Strafrecht (Fach) / Kurseinheit 7 (Lektion)

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mittelbare Täterschaft Versuch bei erfolgsqualifizierten Delikten Diebstahl/ Unterschlagung

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  • Wodurch unterscheidet sich die mittelbare Täterschaft grundlegend von der Mittäterschaft? Bei der mittelbaren Täterschaft besteht grds. zwischen den Beteiligten (mittelbarer Täter - Tatmittler) ein Über-Unterordnungsverhältnis, während bei der Mittäterschaft die Beteiligten gleichgeordnet auf einer Stufe stehen.
  • Was ist die objektive Mindestvoraussetzung für eine mittelbare Täterschaft des Hintermannes? Auch der Hintermann muss objektiv einen eigenen Mindestverursachungsbeitrag zur Tatbestandsverwirklichung leisten. Dies wird zumeist in der Veranlassung des Vordermanns zu sehen sein.
  • Welche Form von Tatherrschaft hat der mittelbare Täter? In welchen Fällen liegt diese Tatherrschaft unproblematisch vor? Die Wissens- oder Willensherrschaft, teilw. wird nur von Willensherrschaft gesprochen.Fälle: Hintermann nötigt Vordermann Hintermann nutzt einen Irrtum des Vordermanns aus Hintermann benutzt unzurechnungsfähigen Vordermann
  • Was bedeutet der Satz "Die Tatherrschaft ist teilbar"? Die Tatherrschaft ist tatbestandsbezogen zu beurteilen. Es ist deshalb möglich, dass der Vordermann bezogen auf den einen Tatbestand einem Tatbestandsirrtum unterliegt, während er im Hinblick auf einen anderen Tatbestand voll Bescheid weiß. Hier kann beim Hintermann einerseits mittelbare Täterschaft, andererseits hingegen nur Anstiftung vorliegen.
  • Was ist ein doloser Vordermann? Ein bösgläubiger Vordermann, der die Tathandlung bewusst und gewollt ohne Zwang vornimmt, wegen fehlender Qualifikation oder Absicht aber nicht selbst Täter sein kann.
  • Kann auch beim Einsatz doloser Vorderleute mittelbare Täterschaft des Hintermanns vorliegen? Teil der Lit.: (-), denn:. Hintermann besitzt über einen dolosen Vordermann keinerlei reale Tatherrschaft hL: (+), da Hintermann als Veranlasser den psychischen Anstoß zur Tat gibt und infolge der nur bei ihm vorhandenen Täterqualifikationen bzw. Absichten ein rechtliches Übergewicht besitzt. BGH (+), da nach der subj. Täterlehre letztlich Täterwille und nicht Tatherrschaft entscheidet.
  • Wann wird eine unmittelbare Selbsttötung des Opfers zur mittelbaren Fremdtötung durch den Hintermann? Wenn der Hintermann das Opfer bei Vornahme der Selbsttötungshandlung als (tatbestandslos handelndes) Werkzeug gegen sich selbst nutzt. Voraussetzung dafür ist, dass das Opfer nicht frei verantwortlich handelt und der Hintermann dies bewusst ausnutzt.
  • Gibt es auch einen "Täter hinter dem Täter"? Nach hM (+), wenn jedenfalls Hintermann infolge der Wissens- oder Willensüberlegenheit den Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs in seiner konkreten Erscheinungsform steuert.
  • In welchen Fallkonstellationen kommt der "Täter hinter dem Täter" typischerweise vor? Hintermann nutzt einen graduellen Tatbestandsirrtum des Vordermanns aus Hintermann nutzt einen beim Vordermann unbeachtlichen error in persona vel obiecto aus Hintermann nutzt einen vermeidbaren Verbots- oder Erlaubnisirrtum des Vordermanns aus Hintermann benutzt hierarchisch organisierten Machtapparat, um Vordermann zur Tat zu veranlassen
  • Gibt es auch eine mittelbare Unterlassungstäterschaft? Der BGH bejaht dies neuerding. Diese Rechtsfigur scheitere insbesondere nicht daran, dass im Fall des Unterlassens ein Anstoß durch den Hintermann fehle, ein wirklicher Geschehensablauf gerade nicht herbeigeführt werde. Denn mittelbare Täterschaft setze weder eine Aktivität des Täters noch eine Kausalität nach den für aktives Tun geltenden Regeln voraus. Grundlage der Haftung des pflichtwidrig untätigen Hintermanns sei vielmehr allein, dass das Handeln Dritter ihm wegen seiner Tatherrschaft zugerechnet werde. Diese Zurechnung ersetze im Vergleich zur aktiven mittelbaren Täterschein sein Tun (streitig).
