Erziehungswissenschaften (Fach) / EW-Allg.Päd. (Lektion)
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Zusammenfassungen Koller, Stein und Gudjons.
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- Sozialisation (Stein) Definition: = verbindendes Band zwischen Mensch und Gesellschaft = lebenslanger Prozess - Überbegriff von Erziehung à Kann das wirklich sein? Bei der Sozialisation gibt es keinen Akteur, sondern es geschieht automatisch - umfasst Prozesse der Persönlichkeitswerdung mit materieller, sozialer und institutioneller Umwelt - Wechselwirkung zwischen Umwelt und Individuum, d.h. bidirektionaler Prozess Ziel: Vollständig entwickelte Persönlichkeit / Gibt es wirklich ein Ergebnis/ Ziel der Sozialisation? 2.2 Wichtige Sozialisationsinstanzen ( SI ) primäre SI = Familie sekundäre SI = Schule tertiäre SI = Arbeitswelt + Uni „heimliche SI“ = Medien à diese treten nicht in direkten Kontakt mit der Person z.B. Buch lesen à kein Kontakt zum Autor außer das Buch Sozialisation vor dem Hintergrund postmoderner Gesellschaft Aktuelle gesellschaftspolitische Veränderungen: àmehr Möglichkeiten und Gestaltungspotenziale für postmoderne Menschen àneue Herausforderungen für das Individuum: Normen und Werte müssen selbst erarbeitet und definiert werden, können nicht mehr einfach übernommen werden à „neue Risiken“ kommen hinzu, die sich meist nicht mehr auf nationaler Ebene lösen lassen An diesen Ausführungen lässt sich deutlich erkennen, dass wir gerade in einer Zeit leben, die stark von gesellschaftpolitischen Veränderungen geprägt ist. In der Stunde am Dienstag kam diesbezüglich die Frage auf, ob sich die Gesellschaft nun dauernd verändere. Als Antwort stellten wir fest, dass es sowohl Hinweise auf Kontinuität als auch auf Veränderung gibt. 2.3 In Kapitel 2.3 wird der Diskurs, in der Wissenschaft, über die Fragestellung der Sozialisation des Menschen aufgezeigt. Es werden 2 Extremansätze aufgezeigt. Die Verhaltensbiologie geht davon aus, dass die Persönlichkeit und das Verhalten eines Menschen hauptsächlich von den Genen und der Veranlagung eines Menschen abhängig ist.Nach den Verhaltensbiologen ist Entwicklung einer Persönlichkeit ein Reifungsprozess und hat nichts mit der Umwelt zu tun.Es werden vergleiche zur Tierwelt angestellt und ethnologische Studien zu Rate gezogen.Der Behaviarismus hingegen stellt die These auf, dass die Persönlichkeit und das Verhalten eines Menschen hauptsächlich durch seine Umwelt beeinflusst und geformt wird.Auch der, zumindest der klassische, Behaviorismus versucht durch Tierstudien zu untermauern, dass Persönlichkeit nur durch Reaktion auf bestimmte Reize entsteht und dadurch nur von der Umwelt abhängig ist.Auslösereize, welche positive Auswirkungen haben werden beibehalten und die, welche negative Auswirkungen haben vermieden.Es werden 3 Instanzen erwäht die den Menschen jeweils prägen. 1. die Instanz der primären Sozialisation: Familie, welche basalen Grundfertigkeiten und grundlegenden Werte zuständig sind.Die Instanz der sekundären Sozialisation: Schule, wo der Mensch grundlegende Grundtechniken der Kultur erlernen soll, sowie Normen, Regeln und auch Konventionen.Als letzte Instanz, die der teritären Sozialisation: Arbeitswelt und Universität.Hier bilden sich eigenständige individuelle Überzeugung politischer, wie auch gesellschaftlicher Natur.Allerdings ist dies ein lebenslanger und nicht endender Prozess. 2.4 Theorien der Sozialisation Wie vollzieht sich die Persönlichkeitswerdung? Die drei wichtigsten Theorien der Sozialisation: - Struktur-funktionale Theorie - symbolischer Interaktionismus - ökologische Systemtheorie Struktur-funktionale Theorie Theorie nach Talcott Parsons - hineinwachsen in die gesellschaftlichen Rollen ( aber nicht direkt, sondern passiv ) - Übernahme von fest bestehenden Rollen z.B. junger Akademiker → Eintritt ins Berufsleben ( Pünktlichkeit, Loyalität, Motivation) - Jede Sozialisationsinstanz durch Struktur und Funktion in der Gesellschaft definiert Symbolischer Interaktionismus - aktiver Prozess der Rollenaushandlung d.h. Rollen werden kommunikativ ausgehandelt - Rollen nicht starr festgelegt, unterliegen einem sozialen Definitionsprozess - Rollen werden nicht unkritisch übernommen, sondern in kritischer Distanz - „self“ = die Identität des Einzelnen → zwei Bestandteile psychisches Selbst = „I“ → personale Identität sozialie Komponente = „me“ Ökologische Systemtheorie Die Gesamte Gesellschaft ist ein System