Arbeitsrecht (Fach) / Kurseinheit 3 (Lektion)

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Leistungsstörungen im Arbeitsverhältnis: Vorübergehende Arbeitsverhinderung iSv § 616 BGB, Betriebsrisikolehre, EFZG Besondere arbeitsrechtliche Gestaltungsfaktoren: Betriebliche Übung, arbeitsrechtlicher Gleichebhandlungsgrundsatz

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  • Was versteht man unter einer Gratifikation? Freiwillige Vergütung aus besonderem Anlass.
  • Auf welche Rechtsgrundlage wird der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gestützt? Von der hL wird überwiegend die Fürsorgepflicht des AG angeführt. Das BAG spricht von einem im Individualarbeitsrecht dem Privatrecht zuzuordnenden Grundsatz, der inhaltlich durch Art. 3 I GG geprägt ist.
  • Wo liegt der Anwendungsbereich für den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz? Bei solchen Maßnahmen die der einseitigen Gestaltungsmacht des AG unterliegen und vom AG nach "abstrakt generalisierenden" Regeln getroffen werden.
  • Ist die Gleichbehandlungspflicht nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz auf den Betrieb beschränkt? Strittig. Das BAG geht nunmehr von einer unternehmensbezogenen Gleichbehandlungspflicht aus: Sie gilt, soweit die Regelungskompetenz des AG reicht.
  • Warum steht nach Auffassung des BAG § 75 BetrVG einer unternehmensbezogenen Gleichbehandlungspflicht nicht entgegen? § 75 I BetrVG begründet eine an die Kompetenzen der Betriebsparteien anknüpfende kollektivrechtliche Verpflichtung, die weder den Zweck hat noch geeignet wäre, die aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz fließenden individualrechtlichen Pflichten zu ersetzen.
  • Ist im Anwendungsbereich des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes eine betriebsbezogene Gruppenbildung ausgeschlossen? Nein. Auch wenn die Gleichbehandlungspflicht nicht von vornherein auf den Betrieb beschränkt ist, so können doch die räumliche Entfernung zwischen verschiedenen Betrieben desselben Unternehmens, deren mögliche Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Branchen sowie zwischen ihnen bestehende organisatorische Trennlinien eine betriebsbezogene Differenzierung rechtfertigen.
  • Darf eine einseitige Besserstellung einzelner AN durch den AG erfolgen? Ja, der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz schützt nur vor Schlechterstellung.
  • Wie lässt sich die Bindungswirkung einer betrieblichen Übung dogmatisch begründen? Nach hM liegt eine Verpflichtungserklärung durch schlüssiges Arbeitgeberverhalten vor, die vom AN entspr. § 151 BGB stillschweigend angenommen wird. Eine Mindermeinung bejaht die Erwirkung gem. § 242 BGB.
  • Ist die Annahme einer "umgekehrten" betrieblichen Übung zum Nachteil der AN möglich? Nein, die Unwiksamkeit ergibt sich aus § 308 Nr. 5 BGB (Klauselverbot für fingierte Erklärungen).
  • Wie grenzt man den Angestellten vom Arbeiter ab? Angestellter ist, wer überwiegend geistige, büromäßige oder kaufmännische Arbeit leistet. Arbeiter ist, wer vorwiegend körperliche Arbeit verrichtet.
  • Nenne die Voraussetzungen des Anspruchs gem. § 616 BGB! (Dienst-, bzw.) Arbeitsverhältnis Verhinderungsgrund Kein Verschulden bzgl. Verhinderungsgrund Verhältnismäßig nicht erhebliche Verhinderungsdauer
  • Was kann ein Verhinderungsgrund iSv § 616 BGB sein? Es muss ein in der Person des AN liegender Grund sein, der sich nicht auf einen größeren Personenkreis bezieht.
  • Wann ist die Verhinderungsdauer verhältnismäßig nicht erheblich? Maßgebend ist das Verhältnis von Verhinderungszeit zur Dauer des ArbeitsV (auch bei unbefristeten ArbeitsV idR nur wenige Tage, Faustformel: höchstens 2 Wochen).
  • In welchen Fällen ist die Lehre vom Betriebsrisiko anwendbar? Die Betriebsrisikolehre betrifft Fälle, in denen die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung wegen einer Betriebsstörung ausfällt, die weder vom AG noch vom AN zu vertreten ist, wenn für diese Fälle keine Sonderregelung gilt.
  • Was versteht man unter Betriebsstörung? Eine Betriebsstörung liegt vor, wenn der Grund der Störung in der betrieblichen Sphäre liegt, insbes. technische Ausfälle (Strom, Heizung, Maschinen). Abzugrenzen ist insbes. vom Wirtschaftsrisiko (trägt AG) und Wegerisiko (trägt AN).
  • Welche Rechtsfolge ist gegeben, wenn die Voraussetzungen der Betriebsrisikolehre vorliegen? Trotz fehlender Arbeitsleistung hat der AN gem. § 615 S. 3 BGB Anspruch auf den Lohn. Ausnahme: Existenzgefährdung des Betriebes (str.), Arbeitskampf.
  • Wer trägt das sog. Wegerisiko? Grds. der AN. Beruht die Verspätung allerdings allein auf Mängeln der vom AG bereitgestellten Beförderungsmittel: Grds. der Betriebsrisikolehre (+).
  • Was versteht man unter dem sog. Wirtschaftsrisiko? Die Arbeit ist zwar technisch möglich, aber wirtschaftlich sinnlos.
  • "Behalten" AN unter den Voraussetzungen des EFZG bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit ihren vertraglichen Entgeltanspruch? Früher ging man davon aus. Nach der Gesetzesänderung von 1996 spricht der Wortlaut der Vorschriften eher dafür, dass an seine Stelle ein besonders gesetzlich normierter Vergütungsanspruch treten soll.
