Literaturwissenschaft (Fach) / L1: Glossar zur Ästhetik (Lektion)

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L 1 - Glossar zur Einführung in die Literaturwissenschaft

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  • Abweichung Bezeichnung für die Annahme, dass literarische Texte in einer bestimmten Hinsicht die Sprache anders verwenden als nciht-literarische. Zentral ist die Annahme in Abweichungspoetiken wie etw dem Russischen Formalismus.
  • Dialogizität Literaturtheoretischer Begriff vor allem in der Theorie Michail Bachtins für die konkurrierende Vielstimmigkeit besonders literarischer Texte, durch die im selben Text miteinander unvereinbare Standpunkte ausgedrückt werden.
  • Erhabene, das Ästhetischer Begriff, der die Affektwirkung von Kunst bezeichnet. Im Unterschied zum Begriff des Schönen bezieht sich der Begriff des Erhabenen nicht auf die formal-stoffliche Seite, sondern auf die Inkommensurabilität und Inkommunikabilität künstlerischer Wirkungen.
  • Fiktionalität Begriff für diejenigen Texte, die keinen Anspruch auf Referenzialisierbarkeit in der empirischen Welt erheben, die also erzählen, was möglich oder vorstellbar ist und ihren fiktionalen Status durch bestimmte textuelle, kontextuelle oder paratextuelle Signale anzeigen (z.B. episches Präteritum, Genre-Kennzeichnungen usw.). Die Fähigkeit, diese Signale als Hinweis auf den fiktionalen Status von Literatur entschlüsseln zu können, ist kulturell variabel und muss erlernt werden.
  • Genie Bezeichnung für ein Konzept des Künstlers, demzufolge der einzelne Künstler über eine einzigartige, irrationale und angeborene Schöpferkraft verfügt. Er muss originell, autonom sein und verfügt nach diesem Konzept über einen privilegierten Wahrheitszugang. Diese Auffassung setzt sich in der deutschen Literatur etwa ab 1770 durch und löst die ältere Regelpoetik und ihren poeta doctus ab.
  • Interpretation Bezeichnung für das reflektierte und methodisch angeleitete Lesen und Verstehen von Literatur, das Herausarbeiten eines Sinngehaltes. Demgegenüber betonen neuere Theorien wie etwa die Dekonstruktion, dass jede Lektüre ihren Gegenstand verändert und daher eine Trennung von literarischem Text und metasprachlichem Verstehen nicht möglich sei. Es gebe also nicht einen festen Sinn, der durch Interpretation aufzuzeigen wäre, sondern nur den Prozess der immer neuen und nie abschließbaren Lektüre.
  • Konvention Allgemein für Übereinkunft, hier im besonderen für Übereinkunft, welche sprachlichen und institutionellen Regeln für Literatur bestimmend sind. Der Begriff ist als Gegenbegriff wichtig für die Bestimmung von Abweichungen etwa in Abweichungspoetiken oder für Avantgardebewegungen.
  • Literatur Allgemein Bezeichnung für alle Texte, die den Anspruch erheben und denen der Anspruch zugeschrieben wird, literarisch zu sein.
  • Mimesis Poetologischer Grundbegriff seit der Antike für die Nachahmung von Wirklichkeit durch die Kunst. Aristoteles versteht in seiner "Poetik" darunter die darstellende Hervorbringung menschlicher Handlungen als motivierter Geschehenszusammenhang.
  • Norm Allgemein für anerkannte und verbindlich geltende Regel, etwa über das, was Literatur sei.
  • poeta doctus Der "gelehrte" Dichter: Ein Dichtertypus, der sich unter anderem während der Aufklärung durch seine enzyklopädische Bildung, kritische Urteilsfähigkeit und umfassende Kenntnis der lit. Tradition auszeichnet.
  • Realismus 1. Bezeichnung für die Literaturepoche zwischen Romantik und Naturalismus. 2. Stiltypologische Bezeichnung für die wirklichkeitsgetreue Darstellung. Tatsächlich geht in die Bezeichnung, was eine realistische Darstellung sei, immer Annahmen über das ein, was Literatur nachzuahmen habe, etwa die Natur oder gesellschaftliche Verhältnisse.
  • Schöne, das Grundbegriff der Ästhetik, der sich auf die formalen und inhaltlichen Eigenschaften von Kunst bezieht. Was als schön gilt, unterliegt aber historischem und kulturellem Wandel.
  • Textanalyse Bezeichnung für die regelgeleitete Untersuchung von Texteigenschaften als Vorbereitung einer Textinterpretation.
  • Verfremdung Begriff vor allem in den Verfremdungspoetiken wie dem Russischen Formalismus für die literarischen Texten zugeschriebenen Eigenschaft, Normalsprache zu verändern und zu variieren, so dass durch die Abweichung ihre formale Sonderqualität hervortritt.
  • Werk Allgemein Bezeichnung für ein Textkorpus, das einem Autor zugeschrieben werden kann, und das durch allen Texten gemeinsame Merkmale ausgezeichnet ist. Ein solches Textkorpus bildet eine Einheit. Die Texte dieses Korpus können zur Interpretation eng aufeinander bezogen werden.
  • aemulatio Bezeichnung für die wetteifernde Nachahmung eines normativ-verbindlichen literarischen Vorbilds vor allem in der antike, dem Mittelalter und der Frühen Neuzeit.
  • Ästhetik Allgemein Bezeichnung für die Lehre bzw. Theorie des Schönen. Die Bezeichnung geht in Deutschland v.a. auf Alexander Gottlieb Baumgarten (1714 - 1762) und dessen "Ästhetik" von 1750/58 zurück. Baumgarten verstand Ästhetik zunächst als "die Sinne betreffende Wissenschaft" und die Kunst, schön zu denken, im Unterschied zu den rational argumentierenden Wissenschaften. Sie umfasst alle schönen Künste, seit dem 19. Jahrhundert auch die nicht mehr schönen Künste.
  • Autonomie Bezeichnung im Rahmen eines ästhetischen Programm, das etwa ab 1800 versucht, Literatur als eigenständiges, von anderen gesellschaftlichen Bereichen getrenntes System zu begreifen, das nicht mehr außerliterarischen Ansprüchen (z.B. moralischen Anforderungen) genügen muss. Literatur habe frei und unabhängig zu sein und ihr Autor ein ebenso freies und unabhängiges Genie. Das Autonomiepostulat führt zur Abgrenzung von "hoher" und "niederer" Literatur und zur Ablösung der Regelpolitik.
  • Avantgarde Bezeichnung für die jeweils neue, mit den bestehenden ästhetischen Konventionen auf radikale Weise brenchend künstlerische Richtung des 20. Jahrhunderts. Die Avantgarde differenziert sich in verschiedene Richtungen, wie beispielsweise Futurismus, Dadaismus, Surrealismus und Expressionismus.
  • Intertextualität Begriff für diejenigen Aspekte eines Textes, die auf expliziten oder impliziten Bezügen zu anderen Texten beruhen. Der Begriff ist zentral für die Annahme, dass moderne Literatur nicht auf Wirklichkeit bezug nimmt, sondern selbst wieder auf Literatur, die autopoetisch sei.
  • Poetik Bezeichnung für die Lehre bzw. Theorie der Literatur, ist daher ein Teilbereich der Ästhetik. Im Unterschied zur älteren Regelpoetik, die Normen über das, was Literatur sei, spezifiziert, dominieren heute Abweichungs- und Verfremdungspoetiken.