Modul 1 - 03400 Geschichte der Psychologie (Fach) / Kapitel 6.4 - Differentielle Psychologie und Persönlichkeitsforschung (Lektion)
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Definition, Persönlichkeit, Methoden der Diff. Psychologie und Persönlichkeitsforschung, Persönlichkeitsbeschreibung und Vorhersage, Persönlichkeitserklärung, Paradigmen und Theorien
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- Kluckhohn & Murray (1953) Jeder Mensch ist in gewisser Hinsicht wie alle anderen Menschen einige anderen Menschen kein anderer Mensch
- Gegenstand der Differentiellen Psychologie Identifikation von Unterschieden bestimmter Personen(gruppen) im Hinblick auf bestimmte Dimensionen oder Merkmale (z.B. ängstlicher, offener) Untersuchung, mit welchen anderen Merkmalen diese Unterschiede assoziiert sind Vorhersage von Konsequenzen ("outcomes") bei bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen (z.B.: Merkmale "akademische Intelligenz" und "Gewissenhaftigkeit" als Prädiktor für Studienerfolg) Zentrale Annahme: das Besondere einer Persönlichkeit kann nur durch den Vergleich mit anderen bestimmt werden
- Gegenstand der Persönlichkeitspsychologie Untersuchung der einzigartigen Organisation von psychischen Merkmalen innerhalb einer Person Zusammenwirkung von Motiven, Emotionen, und Kognitionen bei einer Person Persönlichkeit i.d.S.: Strukturen und Prozesse von "nature" (genetischen Anlagen) und "nurture" (Erfahrung) Persönlichkeitspsychologie als Oberbegriff für Differentielle Psychologie und Persönlichkeitspsychologie im engeren Sinne
- Persönlichkeit (nicht existent bei Anke) im Sinne der Differentiellen Psychologie lat. persona: Maske, äußerer Schein, das Nichtwesenseigene, Innere, das Wesentliche, Schauspieler hinter der Maske Hermann 1991: Persönlichkeit als jedem Menschen einzigartiges, relativ stabiles und den Zeitablauf überdauerndes Verhaltenskorrelat Verhaltenskorrelat: hypothetisches, nicht direkt beobachtbares Konstrukt Bedingungen für ein Merkmals als Persönlichkeitsmerkmal: Zeitstabilität und transsituative Konsistenz
- Persönlichkeit im Sinne der Persönlichkeitspsychologie (im engeren Sinne) Pervin 1996: Persönlichkeit: komplexe Organisation von Kognitionen, Emotionen, Verhalten, die dem Leben einer Person Zusammenhalt und Richtung gibt P. umfasst - wie der Körper - Strukturen und Prozesse und spiegelt nature und nurture wider P. schließt Auswirkungen der Vergangenheit ebenso wie Konstruktionen der Gegenwart & Zukunft mit ein
- Methodische Präferenzen der Diff.-Ps. und Persönlichkeitsforschung Fragebogen zur Selbsteinschätzung für nicht-beobachtbare, interne Merkmale und Prozesse (z.B. Motive) Verhaltensbeobachtungen für Vorhersage von Verhalten Korrelative Designs
- Disziplinen der Differentiellen Psychologie nach William Stern (1911) Variationsforschung (Messung eines Merkmals an vielen Individuen) Korrelationsforschung (Messung zwei oder mehrerer Merkmale an vielen Individuen) Psychographie (Messung einer Individualität in Bezug auf viele Merkmale) Komparationsforschung (Messung zweier oder mehrerer Individualitäten in Bezug auf viele Merkmale)
- Das differentialpsychologische Experiment Amelang et al. 2006 Definition: In einem mehrfaktoriellen Design gibt es neben Reizvariablen auch Organismusvariablen als unabhängige Variablen Reizvariable = z.B. unterschiedlich belastende Filme Organismusvariable = z.B. Geschlecht, Persönlichkeitsmerkmal Variation von Organismusvariablen nicht möglich, aber entsprechende Selektion möglich (z.B. Aufteilung in Gruppen an Hand von IQ) Effekte: (a) Haupteffekt der Reizvariable, (b) Haupteffekt der Organismusvariable, (c) Interaktionseffekt beider Variablen
