Phonologie (Fach) / 5. Die Vokale des Deutschen (Lektion)

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Diese Lektion wurde von Timo87 erstellt.

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  • „Welche Vokale gibt es im Deutschen?“ ist mehrdeutig: • Welche phonetischen Vokale gibt es im Deutschen?• Welche phonologischen Vokale gibt es im Deutschen? Unterschied im Gehalt der Laute: Beispiel aus dem Bereich der Konsonanten (s. letzte Woche): p als phonetischer und als phonologischer Laut  [p]      {+bilabial, +plosiv, -stimmhaft, -aspiriert} /p/  {+bilabial, +plosiv, -stimmhaft} ->  Die Beschreibung der Phoneme des Deutschen schließt die Identifizierung der distinktiven Merkmale ein, aus denen der Gehalt entsprechender Laute besteht.
  • Vollvokale vs. Reduktionsvokale (Vokalklassen I) Vollvokale: treten in betonten und unbetonten Silben auf Reduktionsvokale: treten nur in unbetonten Silben auf (für Ausnahmen s.u.)          Reduktionsvokale des Deutschen:           [ə]   (Schwa)           [ɐ]   (a-Schwa)
  • Monophthonge vs. Diphthonge (Vokalklassen II) Die Unterscheidung zwischen phonologischen Monophthongen und Diphthongen erfolgt analog zu der der entsprechenden phonetischen Laute: • Monophthonge sind vokalische Einheiten, die keine bedeutsame Änderung der Lautqualität aufweisen. • Diphthonge sind vokalische Einheiten, die eine bedeutsame Änderung der Lautqualität aufweisen. Sie lassen sich als Folgen zweier (phonetischer!) Laute auffassen, die innerhalb einer Silbe realisiert werden.  • Umstritten ist die Frage, ob phonologische Diphthonge aus Folgen zweier phonologischer Laute bestehen und entsprechend als diphonematisch zu werten sind, oder ob sie aus einem phonologischen Laut bestehen und entsprechend als monophonematisch zu werten sind.
  • Monophthonge des Dt. (Siehe Folie 8) ...
  • Minimalpaare für Vollvokale, die sich nur aufgrund der Zungenhöhe/des Öffnungsrades unterscheiden (Siehe Folie 9) ...
  • Minimalpaare für Vollvokale, die sich nur aufgrund der Zungenlage unterscheiden (Siehe Folie 10) ...
  • Minimalpaare für Vollvokale, die sich nur aufgrund von Gerundeheit unterscheiden (Siehe Folie 11) ...
  • Alternative distinktive Merkmalsdimensionen für Vokale Gespanntheit (Siehe Folie 12) Wie ist Gespanntheit definiert? Zwei Auffassungen: Ungespannte Vokale werden mit geringerer ‚Muskelspannung‘ als ihre gespannten Entsprechungen realisiert. Ungespannte Vokale sind ‚zentralisierter‘ (bezogen auf die Zungenlage) als ihre gespannten Entsprechungen.
  • Unterscheidung distinktiver Vokale: Problemfälle: e- und a-Laute Zentrale Frage: •Kommt das Merkmal [±gespannt] auch zur Unterscheidung zwischen /ɛ/ und /ɛː/ sowie zwischen /a/ und /aː/ infrage? •Oder muss man hier die Dauer als distinktiv ansetzen?   Zwei Gründe für die Anwendbarkeit des Merkmals [±gespannt]: 1.  Artikulatorisch dürfte ein geringer Gespanntheitsunterschied bestehen. Die kürzeren Laute /ɛ/ und /a/ dürften etwas zentraler realisiert werden, da die Zunge weniger Zeit hat, eine extreme Position einzunehmen. 2.  Auch wenn (1) nicht zutrifft, lässt sich ein allgemeines Merkmal [±gespannt] anwenden. Dann besteht die Besonderheit der Vokalpaare /ɛ ɛː/ und /a aː/ darin, dass der Gespanntheitsunterschied nicht als Unterschied der Vokaldauer und der Vokalqualität wahrnehmbar ist wie bei den geschlossenen und mittleren Vokalen, sondern nur oder primär als Unterschied der Vokaldauer.
  • Distinktive Merkmale der Monophthonge des Dt. +/- vorn +/- geschlossen +/- gerundet +/- gespannt Beispiele: Siehe Folie 15... Phonetisch-phonematische‘ Schreibweise (K. Kohler): Phoneme werden bei Bedarf mit Merkmalen notiert, die nicht distinktiv sind. Hier: Die gespannten, phonetisch langen Vokale werden mit Längenzeichen notiert, obwohl kein distinktives Merkmal für Vokaldauer angesetzt wird.
  • Rolle der Vokaldauer? Alle gespannten Vokale in der Tabelle sind phonetisch länger als ihre ungespannten Entsprechungen. Warum wird dann nicht [±lang] anstelle von [±gespannt] als distinktives Merkmal angesetzt, wie z.B. bei Ternes (1999)? Dann würde das Deutsche wie das Finnische oder Estnische als  Quantitätssprache behandelt. Die Gespanntheitsunterschiede würden als Mittel zur Kontrastverstärkung des Dauerunterschiedes interpretiert. Nachteile Das Deutsche würde sich von typischen Quantitätssprachen dadurch unterscheiden, dass nur in zwei Fällen, nämlich bei /ɛ/ - /ɛː/ und bei /a/ - /aː/, die Dauer das alleinige oder primäre Unterscheidungsmerkmal wäre. In allen übrigen Fällen gehen Dauerunterschiede mit Gespanntheitsunterschieden einher. In unbetonten Silben von Fremdwörtern ist bei den geschlossenen und mittleren Vokalen nur die Vokalqualität relevant.
