Verwaltungsrecht At (Fach) / Kurseinheit 4 (Lektion)

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Ehrbeeinträchtigende Äußerungen von Hoheitsträgern Rechtswegabgrenzung allgemeine Leistungsklage allgemeines/ qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis Rechtsweggarantie allg. öff.-rechtl. Folgenbeseitigungsanspruch/ Unterlassungsanspruch objektive und subjektiv-eventuale Klagehäufung Verfassungsmäßigkeit des kommunalen Vertretungsverbotes; Zurückweisungsmöglichkeit im Prozess

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  • Welchen Rechtsweg beschreitet man gegen ehrverletzende Äußerungen von Hoheitsträgern? Der Rechtsweg hängt entscheidend vom Funktionszusammenhang ab. Wurde die Äußerung im Zusammenhang mit der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben vorgenommen oder auf öff.-rechtliche Befugnisse gestützt, so greift der Verwaltungsrechtsweg ein. Ausnahmsweise ist die Äußerung nach hM trotz hoheitlichem Funktionszusammenhang vor den ordentlichen Gerichten anzugreifen, wenn der Amtsträger sie nur "bei Gelegenheit" als sog. Exzess geäußert hat und gerade deren Widerruf verlangt wird.
  • Warum richtet sich ein Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB iVm Art. 34 GG nur auf Geld, nicht aber auf Naturalrestitution? Weil der Amtswalter persönlich zum Schadensersatz verpflichtet ist und nach hM in dieser Sphäre keine Amtshandlung rückgängig machen kann.
  • In welchen Formen gibt es die allgemeine Leistungsklage? In der Form der Vornahme- und der (vorbeugenden) Unterlassungsklage. (Beachte aber die Sonderfälle im Rahmen der Kommunalverfassungsstreitigkeit)
  • Welcher Zulässigkeitsvoraussetzung kommt bei der vorbeugenden Unterlassungsklage besondere Bedeutung zu? Dem qualifizierten Rechtschutzbedürfnis. Da der Rechtsschutz der VwGO primär auf nachträgliche Klagemöglichkeiten ausgerichtet ist, sind vorbeugende Klagen grds. subsidiär. Im Rahmen dieser bes. Zulässigkeitsvoraussetzung ist darzulegen, warum der Kläger die Gerichte bereits vor Erlass einer Maßnahme oder dem Eintritt eines Ereignisses in Anspruch nehmen will. Dieses qual. Rechtschutzbedürfnis kann mit der Wiederholungsgefahr oder auch der sog. Erstbegehungsgefahr begründet werden.
  • Welche Verwaltungshandlungen kann man mit der vorbeugenden Unterlassungsklage verhindern? Schlichtes Verwaltungshandeln, Verwaltungsakte und sogar Bebauungspläne (str., Sonderfall)
  • Mit welcher anderen Klage als der vorbeugenden Unterlassungsklage kann man drohendes Verwaltungshandeln abwehren? Mit der vorbeugenden Feststellungsklage gem. § 43 I VwGO.
  • Gibt es einen "vorbeugenden" Widerspruch? Nein. Die Statthaftigkeit setzt nach § 68 VwGO einen bereits erlassenen Verwaltungsakt voraus.
  • Welchen Zweck verfolgt das kommunale Vertretungsverbot aus § 50 GO? Das kommunale Vertretungsverbot will einen Interessenkonflikt beim Gemeinderatsmitglied vermeiden und verhindern, dass Privatpersonen sich das Insiderwissen der Gemeinderatsmitglieder für private Zwecke zunutze machen.
  • In wessen Gesetzgebungskompetenz fällt das kommunale Vertretungsverbot des Art. 50 GO? Das kommunale Vertretungsverbot knüpft an die Eigenschaft des Gemeinderatsmitglieds an und regelt somit eine Frage des Kommunalrechts. Damit fällt es in die Gesetzgebungskompetenz der Länder, Art. 30, 70 GG.
  • Verstößt das kommunale Vertretungsverbot gegen die Berufsfreiheit? Nach der Rspr. des BVerfG greift das kommunale Vertretungsverbot faktisch in die Berufsfreiheit ein. Diese Berufsausübungsregelung ist aber - so das BVerfG - durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls und durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gedeckt.
  • Gibt es beim Verstoß gegen das kommunale Vertretungsverbot eine Zurückweisungsmöglichkeit im Prozess? Diese Frage ist umstritten. Nach der hL fehlt für die Zurückweisung eine gesetzliche Grundlage. Nach der Rspr. des BVerfG greifen § 67 III VwGO, § 157 ZPO analog ein.
  • Was versteht man unter dem Folgenbeseitigungsanspruch? Das ist der Anspruch des Bürgers gegen einen Träger öffentlicher Gewalt auf Wiederherstellung des früheren Zustands.
  • Welche Voraussetzungen hat der Folgenbeseitigungsanspruch? Eingriff in ein subjektiv-öffentliches Recht  durch hoheitliches Handeln Rechtswidrigkeit der Folge Fortdauer der Beeinträchtigung.
  • Mit welcher Klage setzt man den allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruch durch? Mit der allgemeinen Leistungsklage.