  • Was sind die Bestandteile des Vorsatzes bei mittelbarer Täterschaft? Hintermann muss sich die Verwirklichung der objektiven Merkmale des einschlägigen Tatbestandes durch Vordermann vorstellen und wollen. Dabei muss ihm nach hL seine Tatherrschaft bewusst sein. Nach BGH muss er die Tat als eigene wollen, also Täter- nicht nur Teilnehmerwillen haben.
  • Wo beginnt der Versuch bei mittelbarer Täterschaft?   hM: Wenn Täter Einwirkung auf Tatmittler abgeschlossen hat und jetzt den Tatmittler zur zeitnahen Tatbestandsverwirklichung aus seinem Kontrollbereich entlässt.  
  • Kommt ein Rücktritt des Tatmittlers auch dem mittelbaren Täter zugute? Grds. nicht, da der Rücktritt ein persönlicher Strafausschließungsgrund ist, der nur dem zugute kommt, der selbst die Rücktrittsvoraussetzungen erfüllt. Anders aber, wenn der Täter auf Weisung des mittelbaren Täters und damit beim Rücktritt in bewusster Willensvertretung für den mittelbaren Täter gehandelt hat.
  • Wie ist bei dem die Aktivtat nicht hindernden Garanten (Unterlassungs-) Täterschaft von (Unterlassungs-) Teilnahme abzugrenzen?   Der Garant ist eindeutig nicht Täter, wenn ihm die für das einschlägige Delikt die erforderliche Tätereigenschaft fehlt. Der Garant ist eindeutig Täter, wenn er bei gedachter aktiver Unterstützung mittelbarer Täter wäre. Im Übrigen besteht Streit:   - zT wird Täterschaft des Garanten mangels realer Beherrschung des Geschehens generell abgelehnt - zT wird Täterschaft generell bejaht, da die Verletzung der Garantenpflicht täterschaftsbegründend sei - nach BGH entscheidet auch hier letztlich der Täterwille
  • Gibt es auch einen strafbaren Versuch des erfolgsqualifizierten Delikts? Die hM bejaht die Möglichkeit des Versuchs mit Hinweis auf § 18 und § 11 II, wonach auch das erfolgsqualifizierte Delikt vom Gesamtcharakter her Vorsatzdelikt ist.
  • Welche Versuchsvarianten sind beim erfolgsqualifizierten Delikt denkbar? erfolgsqualifizierter Versuch versuchte Erfolgsqualifikation versuchtes Grunddelikt + versuchte Erfolgsqualifikation
  • Warum ist gerade bei § 227 die Möglichkeit eines erfolgsqualifizierten Versuchs so streitig? Bei § 227 ist umstritten, ob sich in der Todesfolge die spezifische Gefährlichkeit des Körperverletzungserfolgs realisieren muss oder ob es auch ausreicht, dass sich die spezifische Gefährlichkeit der Körperverletzungshandlung realisiert. Nur im letztgenannten Fall (hM) ist ein erfolgsqualifizierter Versuch denkbar.
  • Kann man beim erfolgsqualifizierten Versuch auch noch nach dem Eintritt der schweren Folge vom versuchten Grunddelikt zurücktreten?   zT (-), da sich bereits die tatbestandsspezifische Gefahr der Grunddeliktshandlung in der schweren Folge realisiert habe. nach hM (+), da nach dem eindeutigen Wortlaut des § 24 der Täter von dem versuchten Grunddelikt zurücktreten könne und mit dem Entfallen der Strafbarkeit wegen des versuchten Grunddelikts auch der Anknüpfungspunkt für die Strafschärfung auf Grund der Qualifikation wegfalle. Die Mindermeinung laufe auf eine teleologische Reduktion einer tätergünstigen Vorschrift hinaus.  
  • Was sind die Voraussetzungen der Wegnahme? Bruch fremden und Begründung neuen, nicht unbedingt aber normalerweise tätereigenen Gewahrsams.
