Testverfahren (Fach) / Wiener Entwicklungstest (WET) (Lektion)

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Wiener Entwicklungstest (WET) Kastner-Koller, U.& Deimann, P. (2002) 2., überarbeitete und neu normierte Auflage. Göttingen: Hogrefe

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  • Einordnung − allgemeiner Entwicklungstest − für Kinder von 3;0 bis 5;11 Jahre − 60- 90 Min; jüngere Kinder und leistungsschwächere etwas länger − Einzelleistungstest mit 6 Funktionsbereichen und 13 Subtests − 1. Auflage 1998; 2. überarbeitete und neu normierte Auflage 2002 − Erfassung eines breiten Bereiches von Fähigkeiten
  • Theoretische Grundlagen   − Keine allgemeingültige Entwicklungstheorie vorhanden, daher Integration verschiedener entwicklungstheoretischer Ansätze − Während der ersten 2 Lebensjahre: hauptsächlich genetischer Einfluss, danach wird Umwelt wichtig − 3-6 Jahre: keine großen qualitativen Veränderungen, aber kontinuierliche quantitative Ausdifferenzierung − + theoretische Grundlagen zu den einzelnen Funktionsbereichen
  • Annahmen - Entwicklung wird als Erwerb von Handlungskompetenzen verstanden und vollzieht sich in der Interaktion von Individuum und Umwelt - Entwicklungstempo durch Umwelt beeinflusst, wobei entwicklungsangemessene (keine Über-/Unterforderung) Anregungen den Kompetenzerwerb fördern!
  • Ziele - zeitgerechte Diagnose von Entwicklungsdefiziten (d.h. keine adäquate Auseinandersetzung mit Umweltanforderungen) -> Förderdiagnostik - Stellen einer Schulfähigkeitsdiagnose - Aufzeigen individuellen Schwächen, aber auch Stärken des Kindes (zeigen Kompensationsund Interventionsmöglichkeiten auf)
  • Testkonstruktion Vorüberlegungen   - Material soll an kindliche Erfahrung anknüpfen. Damit ist der Test kulturabhängig und nur im deutschen Sprachraum verwendbar. - Mit einem durchgängigen Prinzip innerhalb der Subskalen ist eine Aussage über die Schwierigkeit der Items möglich. (Schaffung homogener Skalen) - Spielerische Gestaltung der Testsituation sollte möglich sein. (Motivation, da Kinder dieses Alters hauptsächlich Umwelt spielerisch erfahren.) - Orientierung bei der Skalenkonstruktion an ähnlichen Verfahren (z.B. Nachzeichnen: Developmental Test of Visual Integration; Bunte Formen: CFT-1; Wörter erklären: HAWIK)
  • Testkonstruktion Analyse der Subskalen - 9 Subskalen über die Altersbereiche raschhomogen - Wörter erklären: dreikategoriale Auswertung mit Partial Credit Modell (PC-M) - Turnen und Lernbär: Mokkenskaliert (Guttmanskala)
  • Testaufbau und Durchführung Funktionsbereiche und Subtests Motorik: Untertests Turnen (Grobmotorik) und Lernbär (Feinmotorik); Visumotorik/visuelle Wahrnehmung: Untertests Nachzeichnen (Visumotorik) und Bilderlotto (Raum-Lage-Wahrnehmung); Lernen und Gedächtnis: Untertests Schatzkästchen (visuell-räumliches Kurz- und Langzeitgedächtnis) und Zahlen merken (phonologische Speicherkapazität); Kognitive Entwicklung: Untertests Muster legen (räumliches Denken, Gestaltreproduktion), bunte Formen (schlussfolgerndes Denken); Gegensätze (sprachliche Analogiebildung) und Quiz (Alltagswissen); Sprache: Untertests Wörter erklären (Begriffsbildung) und Puppenspiel (Verständnis grammatikalischer Strukturen); Sozial-emotionale Entwicklung: Untertest Fotoalbum (Einschätzen mimischer Gefühlsausdrücke), Elternfragebogen (Selbständigkeit, lebenspraktischer Bereich)
  • Testaufbau und Durchführung Durchführung - Problem: o Infos durch Bezugsperson nicht ausreichend (bis 3J) o konzentrierte Arbeitshaltung noch nicht ausgebildet (ab 6J) o Aufmerksamkeit sehr von Außenreizen abhängig o Material, Testleiter und Umgebung auf kindliche Bedürfnisse abstimmen - Umgebung o kindgerecht möbliert o Eltern dürfen dabei seien, aber nicht stören o ideal zw. 8-11 Uhr morgens testen o Bedürfnisse befriedigt (kein Hunger, kein Durst…) - Testleiter o vertraut mit Altersgruppe o Leiter als Spielpartner o auf Aufmerksamkeit des Kindes achten und ggf. Pause machen o Instruktion wortgetreu vortragen (nicht vorlesen) o Blickkontakt, freundliche Mimik o positive Rückmeldung (loben), Vermeiden von Kritik
  • Auswertung und Interpretation - Testwerte: Codierung mit 0 (nein) und 1 (ja), außer bei Schatzkästchen, Wörter erklären, Nachzeichnen, Zahlen merken - C-Werte bestimmen: (durch Normtabelle transformierte Testwerte (MW =5 , SD=2)) o C = 0-1 = massiver Entwicklungsrückstand o C = 2-3 = Förderungsbedarf in bestimmten Bereich o C = 4-6 = normale Entwicklung o C = 7-8 = gute Entwicklung gegenüber Vergleichsgruppe o C = 9-10 = deutlicher Entwicklungsfortschritt - Range bestimmen o höchster minus niedrigster C-Wert o über Normtabelle in Prozentrang umwandeln o = Variabilität des Profils - Gesamtscore bestimmen o Summe der C-Werte jedes Subtest/ Anzahl Subtests o über Normtabelle in Standardwerte umwandeln (MW=100, SD= 10)
