Wissenschaftstheorie I (Fach) / Was ist eine Erklärung - Kausalerklärung (Lektion)
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Diese Lektion wurde von Natschooo1992 erstellt.
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- Was ist eine Erkärung? Ursachen (Kausalerklärung), tatsächliche Wirkungen (Funktionalerklärung), beabsichtigte Wirkungen (Intentionalerklärung) reine Forschung braucht Erklärungen, für angewandte Forschung sind Voraussagen wichtiger als Erklärungen, will Natur beherrschen, nicht verstehen; meist fällt Erklärung mit Voraussage zusammen Wissenschaften wie Zoologie, Botanik lassen keine Voraussagen zu z.B. Gang der Evolution auch nicht in Sozialwissenschaften, wo Voraussagen oft sich selbst beeinflussen Manchmal gibt es umgekehrt Voraussagen ohne Erklärung, z.B. wenn es mehrere Erklärungen für eine feste Voraussage gibt z.B. können dieselben ökonomischen Effekte durch Profitmaximierung oder Käuferverhalten erklärt werden, was nach Friedman egal ist, weil sie zu denselben Voraussagen führen z.B. dass bei Preissteigerung weniger gekauft wird; auf lange Sicht braucht man aber eine eindeutige Erklärung Erklärung nicht identisch mit Herkunft des Wissens: man kann von einer Springflut aus einem nautischen Almanach wissen, die Erklärung ist aber die Gravitation des Mondes usw. Nach Hempel sind alle wissenschaftlichen Antworten auf die "Woher weißt du das Frage" Verweise auf Gesetze, aus denen sich die Erklärung herleitet das ist aber nicht hinreichend, denn es können z.B. zwei Phänomene gesetzmäßig zusammen auftreten, so dass man scheinbar aus dem einen das andere folgern kann – in Wirklichkeit folgen sie aber beide aus einem dritten Gesetz z.B. zwei Symptome einer Krankheit Außerdem kann es sein, dass ein Gesetz ein Phänomen, das es erklärt, in einem bestimmten Fall nicht erklärt, weil es andere Ursachen hat z.B. Tod zugleich durch Krebs und durch Autounfall) (Notwendig-Folge-Relation) Erklärung meist durch Reduktionismus Erklärungen meist von folgender Generation als lückenhaft angesehen; immer genauer, um Verwechslung mit Korrelation oder Notwendig-Folge-Relation zu vermeiden; Scheinerklärungen können aber nie ganz ausgeschlossen werden
- Drei Erkärungsarten - Drei Wirklichkeitsbereiche anorganische Natur, organische Natur, Gesellschaft; Kausalerklärungen (Ursache) in allen, Funktionalerklärungen (Wirkung) nur in Biologie, Intentionalerklärungen (Absicht) nur in Sozialwissenschaften 1. Kausalerklärung einzige akzeptable Erklärungsform für Physik: meist Kräfte als Ursache 2. Funktionalerklärung: Gegenteil: man erklärt ein Phänomen durch seine Wirkung; nicht in Physik 3. Intentionalerklärung: nicht in Physik; setzt Person oder Wesen (Gott) voraus, von dem die Ursache der Phänomene beabsichtigt ist; auch in Physik lassen sich Prozesse so beschreiben, als würden sie von Absicht gelenkt werden z.B. fermatsches Prinzip der Minimalzeit; Licht hat in verschiedenen Medien verschiedene Geschwindigkeit – die Brechung ist so, dass es die minimale Zeit von einem Punkt in einem zu einem Punkt in dem andren Medium braucht d.h. der gerade Weg wird mehr Zeit kosten, als der Umweg über die Brechung; es scheint, als hätte das Licht eine Absicht dabei, aber es gibt eine Kausalerklärung, um das zu erklären mit Fermats Prinzip kann man also den Weg des Lichts berechnen aber nicht erklären alle physikalischen Prozesse kann man auch so beschreiben, als wären sie von der Absicht gelenkt so