  • Wann ist der Eingriff (i.R.d. Folgenbeseitigungsanspruchs) rechtswidrig? Wenn den Bürger keine Verpflichtung trifft, den Eingriff zu dulden. Eine solche Duldungspflicht kann sich aus VA, Vertrag oder Gesetz (zB § 193 StGB analog; §§ 3, 22 BImSchG) ergeben.
  • Worauf wird der allgemeine Folgenbeseitigungsanspruch gestützt? Einigkeit besteht nur dahingehend, dass der Folgenbeseitigungsanspruch gewohnheitsrechtlich anerkannt ist. Im Übrigen ist die Herleitung strittig: Das BVerwG leitet ihn entweder aus der Verletzung von Grundrechten oder aus Art. 20 III GG ab. In der Literatur werden völlig unterschiedliche Ansätze genannt: Analogie zu §§ 1004, 862 BGB; Gebot der Gerechtigkeit; Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung bzw. des Vorbehalts des Gesetzes; Freiheitsrechte; Rechtschutzgarantie.
  • Kann man mit Hilfe des Folgenbeseitigungsanspruchs auch den Widerruf von Werturteilen verlangen? Grundsätzlich nicht, da nur Tatsachenbehauptungen widerrufen werden können. Für ein Werturteil kann man sich allenfalls entschuldigen. Eine Ausnahme gilt für die Warnungsfälle.
  • Welche Voraussetzungen hat der allgemeine Unterlassungsanspruch? Der allgemeine Unterlassungsanspruch erfordert einen rechtswidrigen Eingriff in ein subjektives Recht durch hoheitliches Handeln sowie eine Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr.
  • Wo ist die allgemeine Leistungsklage gesetzlich geregelt? Welche Beteiligtenkonstellationen sind möglich? Wieso wird sie als "allgemeine" Leistungsklage bezeichnet? Die Statthaftigkeit der allgemeinen Leistungsklage ist nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, aber durch §§ 43 II, 111 VwGO vorausgesetzt. Sie ist möglich sowohl als Klage des Bürgers gegen den Staat, als auch als Klage des Staates gegen den Bürger als auch als Klage des Staates gegen den Staat. Sie heißt allgemeine Leistungsklage, weil Gegenstand nicht der Erlass eines VA (= "Besondere" Leistungsklage= Verpflichtungsklage), sondern idR schlichtes Verwaltungshandeĺn ist.
  • Statthaftigkeit der allgemeinen Leistungsklage Das Klagebegehren muss auf eine hinreichend bestimmbare Leistung, dh ein Tun, Dulden oder Unterlassen des Beklagten gerichtet sein, welches nicht im Erlass eines VA besteht.
  • Fallgruppen statthafter Leistungsklagen Vornahme einer (erstmaligen) Handlung Vornahme einer Handlung, die die Folgen einer vorangegangenen Handlung beseitigt oder einen dadurch erzeugten und andauernden Zustand beendet Unterlassen der Wiederholung einer schon einmal vorgenommenen Handlung ("normale" Unterlassungsklage) und ausnahmsweise auch, weil nach hM keine andere Klageart eingreift, das Unterlassen zukünftiger konkret drohender Verwaltungsakte (=vorbeugende Unterlassungsklage)
  • Begründetheit der allgemeinen Leistungsklage Die allgemeine Leistungsklage ist begündet, wenn sie sich gegen den richtigen Beklagten richtet und soweit der Kläger einen Anspruch auf die begehrte Vornahme, Abwehr/ Beseitigung oder Unterlassung hat. Mögliche Anspruchsgrundlagen: - der allg. öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigungsanspruch - der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch - der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch - andere ggf. spezialgesetzlich geregelte Leistungsanspruchsgrundlagen; evtl. Art. 3 I GG
  • Was ist bei Eventualklagehäufungen zu beachten? Bei Eventualklagehäufungen ist zu beachten, dass Prozesshandlungen bedingungsfeindlich sind: Der Klageantrag darf also nicht vom Eintritt eines zukünftigen ungewissen Ereignisses abhängig gemacht werden. Allerdings ist eine objektiv-eventuale Klagehäufung dann zulässig, wenn der Hilfsantrag von der Erfolglosigkeit des Hauptantrags abhängig gemacht wird, da es sich dabei um eine sog. "innerprozessuale Bedingung" handelt. Der Hilfsantrag ist dabei lediglich abhängig von der Rechtslage. Diese ist aber weder zunkünftig noch ungewiss. Nach allgemeiner Auffassung ist eine subjektiv-eventuale Klagehäufung dagegen stets unzulässig, denn hier wird die Klage gegen einen von mehreren Streitgenossen nur unter der aufschiebenden Bedingung erhoben, dass die verbundene Klage gegen den anderen Streitgenossen keinen Erfolg hat. Die Begründung eines Prozessrechtsverhältnisses mit mehreren Beteiligten darf jedoch aus Gründen der Rechtsklarheit nicht bis zum Ende des Rechtsstreits in der Schwebe bleiben und deshalb nicht an eine Bedingung geknüpft werden. Es muss von Anfang an klar sein, wer Beklagter und damit Beteiligter ist.