und besteht aus mehreren Teilsystemen. → Diese wiederum sind unterteilt in Untersysteme. - Veränderung eines Systems zieht Veränderungen der anderen Systeme mit sich - Ziel eines Systems ist immer im Gleichgewicht zu sein 2.5 Sozialisation vor dem Hintergrund postmoderner Gesellschaft Aktuelle gesellschaftspolitische Veränderungen: àmehr Möglichkeiten und Gestaltungspotenziale für postmoderne Menschen àneue Herausforderungen für das Individuum: Normen und Werte müssen selbst erarbeitet und definiert werden, können nicht mehr einfach übernommen werden à „neue Risiken“ kommen hinzu, die sich meist nicht mehr auf nationaler Ebene lösen lassen Die postmoderne Gesellschaft Eigenschaften der postmoderne Gesellschaft: Pluralität von Lebensstilen, Geschmäckern, Werten usw. àes existieren keine fixierten Vorstellungen über Werte und Normen àIndividuen müssen stets ihre Lebensart, Wertvorstellungen, Arbeitsformen usw. überdenken und rechtfertigen Die Globalisierung: weltweite Vernetzung in allen Bereichen (wie beispielsweise Wirtschaft, Umwelt, Religion, Kultur) àverlangt vom postmodernen Menschen eine extrem schnelle Anpassungsfähigkeit und Flexibilität Soziale Unsicherheit: einerseits suggeriert Pluralisierung und Optionensteigerung, dass alles möglich sei, andererseits werden dadurch dem postmodernen Menschen seine Grenzen umso bewusster soziale Ungleichheiten: Pierre Bourdieu: keine klassische Einteilung in gesellschaftliche Schichten und Klassen an Hand der Finanzkraft mehr, eher Einteilung nach Habitus also nach unterschiedlichen Lebensstilen und Verhalten in der Öffentlichkeit An diesen Ausführungen lässt sich deutlich erkennen, dass wir gerade in einer Zeit leben, die stark von gesellschaftpolitischen Veränderungen geprägt ist. In der Stunde am Dienstag kam diesbezüglich die Frage auf, ob sich die Gesellschaft nun dauernd verändere. Als Antwort stellten wir fest, dass es sowohl Hinweise auf Kontinuität als auch auf Veränderung gibt.
- Erziehung (Stein) Diskussionspunkte: 1. Mensch als Mängelwesen (S. 37) nach Gehlen Welche Mängel? - alle Lebewesen werden mit Mängeln geboren (-> laufen, sehen, etc.) und sind auf Fremdhilfe bzw. Versorgung angewiesen (Nahrung, Ansprache etc.) - Beispiel: menschliche Spracherziehung fängt spätestens mit Geburt an -> Aneignung durch Nachahmung - Erzieher müssen Anreize geben, damit die Kinder ihre Mängel ausgleichen - Gegenposition Entfaltungstheorie (Rousseau) 2. Begriff „Kindergarten“ - frühe Industrialisierung: Kinder sollen aus der Stadt raus in die Natur an die frische Luft (Froebel) - „Kindergarten“ als Begriff, der in andere Sprachen übertragen wurde - Entfaltungstheorie 3. Einseitige Darstellung der Reformpädagogik im Text - Montessori: „Wer nicht taugt zur Erziehung, soll auch keine kriegen.“ 4. Gliederung der Erziehungsansätze - a) Repressive Erziehung - b) Natürliche Erziehung (Reformpädagogik als ein Teilgebiet) - c) sonstige Ansätze 5. Voraussetzung für die verschiedenen Erziehungsansätze - Rousseau: Mensch ist von Natur aus gut, die Gesellschaft macht ihn schlecht - Christliche Anthropologie: Erbsünde; Kind muss von Erziehern strikte Grenzen gezeigt bekommen - Griechische Antike: Anthropologie an sozialen Stand gebunden 6. Repressive Erziehung - Beispiel Struwwelpeter: welche Intention wird beim Vorlesen verfolgt? 7. Demokratisch-induktive Erziehung „Als besonders förderlicher Erziehungsstil erwies sich eine demokratisch-induktive Erziehung.“ (Zusammenfassung, s. S. 58) - Was ist demokratisch-induktive Erziehung und in wie weit ist sie förderlich? Keine objektive Darstellung; Demokratie ist nur in unserer heutigen Vorstellung erstrebenswert Können und sollten Kinder als gleichberechtigte Partner angesehen werden? è gleichberechtigtes Verbot gibt es nicht! è Muss man Kinder vor sich selber schützen? è Es lässt sich beobachten: Kinder wollen Erziehung und Feedback
- Was ist Aufklärung? · prägnante Beschreibung der Grundgedanken in der berühmten Schrift „Was ist Aufklärung“ von Immanuel Kant (1724-1804) · Immanuel Kant à einer der wichtigsten Vertreter aufklärerischen Denkens · Zitat: “Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit.“ · Unmündigkeit àUnvermögen sich seines Verstandes ohne fremde Hilfe zu bedienen. · Selbstverschuldet àwenn Ursache nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich ohne Leitung eines anderen zu bedienen. · Sapere aude! à habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen · Wichtig für Kant ist der menschliche Verstand, von dem jeder Einzelne selbstständig Gebrauch machen kann und soll · Gründe, dass Menschen Vorschriften folgen: · „Faulheit und Feigheit“ (Kant) · Drohung und Bevormundung von Seiten der Obrigkeit · Die entscheidende Bedingung von Aufklärung besteht für Kant in der Freiheit · Jeder Mensch hat das Recht, seine eigene Meinung in Wort und Schrift öffentlich kundzutun
