Staatsorganisationsrecht (Fach) / Hemmer WUV (Lektion)

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Staatsorganisationsrecht

Diese Lektion wurde von annamariaalexandra erstellt.

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  • Warum gilt Art. 12 I 2 GG entgegen seinem Wortlaut nicht nur für die Berufsausübung sondern für das gesamte Grundrecht der Berufsfreiheit? Nach dem Wortlaut des Art. 12 I s GG gilt der Regelungsvorbehalt lediglich für die Berufsausübung. Der grundgesetzgeber wollte die Anknüpfung an die Unterscheidung im Gewerberecht nach der Zulassung und Ausübung eines Gewerbes auch die Berufswahl und Ausübung unterscheiden. Die zeitliche Abgrenzung wurde mit den Begriffen Berufswahl und Berufsbeginng vorgenommen. Die Berufsaufnahme ist jedoch sowohl eine Äußerung der Berufswahl, als auch bereits ein erster Akt der Berufsausübung. Wahl und Ausübung des Berufes lassen sich nicht trennen. Sie stellen vielmehr nur ineinandergreifende, sich berührende Phasen der beruflichen Betätigung dar. Art. 12 I GG ist daher so zu interpretieren, dass er nciht zwei selbständige Grundrechte verbürgt, sonder nur ein einheitliches Grundrecht der Berufsfreiheit (Berufswahl/ Berufsausübung/ Wahl des Arbeitsplatzes/ Wahl des Ausbildungsstätte). Der Regelungsvorbehalt in Art. 12 I 2 GG beschränkt sich nicht auf einen Teilbereich dieses einheitlichen Grundrechts, sondern erstreckt sich auf das grundrecht der Berufsfreiheit als ganzes.Die h.M. lässt demnach, über den Wortlaut des Art. 12 I 2 GG hinaus, auch die Beschränkung der Berufswahl zu.
  • Stellen sie die Kritik an der Dreistufentheorie zu Art. 12 GG dar. Inwieweit ist diese Kritik klausurrelevant? Dreistufenlehre:Im Rahmen von Art 12 GG gilt eine speziell ausgeformte Prüfung der Verhältnismäßigkeit. Das BVerfG entwickelte im sog. Apothekenurteil die Stufenlehre mit den drei Stufen zunehmender Eingriffsintensität: Regelungen der Berufsausübung= Wie (Art & Weise) der beruflichen Tätigkeit-> Eingriffe verhältnismäßig, wenn vernünftige Erwägungen zugunsten des Allgemeinwohls die Beschränkungen als zweckmäßig erscheinen lassen subjektive Berufswahlvoraussetzungen= Fall des erweiterten, nicht gesetzlich geregelten Gesetzesvorbehalts-> strenge Voraussetzungen an dessen Zulässigkeit: zulässig, wenn sie dem Schutz eines überragend wichtigen Gemeinschaftsgutes vor abstrakten Gefahren dient. Solche überragend wichtigen Gemeinschaftsgüter sind z.B. die Volkgsgesundheit, die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs u.ä. objektive Berufswahlvoraussetzungen= Eingriffsfründe liegen außerhalb der Person des Betroffenen, der Berufsbewerber hat es von sich aus nicht in der Hand, den Rechtsnachteil abzuwenden-> nur die Abwehr nachweisbarer oder höchst wahrscheinlicher, also konkreter Gefahren, für ein überragendes Gemeinschaftsgut mit Verfassungsrang kann eine Maßnahme auf dieser Stufe rechtfertigen Kritik: Abgrenzung der Stufen oftmals schwer Tendenz des BVerfG: 3-Stufen-Theorie zwar nicht aufzugeben aber nicht mehr so sehr in den Vordergrund zu stellen -> inder Klausur ist es daher auch vertretbar eine VHMK-Prüfung ohne diese Theorie durchzuführen
  • Was versteh man unter der sogenannten Berufsbildlehre? Inwieweit beeinflußt diese Lehre die Dreistufenprüfung? Um die Abgrenzung zwischen Berufswahl und –auswahl zu erleichtern und festzustellen, ob eine Tätigkeit als eigenständiger Beruf zu werten ist, fragt die Berufsbildlehre, ob es dafür nach allgemeiner Verkehrsanschauung tradierte Berufsbilder oder sogar gesetzgeberische Vorgaben gibt (bspw. Anlage A und B zur HandwerksO). Entspricht die untersagte Tätigkeit einem bestimmten Berufsbild, ist sie als eigenständiger Beruf zu werten und es liegt eine Berufswahlregelung vor. Andernfalls wird lediglich die Berufsausübung eingeschränkt. Zusätzlich ist allerdings auch eine normative Betrachtung erforderlich, da sich auch eine Berufsausübungsregelung de facto wie eine Berufswahlregel auswirken kann. 
