlich bemerkbar gemachter Rhythmus - mutmaßlich absichtliche Abweichung der Grammatik - mutmaßlich absichtlich abgebrochene Zeilen mit vermeintlicher Lesersteuerung
  • Rhetorik lat. „rhetor“ (Redner): „ars rhetorica“ = Redekunst Rhetorik= Kunst der Beredsamkeit (um Zuhörer von einer Meinung, Ansicht zu überzeugen) Stilistische und poetologische Fachbegriffe gehen auf die Rhetorik der Antike zurück: a) Poetik war immer auch Rhetorik b) Literatur ist immer eine wirkungsbezogene Rede, (mehr oder weniger) geschmückte Rede und geformte Rede (Versmaß verbindlich für Drama, Lyrik, Epik bis ins letzte Drittel des 18. Jahrhunderts)
  • Stil, Stilistik Stilistik/Stil: lat. „stilus“ (Griffel, Schreibgerät) = (heute) Ausdrucksweise - individuell - sozial - epochal Stilistik: - systematische Beschreibung der Ausdrucks- und Stilmittel - Untersuchung der Wortwahl, des Rhythmus und des Satzbaus - Anwendung der Sprache abhängig von Kontext
  • genera orationis Es gibt 3 Redearten: 1) Die Beratungs- / Volksrede = genus deliberativum 2) Die Gerichtsrede = genus iudicale 3) Die Fest-, Prunk- und Gelegenheitsrede = genus demonstrativum
  • genera dicendi 1) genus subtile à docere = belehren (wissenschaftlicher Text) 2) genus medium à delectare = erfreuen, unterhalten (Komödie) 3) genus grande à movere = bewegen, erregen, erschüttern (Tragödie)
  • „loci a persona“ Abstammung (genus) Namen (nomen) Geschlecht (sexus) Alter (aetas) Nationalität (patria) Erziehung und Ausbildung (educatio et disciplina) Neigungen (quid affectet quisque) Körperliche Eigenschaften (habitus corporis) Vorgeschichte (ante acta dicta) Schicksal (fortuna)
  • rhetorices partes Produktionsstadien der Rede 1.) inventio 2.) dispositio 3.) elocutio 4.) memoria 5.) actio
  • partes orationis 1.) Einleitung (exordium, prooemium, principium (=einführendes Kapitel, Vorwort))  weckt das Interesse des Zuhörers 2.) Gliederung (partitio, propositio) 3.) Narratio (Erzählung, Darlegung) 4.) Hauptteil (argumentatio) o probatio (Beweisführung) o refutatio (Widerlegung) 5.) Schluss (peroratio)