  • Ab wann läuft die Wartezeit nach § 3 III EFZG? Ab der vereinbarten Arbeitsaufnahme. Der Zeitpunkt des Vetragsabschlusses ist genauso unbedeutend wie der möglicherweise verzögerte tatsächliche Arbeitsantritt.
  • Welche Gelder stehen dem AN im Krankheitsfalle zu, wenn die Wartefrist noch nicht erfüllt ist? IdR Krankengeld nach § 44 iVm § 49 I Nr. 1 SGB V.
  • Wird der in der Wartezeit erkrankte AN nicht vor Ablauf der 4 Wochen gesund, setzt dann automatisch die Entgeltfortzahlung nach dem EFZG ein? Geht man davon aus, dass das Arbeitsverhältnis 4 Wochen rechtlich bestanden haben muss, bleibt die tatsächlich krankheitsbedingte Unterbrechung für den Fristablauf ohne Bedeutung. Nach Ablauf der Frist müsste dem Wortlaut nach dann ggf. volle 6 Wochen Anspruch auf EFZG bestehen (so auch das BAG).
  • Ist bei einer Mehrfachbefristung von ArbV die Wartefrist jedes Mal neu zu erfüllen? In Anlehnung an die Rspr. zu § 1 I KschG: Nein. Voraussetzung: ein "enger sachlicher Zusammenhang" mit dem früheren ArbV. Daneben sind missbräuchliche kurzzeitige Unterbrechungen der Wartezeit unter Umgehungsgesichtspunkten zu prüfen.
  • Was versteht man unter Krankheit iSv § 3 I EFZG? Krankheit ist jeder regelwidrige Körper- oder Geisteszustand, der in der Heilbehandlung oder Arbeitsunfähigkeit wahrnehmbar zu Tage tritt.
  • Ist eine Schwangerschaft eine Krankheit iSd § 3 EFZG? Nein, die Schwangerschaft als solche ist kein regelwidriger Zustand.
  • Was versteht man unter Arbeitsunfähigkeit iSv § 3 EFZG? Arbeitsunfähig ist ein AN, wenn eine Krankheit es ihm unmöglich macht, die vertraglich geschuldete Leistung zu erbringen oder wenn er die Arbeit nur unter der Gefahr fortsetzen könnte, in absehbarer Zeit seinen Gesundheitszustand zu verschlimmern.
  • Wann ist die zwischen Krankheit und Arbeitsunfähigkeit erforderliche Kausalität gegeben? Wenn die Krankheit alleinige Ursache der Arbeitsunfähigkeit ist.
  • Was ist unter Verschulden iSd § 3 I EFZG zu verstehen? Anders als bei § 276 BGB bedeutet dieser Begriff eine grobe Obliegenheitsverpflichtung.
  • Hat der AN seine Arbeitsunfähigkeit "verschuldet", wenn diese auf einem Sportunfall beruht? Grundsätzlich nicht. Anders als bei gefährlichen Sportarten bzw. Sportarten, welche die Leistungsfähigkeit des AN wesentlich übersteigen.
  • Liegt ein Verschulden vor, wenn die Arbeitsunfähigkeit auf einem Selbstmordversuch beruht? Nein, da beim Selbstmordversuch die Zurechnungsfähigkeit verneint wird.
  • Erhält ein AN bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit während des Erholungsurlaubes EFZ nach § 3 EFZG? Der Urlaubsanspruch wird kraft § 9 BUrlG unterbrochen. Damit erhält der AN während des Zeitraums der Arbeitsunfähigkeit Entgeltfortzahlung gem. § 3 EFZG.
  • Ist § 3 I EFZG Rechtsgrundlage für die EFZ, wenn gleichzeitig feiertagsbedingt die Arbeitsleistung nicht erbracht wird? Liegen alle sonst. Vss. für die krankheitsbedingte EFZ vor, ist § 3 EFZG auch an Feiertagen Rechtsgrundlage für eine EFZ. Die Höhe des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts bemisst sich für den Feiertag gem. § 4 II EFZG nach § 2 EFZG.
  • Welche Besonderheiten gelten, wenn sog. Wanderarbeitnehmer durch EG-ausländische Atteste die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit nachweisen? Für Wanderarbeitnehmer, dh für Angehörige eines Mitgliedstaates, die in einem anderen Mitgliedstaat als AN beschäftigt sind, gilt Art. 18 Verordnung 574/72/ EWG. Danach ist der verantwortliche Leistungsträger an die Feststellungen der Arbeitsunfähigkeit durch den EU-ausländischen Träger der sozialen Sicherheit gebunden.
  • Wäre es von den Voraussetzungen her denkbar, die krankheitsbedingte EFZ statt über das EFZG über § 616 BGB zu steuern? Ja, tatsächlich war die EFZ für Angestellte bis 1994 so geregelt. In § 616 II BGB war lediglich festgelegt, dass eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit im Fall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit 6 Wochen beträgt.
  • Was passiert, wenn der Arbeitgeber rechtswidrig keine krankheitsbedingte EFZ leistet? Der AN bekommt dann, wenn er Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung ist, Krankengeld nach §§ 44 ff. SGB V.
  • Wie "holt sich die Krankenkasse ihr Geld zurück", wenn sie bei rechtswidriger Nichtleistung des AG bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit zahlt? Soweit sie wegen der Weigerung des AG Leistungen an den AN erbracht hat, geht der Anspruch des AN auf EFZ an die Krankenkasse über und kann von ihr geltend gemacht werden.