wenig wie möglich (soviel wie möglich) von physikalischen Größen (z.B. Zeit) zu verwenden; damit wird aber nichts erklärt; wenn man alles mit Kräften beschreibt, redet man von "Newtonschen Formulierungen"; wenn man alles mit Absichten erklärt, bestimmte Größen zu minimieren, maximieren (z.B. Zeit), redet man von "Lagrangschen Formulierungen" rein mathematisch dasselbe; in weiten Teilen der modernen Physik werden "langrangsche Formulierungen" bevorzugt 4. Biologie verwenden sub-funktionale und supra-funktionale Erklärungen subfunktional für Phänomene wie Krebs, Mutation, Altern, die keine biologische Funktion haben: übliche physikalisch-chemische Kausalerklärung; scheinbar lässt sich Mutationen zwar Funktion geben (Evolutionstheorie) aber wahre Erklärung liegt in der Unvollkommenheit der Reproduktionsmechanismen supra-funktional: erste Art der Erklärung: manche Eigenschaften eines Organismus haben keine Funktion wie z.B. verschiedene Augenfarbe; solche Eigenschaften werden heute durch Pleiotropie erklärt: ein Gen kann nützliche und unnütze Eigenschaften kodieren; bei den günstigen Wirkungen erklärt die Wirkung das Gen, bei den ungünstigen das Gen die Wirkung zweite Art der Erklärung z.B. in Ökologie: bei Zusammenspiel von Organismen, von denen jeder für sich funktional erklärbar ist: Schwankungen der Population von Räubern und Gejagten: Räuberzahl steigt an, solange genug Opfer da sein, dann verhungert sie und die Opferzahl kann sich wieder vermehren; oder Schwarmbildung bei Fischen; am Anfang nur loser Zusammenhang, dann setzt sich Gen durch, möglichst in der Mitte zu schwimmen, es entsteht Schwarm, der genau das Gegenteil erreicht, nämlich leicht Beute ist 4. in Biologie hauptsächlich Funktionalerklärungen; Verhalten und Struktur wird durch jeweilige Funktion erklärt 6. Intentionalerklärungen in Biologie in Bezug auf planmäßiges Handeln von Organismen, muss empirisch beantwortet werden 7. Intentionalerklärung einer Handlung beruht auf Angabe der Präferenzen und Annahmen des Handelnden; wenn man diese Präferenzen und Annahmen erklären will, braucht man wieder eine Kausalerklärung, auch bei nicht rationalen Annahmen (z.B. Wunschdenken); deshalb werden Kausalerklärungen vor und nach den Intentionalerklärungen verwendet zweite Art von Kausalerklärungen in Sozialwissenschaft bei Reihe von Einzelhandlungen, die zusammen andere Resultate erzeugen als intendiert z.B. in der der Schweinezucht, wo der Preis, wenn er von den Produzenten zu hoch gesetzt wird, vom markt nach unten korrigiert wird, wodurch die Produzenten zu wenig produzieren, was den Preis wieder ansteigen lässt (Problem, dass sie Preis immer ein Jahr früher festmachen, als der verkauf) ähnlich bei wirtschaftlichen Krisen nach Keynes: durch Nachfragerückgang werden einige Arbeiter entlassen, durch schwinden ihrer Kaufkraft wird Nachfragerückgang verstärkt, bis neuer Gleichgewichtszustand mit hoher Arbeitslosigkeit erreicht ist (dialektischer Prozess) 8. Funktionalerklärungen oft in Sozialwissenschaften; Phänomene werden nach der Funktion erklärt, die sie für den sozialen Zusammenhalt usw. haben; Diese Erklärungen sind nur fundiert, wenn die Wirkung dauerhaft ist, so dass man durch sie das Phänomen erklären kann, dass sie auslöst (Feedback) 9. Intentionalerklärungen sind für Handlungen eines Individuums oder größerer Gruppen relevant Spezialfall, wenn Handlung Resultat einer rationalen Entscheidung ist