  • Wie ist der Gewahrsam im Rahmen des Wegnahmebegriffs zu definieren? Gwwahrsam ist das tatsächliche Herrschaftsverhältnis einer Person über eine Sache, das von einem natürlichen Herrschaftswillen getragen ist. Bei der Beurteilung der Gewahrsamsverhältnisse ist die Verkehrsanschauung zu berücksichtigen. Gewahrsam iSd § 242 ist meistens, aber nicht immer, identisch mit dem Besitz.
  • Was ist eine sozialübliche Gewahrsamslockerung? Trotz räumlicher Trennung von Person und Sache liegt kein Gewahrsamsverlust vor, wenn die Trennung nur vorübergehender Art ist und im Rahmen des sozial Üblichen liegt.
  • Was ist die Aussage der sog. "Enklaventheorie"? Die körperliche Nahesphäre ist eine durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht besonders geschützte "Tabuzone". Verbringt der Täter eine Sache dahin, entsteht nach der Verkehrsanschauung eine intensive Herrschaftsbeziehung und kommt der Ausschluss des bisherigen Gewahrsamsinhabers deutlich zum Ausdruck. Mit Verbringen einer Sache in diese "Enklave" liegt deshalb die Begründung neuen Gewahrsams vor.
  • Weshalb liegt bei der sog. "Diebesfalle" kein vollendeter, sondern nur ein versuchter Diebstahl vor? Ein vollendeter Diebstahl scheidet bei einer Diebesfalle in der Regel deshalb aus, weil der Berechtigte zwecks Überführung des Täters in eine Aufhebung seines Gewahrsams einwilligt. Damit wird objektiv kein fremder Gewahrsam mehr "gebrochen" (tatbestandsausschließendes Einverständnis). Ein versuchter Diebstahl liegt deshalb vor, weil der Täter das Einverständnis des Berechtigten nicht kennt und sich deshalb subjektiv den "Bruch" fremden Gewahrsams vorstellt.
  • Wie ist der Trickdiebstahl vom Sachbetrug abzugrenzen? Über den Gewahrsamsbruch. Hat der bisherige Gewahrsamsinhaber infolge Täuschung einem vollständigen Gewahrsamswechsel (nicht nur Gewahrsamslockerung) bewusst und gewollt (ohne Zwang) zugestimmt (=Einverständnis) →täuschungsbedingte Vermögensverfügung iSd § 263 wenn kein Einverständnis →täuschungsbedingte Wegnahem iSd § 242.
  • Inwiefern hängt der Gewahrsamswechsel auf den Kunden in einem SB-Geschäft von der baulichen Gestaltung ab? Je nach baulicher Gestaltung kann der Gewahrsamswechsel innerhalb (zB Kassenzone, abgegrenzte Kosmetikabteilung), am Ausgang (zB Zentralkasse) oder außerhalb (zB Warenschütten, Warenständer im Vorbereich) des SB-Geschäfts stattfinden.
  • Liegt beim gestatteten Passieren der Kassenzone eine SB-Ladens mit versteckter Ware ein Trickdiebstahl oder ein Sachbetrug vor? Dies hängt vom Bezugsobjekt und Konkretisierungsgrad des in der Gestattung der Kassenpassage liegendem Einverständnisses ab:   Nach nahezu einhelliger Meinung bezieht sich das Einverständnis nicht auf Waren, die sich verdeckt oder zwischen anderen Waren versteckt im Einkaufswagen befinden, da diese vom Kassenpersonal als solche nicht wahrgenommen, geschweige denn registriert werden. Streitig sind die Fälle, in denen Ware in Verpackungen anstelle bzw. zusätzlich zum Originalinhalt versteckt sind. Während eine Ansicht annimmt, dass sich das Einverständnis immer auf die wahrgenommene Verpackung samt (manipulierten) Inhalt beziehe, da beides eine untrennbare Wahrnehmungseinheit bilde (→immer Sachbetrug), gehen andere davon aus, dass das Kassenpersonal sein Einverständnis durch Eingabe von Preis und Artikelnummer auf den dementsprechenden Originalinhalt konkretisiere, so dass sich das Einverständnis nie auf einen manipulierten Inhalt beziehe (→immer Trickdiebstahl).  
  • Wie setzt sich die Zueignungsabsicht des § 242 zusammen? Aneignungskomponente (= Absicht der wenigstens vorübergehenden Aneignung) + Enteignungskomponente (= mindestens billigende Inkaufnahme der dauernden Enteignung des Berechtigten) bezogen auf die Sachsubstanz oder den verkörperten Sachwert (Vereinigungsformel).