  • Welche Anforderungen sind an die gesetzliche Gru ndlage des Art. 12 I 2 GG zu stellen? Art. 12 I 2 GG enthält einen einfachen Gesetzesvorbehalt („durch oder aufgrund eines Gesetzes“) in Form eines Regelungsvorbehaltes. Das Zitiergebot des Art. 19 II GG gilt dabei nicht.
  • In welchem Verhältnis steht Art. 12 GG zu Art. 14 GG? Art. 12 GG schützt den Erwerb, ist also personenbezogen. Art. 14 GG ist objektbezogen und schützt das Erworbene. Gewinnchancen fallen damit bspw. unter Art. 12 GG, da sie noch nicht erworben worden sind.
  • Inwieweit wird ein Ausländer in seiner Berufsfreiheit geschützt? Bei Art. 12 GG handelt es sich um ein Deutschen-Grundrecht, das auf Ausländer keine Anwendung findet. Streitig ist, ob dann Art. 2 I GG Schutz für Ausländer bietet. Dies wird teilweise abgelehnt, da die Regelung durch die entsprechenden Grundrechte abschließend ist. Für Ausländer solle gerade kein Grundrechtsschutz bestehen, so bei Deutschen-Grundrechten für Ausländer ein Rückgriff auf Art. 2 I GG ausgeschlossen sein soll. Nach h.M. greift Art. 2 I GG aber als Auffangtatbestand ein, da wegen der Nichtgeltung der Deutschen-Grundrechte für Ausländer gerade kein Spezialitätsverhältnis entsteht. Zudem schafft Art. 2 I GG einen deutlich geringeren Schutz, da er nur einen einfachen Gesetzesvorbehalt enthält. Vgl. zum speziellen Thema der EU-Ausländer Jarass/Pieroth Art. 19 Rn. 10 m.w.N.
  • Wann schützt Art. 12 GG vor privatem Wettbewerb bzw. staatlicher Konkurrenz? Art. 12 GG gewährleistet keinen Schutz vor Konkurrenz oder Wettbewerb, auch nicht durch staatliche Unternehmen. Eine Grenze soll allerdings bei Wettbewerbsverzerrungen oder die Begünstigung von (Verwaltungs-) Monopolbildungen bestehen.
  • Inwieweit stellen Vorschriften ohne berufsregelnde Zielrichtung (Beispiel: Steuern oder Abgaben) einen Eingriff in Art. 12 I 1 GG dar? Jede Norm oder deren Anwendung kann Rückwirkungen auf die Berufsfreiheit entfalten. Daher ist eine Einschränkung auf solche Normen nötig, die sich entweder unmittelbar auf  die Berufstätigkeit beziehen oder zumindest berufsregelnde Tendenz haben. Unmittelbare, finale Eingriffe haben bereits subjektiv berufsregelnde Tendenz. Steuern und Abgaben können einen mittelbaren Eingriff bedeuten, wenn sie aufgrund ihrer Intensität eine objektiv berufsregelnde Tendenz haben. Dies wird in aller Regel nicht der Fall sein, da Maßnahmen, die nicht final erfolgen, meist auch nicht sehr intensiv sind. Objektiv berufsregelnde Tendenz liegt bei Steuern und Abgaben nur bei (S) erdrosselnder Wirkung vor, wenn also die Beträge so hoch angesetzt werden, daß Ausübung oder Wahl des Berufes faktisch unmöglich gemacht wird.
  • Können Minderjährige selbständig ohne Vertretung durch ihre Eltern Verfassungsbeschwerde erheben? Hier ist zunächst str., ob es einer besonderen Prüfung einer GR-Mündigkeit überhaupt bedarf. Nach e. A. ist eine solche nicht erforderlich, vgl. Jarasss/Pieroth Art. 19 Rn. 11.Wenn eine solche gefordert wird ist folgendes festzuhalten: Die Grundrechtsmündigkeit, also die Fähigkeit, eigene Grundrechte geltend zu machen und Verfassungsbeschwerde zu erheben, ist gesetzlich nicht geregelt. Nach einer Mindermeinung soll eine starre Altersgrenze gelten, die aus den einfach-gesetzlichen Normen übertragen wird. Dagegen spricht, daß die Grundrechte ausgehöhlt würden, wenn die Grundrechtsmündigkeit durch den einfachen Gesetzgeber entschieden würde. Die h.M. vertritt daher eine gleitende Altersgrenze, die auf die Einsichts- und Verständnisfähigkeit des Minderjährigen abstellt.