organisationssoziologie (Fach) / Luhmann (Lektion)
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Formalisierung etc
Diese Lektion wurde von LauraKraemling erstellt.
- Luhmann unterscheidet System und Umwelt. Was ist die Organisation darin? Organisation ist kein ganzes, das aus Teilen besteht und mit bestimmten Mitteln versucht, einen definierten Zweck zu erreichen, sondern ein System, das seinen Bestand in einer veränderlichen Umwelt invariant hält.
- Was sind Handlungssysteme? Ein Zusammenhang mehrerer Handlungen, die durch ihren gemeinten Sinn aufeinander verweisen
- Auf welcher Ebene vollzieht sich die Systembildung? Ebene der Verhaltenserwartungen nicht auf der Ebene einzelner Handlungen
- Was sind Konkrete Personen? Für Handlungssysteme: Umwelt Personen sind Aktionssysteme eigener Art, die durch einzelne Handlungen in verschiedene Sozialsysteme hineingeflochten sind, als System jedoch außerhalb des Sozialsystems stehen
- Gehören konkrete Personen zu einem Handlungssystem? Wie sind Person und System verknüpft? Nein Systeme verknüpfen nicht Personen mit anderen Personen Systeme schließen keineswegs alle Handlungen der beteiligten Personen ein, sondern nur diejenigen Handlungen, die ihrem gemeinten Sinn nach aufeinander verweisen
- Was sind Handlungssysteme für Komlpexe? Ereigniskomplexe, die durch stabile Erwartungen Sinn und Begrenzung erhalten
- Können konkrete Handlungen mehreren Systemen zugleich zugerechnet werden? Ja
- Was sind formale Erwartungen? Erwartungen sind formalisiert, wenn sie in einem sozialen System durch die Mitgliedschaftsregel gedeckt ist, wenn erkennbar Konsens darüber besteht, dass die Nichtanerkennung oder Nichterfüllung dieser Erwartungen mit der Fortsetzung der Mitgliedschaft unvereinbar ist
- Was hat es zu bedeuten, dass formale Erwartungen herausgehobene Erwartungen sind? es geht nicht um einfache Erwartungen konkreter Personen Die Mitglieder einer Organisation können diese herausgehobenen Erwartungen die Annerkennung nicht verweigern, ohne ihre Mitgliedschaft zu riskiern
- Was sind die Besonderheiten der Mitgliedsrolle? Andere Rollen können nur in Kombination mit der Mitgliedsrolle übernommen werden Eintritt oder Austritt in die Organsation setzt eine Entscheidung vorraus: entweder werde ich Mitglied oder ich werde es nicht; Entweder ich verlasse die Organisation oder ich bleibe
- Wozu führt die Eintrittsentscheidung? Zu einer homogenen Mitgliedschaftsmotivation
- Womit kann die Organisation bei ihren Mitgliedern rechnen? Folgebereitschaft, ohne sie fallweise motivieren zu müssen
- Worauf beruht die Festigkeit der homogenen Mitgliedschaftsmotivation? (Und worauf nicht)? nicht auf inneren Annerkennung oder der äußeren Sanktionen auf der Möglichkeit, bei Nichterfüllung der formalen Erwartungen, einzelne Mitglieder jederzeit auswechseln zu können
- Was ist die erste wichtige Funktion der Formalisierung? das Verhalten der Mitglieder gegen einzelne Abweichungen und Enttäuschungen, gegen Zusammenhangslosigkeit und Widersprüche sowie gegen Dissens abzusichern
- Was ist die Zeitliche Generalisierung? Erwartungen erhalten den Charakter einer Norm. Wenn eine Erwartung die Qualität einer Norm aufweist, kann man an ihr festhalten, auch wenn sie im Einzelfall enttäuscht wird
- Was ist die Sachliche Generalisierung? die normativ gestützte Erwartung wird sachlich in Typen zusammenhängender Verhaltensweisen, also in Rollen stabilisiert
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- Was ist die Soziale Generalisierung? Das Ausmaß an Konsens, der über bestimmte Rollen erreicht werden kann, ist der Ausdruck der Institutionalisierung normativ verankerter Verhaltenserwartung
- Was bedeutet Komplexitätssteigerung durch Komplexitätsreduktion? Eine weitere Funktion der Formalisierung Komplexität wird durch formale Strukturen reduziert so wird Spielraum und Bewegungsfreiheit für die Bewältigung neuer, komplexer Anforderungen zu gewonnen