- Kants Begriff von Erziehung (Koller) · anthropologische Bestimmung · „Der Mensch ist das Einzige Geschöpf, das erzogen werden muss“ · Begründung liegt in der besonderen Ausstattung des Menschen im unterschied zum Tier: · Tier ist bereits alles durch Instinkt, der Mensch braucht eigene Vernunft, hat keinen Instinkt und muss sich selbst einen Plan seines Verhaltens machen. Da er aber nicht von Anfang an dazu in der Lage ist müssen es andere für ihn machen“ · Verhalten der Tiere weitgehend durch Instinkte festgelegt · Mensch zeichnet sich durch größere Offenheit aus, die zugleich mit Art Hilflosigkeit verbunden ist, deshalb besondere Angewiesenheit auf andere · Das worauf Mensch durch Instinktarmut angewiesen ist, ist Erziehung · „der Mensch kann nur Mensch werden durch Erziehung. Er ist nichts, als das, was Erziehung aus ihm macht“ · àParadox weil einerseits ist der Mensch für Kant zunächst noch nicht Mensch, sondern ein „nichts“, aus dem erst durch Erziehung ein Mensch wird, andererseits beginnt er den Satz mit „DER Mensch…daraus folgt, dass der Mensch irgendwie eine Art Mensch sein muss · Paradox lässt sich auflösen, wenn man das, was den Menschen als Menschen auszeichnet, als eine noch zu entfaltende Anlage begreift · Ziel von Erziehung laut Kant bleibt letztlich unbestimmt · „Vielleicht, dass die Erziehungen immer besser werden, jede Generation kommt Schritt näher zur Vervollkommnung der Menschheit. Menschliche Natur wird immer besser durch Erziehung.“ (Kant) · Weil Ziel der Erziehung unbestimmt und „Vollkommenheit der menschl. Natur“ ein Geheimnis bleiben muss, ist Vervollkommnung d. Menschheit als zukunftsoffener Prozess möglich und nötig · Das Ziel des durch Erziehung zu bewirkenden Vervollkommnungsprozess: · „es liegen viele Keime in der Menschheit, es ist unsere Sache, Naturanlagen proportionierlich zu entwickeln, zu machen, dass Mensch seine Bestimmung erreiche.“ · „Tiere erfüllen diese von selbst, Mensch muss erst suchen, sie zu erreichen, dieses kann aber nicht geschehen, wenn er nicht einmal einen Begriff von seiner Bestimmung hat.“ · „Bestimmung des Menschen“ ist für Kant keine Bestimmtheit, kein vorgezeichneter Weg, sondern, ein Weg, den es erst noch zu „suchen“ gilt, ein vielleicht nie ganz abzuschließender Prozess · 2 metaphorische Formulierungen, die in der Geschichte des päd. Denkens immer wieder benutzt worden sind, um das Geschäft der Erziehung bildlich zu veranschaulichen. · Zum einen Erziehung als herstellendes Machen ( es ist unsere Sache […] zu machen, dass Mensch seine Bestimmung erreiche“), dass sich mit dem Tun eines Handwerkers vergleichen lässt · Zum anderen, dass Erziehung als ein beschützendes Wachsenlassen begreift („die Menschheit aus ihren Keimen entfalten“), wird mit der Tätigkeit eines Gärtners verglichen · Kant lässt offen, welche der beiden Metaphern ihm als geeigneter erscheint, auch in Geschichte der Päd., stehen bis heute beide Bilder in unentscheidender Konkurrenz zueinander · Entscheidend für Kant ist, dass Entwicklung der menschlichen Anlagen in keinem Fall von ganz alleine geschieht · Erziehung ist als diejenige Tätigkeit, die diese Entwicklung befördern soll gemeint, Kant zufolge eine „Kunst“, etwas, was ein spezifisches Können erforderlich macht · Diese Kunst soll nicht mechanisch, sondern „judiziös“, also planvoll und auf begründeten Urteilen beruhend · Wichtiger Grundsatz dieser Pädagogik bildet Kant zufolge die Zukunftsorientierung päd. Handelns · „Kinder sollen nicht den gegenwärtigen, sondern dem zukünftig möglich besseren Zustande des menschl. Geschlechts, das ist: der Idee der Menschheit, und deren ganzer Bestimmung angemessen erzogen werden“ · „Eltern erziehen Kinder nur so, dass sie in die gegenwärtige Welt passen, sie sollten sie aber besser erziehen, damit ein zukünftig besserer Zustand dadurch hervorgebracht wird“ · „Die Idee der Menschheit“ als eines noch zu verwirklichenden Entwicklungspotentials hat für Kant zur Folge, dass Erziehung nicht nur darin besteht Kinder auf das Leben vorzubereiten, wie es gegenwärtig