  • Binäre vs. privative Merkmale In den Tabellen wurden binäre Merkmale als distinktiv angesetzt. Neuere Ansätze bevorzugen oft privative Merkmale. Binäres Merkmal: Zwei Merkmalausprägungen: + und - Privatives Merkmal: Eine Merkmalsausprägung: Das Merkmal wird einem Objekt zugesprochen oder nicht Beispiel: Gerundetheit Binäres Merkmal: [± gerundet] Bildung zweier Klassen: Klasse der gerundeten Laute und Klasse der ungerundeten Laute Privatives Merkmal: LAB (für labial, ‚mit den Lippen gebildet‘) Bildung einer Klasse: Klasse der gerundeten Laute Ein privatives Merkmal für Gerundetheit wäre dann vorteilhaft, wenn die Klasse der ungerundeten Vokale ansonsten wenig Gemeinsamkeiten aufwiese.
  • Diphtonge: Vollvokal + Vollvokal (Siehe Folie 19) ...
  • Diphtonge: Vollvokal + Reduktionsvokal •Nur phonetisch Diphthonge •Sie bilden Realisierungen einer Phonemkette bestehend aus Monophthong + /ʀ/ Beispiele auf Folie 20!!!
  • Echte Diphthonge /aɪ/, /aʊ/, /ɔɪ/: Monophonematisch oder diphonematisch? Pro monophonematische Wertung: • Austauschbarkeit mit gespannten Längen (z.B. reise - rase)  Pro diphonematische Wertung: • Austauschbarkeit mit Sequenzen aus ungespanntem Vokal + Konsonant (leide - lande)• Bei /ɔɪ/: austauschbar mit gespannter Länge nur bei Änderung der Vokalqualität des ersten Bestandteils (Bsp. säugen - sogen: /ɔɪ/ - /oː/)     ->  Der erste Diphthongbestandteil verhält sich nicht wie die erste Hälfte eines Langvokals.
  • Besondere Diphthonge in Fremdwörtern Steigende Diphtonge:Diphthonge, deren ‚Schwerpunkt‘ auf dem zweiten Bestandteil liegt: spezial Davon zu unterscheiden: heterosyllabische Vokalfolgen (Vokalfolgen, die auf zwei Silben verteilt sind): du-ell  (intervokalischer glottaler Verschlusslaut mögl.)  
  • Besondere Diphthonge in Fremdwörtern Steigende Diphtonge:Diphthonge, deren ‚Schwerpunkt‘ auf dem zweiten Bestandteil liegt: spezial Davon zu unterscheiden: heterosyllabische Vokalfolgen (Vokalfolgen, die auf zwei Silben verteilt sind): du-ell  (intervokalischer glottaler Verschlusslaut mögl.)  
  • Besondere Diphthonge in Fremdwörtern Steigende Diphtonge:Diphthonge, deren ‚Schwerpunkt‘ auf dem zweiten Bestandteil liegt: spezial Davon zu unterscheiden: heterosyllabische Vokalfolgen (Vokalfolgen, die auf zwei Silben verteilt sind): du-ell  (intervokalischer glottaler Verschlusslaut mögl.)  
  • Reduktionsvokale • Reduktionsvokale des Deutschen: Schwa und a-Schwa• zentrale Vokale (bei Schwa Zunge in ‚Ruhelage‘)• treten in unterschiedlichen Positionen auf (Beispiele Folie 24) treten nicht in betonten Silben auf außer bei Häufung von Reduktionssilben. Hier können Silben mit Reduktionsvokal in betonter (metrisch prominenter Silbe) auftreten. Beispiel: Sie gedachte 'munt[ɐ],r[ɐ]r[ɐ] Stunden Reduktionsvokale treten insbesondere nicht auf betonten Silben auf, die einen Wortakzent tragen. Ausnahme: korrektiver Fokus. Beispiel: Ich habe habe „Lehr[ɐ]“ gesagt, nicht „Lehr[ə]“.
  • Sind Schwa und a-Schwa eigene Phoneme? Status von a-Schwa • zurückführbar aus /əʀ/• dafür spricht unter anderem: /ʀ/ wird konsonantisch realisiert, wenn nach dem Reduktionsvokal eine Silbengrenze auftritt (male - Maler - Malerin)
  • Status von Schwa •Verhält sich wie ein (stellungsbeschränktes) Phonem•Aber worin besteht sein phonologischer Gehalt?•Scheinbare Minimalpaare: Mott[o] - Mott[ə] , G[a]rant - g[ə]rannt Aber: Änderung der metrischen Struktur. Dies zeigt sich daran, dass Silben, die Schwa enthalten, weiter reduzierbar sind als solche, die Vollvokale enthalten. Beispiel (Folie 26): Hirten - Hirtn, aber nicht Hirtin - Hirtn. oberen - obern - oban, aber nicht Oberin - Obern - Oban
  • These: Die Hauptfunktion von Schwa im heutigen Standarddeutschen besteht darin, eine bestimmte Silbenzahl sicherzustellen. • Reduktion von Schwa führt zur Verminderung der Silbenzahl   Beispiele: gehen - gehn (Siehe Folie 27) Relevanz dieser Funktion von Schwa: • Phonologischer Gehalt von Schwa enthält : [+son]• Distinktiv ist dieses Merkmal nicht bezgl. anderer Vokale, sondern bzgl. aller Laute, die nicht den Silbenkern bilden können.