Klinische Psychologie Abschlussprüfung (Fach) / 20) Hyperkinetische Störung (Lektion)
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Beschreibung, Modelle und Behandlung
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- Beschreibung der Hyperkinetischen Störung Hyperkinetische und oppositionelle Verhaltensstörungen umfassen ein breites Spektrum an hyperaktiven, impulsiven, unaufmerksamen, oppositionellen und aggressiven Verhaltensweisen, die häufig gemeinsam auftreten, aber auch als getrennte Störungen vorkommen können. Mitunter werden dieses Störungen unter den Begriffen der disruptiven Störungen oder der externalen Störungen subsumiert Impulsivität bezeichnet das plötzliche und un-bedachte Handeln oder auch die vermeintliche Unfähig-keit, abzuwarten und Bedürfnisse aufzuschieben. Hyperaktivität bezeichnet eine nicht altersgerechte, desorganisierte, mangelhaft regulierte und überschießende motorische Aktivität oder ausgeprägte Ruhelosigkeit, die besonders in Situationen auftritt, die relative Ruhe und Ausdauer verlangen (z. B. Unterricht) Störungen der Aufmerksamkeit treten vor allem bei Beschäftigungen auf, die eine kognitive Anstrengung erfordern oder als besonders langweilig und ermüdend erlebt werden. Das Hauptmerkmal von oppositionellem Trotzverhalten ist ein Muster von wiederkehrenden negativistischen, trotzigen, ungehorsamen und feindseligen Verhaltensweisen gegenüber Autoritätspersonen. Die beschriebenen Symptome lassen sich vor allem zwei Diagnosen zuordnen, die häufig auch gemeinsam auftreten: hyperkinetische Störung (HKS nach ICD 10) bzw. der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS nach DSM IV) Störung mit oppositionellem Trotzverhalten
- DSM IV und ICD 10 Kriterien für Hyperkinetische Störung / ADHS a) Unaufmerksamkeit (Aufmerksamkeitsstörung), Beachtet häufig Einzelheiten nicht oder macht Flüchtigkeitsfehler bei den Schularbeiten, bei der Arbeit oder bei anderen Tätigkeiten. Hat oft Schwierigkeiten, längere Zeit die Aufmerksamkeit bei Aufgaben oder Spielen aufrechtzuerhalten. Scheint häufig nicht zuzuhören, wenn andere ihn ansprechen. Führt häufig Anweisungen anderer nicht vollständig durch und kann Schularbeiten, andere Arbeiten oder Pflichten am Arbeitsplatz nicht zu Ende bringen (nicht aufgrund von oppositionellem Ver-halten oder Verständnisschwierigkeiten). Hat häufig Schwierigkeiten, Aufgaben und Aktivitäten zu organisieren. Vermeidet häufig, hat eine Abneigung gegen oder beschäftigt sich häufig nur widerwillig mit Aufgaben, die länger andauernde geistige Anstrengungen erfordern (wie Mitarbeit im Unter-richt oder Hausaufgaben). Verliert häufig Gegenstände, die er/sie für Aufgaben oder Aktivitäten benötigt (z. B. Spielsachen, Hausaufgabenhefte, Stifte, Bücher oder Werkzeug). Lässt sich oft durch äußere Reize leicht ablenken. Ist bei Alltagstätigkeiten häufig vergesslich. b) Hyperaktivität: Zappelt häufig mit Händen oder Füßen oder rutscht auf dem Stuhl herum. Steht {häufig} in der Klasse oder in anderen Situationen auf, in denen Sitzenbleiben erwartet wird. Läuft häufig herum oder klettert exzessiv in Situationen, in denen dies unpassend ist (bei Jugendlichen oder Erwachsenen kann dies auf ein subjektives Unruhegefühl beschränkt bleiben). Hat häufig Schwierigkeiten, ruhig zu spielen oder sich mit Freizeitaktivitäten ruhig zu beschäftigen. {Ist häufig »auf Achse« oder handelt oftmals, als wäre er »getrieben«.} - NUR IN DSM [Zeigt ein anhaltendes Muster exzessiver moto-rischer Aktivität, das durch die soziale Umgebung oder durch Aufforderungen nicht durchgreifend beeinflussbar ist.] - NUR IN ICD c) Impulsivität Platzt häufig mit der Antwort heraus, bevor die Frage zu Ende gestellt ist. Kann häufig nur schwer warten, bis er/sie an der Reihe ist [bei Spielen oder in Gruppensituationen].- NUR IN ICD Unterbricht und stört andere häufig (platzt z. B. in Gespräche oder in Spiele anderer hinein). Redet häufig übermäßig viel [ohne angemessen auf soziale Beschränkungen zu reagieren]. - NUR IN ICD {Im DSM-IV unter Hyperaktivität subsumiert.} Beide Diagnosesysteme legen zudem weitgehend übereinstimmend fest, dass für eine entsprechende Diagnose: die Symptome mindestens 6 Monate lang in einem dem Entwicklungsstand des Kindes nicht zu vereinbarenden und unangemessenem Ausmaß vorliegen; die Störungen bzw. einige beeinträchtigende Symptome der Störung bereits vor dem Alter von 7 Jahren auftre-ten; die Beeinträchtigungen durch diese Symptome sich in zwei oder mehr Lebensbereichen manifestieren; deutliche Hinweise auf klinisch bedeutsame Beein-trächtigungen in sozialen, schulischen oder beruflichen Funktionsbereichen vorhanden sein müssen. Im DSM-IV sind dagegen drei Subtypen spezifiziert: der Mischtyp einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperak-tivitätsstörung, bei dem sowohl Aufmerksamkeitsstö-rung als auch Hyperaktivität/Impulsivität vorliegen; der vorherrschend unaufmerksame Typ, bei dem vor allem Aufmerksamkeitsstörungen vorliegen, während Hyperaktivität/Impulsivität nicht oder nicht hinrei-chend stark ausgeprägt sind; der vorherrschend hyperaktiv-impulsive Typ, bei dem vor allem Hyperaktivität/Impulsivität vorliegt, während Aufmerksamkeitsstörungen nicht oder nicht hinrei-chend stark ausgeprägt sind. Unterscheidung nach ICD-10: a) Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (F90.0) b) Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens (F90.1), bei der sowohl die Kriterien für eine hyperkinetische Störung als auch für eine Störung des Sozialverhaltens erfüllt sind. Diese Kombinationsdiagnose wird durch die Häufigkeit begründet, mit der beide Störungen gemeinsam auftreten, und mit der im Vergleich zur einfachen Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung vermutlich ungünstigeren Prognose. Ausschlusskriterien sind bei beiden Klassifikationssystemen die Diagnosen einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung, Schizophrenie anderen psychotischen Störung.