ist, sondern Unterstützung beim Finden der eigenen Bestimmung · z.B. indem erzieherisches Handeln, Heranwachsenden dazu verhilft, ihre gesellschaftlichen Lebensbedingungen nicht einfach als gegeben hinzunehmen, sondern selbst aktiv zu gestalten und zu verändern. · 4 aufeinander aufbauende Stufen des Erziehungsprozesses: · Disziplinierung · Kultivierung · Zivilisierung · Moralisierung · Disziplinierung: „suchen zu verhüten, dass die Tierheit nicht der Menschheit, in dem Einzelnen sowohl, als gesellschaftlichen Menschen, zu schaden gereiche“ à Vorbedingung einer Erziehung, die auf die „Vervollkommnung der Menschheit“ abzielt besteht darin, dafür Sorge zu tragen, dass die tierische Natur des Menschen der „proportionierlichsten“ Entfaltung seiner spezifisch menschlichen Anlagen nicht im Wege steht. (auch Sigmund Freud ist diesem Gedankengut gefolgt, viele Denker sehen in der Beherrschung der eigenen Triebe eine zentrale Aufgabe der Erziehung) · Kultivierung: „Verschaffung der Geschicklichkeit“, also dem Kind alle Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu verschaffen, die notwendig sind, um irgendwelche „Zwecke“ zu erreichen, „Belehrung und Unterweisung“ z.B. lesen und schreiben. à Geschicklichkeit hat gesellschaftlich-historische Dimensionen, denn diese Fähigkeiten sind erst seit Durchsetzung der Schriftkultur einigermaßen unentbehrlich. · Zivilisierung: dafür zu sorgen, „dass der Mensch auch klug werde und in menschliche Gesellschaft passe, dass er beliebt sei und Einfluss habe“ àhistorische Veränderlichkeit solcher Zivilisierung, richtet sich nach wandelbaren Geschmacke jedes Zeitalters · Bei Kultivierung geht es eher um sachbezogene Fähigkeiten, bei Zivilisierung stehen soziale Kompetenzen und Haltungen im Vordergrund, die für gesellschaftliches Zusammenleben erforderlich sind (Manieren, Artigkeit und gewisse Klugheit) · Moralisierung: „Der Mensch soll nicht bloß zu allerlei Zwecken geschickt sein, sondern auch die Gesinnung bekommen, dass er nur lauter gute Zwecke erwähle. Gute Zwecke sind diejenigen, die notwendigerweise von jedermann gebilligt werden, und die jedermanns Zwecke sein können.“ Moralisierung stellt den entscheidenden Beitrag zu einer modernen Theorie der Erziehung dar · Disziplinierung, Kultivierung und Zivilisierung in der pädagogischen Praxis Kant Zeit bereits in ausreichendem Maß realisiert, Moralisierung bleibt ein noch unerreichtes Ziel · Bei Moralisierung geht es nicht um Manieren usw., sonder um das Innere des Menschen, seine Gesinnung · Kategorischer Imperativ: „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.“ · Im Unterschied zur Disziplinierung nicht durch bloße Dressur zu erreichen, es ist notwendig, dass Kinder denken lernen. Als Bsp. nennt Kant das „Laster“ es sei unendlich wichtig, Kinder von Jugend auf das Laster verabscheuen zu lehren. Nicht weil Gott es verboten hat, sondern weil es selbst verabscheuungswürdig ist.--> nicht das göttliche oder elterliche Verbot dient hier als Bezugspunkt und Instanz der Moralisierung, sondern die Einsicht in die Sache selbst. · Bleibt die Frage, wie man Kindern dies „lehren“ kann: · Er bezeichnet Prinzipien, an denen das Handeln sich ausrichten soll, als „Maximen“ und von bloßer „Disziplin“ oder „Angewohnheit“ abgrenzt · Maximen sind Prinzipien des Handelns, deren „Billigkeit“ das Kind selbst einsehe · Das Kind soll die Angemessenheit der moralischen Prinzipien, an denen sein Handeln sich orientiert, selber erkennen. · Wie können Kinder zur Einsicht(selbstständiger Gebrauch ihres Verstandes) gebracht werden? · Es braucht Zwang und Freiheit · Problem besteht darin, beides auf die richtige Weise miteinander zu verbinden -àKant: “Wie kultiviere ich die Freiheit bei dem Zwange?“ · „Freiheit“: „Unabhängigkeit von Gesetzten“, die Möglichkeit, den eigenen Willen zu folgen; art praktischer Selbstständigkeit; à Freiheit ist entscheidende Voraussetzung für Aufklärung.(Willkürfreiheit, Selbstständigkeit und Mündigkeit) · „Kultivieren“ à doppelt zu verstehen, zum einen als negative Einschränkung von Freiheit, zum anderen als positive Anleitung zum „guten“ Gebrauch der Freiheit. Die erste Bedeutung bezieht sich auf Willkürfreiheit, die zweite auf Freiheit im Sinne von Selbstständigkeit und Mündigkeit. Sofern Kultivieren der Freiheit als Einschränkung zu begreifen ist, fällt die Frage nach dem Sinn dieser Kultivierung mit der Frage nach der Notwendigkeit von Zwang zusammen. · 3 Gründe warum Zwang notwendig ist:( Kant) · „positive“ Unterwürfigkeit des Kindes (Zögling muss tun, was ihm vorgeschrieben wird). Zwang ist für Kant unvermeidlich, da Kind nur zu Fähigkeit der Nachahmung verfügt, aber noch nicht in der Lage ist, selbstständig Urteile zu treffen) Also: Einschränkung der Freiheit nur, wenn Kind sich andernfalls selbst schaden zufügen kann.