- Kausalerklärungen wichtigste wissenschaftliche Erklärungsart; auch Funktional- und Intentionalerklärungen können durch Kausalerklärungen fundiert sein; z.B. die Funktionalerklärung braucht ein Feedback von der Wirkung auf die Ursache, ist also eigentlich eine spezielle Form der Kausalerklärung; in der Biologie gibt es eine allgemeine Theorie der Auslese, die Rückkopplung garantiert, so dass man nicht die genaue Art der Rückkopplung angeben muss scheinbar kann das, was durch eine Intentionalerklärung erklärt wird, ebenso durch eine Kausalerklärung gesetzartig erklärt werden, aber nach Davidson gibt es für sinnhaltige Zusammenhänge keine Gesetze z.B. dass bestimmte Präferenzen immer zu bestimmten Handlungen führen wenn jemand ein Fenster öffnet, gibt es eine intentionale Erklärung und eine kausale, die die physiologische Seite beschreibt, aber nicht den Sinn der Handlung, die damit zwar auch kausal ist, aber nicht notwendigerweise, weil nicht bestimmte Präferenzen zu bestimmten Handlungen führen; es gibt inneren Zusammenhang zwischen Präferenz und Handlung, den es in der Naturwissenschaft nicht gibt nach Hume ist Kausalität, wenn 1. A B vorausgeht und 2. B immer auf A folgt; Kausalerklärung beschreibt 1. Phänomen 2. Ursache 3. Gesetz und wie Phänomen und Ursache unter Gesetz fällt; man kann nie ganz sicher sein, dass das Gesetz das Phänomen erklärt, kann auch Korelation oder notwendige Folge sein; um das zu vermeiden sucht man nach Gesetzen, in denen Ursache und Wirkung zeitnah auftreten Beispiel für Kausalbeziehung ist Stoß zweier Billardkugeln (völlig elastischer Stoß zwischen zwei Festkörpern); kenn man masse und Geschwindigkeit vor Stoß (Ursache), kann man Geschwindigkeit nach Stoß (Wirkung) durch zwei Gesetze ableiten: 1. Gesetz der konstanten Bewegungsmenge (Summe der Produkte von Masse und Geschwindigkeit der beiden Körper vor und nach dem Stoß ist gleich) 2. Gesetz der Energieerhaltung (Summe der Produkte aus Masse und dem Quadrat der Geschwindigkeit vor und nach dem Stoß identisch) (elastischer Stoß heißt gerade, dass die gesamte Energie in Bewegungsenergie umgesetzt wird, nicht in innere Energie) Unterschied von gesetzmäßiger Kausalerklärung und Kausalrelation z.B. Ursache für Entzündung des Streichholzes war, dass es mit Schwefelende an Streichholzschachte gerieben wurde (gesetzmäßig); oder: Ursache war letztes Ereignis vor 18.15 in Wohnung; Kausalrelation kann aber auf Erklärung hindeuten, wenn sie durch Ausdrücke beschrieben werden, die auch im Gesetz vorkommen; Unterscheidung zwischen Ursache und der Art ihrer Beschreibung spielt für Davidson große Rolle zeitweise üblich, die Kausalität durch zwei Eigenschaften zu charakterisieren: Determinismus und lokale Kausalität (kein Abstand zwischen Ursache und Wirkung, sonst Mittelglieder) Determinismus heißt, für alles lässt sich eine Ursache finden: reines Postulat, daher nicht wissenschaftlich; trotzdem ist anzunehmen, dass es stimmt; Ausnahme Quantenmechanik (wo alleinige Sicherheit nur Wahrscheinlichkeitsberechnungen sind), Mutation und einige Prozesse im Gehirn, wo Zufälligkeit eine Eigenschaft der Sache selbst ist (daher könnte man vielleicht Zusammenhang von Quantenmechanik und Mutation finden); manche meinen, dass das in Bezug auf das Gehirn ein Hinweis auf die Freiheit ist, aber Zufall ist noch keine Freiheit auch außerhalb der Quantenmechanik oft statistische Erklärungen - dort geht man aber davon aus, dass wir die richtige Erklärung einfach noch nicht haben; deduktive und