- Persönlichkeitsmerkmale (Eigenschaften - traits) Grundkonzepte der Persönlichkeitspsychologie Amelang et al. 2006: Eigenschaften sind "relativ breite und zeitlich stabile Dispositionen zu bestimmten Verhaltensweisen, die konsistent in verschiedenen Situationen auftreten" Johnson 1997 (eher inhaltliche Definition): Traits as consistent patterns of thoughts, feelings, or actions that distinguish people from another Konstruktcharakter: Eigenschaften = hypothetische Konstrukte abgeleitet aus beobachtbarem Verhalten und Erleben Werkzeugfunktion (nach Herrmann 1973): Eigenschaften als sich wandelnde Annahmengefüge, die im Kontext wissenschaftlicher Problemlösungsprozesse entwickelt wurden/werden
- Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeit (Big Five) Verträglichkeit Extraversion Offenheit für Erfahrung Neurotizismus (emotionale Labilität / Stabilität) Gewissenhaftigkeit = VEONG English: OCEAN (Openness, Conscientiousness, Extraversion, Agreeableness, Neuroticism)
- Lexikalischer Ansatz Hintergrundmodell der Big Five Basierend auf der Sedimentationshypothese: Für die alltäglichen Interaktionen zw. Personen bedeutsame Persönlichkeitsmerkmale sind in der Alltagssprache festgeschrieben - ist ein Merkmal wichtig, finden sich ein oder mehrere Wörter dafür Methodischer Ansatz: (a) Analyse von Beschreibungsdimensionen in einer Sprache, (b) Zusammenfassung dieser Dimensionen mit Hilfe der Faktorenanalyse und (c) Ermittlung von Eigenschaftsklassifikationen
- Fünf-Faktoren-Modell nach Angermann, Ostendorf & John (1990) Übereinstimmend mit der angloamerikanischen Version (Verträglichkeit, Extraversion, Offenheit, Neurotizismus, Gewissenhaftigkeit) Jeweils 6 Subfaktoren Neurotizismus: N1 - Anxiety (Ängstlichkeit), N2 - Angry Hostility (Reizbarkeit), N3 - Depression, N4 - Self-Consciousness (Soziale Befangenheit), N5 - Impulsiveness (Impulsivität), N6 - Vulnerability (Verletzlichkeit) Extraversion: E1 - Warmth (Herzlichkeit), E2 - Gregariousness (Geselligkeit), E3 - Assertiveness (Durchsetzungsfähigkeit), E4 - Activity (Aktivität), E5 - Excitement-Seeking (Erlebnishunger), E6 - Positive Emotions (Frohsinn)
- Kritik am Fünf-Faktoren-Modell Andresen 2002: "Risikobereitschaft" als 5. Dimension - reichen tatsächlich 5 Dimensionen aus zur Beschreibung der Persönlichkeit? McAdams 1992 u.a.: Fehlende intraindividuelle Organisation - wie wirken die Big Five zusammen? Psychologie des Fremden: Big Five dienen nur zur ersten Einschätzung einer bisher unbekannten Person (Mc Adams 1992)
- Bereiche interindividueller Differenzen aus dem "Handbuch der Persönlichkeitspsychologie und Differentiellen Psychologie" (Weber & Rammsayer 2005) Persönlichkeitsunterschiede im Bereich der Kompetenzen und Fähigkeiten, emotional-kognitiven und sozialen Bereich Eigenschaften als Prädiktoren für Situationen, für die keine Beobachtungsgelegenheit existierte Cattell 1965: Wichtigste Leistung der Persönlichkeitstheorie - "Persönlichkeit ist das, was eine Vorhersage darüber erlaubt, was eine Person in einer gegebenen Situation tun wird"
- Persönlichkeitsunterschiede im Bereich der Kompetenzen und Fähigkeiten Intelligenz Kreativität Weisheit Soziale und emotionale Kompetenzen Selbstregulation und Selbstkontrolle Stressbewältigung
- Persönlichkeitsunterschiede im emotional-kognitiven Bereich Ängstlichkeit Ärgerneigung Stress Wohlbefinden Selbstwertschätzung Kontrollüberzeugungen Selbstwirksamkeit Optimismus
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- Persönlichkeitsunterschiede im sozialen Bereich Prosoziales Verhalten Empathie Aggressivität Selbstdarstellung Soziale Unterstützung Partnerwahl und Partnerschaft
- Vorhersageleistung von Persönlichkeitsmerkmalen Walter Mischel 1968: Vorhersagbarkeit von Verhalten mit Hilfe von Eigenschaften kaum möglich ("Personality and ssessment") Robert Hogan 1998: Personality measures predict a range of significant outcomes (academic performance, vocational choice, etc) Ozer / Benett-Martinez 2006: Personality dispositions associated with happiness, health, identity, quality of relationships, satisfaction, performance, etc.