--> Kant fordert, dass man das Kind von der ersten Kindheit an, in allen Stücken frei sein lasse, ausgenommen von den Dingen, wo es sich selbst schadet! · „negative“ Unterwürfigkeit: Zögling muss tun, was andere wollen, wenn er will, dass andere ihm wieder etwas zu Gefallen tun sollen. à Dialektik sozialer Beziehungen (Kind muss lernen, sich dem Willen eines anderen unterzuordnen sofern es etwas von diesem anderen will. (Die Einschränkung der Freiheit ist notwendig, sofern diese auf die Freiheit der anderen stößt und dort ihre Grenze findet. · „Kind muss unvermeidlichen Widerstand der Gesellschaft fühlen“: nur so kann es die Schwierigkeit erlernen, sich selbst zu erhalten, und unabhängig zu sein. Zwang ist notwendig im Interesse künftiger Selbstständigkeit.(Einschränkung der Freiheit nur in dem Maße gerechtfertigt, wie sie sich im Interesse künftiger Freiheit als erforderlich erweist. · Kants Begründung für die Notwendigkeit von Zwang und seine Regeln für pädagogisches Handeln sind primär als Begrenzung erzieherischer Zwangsausübung zu verstehen. à Abgesehen davon ist den Zöglingen völlige Freiheit einzuräumen!
- Erziehungsbegriff Brezinka (Koller) Erziehung als Beeinflussung psychischer Dispositionen (Brezinka) Für Brezinka sind exakte Definitionen von Termini äußerst wichtig und auch den Begriff der Erziehung erachtet er als einen der wichtigsten Grundbegriffe. Seine Definition des Erziehungsbegriffs lässt sich in 5 Bestimmungen aufteilen: Erziehung = soziales Handeln wobei Brezinka zuerst „Handeln“ definiert: Handlung ist immer zweckgerichtet und unterliegt einer Absicht. Deshalb lässt sich die Handlung auch vom Verhalten unterscheiden, da es unabsichtlich „passiert“ (z.B. blinzeln). Beim sozialen Handeln ist die Absicht/Intention auf andere Menschen gerichtet. Brezinka grenzt erzieherisches Handeln ein, indem er sagt, dass nicht jede soziale Handlung eine erzieherische ist. Soziales Handeln geschieht zw. 2 Personen, die einander nicht gleichrangig gegenüberstehen Erzieher (SUBJEKT) <=> Zögling/Educand/Adressat der Erziehung/ ErziehungsOBJEKT (hierarchisches Verhältnis zwischen den Betroffenen) Erziehung = kausales Ursache-Wirkungs-Verhältnis | | erzieherisches auf den Educanden Handeln Brezinka ist der Ansicht, dass ohne ein Kausalverhältnis zwischen dem Erzieher und dem Educanden, Erziehung nicht möglich ist. Der Erzieher will dem Educanden bestimmte Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kenntnisse, Einstellungen, Haltungen, Gesinnungen, Überzeugungen (psychische Dispositionen) beibringen, die eine bestimmte Wirkung auf den Educanden haben sollen. Wirkung betrifft das Innere (Persönlichkeit; Gefüge psych. Dispositionen) des Educanden Brezinka: Erziehung = Beeinflussung der psych. Dispositionen des Educanden Im Mittelpunkt steht nicht z.B. das Selber-Denken, sondern die Gesamtheit dieser psych. Dispositionen (sämtliche Fähigkeiten, Haltungen, Einstellungen, die eine „relativ dauerhafte Bereitschaft zum Vollzug bestimmter Erlebnisse oder Verhaltensweisen erwarten lassen) Wirkung, die im Educanden erzeugt werden soll, soll bewertet werden (Bewertung der Zwecksetzung) Erzieherisches Handeln folgt nicht einer beliebigen Lust, sondern einer Wertordnung. Der Erzieher soll sich an Normen bzw. an Idealen orientieren (was soll getan werden?). Er soll sich an bestimmte Bilder des Menschen halten (wie jemand den Educanden haben will). Deshalb sagt Brezinka: Erziehung = wertorientiertes bzw. an Normen ausgerichtetes Handeln Er gibt jedoch an, bei seiner Definition von Erziehung wertfrei vorgegangen zu sein. => Sein Erziehungsbegriff ist rein deskriptiv! Diese Definition von Erziehung weist aber auch einige Probleme auf: a) psychische Dispositionen können nicht direkt wahrgenommen werden, man kann sie nur indirekt erschließen (S.52: „aus beobachteten eigenen seelischen Erlebnissen und fremden Verhaltensweisen“) b) man kann, laut Brezinka, nicht erkennen, ob eine Handlung erzieherisch ist oder nicht, da man nicht weiß, welche Intentionen zugrunde liegen (man müsste in das Innere des Erziehers blicken oder ihn befragen, um die Absicht