  • Auswertung und Interpretation Interpretation   - Gesamtscore: o zwar angegeben aber inhaltlich nicht notwendig o Nachteil: bei ausgeprägtem Profil kann der Gesamtscore unauffällig sein - Range: unklare Bedeutung; von Intelligenztests ”abgeguckt” - Subskalen: geben Entwicklungsprofil wieder; wichtig für spezielle Entwicklungsfördermaßnahmen
  • Gütekriterien Objektivität   1. Durchführungsobjektivität - Testverhalten bei Kindern stark von äußeren Bedingungen abhängig - Daher: Anpassung von Testsituation und Testvorgabe für optimale Motivationsbedingungen - Klare Formulierung der Testanweisungen 1. Auswertungsobjektivität - Eindeutige Lösung für die meisten Skalen - Verbalskalen und Nachzeichnen werden kategorial erfasst (Ausführliche Beschreibung im Handbuch; Interraterkorrelation ist jeweils 0.80) 2. Interpretationsobjektivität - keine Angaben im Manual - schwer einzuhalten, weil keine Interpretationshilfen gegeben
  • Gütekriterien Reliabilität - Cronbach’s alpha: interne Konsistenz zwischen .66 und .90; bei Lernbär (.66) und Schatzkästchen (.70) aufgrund geringer Itemanzahl niedrig - Split-half: zwischen .72 und .91 - Trennschärfe: mittlere Trennschärfe liegt bei .39 - .60 Itemschwierigkeit: im unteren Leistungsbereich differenziertere Aussagen möglich - Retestreliabilität: schwierig, da zwischen zwei Messzeitpunkten starke Entwicklung und Lerneffekte; bei Zahlen merken bei .67 (wegen Analyse anderer Verfahren erwartungstreu)
  • Gütekriterien Validität Validität - Interne Validität: Messung eine Fähigkeitsdimension pro Subskala; über alle Skalen gibt es einen deutlichen Alterstrend • Längsschnittstudie (N=54): über vier Messzeitpunkte (2;7 – 3;1 – 4;6 – 5;0) einen signifikanter Anstieg in allen Skalen; nicht reliabel für 2;7 Jahre - Kriteriumsvalidität Längsschnittstudien • Mit Frühgeborenen: Vergleich von Frühgeborenen (<1500g) und Termingeborenen; Messzeitpunkte: 3;1 - 5;0 - 7;3 (AID; AVT); deutliche Gruppenunterschiede zu allen Zeitpunkten • Vergleich von einer Gruppe Autistischer Kinder mit einer Gruppe von Kindern mit Down-Syndrom (N=24; 6-9 Jahre): Unterschiede sind syndromspezifisch: - Down-Syndrom: besser in Sprachverständnis und sozial-emotionalen Skalen - Autismus: bessere kognitiver Entwicklung und Gedächtnis - Konstruktvalidität • Orthogonale Faktorenanalyse ergab sechs Faktoren -> diese entsprechen aber NICHT alle den Funktionsbereichen • Es fehlt an den erwarteten Korrelationen zwischen - Bunte Formen und Muster legen (Kognition) - Zahlenmerken und Schatzkästchen (Gedächtnis) - Diskriminante Validität • Vergleich zu K-ABC: die Verfahren messen Unterschiedliches
  • Gütekriterien Nebengütekriterien   - Nützlichkeit: wichtigster globaler Entwicklungstest im deutschsprachigen Raum für dieses Alter - Ökonomie: aufgrund der (meistens) eindeutigen Lösung ist eine rasche Auswertung möglich; nur in Einzelsitzung verwendbar und für Kinder lange Durchführungszeit; Übung des Versuchsleiters notwendig
  • Normierung 1. Auflage (1996) - Normierung für Österreich mit N=257; repräsentativ für Alter, Geschlecht, Größe der Stadt und Beruf des Vaters 2. Auflage (2001) - Zusätzliche Normierung für Deutschland mit n=971, minimal 153 Personen pro Teilstichprobe; repräsentativ für Alter, Geschlecht und Beruf des Vaters Unterschiede im Stichprobenvergleich - Nationalität: Turnen, Fotoalbum und Elternfragebogen - Geschlecht: in allen Skalen höhere Werte für Mädchen (Entwicklungsvorsprung) - Alter: hochsignifikant -  laut Autoren sind nur die Unterschiede in den Altersgruppen von praktischer Relevanz
  • Bewertung - positiv: o Erfassen vieler verschiedener Entwicklungsbereiche o spielerischer Charakter o hohe Reliabilitäten, gute Kriteriumsvalidität o deutsche Normstichprobe o kein gleichwertiger Ersatz - negativ: o Objektivität (nachfragen, Hilfestellungen) o Konstruktvalidität o Zeitspanne (90 min, Abfall von Motivation + Konzentration) o zu wenige kognitive Aufgaben o Geschlechtsunterschiede? o schwere Auswertung o Manual nicht übersichtlich - alternativ: o 6 plus 6 Entwicklungstest (fast gleichwertig) o HAWIVA ”nur” Intelligenztest (keine Alternative) o viele, die nur spezielle Bereiche der Entwicklung erfassen
  • Anhang: Übersicht über Funktionsbereiche und Subtests Anhang: Übersicht über Funktionsbereiche und Subtests ANGUCKEN!!