- Deskriptive vs. explikative Konstrukte Deskriptive Konstrukte: Beschreibung von Persönlichkeits (z.B. Persönlichkeitsmerkmale) Explikative Konstrukte: Aufzeigen von genetischen und biologischen Bedingungen sowie Umwelteinflüssen für die Unterschiede zwischen Individuen in verschiedenen Bereichen Umwelteinflüsse: z.B. Sozialisation, Kultur, prägende Lebensreignisse
- Gen-Umwelt-Interaktionen Caspi & Bem 1990: Proaktive Interaktionen: Genetisch mitbedingte Eigenschaften veranlassen Personen, solche Umwelten aufzusuchen, die ihre Position auf der Eigenschaftsdimension verstärken Reaktive Interaktionen: Unterschiedliche Reaktionen unterschiedlicher Personen auf dieselben Umweltbedingungen beruhend auf subjektiven Interpretationen auf Grund Persönlichkeitsunterschieden Evokative Interaktionen: Wechselspiel zwischen der Aktion einer Person (aufgrund ihrer Eigenschaften) und den Reaktionen anderer, auf die die Person wiederum reagiert etc. Dabei kann eine bereits etablierte Eigenschaft weiter stabilisiert werden.
- Paradigmen und Theorien in der Persönlichkeitspsychologie (nach Laux & Renner 2005) - Psychodynamische Ansätze - Betonung der Bedeutung frühkindlicher Erfahrungen sowie unbewusster Bedingungen (z.B. verdrängte Konflikte) für die Persönlichkeitsentwicklung Beispiel: Psychoanalytische Persönlichkeitstheorie von Sigmund Freud
- Paradigmen und Theorien in der Persönlichkeitspsychologie (nach Laux & Renner 2005) - Eigenschaftsbezogene und Biologische Ansätze - Identifikation überdauernder Merkmale, mit denen Unterschiede zwischen Personen beschrieben und erklärt werden können Henning & Netter 2005: Solche Ansätze meist ausgehend von biologisch-genetischer Grundlage von Eigenschaften Dazu gehörend die Neuen evolutionspsychologischen Ansätze - Prämisse: Eigenschaften im Laufe der Menschheitsentwicklung enstanden als Folge von basalen Aufgaben wie Überleben und Reproduktion
- Paradigmen und Theorien in der Persönlichkeitspsychologie (nach Laux & Renner 2005) - Phänomenologische Ansätze - Ausgangspunkt: Verhalten v. Individuen kann nur verstanden werden, wenn man seine subjektiven Interpretationen und Wahrnehmungen kennt Subjektive Wirklichkeitsauffassung statt objektiver Beobachterperspektive (z.B. Kelly's Konstrukttheorie 1955) Überlappung mit humanistischen Theorien: Betonung der Autonomie des Menschen, sein zielgerichtetes Handeln und Streben nach Selbstverwirklichung Hauptvertreter: Maslow und Rogers
- Paradigmen und Theorien in der Persönlichkeitspsychologie (nach Laux & Renner 2005) - Verhaltensbezogene Ansätze - Hauptziele: Objektive Beschreibung des Verhaltens und deutliche Betonung situativer Einflüsse auf das Verhalten Vernachlässigung innerpsychischer Vorgänge und der biologischen/genetischen Ausstattung
- Paradigmen und Theorien in der Persönlichkeitspsychologie (nach Laux & Renner 2005) - Sozial-Kognitive Ansätze - Im Fokus: Prozesse der Informationsbearbeitung (kognitive Prozesse), des Lernens im zwischenmenschlichen Bereich (soziales Lernen) & Emotionen Mischel 2003 - "social cognitive-affective conceptions" - Weiterentwicklung verhaltensbezogener Ansätze Wechselwirkung von Person und Situation oder zwischen verschiedenen Personen
- Paradigmen und Theorien in der Persönlichkeitspsychologie (nach Laux & Renner 2005) - Biographisch-Narrative Ansätze - Repräsentatives Beispiel: "Psychologische Biografik" von Thomae 1996 Forderung der genauen und wertneutralen Untersuchung des "Individuums und seiner Welt" Drei biographisch orientierte Zeiteinheiten: (a) Episode, (b) Tageslauf, (c) Lebenslauf Einzig authentische Quelle: Verhalten/Erleben in ihrer unverbildeten Form Methode: Freie Exploration Narrative Ansätze: Der Mensch als Geschichtenerzähler Natürlicher Zugang über das Erzählen von Geschichten, da Menschen, um ihre heterogenen Erfahrungen zu bearbeiten, ihr Erleben durch Geschichten ordnen - die sie sich selbst und anderen erzählen
