Klinische Psychologie Abschlussprüfung (Fach) / 12) Bipolare Störungen (Lektion)
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Phänomenologie, Ätiologie und Therapie
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- Phänomenologie und Formen der bipolaren Störungen Bipolare Störunten zeichnen sich durch einen Wechsel von manischen und depressiven Phasen. Die Symptome einer manischen Episode liegen in den gleichen Bereichen wie die der Depression – jedoch fast diametral. Zu beachten ist, dass bipolare Störungen aus klinisch-therapeutischen Gesichtspunkten, den depressiven Störungsdiagnosen übergeordnet sind; d. h., wann immer manische Episoden irgendwann im Störungsver-lauf aufgetreten sind, ist die Diagnose »bipolare Störung« – ungeachtet der Form der aktuellen Symptomatik – zu stellen. Daran wird deutlich, dass für die Differenzialdiagnose affektiver Störungen immer eine lebenszeitbezogene Erfassung der Beschwerden des Patienten unerlässlich ist. Symptome einer Manie: Emotionale Symptome: Gehobene Stimmung, Selbstakzeptanz, verstärkte Fröhlichkeit, EUPHORIE Motivationale Symptome: Unabhängigkeitsstreben, gehetztes, impulsives Verhalten, handlungsorientierte Wünsche, Wunsch nach Selbsterweiterung, BEGEISTERUNG Verhaltenssymptome: Produktivität, lärmend, schnelles, lautes Sprechen, Extravaganz (Bsp. Kleidung in grellen Farben), HYPERAKTIVITÄT Kognitive Symptome: schlechtes Urteilsvermögen, geringe Planungsfähigkeit, übersteigertes Selbstwertgefühl (z.T. Größenwahn), Neigung zu Fremdbeschuldigungen, Leugnung von Problemen, OPTIMISMUS Somatische Symptome: Unermüdlichkeit, Schlaflosigkeit, gesteigerte Libido, ENERGIEGELADENHEIT Eine Manie kann mit oder ohne psychotische Symptome auftreten. Formen biplarer Störungen: Manische Episode: Lt. DSM IV mindestens eine Woche lang abnorm gehobene Stimmung sowie drei weitere Symptome Hypomanische Episode= leichte Manie; leichtere Symptome, kürzere Dauer Bipolare Störung I Wechsel von manischen und major depressiven Störungen; z.T. gemischte Episoden (manische und depressive Symptome an einem Tag) ð kommt etwas häufiger als Bipolare Störung II vor ! Bipolare Störung II Wechsel von hypomanischen und major depressiven Episoden Schnell zirkulierend: Vier oder mehr Episoden mit affektiven Störungen Bipolare Störung mit saisonal abhängiger Verlaufsform Stimmungslage schwankt mit der Jahreszeit · Zyklothyme Störung - zahlreiche Phasen mit hypomanischen und leicht depressiven Symptomen - Dauer: 2 Jahre oder länger - Gelegentlich unterbrochen von normalen Phasen; Dauer: bis zu 2 Monate - Beginn: Adoleszenz oder frühes Erwachsenenalter - Frauen und Männer gleich häufig betroffen
- DSM IV Kriterien der Manischen Episode Kardinalsymptom: Abgrenzbare Periode mit deutlich gehobener,expansiver oder gereizter Stimmung Zeitkriterium: mind. 1 Woche Erforderliche Symptome: Mindestens 3 weitere Symptome (falls nur reizbare Stimmung: 4): Gesteigerte Aktivität oder motorische Ruhelosigkeit gesteigerte Gesprächigkeit vermindertes Schlafbedürfnis erhöhte Ablenkbarkeit überhöhte Selbsteinschätzung oder Größenideen überhöhte Beschäftigung mit angenehmen Aktivitäten, die mit großer Wahrscheinlichkei ungangenehme Konsequenzen nach sich ziehen Ideenflucht oder subjektives Gedankenrasen Art der psychosozialen Beeinträchtigung: Veränderung in der Lebensführung mit schweren Beeinträchtigungen Ausschlusskriterien: Nicht substanzinduziert oder nicht durch einen allgemeinen medizinischen Krankheitsfaktor bzw. nicht organisch bedingt
- Beschreibung der Hypomanie und ihr Unterschied zur Manie Im DSM-IV sind Manie und Hypomanie auf der Symptomebene identisch. Hypomane Symptome müssen allerdings nur vier Tage andauern, um als diagnostisch relevant betrachtet zu werden. Im kli-nischen Alltag wird dieses Mindestkriterium hinsichtlich der Dauer fast immer überschritten, so dass es seltenst bei der Unterscheidung von Manie und Hypomanie hilft. Das eigentliche Differenzierungsmerkmal zwischen Manie und Hypomanie ist deswegen nicht die Dauer, sondern der Schweregrad der Beeinträchtigung durch die Symptome. Bei einer Hypomanie darf es nicht zu einer massiven Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit und nicht zu psychotischen Symptomen kommen. Wichtig ist jedoch, dass die Veränderung des Verhaltens auch für Dritte beobachtbar sein muss.