seines Handelns erkennen zu können, aber auch dann kann man sich nicht sicher sein, ob er die Wahrheit erzählt hat.) c) ein weiteres Problem hängt mit dem Ursache-Wirkungs-Verhältnis zusammen: die Absicht eines Erziehers ist, eine bestimmte Wirkung im Educanden hervorzubringen, doch es kann natürlich auch sein, dass diese Wirkung nie eintritt. => Ursache ohne Wirkung d) doch natürlich gibt es auch Wirkung ohne Ursache! Manche Handlungen Erwachsener rufen Wirkungen hervor, obwohl dies nicht beabsichtigt war. => Sollte man den Erziehungsbegriff vom Modell des Ursache-Wirkungs-Verhältnisses befreien? Sollte man lieber zwischen einem intentionalen und einem funktionalen Begriff von Erziehung unterscheiden? Intentional: Intention des Erziehers als entscheidendes Kriterium, ob es sich um Erziehung handelt oder nicht. Funktional: wenn eine Handlung eine Wirkung hervorruft, unabhängig davon, welche Intentionen zugrunde liegen. e) schwerwiegendstes Problem: Auffassung von Erziehung als eine Subjekt-Objekt-Relation Erzieherisches Handeln ist immer mit den Intentionen des Erziehers verbunden; aber was ist mit den Intentionen/Motiven/Wünschen/Bedürfnissen des Educanden? Dieser ist ja schließlich auch ein Subjekt!
- Erziehungsbegriff Kron (Koller) Erziehung als symbolische Interaktion (Kron) Kron unterscheidet in seinem Buch „Grundwissen Pädagogik“ (1996) zwischen Sozialisation und Enkulturation auf der einen sowie Erziehung auf der anderen Seite. Diesen Unterschied nennt er „Differenz von Sozialwerdung und Sozialmachung“. | | Die Heranwachsenden sind dem intenionaler Prozess der „Einwirkung“, Prozess der Sozialisation der auf das Individuum gerichtet ist (im Sinne der Sozialwerdung) ständig ausgesetzt; dieser Prozess könne sich auch ohne Intentionen vollziehen Kron kritisiert Brezinkas Einseitigkeit und Asymmetrie, aber auch das Ursache-Wirkungs-Verhältnis (bei Kron: Determinierungszusammenhang) Er formuliert die Frage, „wo denn die Entscheidungsfreiheit, der freie Wille, die Bedürfnisse, Interessen, Überlegungen und Meinungen des Educanden bleiben“. Dieser Auffassung Brezinkas stellt er nun seine Definition des Erziehungsbegriffes entgegen, wobei er 4 aufeinander aufbauende argumentative Schritte anführt: soziales Handeln kann als Rollenhandeln aufgefasst werden (Handelnde nehmen bestimmte Positionen ein und interagieren mit Hilfe der gegenseitigen Verhaltenserwartung) Menschliches Handeln ist weder zufällig, noch bestimmt herbeigeführt worden; es orientiert sich an Rollenvorgaben, die sich wiederum an Erwartungen orientieren. Diese Erwartungen wurden von -schriftlich fixierten Regelwerken (z.B. Gesetze) oder -impliziten Regeln, die sich aus Traditionen/Gewohnheiten ergeben, festgelegt. Da Handeln auf Sprache und Symbolsysteme basiert, nennt er seine Argumentation: symbolischer Interaktionismus Übertragung rollentheoretischer Überlegungen auf die Erziehung Demnach ist Erziehung der Prozess, indem jemand die Grundqualifikationen des Rollenhandelns erlernt bzw. ein Mitglied der Gesellschaft wird. Bei der Erziehung müssen, laut Kron, auch z.B. Tadel oder Liebesentzug, neben Lob in Kauf genommen werden. Auch in seinem Ansatz gibt es eine anthropologische Differenz (zw. Erwachsenen und Kindern). Beim sozialen Handeln treten nicht nur Intentionen des Erziehers auf, sondern auch die des Educanden. (die erzieherische Intention ist an den Bedürfnissen und Wünschen des Educanden orientiert!) Außerdem muss sich der Erzieher (auch in Konfliktsituationen) mit seinen Intentionen auf die des Educanden beziehen. „Erziehungsprozesse qualifizieren nicht nur zum Rollenhandeln, sondern haben auch einen aufklärenden und reflexiven Effekt“ (Kron 1996) Wenn die Intention des Erziehers auf Widerstand stößt, dann wird „auch über die Rollen und ihre Begründungen reflektiert“. Definition des Erziehungsbegriffs: S. 61 Da erzieherisches Handeln nur durch Sprache (Mimik und Gestik inklusive) möglich ist, hat zur Folge, dass es wechselseitig interpretiert (verstanden, gedeutet, entschlüsselt) werden muss. „Im Prozess der wechselseitigen Interpretation und Reflexion wird die anthropologische Differenz verflüssigt, die Monopolstellung der Erwachsenen relativiert und das hierarchische Verhältnis zw. Erzieher und Educandus zeitweilig außer Kraft gesetzt. => egalitäre, gleichrangige Beziehung In diesem Fall scheint das Ursache-Wirkungs-Verhältnis als ein intersubjektives Verhältnis, in dem keine Asymmetrie vorkommt.