- Wieso sind intern differnenzierte Systeme umweltangepasster als nicht differenzierte Systeme? Sie können mehr Komplexität abbilden
- Wovon werden Organisationen von den intern differenzierten Strukturen entlastet? ihr Handeln laufend auf Widerspruchsfreiheit hin zu überprüfen
- Was trennt die Motivation der Mitglieder vom Organisationszweck? Was ist nicht die zentrale Quelle der Arbeitsmotivation der Mitglieder? Formalisierung Der Zweck einer Organisation ist nicht die zentrale Quelle der Arbeitsmotivation der Mitglieder
- Wieso akzeptieren Mitglieder die mit der Mitgliedschaft verbundenen formalen Erwartungen? Womit stattet die Organisation die Mitglieder aus und andersrum? weil ihnen ein festes Gehalt bezahlt wird die Organisation stattet ihre Mitglieder mit allgemeiner Zahlungsfähigkeit aus Im Gegenzug statten die Mitglieder die Organisation mit allgemeiner Handlungsfähigkeit aus
- Was ist das Gute daran, dass mit der Mitgliedschaft ein bestimmtes Grundkapital an Motivation gartantiert wird? die Vorgesetzten werden entlastet, bei jeder Entscheidung zu bedenken, ob sie den Mitarbeitern gefallen und ob sie die Zusammenarbeit gefährden
- Beschreibe die Trennung von Teilnahme- und Leistungsmotivation! Teilnahmemotivation wird durch eine gewisse Indifferenz bei der täglichen Arbeitseinstellung erkauft Das Problem der Leistungsmotivation ist eine Folge der Formalisierung, die sich selbst nicht formalisieren lässt
- Was sind Grenzstellen? Spezielle Rollen oder Organisationseinheiten, die für den Verkehr mit einem bestimmten Umweltsektor zuständig sind
- Was machen Grenzstellen? Sie Handeln stellvertretend für das Gesamtsystem und interpretieren die Umwelt für das System: „Sie müssen Umweltinformationen sichten und sieben und sie in eine Sprache bringen, die im System verstanden und akzeptiert wird"
- Wie lässt sich das Aktivitätsspektrum von Grenzstellen formalisieren? Elastische Entscheidungsprogrammierung: konditionale und Zweckprogrammierung Einrichtung besonderer Kontaktstellen ohne vollen Mitgliederstatus Kommunikationswegregelungen: Recht auf Beteiligung an allen Vorgängen, bei denen Umweltkontakt entsteht Hoher formaler Status: dies erleichtert systeminterne Kommunikationen und dieÜbernahme von Verantwortung
- Was versteht man unter "brauchbarer Illegalität"? Adaptive Strategien in einer sich ändernden Umwelt und infolge inkompatibler Erwartungen durch interne Differenzierung.
- Eine formale Ordnung, die illegales und zwielichtiges Handeln braucht, bringt mindestens zwei Nachteile mit sich: Welche? Hilfshandlungen des Schützens und Versteckens sind notwendig, die jedoch nicht den normalen Betrieb stören dürfen. Personalwechsel in Ämtern sind sensible Angelegenheiten: „Man kann von den Neulingen, aber auch von zeitweiligen Vertretern, nicht erwarten, dass sie abweichende Praktiken fortsetzen“
- Beschreibe die Folgestudie von Luhmann mit den Grenzstellen! Einrichtungen der wissenschaftlichen Weiterbildung und des Technologietransfers sind schwache Formen von Grenzstellen, die als Bindeglied zwischen Universität und Privatwirtschaft fungieren. „Forschungsleitend ist die Vermutung, dass die Wahrscheinlichkeit für einen Einbezug der zentralen Einheiten des Technologietransfers und der wissenschaftlichen Weiterbildung umso höher ist, je stärker die dort arbeitenden Personen selbst Berufserfahrungen außerhalb des Wissenschaftssystems sammeln konnten, um so einerseits eine besondere Sensibilität für die Funktionslogik des Wirtschaftssystems zu haben, andererseits auf bereits bestehende Kontaktnetzwerke zurückzugreifen und diese für ihre Arbeit nutzbar machen zu können“(S. 39) Empirische Basis: Befragung in 2009; 45 ausgefüllte Fragebögen (30% Rücklauf) bei Mitarbeitern in Zentren der wissenschaftlichen Weiterbildung; 90 ausgefüllte Fragebögen (57% Rücklauf) bei Mitarbeitern von Technologietransferstellen; 58 Fragebögen