- Wann wird eine gemischte Phase diagnostiziert? Es gibt hierfür in den Diagnosesystemen keinen Katalog spezifischer Symptome, sondern sie werden als Mischform maniformer und depressiver Symptome charakterisiert. In der ICD-10 und im DSM-IV wird dann eine gemischte Episode diagnostiziert, wenn die Betroffenen gleichzeitig sowohl Anzeichen für depressive als auch für (hypo-)manische Episoden zeigen oder die Symptome in schnellem, z. T. stundenweisem Wechsel aufeinander folgen (z. B. Depressivität gepaart mit Reizbarkeit, Ruhelosigkeit, fehlendem Schlafbedürfnis und Suizidalität).
- Was versteht man unter "rapid cycling"? Von »Rapid Cycling« wird dann gesprochen, wenn die Betroffenen innerhalb eines Jahres mindestens vier affektive Episoden erleben, die entweder durch eine vollständige Remission voneinander abgegrenzt sind oder durch ein Kippen in eine Episode entgegengesetzter Polarität (z. B. manisch → depressiv) gekennzeichnet sind. Diese Variante ist in der ICD-10 unter F31.8 »sonstige bipolare affektive Störungen« mit dem Zusatz »schnelle Phasenwechsel« kodierbar. Es scheint sich dabei nicht um einen Subtyp bipolarer Störungen zu handeln, sondern ein passageres Verlaufsmuster, da sich die meisten Patienten, bei denen »Rapid Cyling« diagnostiziert wird, langfristig wiederstabilisieren.
- Unterschied Bipolar I und bipolar II Störungen Die bipolar-I-Störung zeichnet sich aus durch manische und depressive Episoden, die in unterschiedlichen Phasen oder unmittelbar hintereinander auftreten können. Im Unterschied dazu haben Patienten mit einer Bipolar-II-Störung (nach DSM-IV) nur hypomane, doch ausgeprägte depressive Episoden.
- Beschreibung der Zyklothymie Eine Diagnose, die im klinischen Alltag sehr selten gestellt wird, ist die der Zyklothymen Störung bzw. Zyklothymia. Es ist unklar, ob die Betroffenen sich selten um professionelle Hilfe bemühen oder ob sie evtl. unter anderen diagnostischen Labels in den Akten geführt werden (z. B.Borderline, narzisstisch). Kennzeichnend für diese abgeschwächte bipolare Störung, die oft auch als prämorbides Temperament der Patienten klassifiziert wird, ist eine andauernde Instabilität im Affekt und Antrieb. Phasen depressiv-dysphorischer Stimmung wechseln sich mit Phasen leicht gehobener, euphorischer oder reizbarer Stimmung ab, die im DSM-IV die Kriterien für hypomane Episoden erfüllen. Zwischendurch kann die Stimmung ausgeglichen und wochenlang stabil sein (maximal zwei Monate). Ein Ausschlusskriterium ist allerdings, wenn in den ersten Jahren die Kriterien für eine Manie oder Major Depression erfüllt waren.
