Entwicklungspschologie WiSe 12/13 (Fach) / 6. Bindungsentwicklung (Lektion)

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  • Grundbegriffe der Bindungstheorie Bindungsverhalten: Signalverhalten, z.B. kindliches Weinen, zur Herstellung/Aufrechterhaltung von Nähe Bindungsverhaltenssystem: Organisationsinstanz (hypothetisches Konstrukt) biologische Funktion: Bindung als Primär-Motivsystem, Abgrenzung zu Sekundärtriebtheorien Bindung als Produkt gemeinsamer Interaktionsgeschichte (sensible Phase) Bindungshierarchie: Rangordnung der Bezugspersonen Bindung als umweltstabiler Prozess, jedoch individuelle Unterschiede in der Bindungsqualität
  • 4 Phasen der Bindungsentwicklung Vorbindungsphase: Signal- und Arbeitssysteme des Neugeborenen arbeiten, um Nähe und physischen Kontakt herzustellen (keine Unterscheidung zwischen Personen möglich) Phase der Bindungsentstehung: Orientierung und Signale, die an eine (oder mehr) ausgewählte Person(en) gerichtet sind Phase der tatsächlichen Bindung:Herstellung von Nähe zu einer ausgewählten Person durch Fortbewegung und Signale. Die Bezugsperson wird als sichere Basis angesehen von wo aus die Umwelt erkundet werden kann Ziel-korrigierte Partnerschaft: Ziele und Motive der Bezugsperson können verstanden werden, wodurch eine wechselseitig geregelte Beziehung entsteht
  • Fremde Situation Erfassen von individuellen Unterschieden in der Bindungsqualität (1Jahr) Aktivierung des Bindungsverhaltenssystems, beobachten der Verhaltensstrategien K + M K + M + F > Bindungssystem aktiviert K + F (Trennung, max. 3 min) K + M (Wiedervereinigung) > beobachtbares Bindungsverhalten K (Trennung) K + F (trösten) K + M (Wiedervereinigung)
  • klassische Bindungsmuster nach Ainsworth sicher (B) unsicher-vermeidend (A) unsicher-ambivalent (C) ·      emotionale Betroffenheit ·      Bindungsverhalten bei Trennung ·      Kontaktaufnahme bei Wiedervereinigung, Wiederaufnahme des Explorationsverhaltens ·      wenig Reaktion bei Trennung ·      Kontaktvermeidung bei Wiedervereinigung ·      massive Trennungsreaktion (Angst) ·      Kontaktaufnahme und Ärger bei Rückkehr der Mutter ·      keine Rückkehr zum Explorationsverhalten Desorganisiert (d): widersprechende Verhaltensweisen, ungeordnete/ unterbrochene Bewegungen, Desorientierung, Furcht (ggfs. zugrundeliegende klassische sichere/unsicher Bindungsmuster)
  • Inneres Arbeitsmodell von Bindung individuelle Regulationsinstanz und Erklärung für langfristige Konsequenzen individueller Unterschiede Erfassung der Bindungsrepräsentation im Bindungserwachsenen-interview (AAI): Bild von sich un Bezugspersonen, Stellenwert von Bindungen, Zugang zu Gefühlen, Kohärenz Organisationsebenen (mit zunehmendem Alter) primäres Bindungssystem: grundlegende Bindungsverhaltens-weisen, Ebene der Reflexe sensomotorische, prozedurale Ebene: Wissen über Verhaltensstrategien, implizite/affektive Modelle Ebene kognitiver Repräsentation: deklaratives Wissen über Bindung, Bindungsfiguren und ihre Verfügbarkeit
  • Bindungsrepräsentation im Jugend- und Erwachsenenalter sicher-autonom unsicher-vermeidend unsicher-verwickelt ·      Bindung: hoher Stellenwert ·      unterstützende Geschichte ·      Integration neg. Erfahrung ·      distanziert ggü. Bindung ·      kaum Erinnerungen ·      unrealistische Idealisierung, Verdrängung neg. Gefühle ·      Ärger bzgl. früherer Beziehungen, Verwirrung, Widersprüchlichkeit ·      keine Integration unterschiedlicher Gefühle   desorganisiert/unverarbeitet: verbale/gedankliche Inkohärenzen, Irrationalitäten über traumatische Erfahrungen (Tod, Trennung, Missbrauch)
  • Determinanten individueller Unterschiede soziale Prozesse (Feinfühligkeit der Bezugsperson) wirken sich auf Bindungssicherheit aus molekulargenetische Grundlagen (DRD4 Polymorphismus), individuelle Verhaltensdispositionen im Negeborenenalter (Orientierungsfähigkeit, Irritierbarkeit) wirken sich auf Desorganisation aus angstliches/beängstigendes elterliches Verhalten, mangelnde Feinfühligkeit und Misshandlung wirkt sich auf Sicherheit und Desorganisation aus
  • Interaktion zwischen genetischer Disposition und kindlichen Erfahrungen mit der Bezugsperson genetische Merkmale als Risiko für Desorganisation, aber nur wenn Mutter sich nicht feinfühlig verhält (Rolle der Umwelt) verschiedene Wege zur Desorganisation genetisch bedingte EInschränkungen schlechte Erfahrungen mit Bezugsperson  