- Diskussion der Ansätze Brezinka/Kron (Koller) Diskussion der beiden Ansätze: Deskriptive und normative Aspekte des ErziehungsbegriffsWährend Brezinka deskriptiv in seiner Argumentation vorgeht, führt Kron normative Gedanken an.Kron beschreibt Erziehung auch als einen Doppelprozess. Einerseits sollen sie lernen sozial handlungsfähig zu werden und andererseits soll er ein unverwechselbares Ich herausbilden. => nicht jede Einwirkung auf Heranwachsende, die vom Erzieher als wertvoll angesehen wird, hat den Namen Erziehung auch wirklich verdient. Kron besteht darauf, dass bestimmte Werte und Normen durchgesetzt werden müssen, wenn man individuelle Autonomie erreichen möchte.Weitere Unterschiede zwischen Brezinka und Kron: Brezinka ist der Auffassung, dass sich Grundbegriffe (wie der der Erziehung) auf die wertneurale Beschreibung von Sachverhalten beschränken sollen. Kron hingegen meint, dass eine nähere Bestimmung des Erziehungsbegriffs und der Theorie der Erziehung unvermeidlich ist. Brezinka meint zwar, dass er wertneutral argumentiert hat, doch aufgrund seiner Anführung der Subjekt-Objekt-Relation ist ihm das entgegenzuhalten. Kron gibt an, er gehe normativ vor, doch wenn man einige Aussagen genauer in Betracht zieht, ist zu erkennen, dass er ebenso deskriptiv vorgegangen ist.
- Bildungsbegriff nach Humboldt (Koller) 3.1 Das Verhältnis von Bildung und Erziehung Der Bildungsbegriff setzt bei der Beschreibung pädagogischer Sachverhalte nicht beim Erzieher an, sondern beim Zu-Erziehenden, es rückt nicht in den Vordergrund was der Erzieher beabsichtigt, sondern was der Zu-Erziehende selber tut. An die Stelle der erzieherischen Einwirkung tritt beim Bildungsbegriff in systematischer Hinsicht also der Vorgang des Sich-Bildens bzw. der Selbst-Bildung. Unter historischem Gesichtspunkt lässt sicher der Bildungsbegriff aus der Zeit um 1800 als Reaktion auf den Erziehungsbegriff der Aufklärung verstehen. Kant wollte, dass Erziehung mehr ist als nur Vorbereitung auf das Leben, er wollte einen Beitrag zur Verbesserung der menschlichen Verhältnisse, andere Pädagogen hingegen wollten Kinder vorbereiten auf die Welt, wie sie nun mal ist. Das entscheidende Stichwort lautet: Erziehung zur Brauchbarkeit. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Anforderungen, die das Arbeitsleben an die künftigen Gesellschaftsmitglieder stellt. 3.2. Die Bildungstheorie Wilhelm von Humboldts Etymologisch ist das Wort Bildung mit Bild verwandt und wird dementsprechend zunächst auf die äußere Gestalt gebraucht. Um 1800 bezieht er sich dann nicht nur auf das Äußere, sondern vor allem auf die Entwicklung der gesamten Person. Humboldt hatte eine zentrale Stelle in der preußischen Regierung (nur für kurze Zeit) und war maßgeblich an Bildungsreformen beteiligt. 3.2.1. „Die höchste und proportionirlichste Bildung seiner Kräfte zu einem Ganzen“ Den Ausgangspunkt von Humboldts Überlegungen bildet die Frage nach dem Zweck. Entscheidend ist, dass er das Ziel menschlicher Entwicklung nicht im Blick auf Anforderungen bestimmt (er beruft sich weder auf religiöse oder politische Autoritäten noch auf gesellschaftliche oder wirtschaftliche Erfordernisse der Zeit). Sein Bezugspunkt ist das Innere des Menschen. Bildung wird von Humboldt als höchste und proportionirlichste Entfaltung der menschlichen Kräfte zu einem Ganzem verstanden. Diese Formulierung lässt sich in 4 Bestimmungen zerlegen: erstens Bildung von Kräften, zweitens höchste und drittens proportionirlichste Entfaltung dieser Kräfte, die es schließlich viertens zu einem Ganzen zusammenzufassen gilt. Bei der Kräftebildung geht es nicht um Äußerlichkeiten, sein Ausgangspunkt ist der Mensch selbst. Das, was den Menschen zum Menschen macht, sind die Kräfte seiner Natur, die es zu stärken gilt. Die zweite Bestimmung, höchste Entfaltung der menschlichen Kräfte besagt, dass die menschlichen Anlagen so weit wie möglich entwickelt werden sollen. Die dritte Bestimmung