induktive statistische Beschreibung (Hempel): deduktive statische Beschreibung: beginnt mit Hypothese, dass sich System in bestimmter statistischer Weise ändert und leitet daraus Konsequenzen ab z.B. Wahrscheinlichkeit dass sich Molekül in einem Gas in eine Richtung bewegt führt zu Schlussfolgerungen über Druck und Temperatur des Gases (kinetische Gastheorie); Prinzip des unzureichenden Grundes: es gibt kein Grund, warum Moleküle eine bestimmte Bewegungsrichtung vorziehen sollten, daher einfach - in anderen Fällen komplizierter z.B. soziale Mobilität: schwer die Wahrscheinlichkeit zu berechnen, nach der sich eine Person einem neuen sozialen Umfeld zuwendet induktive statistische Beschreibung: bauen weder auf einem deterministischen noch statistischen Modell der Wirklichkeit auf; sie erklären nicht wirklich, sondern zeigen Zusammenhänge, die von Erklärungen berücksichtigt werden müssen; einfachste Form ist Korrelationsanalyse z.B. Kinder von Personen mit höherer Bildung haben häufiger als andere auch eine höhere Bildung; nur Zusammenhang, kein Beweis, dass Bildungsniveau der Eltern Grund für das der Kinder ist; Ursache könnte z.B. auch Einkommen sein (besser Schulen); so ein Muster aufzudecken, ist noch keine Erklärung Lokale Kausalität (zweite Eigenschaft, die wir der Kausalrelation zusprechen): Abstandswirkung unmöglich d.h. Wirkung auf etwas in Raum und Zeit getrenntes: lässt sich nur denken, wenn dazwischen Mittelglieder sind Problem der Abstandswirkung vor allem in Physik: Descartes ist froh, Bewegungsgesetzt für Körper entwickelt zu haben, die nur auf Anstoß beruhen (lokale Kausalität); Newtons fernwirkende Gravitation ist dann ein Schock - Newton wollte sie selbst erklären, um nicht zu spekulieren - tatsächlich spekuliert er selbst öfter als er denkt, was gut ist, denn um etwas zu Erklären, muss man immer über Phänomene hinausgehen in Sozialwissenschaften hat zeitliche Abstandswirkung besondere Bedeutung z.B. Hypothese, dass Wahrscheinlichkeit für Berufswechsel für alle Arbeiter mit demselben Beruf gleich ist; wenn diese Hypothese die Fakten schlecht erklärt können weitere Faktoren einbezogen werden (Einkommen, Familie usw.) oder der Beruf zu früheren Zeitpunkten z.B. dass Wahrscheinlichkeit kleiner wird, je länger der Beruf ausgeübt wurde (kumulative Trägheit); hier sind aber nur Faktoren relevant, die für die Berufsentscheidung hier und jetzt Bedeutung haben (Zustandsvariablen), nicht die ganze Vergangenheit (historische Variablen; manchmal braucht man sie aber dennoch, um eine Zustandsänderung zu erklären) Abweichungen vom Determinismus und lokaler Kausalität kommen durch fehlendes Wissen; sonst könnten wir Zustandsvariablen angeben, die deterministische Kausalerklärung zulassen; Beispiel für lokale Kausalität ohne Determinismus ist Markov-Eigenschaft, wo Wahrscheinlichkeit einer bestimmten Veränderung nur vom Systemzustand abhängt; Beispiel für Determinismus ohne lokale Kausalität sind Verzögerungsphasen zwischen unabhängigen und abhängigen Variablen in ökonomischen Theorien (?); Beispiel ohne beides sind z.B. die erwähnten kumulativen Theorien (z.B. dass Wahrscheinlichkeit für Berufswechsel mit Länge der Tätigkeit in einem Beruf abnimmt); insofern es um Voraussage und Kontrolle geht, reichen kumulative Theorien; sofern es um Erklärung geht, kann man von Determinismus und lokaler Kausalität nicht sehr abweichen; Struktur der Theorie soll den zu erklärenden Prozesse optimal entsprechen