Universitäten, 50 Fragebögen Fachhochschulen. Empirische Befunde: Wissenschaftliche Weiterbildung: 46% der FH-Mitarbeiter, aber nur 24% der Uni-Mitarbeiter verfügen über Berufserfahrungen in der Privatwirtschaft;technologietransfer : keine Unterschiede zwischen FHs und Unis, 5 9 % verfügen über Berufserfahrungen in der Privatwirtschaft.WW: überproportional sozialwissenschaftlicher Studienhintergrund; TT:überproportional wirtschafts- und ingenieurwissenschaftlicher Studienhintergrund.Beschäftigungsverhältnis unmittelbar vor Einstellung in der WW und im TT: im Wesentlichen waren die Mitarbeiterinnen im Wissenschafts bzw. Hochschulbereich beschäftigt und wechseln von dort in die WW und den TT. „Grundsätzlich gilt, dass Einrichtungen des Technologietransfers und der wissenschaftlichen Weiterbildung an deutschen Hochschulen nicht als Grenzstellen zur Wirtschaft im Sinne der ursprünglich von Luhmann eingeführten und in der Sekundärliteratur verwendeten Definition bezeichnet werden können.“ (Kloke/Krücken 2010: 49) Dennoch leisten diese Grenzstellen „durchaus die Übersetzung von externen, auf engere und direkte Wirtschaftsbeziehungen abzielenden Erwartungen in die Organisation“; sie stellen damit „einen Puffer gegenüber diesen vor allem aus der Politik und der Wirtschaft stammenden Erwartungen dar und verhindern, dass sie direkt und ungefiltert auf die Organisation einwirken“ (Kloke/Krücken 2010: 49)
- Beschreibe die Folgestudie mit Siemens! Einige Fakten zum Korruptions-und Schmiergeldskandal bei Siemens: Ca. 1,3 Mrd. Euro wurden zwischen 2000 und 2006 für Schmiergeldzahlungenverwendet. Mehrere öffentlichkeitswirksame Gerichtsprozesse in Deutschland und den USA, auch Strafverfahren durch die Europäische Kommission. Finanzielle Konsequenzen: 450 Mio. Dollar Strafzahlung an das Department of Justice, 350 Mio. Dollar Strafzahlung an die Stock Exchange Commission, 400Mio. Euro Strafzahlung an die Europäische Kommission, 600 Mio. Euro Bußgeld in Deutschland. Personelle Konsequenzen: Rücktritt des Aufsichtsratsvorsitzenden Heinrich von Pierer und des Vorstandsvorsitzenden Klaus Kleinfeld (2007); Festnahmen und Verurteilungen mehrerer hochrangiger SiemensManager wg. Untreue zu Bewährungs- und Geldstrafen (2007-2014); Selbstmord des früheren Finnzvorstands von Siemens (2015). Im Juli 2001 erfährt der Bereichsvorstand Kommunikation (COM) von der Compliance-Abteilung, dass Ermittlungen der Schweizer Steuerbehörden im Zusammenhang von Vorwürfen der Schmiergeldzahlungen seines Bereichs in Nigeria laufen. Im gleichen Monat weiht ein leitender COM-Mitarbeiter den Bereichsvorstand in die illegalen Geschäftspraktiken ein Es gibt ein eigens für diese Praktiken entwickeltes Formular Es gilt das Vieraugenprinzip: zwei Vorgesetzte unterschreiben. Unterschrieben wird nicht das Formular direkt, sondern Klebezettel (post-it), die man wieder entfernen kann. Unterredungen finden in nicht-dienstlichen Räumen (Wirtshaus) statt und beinhalten schriftlose Entscheidungen (Augenkontakt, Schweigen) Keiner der beteiligten Manager veruntreut Gelder zur Selbstbereicherung, sondern sie setzen das Geld “im Interesse“ von Siemens ein, um auf ausländischen Märkten Aufträge zu erhalten: „We calculated that we would lose a billion Euro in revenues, when not doing business in countries where one has to pay bribes. That was every fourth Euro in revenues in thisbranch. The entire fixed-networks buiness with ist 56.000 employees was doomed to die, it would have gone down“ (Reinhard S., zitiert von Klinkhammer 2013, S. 200) Die beteiligten Manager wussten von der Illegalität ihrer Aktivitäten, aber sie wähnten sich im Glauben, dass Siemens sie schützen würde :„At that time, a circular letter from headquarters made us aware of the penalization. Weread it and filed it. We thought, in case something happened, there would be protection anyway“ (Reinhard S., zitiert von Klinkhammer 2013, S. 200).