Handels- und Gesellschaftsrecht (Fach) / Die Prokura (Lektion)
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Prokura allg.
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- Was beinhaltet die Prokura? (6) + Vorteil §§ 48 - 53 HGB (dienen dem Verkehrsschutz, aber auch der Vertretene wird geschützt) Gesetzlich umschriebene Vollmacht i.S. des § 167 I BGB. Umfang ist durch §§ 49 f. HGB zwingend festgelegt. Da nach § 48 I HGB die Prokura erteilt werden muss, beruht sie auf einer Bevollmächtigung und nicht auf der ges. Regelung in den §§ 48 - 53 HGB. -> Keine gesetzliche Vertretungsmacht, sondern ges. Ausformung einer rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht. HGB regelt nur das Außenverhältnis ggü. Dritten. Im Innenverhältnis ist der Prokurist i.d.R. Handlungsgehilfe i.S. des § 59 HGB. Vertragliche Regelung kann aber auch fehelen, zB bei Ehepartnern. Vorteil: erheblich Beschleunigung des Geschäftsverkehrs und größere Rechtssicherheit im Gegensatz zu anderen Vertretungsformen, weil die Rechtwirkungen nach außen hin, nicht durch den (die Prokura erteilenden) Geschäftsherrn bestimmt werden können, sondern im Gesetz festgeschrieben sind.
- Umfang der Prokura? (5) § 49 I HGB ("alle Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt") (Umfang sehr weit). Vollmacht i.S.d. § 167 I BGB, deren Besonderheit in dem ges. zwingenden Umfang im Außenverhältnis besteht (rechtliches Dürfen im Außenverhältnis). Im Gegensatz zum Handlungsbevollmächtigten, nicht nur auf Vornahme der gewöhnlichen Geschäfte des Betriebes des Handelsgewerbes beschränkt, sondern kann zB auch: Kreditgeschäfte tätigen Angestellte einstellen oder entlassen Zweigniederlassungen errichten Geschäftbereich branchenmäßig erweitern Prozesse führen Eigengeschäfte: Prokurist muss beim Abschluss von Rechtsgeschäften einen Namenzusatz tragen (zB ppa, per procura). Unterlässt er dies, wirkt das Geschäft nur dann für und gg. den Vertretenen, wenn die Vertretung aus den übrigen Umständen (§ 164 II BGB) deutlich wird. Sonst handelt es sich um ein Eigengeschäft des Prokuristen. ÖffR: Ist bei Rechtsgeschäften nicht nur auf die des Handelsverkehrs beschränkt. -> WE auf dem Gebiet des Öff. Rechts sind mit Wirkung für und gegen den Geschäftsherrn möglich.
- Was darf ein Prokurist? (3) § 49 II HGB: der Prokurist darf weder Grundstücke veräußern noch belasten, es sei denn, es ist ihm die Befugnis erteilt. Keine Vornahme von Grundlagengeschäften und höchstpersönlichen Geschäften des Geschäftsherrn (ZB: darf er nicht selbst eine Prokura erteilen, Jahresabschluss unterzeichen, Geschäfte tätigen, die den Betrieb des Handelsgewerbes als solchen betreffen zB. Einstellung und Veräußerung des Handelsgeschäfts, Insolvenzantrag, Firmenänderung, Anmeldung zum Handelsregister)). Keine Befugnis über Privatvermögen des Kaufmanns zu verfügen (wenn dieses unterscheidbar ist). Bei Geschäftshandlungen des Prokuristen ist es unerheblich, ob sie in ihrer Folge zulasten des geschäftlichen od. privaten Vermögens gehen.
- Erscheinungsformen (2) Nicht einschränkbar nach außen hin durch den Kaufmann. Die weitreichenden Vollmachten dürfen aber auf mehrere Schultern verteilt werden (Vorbeugung gegen Vertrauensmissbrauch und wirtschaftliche Fehlentscheidungen)
- Gesamtprokura, was ist das? (4) Gem. § 48 II HGB kann die Prokura an mehrere Personen gemeinschaftlich erfolgen. Wirksame Stellvertretung ist in diesen Fällen nur durch gemeinsames Handeln möglich. Gleichzeitiges Handeln ist nicht nötig. Voraussetzung zum alleinigen Handeln durch einen Gesamtprokuristen: wenn der Wille zur Stellvertretung nach außen in Erscheinung tritt und die Ermächtigung des anderen Gesamtprokuristen vorliegt. Kann auch nachträglich genehmigt werden. Passive Vertretung (zB Entgegennahme von WE) kann ein Gesamtprokurist immer alleine vornehmen.