- Ätiologie der Hyperkinetischen Störung sehr große Bedeutung der genentiscshen Faktoren: Heritabilität, d. h. den Anteil der Varianz der hyperkinetischen Symptomatik, der durch genetische Variationen determiniert ist, beträgt ca. 76% "erzwingende Interaktionen" in Eltern-Kind-Beziehungen: mangelnde Regelbefolgung, oppositionelles und aggressives, aber auch hyperaktiv-im-pulsives und unaufmerksames Verhalten des Kindes eher noch zunehmen, weil das Kind durch das Nachgeben der Eltern letztendlich für sein oppositionelles und impulsives Verhalten negativ verstärkt wird oder durch das Vorbild der Eltern erfährt, dass aggressiv-erzwingendes Verhalten letzt-endlich erfolgreich ist → gemeinsame Endstrecke bei Entstehung der Störung erworbene Hirnschädigungen durch Nikotin- und Alkoholgenuss der Mutter in der Schwangerschaft, geringes Geburtsgewicht Rolle der Ernährung ist fraglich, es gibt jedoch Hinweise auf den Zusammenhang mit der erhöhten Einnahme ungesättigter Fettsäuren und ADHS Psychosoziale Faktoren (sozioökono-mischer Status, ungünstige familiäre Bedingungen, vor allem unvollständige Familien, überbelegte Wohnungen und psychische Störung der Mutter, als Risikofaktoren für die Entwicklung): können die Entwicklung und Aufrechterhaltung der Störung im Sinne eines Vulnerabilitäts-Risikomodells bei neurobiologischen Prädisposition beeinflussen. Neurobiologische Faktoren: strukturelle und funktionelle zerebrale Auffälligkeiten: vermindertes zerebrales Gesamtvolumen, Veränderungen im EEG Neuropsychologische Faktoren: Störung der Selbstregulation (Störungen der Hemmung oder der Verzögerung von Reaktionen und der exekutiven Funktionen) Motivationale Faktoren: "delay-aversion"-Theorie: die mangelnde Hemmung von Reaktionen nicht durch ein grundlegendes Defizit, sondern durch eine motivationale Störung bedingt.
- Therapei der ADHS / der Hyperkinetischen Störung Bei der Planung einer multimodalen Behandlung und der Auswahl der Interventionsformen sollte darauf geachtet werden, dass die Therapie dort ansetzt, wo die Probleme auftreten – beim Kind, in der Fami-lie, in der Schule, bei den Aufmerksamkeitsschwächen, der Impulsivität, der Hyperaktivität oder der Aggressivität. 1) Patientenzentriert Psychoedukation des Patienten · Spieltraining → Spiel- und Beschäftigungsintensität und Ausdauer bei hyperkinetisch auffälligen Kindern im Alter von 3 bis 6 Jahren · Kognitive Therapie (Konzentrations-/Selbstinstruktionstraining; Selbstmanagementtraining) → Stärkung der Selbstregulationsfähigkeiten und der reflexiven Problemlösestrategien · Soziales Kompetenztraining, Ärgerkontrolltraining → Aufnahme und Aufrechterhalten sozialer Kontakte, Lösen sozialer Konflikte, Verminderung von Aggressionen ggb. Gleichaltrigen, Verminderung des opositionellen Verhaltens – Pharmakotherapie (Psychostimulatien wie Ritalin (Metylphenidat), die hauptsächlich Dopamin-Wiederaufnahme hemmen)– Nahrungsergänzung 2) Eltern- und familienzentriert– Psychoedukation der Eltern– Elterntraining – Eltern-Jugendlichen-Kommunikationstraining 3) Kindergarten-/schulzentriert– Psychoedukation der Erzieher/Lehrer– Intervention in Kindergarten/Schule (dysfunktionale Interaktionsmuster zu mindern, Situation zu strukturieren) Umfeldzentrierte Interventionen (Elterntraining, Interventionen im Unterricht) sind die verhaltenstherapeutischen Methoden der ersten Wahl; kind-zentrierte Interventionen können ergänzend hilfreich sein, sollten aber nicht als einzige Maßnahme durchgeführt werden. Bei Jugendlichen gewinnen patientenzentrierte Interventionen an Bedeutung.