- Borkenau et al. 2005 dynamische Auffassung der Persönlichkeitspsychologie: PP ist stark vernetzt und eine dynamische Teildisziplin der Psychologie Beleg an Hand mehrerer Forschungsbereiche: z.B. kognitive und neuronale Quellen individueller Unterschiede in der Intelligenz, biologische Einflussfaktoren auf Temperamentsmerkmale, Verhaltensgenetik
- The "New Big Five" - die fünf basalen Prinzipien der Persönlichkeitspsychologie Adams & Pals 2006: Versuch der Organisation der psychologischen Forschung / Lehre und Förderung der Persönlichkeitspsychologie im Besonderen und SoWi imAllgemeinen (1) Evolution und menschliche Natur: Eine integrative Persönlichkeitspsychologie muss bei den biologischen Wurzeln der Person ansetzen (2) Eigenschaften: Variationen auf breiten Eigenschaftsdimensionen konstituieren die stabilsten und erkennbarsten Aspekte der menschlichen Persönlichkeit - Eigenschaften, z.B. Big Five, als erster Überblick über die menschliche Persönlichkeit (Signatur) (3) Charakteristische Adaptionen: Unterscheidung der Menschen auch nach der Konstruktion von Identität und Bedeutung durch individuelle Lebenserzählung (4) Kultur: Moderate Beeinflussung des phänotypsischen Ausdrucks von Eigenschaften, starke Beeinflussung des Inhalts und Timings charakteristischer Adaptionen, sehr starke Beeinflussung der Lebenserzählung
- The "New Big Five" - Definition der Persönlichkeit Vor dem Hintergrund der New Big Five Definition der Persönlichkeit als individuelle und einzigartige Variation der genetisch bedingten, menschlichen Natur, die sich in einem entwickelndem Muster von Eigenschaften, charakteristischen Adaptionen und integrierenden Lebenserzählungen herausformt und in komplexer und unterschiedlicher Weise von Kultur beeinflusst wird.
- Internet und Persönlichkeit neues Feld für den Anspruch der PP, Verhalten zu erklären und vorherzusagen Fragestellungen: (a) Zusammenhang Persönlichkeitsmerkmale und Häufigkeit des Surfens, (b) "typische" Chatter-Persönlichkeit, (c) Vermittlung authentischer Selbstbilder auf Homepages?, (d) Internet als Übungsplatz für "sozial Ängstliche"? ETC Überblick bei Renner & Schütz 2005
- Fachzeitschriften PP Zeitschrift für Differentielle und Diagnostische Psychologie (seit 2005 Journal of Individual Differences) European Journal of Personality Journal of Personality and Social Psychology (Section: Personality Processes and Individual Differences) Journal of Personality Journal of Research in Personality Personality and Individual Differences Personality and Social Psychology Bulletin
- Fachgesellschaften PP Fachgruppe Differentielle Psychologie, Persönlichkeitspsychologie und Psychologische Diagnostik (DPPD) in der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs) www.dgps.de/fachgruppen/diff_psy/ European Association of Personality Psychology (EAPP) http://www.eapp.org/ International Society for the Study of Individual Differences (ISSID) http://issid.org/ Association for Research in Personality (ARP) www.personalityarp.org/ Society for Personality and Social Psychology (SPSP) www.spsp.org
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- Persönlichkeitspsychologie im Internet (Seriöse Information) • www.personality-project.org / • www.personalityresearch.org/