- Gesamtprokura: Welche Formen gibt es? (2) Gemischte Gesamtprokura: Prokurist 1 besitzt Einzelprokura und zusätzlich mit Prokurist 2 Gesamtprokura = P2 ist nicht allein vertretungsberechtigt. Gruppenprokura: Mehr als 2 Prokuristen mit Einzelprokura. Zusätzlich haben einige eine Gesamtprokura. Vorteil: Kontrollmöglichkeit.
- Unechte Gesamtvertretung? § 125 III HGB Unterschied zur Gesamtprokura Wirkung Unzulässigkeit Gem. § 125 III HGB: Bei OHG und KG -> Regelung im Gesellschaftsvertrag möglich, die anstelle der (normalen) gemeinschaftlichen Vertretung durch mind. 2 Gesellschafter vorsieht, dass der Prokurist gemeinsam mit einem Gesellschafter vertretungsbefugt ist. Im Gegensatz zur Gesamtprokura: Keine gewillkührte, durch Rechtsgeschäft begründete Vertretungsregelung, sondern gesetzliche Vertretungsmacht. Wirkung: Dem Prokurist kann zusätzlich Einzelermächtigung erteilt werden. Als gesetzlicher Vertreter kann er nur mit Gesellschafter zusammenwirken. Im Rahmen der gewillkührten Stellvertretung ist er alleinvertretungsberechtigt. Unzulässig in OHG und KG, wenn: nur ein einziger Gesellschafter berechtigt ist, die Gesellschaft zu vertreten. Dann würde ein Verstoß gegen das Gebot der Selbstorganschaft von Personengesellschaften vorliegen.
- Niederlassungsprokura, was bedeutet das? (Gesetz) (4) § 50 III HGB: Prokura kann auf eine Zweigniederlassung beschränkt werden. Diese muss klar vom Kern des Unternehmens erkennbar abgetrennt sein und eine von der Hauptniederlassung unterschiedliche Firma führen. Kann durch Zusatz geschehen. Beschränkung der Prokura auf den Bereich der Zweigniederlassung muss ebenfalls ausdrücklich erklärt werden, wie deren Erteilung gem. § 48 I HGB.
- Erlöschen der Prokura durch...? (4) + Nicht durch...? (1) Widerruf (§ 168 S. 2 BGB, § 52 I HGB). Durch Geschäftsunfähigkeit od. Tod des Prokuristen. Durch Begründung einer Mitinhaberschaft od.Erwerb des Handelsgewerbes durch den Prokuristen. Durch Entstehung einer mehrfachen Vertretungsmacht, zB bei Beförderung des Prokuristen zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer einer GmbH. Geschäftsaufgabe oder Verlust der Kaufmannseigenschaft des Geschäftsherrn. Durch den Wegfall des der Prokura zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses (zB. ordentliche Kündigung). Nicht durch Tod des Geschäftsinhabers (§ 52 III HGB)
- Was sind die Rechtfolgen einer fehlerhaften Prokura? (2) Wenn die Prokura fehlerhaft erteilt ist, ist sie unwirksam bzw. anfechtbar. Gutglaubensschutz des Handelsrechts: Ergibt sich aus der Publizitätswirkung des Handelsrechts § 15 I HGB schützt die "negative" Publizität des Handelsregisters Ein Dritter kann auf Fortbestehen der im Handelsregister eingetragenen, eintragungspflichtigen Tatsachen vertrauen. Es sei denn, er hat die Unrichtigkeit gekannt. Bei Widerruf der Prokura, muss die Handelsregistereintragung gelöscht werden, damit nicht die Möglichkeit der "Rechtsscheinhaftung" gem. § 15 I HGB eintritt (unrichtige Bekanntmachung).