lautet proportionierlichste Entfaltung der menschlichen Kräfte. Im Prozess der Bildung sollen die verschiedenen Kräfte also gleichmäßig zueinander entwickelt werden. Die vierte Bestimmung lautet Entfaltung der Kräfte zu einem Ganzen. Die einzelnen Kräfte oder Anlagen sollen nicht isoliert oder in Konkurrenz zueinander entwickelt werden, sonder zu einem harmonischen Gesamten. Humboldt fordert, dass Menschen danach beurteilt werden, inwiefern es ihnen gelungen ist Potentiale auszuschöpfen. Weitere Forderung: bei der Entfaltung menschlicher Kräfte soll man auch die Verschiedenheit der Köpfe Rücksicht nehmen. Was aber mit der ersten Forderung in Konflikt tritt. 3.2.2. Bildung als „Wechselwirkung“ von Ich und Welt Humboldt denkt Entwicklung nicht als Einwirkung von außen, sondern als Entfaltung von Innen. Bildung im Sinne der Entwicklung aller Kräfte ist für Humboldt nicht im Bezug des Menschen auf sich selber möglich, sondern nur, indem der Mensch sich an einem Gegenstand abarbeitet, der außerhalb seiner selbst liegt. Humboldts Bezeichnung für diesen Gegenstand lautet „Welt“, und die Beziehung, in die der sich bildende Mensch zu dieser Welt treten soll, wird von ihm als „Wechselwirkung“ zwischen Ich und Welt beschrieben. Die Wechselwirkung lässt sich in 3 Bestimmung zerlegen: sie soll allgemein, rege und frei sein. frei: die Forderung nach Freiheit besitzt auch politische Implikationen (auch durch die französische Revolution). Die Freiheit zielt nach der „freiesten Wechselwirkung“ von Ich und Welt vor allem auf bürgerliche Freiheitsrechte und einen freien Zugang aller Menschen zu möglichst vielen Aspekten von „Welt“. Dem ähnelt auch Humboldts Vorstellungen von schulischer Bildung, indem er Allgemeinbildung für alle forderte, was damals aber nicht umsetzbar war. Rege: Humboldt schreibt in diesem Prozess beiden Seiten, d.h. sowohl dem „Ich“ als auch der „Welt“ eine rege, aktive Rolle zu. Kein bloß rezeptives Geschehen, sondern eine aktive Aneignung der Welt. Allgemein: Mannigfaltigkeit der Situationen. Bildung im Sinne der umfassenden Entwicklung aller Kräfte bedarf Humboldt zufolge einer vielseitigen, abwechslungsreichen Umgebung, durch die möglichst alle Kräfte angesprochen werden. 3.2.3. Sprache(n) als Gegenstand und Medium von Bildung Sprache hat laut Humboldt eine besondere Bedeutung im Blick auf die bildende Wechselwirkung des Menschen mit der Welt. Die Auseinandersetzung mit Sprache setzt bei der Frage ein, welche Funktion der Sprache innerhalb dieser bildenden Wechselwirkung zukommt. Den Kern seiner Sprachphilosophie macht dabei eine Konzeption von Sprache aus, in der diese als Vermittlerin sowohl zwischen Ich und Welt als auch zwischen Ich und Du aufgefasst wird. Humboldts Betonung der Vielfalt und Verschiedenheit der Sprachen hat unmittelbare Relevanz für seine Bildungstheorie. Denn wenn Sprache das entscheidende Medium jener bildenden Wechselwirkung von Ich und Welt ist, dann kommt der Verschiedenheit der Sprachen eine wichtige Bedeutung für die bildende Auseinandersetzung des Menschen mit der Welt bzw. mit andern Menschen zu. 3.3 Zur Aktualität von Humboldts Bildungstheorie Humboldts Bildungstheorie könnte aus heutiger Sicht leicht als überholt gelten. Es ist aber gar nicht so unzeitgemäß. In pädagogischer Hinsicht könnte man es für unverzichtbar halten, über einen Begriff von Bildung zu verfügen, der sich nicht in der Orientierung am Äußern beschäftigt. Und gerade seine Betonung der Sprachenvielfalt ist angesichts heutiger gesellschaftlich-kultureller Entwicklung wieder aktuell. Die Betrachtungen der Szene aus about a Boy macht deutlich, dass Humboldts Theorie in der Lage ist, zur Analyse und Interpretation der Entwicklung von Jugendlichen beizutragen, aber sie verweist auch auf die Grenzen, die darin bestehen, dass deren letztlich harmonische Auffassung der Vielfalt und Verschiedenheit von Sprachen der Pluralität (post)moderner Gesellschaften nicht mehr gerecht wird.