  • Wann ist ein Sachwert verkörpert? Grds. ist verkörperter Sachwert nur der nach Art und Funktion bestimmungsgemäß aus der Sache "herausziehbare" Wert (lucrum ex re), nicht aber der bloße Gebrauchswert (lucrum ex negotio cum re). Faustregel: Verkörperter Sachwert ist grds. nur ein solcher Wert, nach dessen Verschaffung die Sache selbst weniger wert ist ("eine Hülse ohne Inhalt") bzw. nicht mehr funktionsgerecht verwendet werden kann.
  • In welche Richtung wird der Diebstahl bei der Aneignungskomponente abgegrenzt? In Richtung Sachentziehung, Sachbeschädigung und eigenmächtige Verfügung zugunsten des Eigentümers.
  • Welchen Einfluss hat die Differenzierung zwischen Selbst- und Drittzueignungsabsicht auf Enteignungs- und Aneignungskomponente? Auswirkung hat die Differenzierung nur in der Aneignungskomponente, dh Absicht (im technischen Sinne) sich oder einem Dritten die Sache wenigstens vorübergehend zum Zweck eigennütziger Verfügung in das Vermögen einzuverleiben. Hierbei dürfte zwischen den beiden Alternativen ein Exklusivitätsverhältnis bestehen mit vorrangiger Prüfung der Selbstzueignungsabsicht auch in den Weitergabefällen (aber streitig).
  • Wann liegt trotz geplanter Weitergabe der Sache an Dritte die Absicht des Sichzueignens vor? Wenn der Täter vorhat, durch die Weitergabe einen irgendwie messbaren Vorteil wirtschaftlicher (nicht nur ideeller) Art zu erzielen (BGH) bzw. bei der Weitergabe als Quasiberechtigter aufzutreten (zB als großzügiger Spender, hL).
  • Wie ermittelt die hM die Zueignungsabsicht, wenn der Täter vorhat, dem Berechtigten seine eigene Sache wieder zurückzuveräußern? Nach hM wird hier der formelle Zueignungsbegriff (se ut dominum gerere) in den Vordergrund gerückt und als entscheidend angesehen, ob der Täter die Sache unter Eigentumsleugnung oder Eigentumsanerkennung zurückführen will.
  • Unterschied zwischen der Rechtswidrigkeit der erstrebten Zueignung und der Rechtswidrigkeit als allg. Verbrechensmerkmal bei § 242? Soweit die Rechtswidrigkeit die erstrebte Zueignung betrifft, ist sie nach hM TB-Merkmal des § 242 und kennzeichnet den Widerspruch der beabsichtigten Zueignung zur materiellen Eingentumsordnung. Daneben wird auf der zweiten Deliktsstufe die allgemeine Rechtswidrigkeit geprüft, also ob die Diebstahlshandlung (Wegnahme in Zueignungsabsicht) durch die allg. Rechtfertigungsgründe gerechtfertigt ist.
  • Was bedeutet Zueignen iSd § 246 nach sog. Manifestationstheorie? Der Zueignungswille muss sich in einem Verhalten des Täters für den objektiven Beobachter unzweideutig niederschlagen.
  • Wie weit reicht die Subsidiaritätsklausel des § 246 I?   Die Subsidiaritätsklausel des § 246 I gilt nach hM nur für Gleichzeitigkeitsfälle, Tat iSd § 246 I ist insoweit als materielle Tat (dieselbe Handlung) gem. § 52 zu verstehen.  
  • Wie ist eigentlich eine Zweitzueignung zu behandeln?   Nach der sog. Tatbestandslösung des BGH scheidet bei wiederholter Betätigung des Zueignungswillens schon tbmäßig eine Zweitzueignung aus, wenn sich der Täter die Sache bereits zuvor in strafbarer Weise unter Verschaffung des Eigenbesitzes zugeeignet hatte. Nach der sog. Konkurrenzlösung der hL erfüllt hingegen jede wiederholte Manifestation des Zueignungswillens an einer bereits deliktisch erlangten Sache wieder den Tatbestand der Unterschlagung. Diese tritt dann aber regelmäßig auf der Konkurrenzebene als mitbestrafte Nachtat zurück. Ist die Zweitzueignung eine Drittzueignung, so wird auch diese nach o.a. Grundsätzen der Tatbestands- oder Konkurrenzlösung behandelt.