- Erteilung der Prokura (4) + Nichtigkeit (1) Nach § 48 I HGB: Prokura kann nur der Kauffman erteilen (i.S. von §§ 1 - 6 HGB) (also derjenige der im Handelsregister eingetragen ist oder eingetragen sein müsste). Freiberufler und Kannkaufleute müssen sich vorher eintragen lassen, vgl. §§ 2 S. 2; 3 II HGB). Für Handelsgesellschaften (GmbH, OHG, KG) handeln deren vertretungsberechtigten Organe). Minderjährige -> ges. Vertreter (kein § 107 BGB) Erteilung der Prokura hat ausdrücklich zu erfolgen (vgl. § 48 I HGB). Keine Prokura: stillschweigende Erteilung und Dulden des Auftretens eines Dritten als Prokurist. Eintragung ins Handelsregister ist vorgeschrieben (§ 53 HGB), ist aber keine Wirksamkeitsvoraussetzung. = Prokuraerteilung ist auch dann wirksam, wenn die Eintragung unterbleibt. Strikt an die Person gebunden, der sie erteilt wurde. Unübertragbar! (§ 52 II HGB) Nichtigkeit: Wenn ein Nichtkaufmann eine Vollmacht als Prokura bezeichnet, ist diese nichtig. Umdeutung i.d.R. (gem. § 140 BGB) in eine Handlungsvollmacht (gem. § 54 HGB) od. in eine bürgerlich-rechtliche Bevollmächtigung.
- § 164 BGB (Wirkung der Erklärung des Vertreters) Begriffliche Abgrenzung vom Boten und der Ermächtigung (§ 185 BGB) Begriffliche Abgrenzungen Bote Gibt keine eigene WE ab; das äußere Auftreten ist entscheidend, nicht die innere Absprache(ich kann einen Vertretung vereinbaren, aber nur als Bote fungieren) Ermächtigung (§185 BGB) ·handelt im eigenen Namen· gegenstandsbezogen· Befugnis zur Verfügung oder Entziehung => keine Verpflichtungsermächtigung
- § 164 (Wirkung der Erklärung des Vertreters) (4) das rechtsgeschäftliche Handeln einer Person (Vertreter bzw. Stellvertreter) für eine andere Person (Vertretener), welche die rechtlichen Folgen dieses Handelns treffen. Die Vertretung kann vom Vertretenen gewollt sein (gewillkürte Vertretung) oder vom Gesetzgeber angeordnet sein (gesetzliche Vertretung). Stellvertretendes Handeln nur dann wirksam, wenn eine Stellvertretung zulässig ist, der Vertreter eine eigene Willenserklärung abgibt, im Namen des Vertretenen und mit Vertretungsmacht. Zulässig ist eine Stellvertretung nicht: bei höchstpersönlichen Rechtsgeschäften (Eheschließung, Testament u. v. m.) oder bei einer Vereinbarung der Parteien dahingehend, dass die Stellvertretung ausgeschlossen ist (sog. gewillkürte Höchstpersönlichkeit) oder bei sog. Realakten (Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung). Wird statt einer eigenen nur eine fremde Willenserklärung (des Vertretenen selbst) abgegeben, so liegt ein Fall der bloßen Botenschaft vor.
- Beschränkung der Prokura? Innenverhältnis: Im Verhältnis zwischen Kaufmann und Prokuristen ist eine Beschränkung der Prokura dem Umfang nach, zum Beispiel durch Dienst- oder Arbeitsvertrag des Prokuristen, möglich. Außenverhältnis: Beschränkungen im Innenverhältnis sind gegenüber Dritten absolut unwirksam (§ 50 Abs.1 und 2 HGB), daher sind auch die vom Prokuristen ohne Vertretungsbefugnis abgeschlossenen Geschäfte für den Kaufmann verbindlich, sofern nicht der Geschäftsgegner positive Kenntnis von dem Fehlen der Vertretungsbefugnis hatte. Der Prokurist ist dem Kaufmann dann aber zum Schadensersatz verpflichtet.