- Entscheidungsbaum bzw. Übersicht über die bipolaren Störungen nach DSM Kardinalsymptomen Irgendeine manische oder gemischte Episolde aktuell oder in der Vorgeschichte → Bipolar-I-Störung Hypomane Episode UND mindestens eine depressive Episode in der Vorgeschichte → Bipolar-II-Störung Mindestens 2 Jahre lang hypomane Episoden und episoden mit unterschwelligen depressiven Symptomen → Zyklothymie
- Ätiologie bipolarer Störungen · Lange Zeit bestand Ratlosigkeit in Bezug auf Erklärung und Therapie der bipolaren Störungen. Seit einiger Zeit gelten als ätiologische Faktoren: · Vulnerabilität in Form der Unstabilität biologischer Prozesse (biologischer Rythmen) bzw. deren Tendenz aus dem Gleichgewicht zu geraten. Die Vulnerabilität für bipolare Störungen wird in einer wahrscheinlich genetisch bedingten Dysregulation des BAS (Behavioral Activation Systems) gesehen (Modell von Depue u. Iacono). Es wird angenommen, dass die nach einer Aktivierung oder Deaktivierung des BAS einsetzenden regulatorischen Prozesse, die zu einer Rückkehr des Aktivitätsniveaus auf das für die Person kennzeichnende Ausgangsniveau führen müssten, bei Patienten mit bipolaren Störungen nicht adäquat abläuft. · Seit 2 Jahren wird ein kognitives Bedingungsmodell maniformer Symptome postuliert. Auch dieses nimmt an, dass nicht die Veränderung der Stimmung, sondern die Veränderung des Aktivitätsniveaus (Analog dem BAS-Modell) und / oder eine Verringerung bzw. des Schlafs sein kann. Diese hängen zusammen und führen sowohl zu Stimmungsveränderungen als auch zu entsprechenden Verhaltenskonsequenzen, die für die Entstehung bipolarer Störungen typisch sind. Aufgrund dieser werden Konflikte und persönliche Problembereiche potenziiert, was zu einem Teufelskreis führt und zu einer bestimmten Eigendynamik der Symptome beiträgt. · Hohe Erblichkeitsschätzung: 80%. Biologische Theorien vermuten insbesondere für bipolare Störungen eine ererbte Prädisposition. Linkage-Analysen können Informationen über das Chromosom liefern, auf dem das entsprechende Gen liegt. · Gestörte Neurotransmitter-Balance, v.a. für Noradrenalin · Hormonelle Balance: Patienten leiden oft an Erkrankungen der Schiddrüse · Rolle von Stress, kritischen Ereignissen und sozialer Umwelt
- Therapieverfahren bei bipolaren Störungen Lithiumtherapie Lithium ist ein mineralischer Salz. Die genaue Dosisabstimmung und die Beachtung der Nebenwirkungen ist sehr wichtig, da eine starke Intoxikation möglich. Wirkung tritt innerhalb von 5-15 Tagen ein, anschließend folgt eine Einstellung auf niedrigere Dosis für eine Erhaltungstherapie Bei Therapieresistenz kann auch ein Antiepileptikum verordnet werden Besserung des Zustandes bei manischen Episoden um 60% und mehr und Verringerung der Anzahl neuer Episoden (prophylaktische Wirkung von Lithium: verringert auch die Wahrscheinlichkeit der Entstehung von Symptomen). Jedoch ein sehr hohes Rückfallsrisiko nach Absetzen Wirkmechanismus: vermutlich second-messanger Mechanisme und eine direkte Wirkung auf Natrium- und Kalium-Ionenaktivität, da Lithium dem Natrium verwandt ist Begleitende Psychotherapie die Psychotherapie alleine hilft bei bipolaren Störungen meist nicht, ausschließlich Lithium auch wenig: ca. 40 % sprechen darauf nicht an oder setzen es ab, da sie sich zu gut fühlen psychotherapeutisches Management als Begleitmaßnahme zur Lithiumtherapie ist sinnvoll. Ziele: Medikantionsmanagement (Verhindern des Absetzens) soziales Kompetenztraining Psychoedukation konkrete Hilfestellung für Alltagsbewältigung Primäres Ziel aller bislang existierenden Behandlungskonzepte ist die Verhinderung von Rückfällen und Rezidiven. Die Betroffenen sollen lernen, ihr eigenes Verhalten, Denken und Fühlen zu beobachten und bei Veränderungen in Richtung maniformer oder depressiver Zustände in Abhängigkeit von der Situation adäquat zu reagieren. Die Anzahl der Sitzungen ist meist weniger als 25 (bei chronischem Verlauf mehr). Man setzt meist die Kurzzeittherapie anfangs wöchentlich ein und verringert allmählich die Zeitabstände. Akukktbehandlung: Ziel ist Kontrolle, Reduktion oder Beseitigung der Symptome (bis zu 6 Monate) Stabilisierungsbehandlung: Stabilisierung des erreichten weitgehend symptomfreien Zustandes und Verhinderung eines Rückfalls (4–6 Monate) Prophylaxebehandlung: Ziel ist hier die Aufrechterhaltung des stabilen Zustandes und die Prävention erneuter (hypo-)manischer, gemischter oder depressiver Phasen. Schwerpunkte des therapeutischen Vorgehens dabei sind: Motivation und Psychoedukation Individuelle Rezidivanalyse Aktivitätsniveau und Kognition Problemlösen, interpersonelles Verhlaten und Notfallplan