  • Transgenerationale Tradierung von Bindung Bindungsrepräsentation der Bezugsperson wirkt sich auf Feinfühligkeit und Bindungssicherheit aus unverarbeitete Traumata der Bezugsperson wirkt sich auf Desorganisation aus
  • Kontinuität individueller Unterschiede in der Bindungsqualität Bindungsrepräsentation der Mutter (AAI): Bindungsqualität: Verhaltensstrategien bei Trennung (1 + 6 Jahre) Reräsentation elterl. Unterstützung (Interwiew, 10 Jahre) Bindungsrepräsentation (AAI) Bindungsqualität: Verhaltensstrategien bei Trennung (1 Jahr) ... (6 Jahre) Verhalten bei Kummer (Interview, 10 Jahre) Repräsentation elterl. Unterstützung (Interview, 10 Jahre) Verhalten bei Kummer (Interview, 10 Jahre) > gegens. Beeinfl. Bindungsrepräsentation (AAI, 16+), auch von krit. Lebensereignissen beeinflusst
  • Stabilität von Bindungsunterschieden Grundannahme: individuelle Unterschiede in der frühen Kindheit sagenn individuelle Unterschiede im Jugend-/Erwachsenenalter vorher empirische Befunde (Gießener Längsschnittstudie): Bindungsverhalten (18 Monate) wirkt sich auf BV mit 4 und 5 Jahren aus,BV zu allen Zeitpunkten entspricht Bindungsrepräsentation mit 5 Jahren empirische Befunde (Regensburger LS IV): Verhalten der Bezugsperson, kritische Lebensereignisse wirkt sich auf BV mit 12 Monaten, 6 und 12 Jahren aus, BV (12M.) > BV (6J.) > BV (12J.), BV (12M.) entspricht Bindungsrepräsentation mit 6J., diese hat wiederum EInfluss auf Bindungsrepräsentation mit 12J.
  • Konsequenzen individueller Unterschiede in der Bindungsqualität sozial-emotionaler Bereich Selbstwertgefühl, Selbstbild Interaktion mit Gleichaltrigen (Umgang mit Konflikten, Qualität der Freundschaftsbeziehungen), Erwachsenen Verhaltensprobleme (Aggressivität) Verhalten in Kindergarten/ -krippe kognitiver Bereich (Problemlösen) keine konsistenten Befune zu kognitive Paramtern Problemlösesituaton als Schnittstelle: Bindungs-Explorations-Balance, emotionale Regulation, Nutzung sozialer Ressourcen  
  • Zusammenwirken des Bindungsverhaltenssystems mit biologischen Systemen Aktivierung des Nebennierenrindensystems (Cortisol) bei eingeschränkten Verhaltensmöglichkeiten, Untersuchung anhnd Fremden Situation: keine Cortisolreaktion bei sicheren Kindern, wiederholt (aber nicht immer) Reaktionen bei unsicheren bzw. desorganisierten Kindern, Wechselwirkung mit Temperamentsparametern Bowlbys Homöostase-Modell: Ungleichgewicht zwischen Person und Umwelt in Stresssituationen(1) äußerer Homöostasering: Verhaltensänderung (Regulation durch Nähe zur Bezugsperson)(2) innerer Homöostasering: physiologische Anpassung (Kinder, die Kummer nicht mitteilen können oder Kontakt zur Bezugsperson nichht effizientzur Emotionsregulation nutzen können > physiologische Belastung)
  • Einfluss von Bindungsunterschieden auf die psychobiologische Organisation in anderen Anforderungssituationen Bindungssicherheit als sozialer Puffer gegen physiologische Stressreaktionen (Cortisol) bei Kindern mit ungünstiger Verhaltensdisposition (Verhaltenshemmung)
  • Bindungsrepräsentation und emotionale Regulation theoretische Annahme: Arbeitsmodell von Bindung beeinflusst Wahrnehmung und Empfindung von Emotionen empirische Befunde bei vermeidender Bindungsrepräsentation: eingeschränkte Wahrnehmung neg. Emotionen, Idealisierungen inkohärente Reaktionen auf Verhaltensebene (unspezifische mimische Reaktionen) negative Bewertung negativen kindlichen Gesichtsausdruks auf physiologischer Ebene
  • Bindung, Emotionswahrnehmung und neuropsychologische Prozesse Einfluss früher Interaktionserfahrungen bzw. Trennungserfahrungen auf die Entwicklung von Gehirnstrukturen eingeschränkte links-frontale Aktivität in unsicher gebundenen Kleinkindern (Asymmetrie > vermeidende Regulationsmuster) unsichere Mütter brauchen mehr Ressourcen zur Verarbeitung sozialer Stimuli, sichere verwenden mehr Aufmerksamkeitsressourcen bei der Verarbeitung von Kindergesichtern Befunde (Spangler): unsicher gebunden > schwer, Gesichtsreize zu enkodieren; sicher gebunden > schenken insbesondere negativen sozialen Reizen mehr Aufmerksamkeit