- Missbrauch der Prokura (3) Folgende Konstellationen sind denkbar: Kollusion, der Prokurist handelt einverständlich mit dem Geschäftsgegner, um den Vertretenen zu schädigen. Nichtigkeit wg. Sittenwidrigkeit gem § 138 BGB. der Prokurist überschreitet seine internen Befugnisse, und dem Geschäftsgegner ist dieser Umstand bekannt. (Rechtsfolgen str). Einrede der unzulässigen Rechtsausübung, durch Vertretenen, nach § 242 BGB / Regeln über den Vertreter ohne Vertretungsmacht nach §§ 177 ff. BGB analog. § 53 HGB: Die Prokura od. die Erlöschung wurde nicht in das Handelsregister eingetragen (sekundäre Unrichtigkeit des Handelsregisters). Hier ist umstritten, ob § 15 Absatz 1 HGB anwendbar ist.
- Person des Prokuristen (4) Kann nur einer natürlichen Person erteilt werden (§§ 48 II; 51 HGB). -> Keine juristischen Personen. Beschränkte Geschäftsfähigkeit genügt (wg. § 165 BGB, beschränkt geschäftsfähiger Vertreter). Kann nicht der Träger des Handlesgewerbes selbst sein (Vertreten = in fremden Namen). Kann nicht sein, wer bereits Vertretungsmacht hat (zB. bei ges. (organschaftlichem) Vertreter einer jur. Person). Die Prokuraerteilung ist gegenstandslos.
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- Erklärung der Prokura (5) Gem. § 48 I HGB: Ausdrücklich Erklärung. Nicht: Konkludente Prokuraerteilung, Duldungsprokura. Nicht: Handlungsbevollmächtigter gibt WE mit einem auf die Prokura hinweisenden Zusatz ab. Auch nicht wenn der Kaufmann davon Kenntnis hat. Das Wort "Prokura" muss nicht enthalten sein, es muss aber Eindeutigkeit bestehen. Die Prokura kann auch ggü. einem Dritten od. der Allgemeinheit erklärt werden (selten).
- Erlöschen der Prokura durch Widerruf (7) Jederzeit möglichen ausdrücklichen Widerruf der Prokura gem. § 168 S. 2 BGB, § 52 I HGB. Durch Inhaber des Handelsgewerbes. Das Zugrunde liegende Rechtsverhältnis bleibt unberührt. Widerrufen kann jeder der zur Erteilung der Prokura ermächtigt ist. Formloser Widerruf. Muss aber unzweiseutig erklärt werden. Erlöschen der Prokura ist im Handelsregister einzutragen (§ 53 III HGB) Schuldrechtlicher Verzicht des Inhabers auf sein Widerrufsrecht ist unwirksam, da § 52 I HGB unabdingbar ist (Genauso wie das schuldrechtliche Versprechen Prokura zu erteilen). Eventuell wg. §§ 170 - 172 BGB, Erklärung ggü. Dritten.
- Die Handlungsvollmacht (10) § 54 HGB: Eine Person die (ohne Prokurist zu sein) zum Betrieb eines Handelsgewerbes od. zur Vorname bestimmter (zu einem Handelsgewerbe gehörender) Rechtsgeschäfte ermächtigt ist, ist auch berechtigt gewöhnliche Geschäfte und Rechtshandlungen vorzunehmen. Handlungsvollmacht ist grds. eine unternehmensbezogene Vollmacht, die keine Prokura ist. Ist aber eine Vollmacht (wie die Prokura) i.S. des § 167 I BGB und dient dem Verkehrsschutz. Im Unterschied zur Prokura, hat sie keinen zwingenden, gesetzlich umschriebenen Umfang. Formfrei, keine Eintragung ins Handelsregister. Keine ausdrückliche Erklärung. Konkludente und Duldungs- / Vollmacht möglich. Die Erteilung ist nicht bestimmten personen vorbehalten. Unterhandlungsvollmacht möglich (bei Prokura ist Unterprokura ges. ausgeschlossen). Nichtkaufmänner können (wie bei der Prokura) keine Handlungsvollmacht erteilen, da § 54 I BGB ein Handelsgewerbe voraussetzt. Diese müssen eine bürgerlich-rechtliche Vollmacht erteilen (§ 167 I BGB). Erlöschen, Wirkungsdauer: §§ 168, 170 - 173 BGB.