Entwicklungspsychologie (Fach) / Soziale & Emotionale Entwicklung (Lektion)

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  • Definition Soziale Kognition -> Informationsaufnahme-, -verarbeitungs-, -abrufprozessse, welche an Erfahrungen mit der sozialen Umwelt geknüpft sind  
  • Grundlagen sozialer Kognition: frühe soziale Interaktion - Erkennen (und Präferieren) menschlicher Gesichter - Neugeborenenimitation: andere Artgenossen werden imitiert  - ab 2 Monaten Präferenz von interaktionstypischen Kontingenzmustern (nicht perfekt kontingent, aber auch nicht non-kontingent) - „Protokonversation“: Säugling agiert in Phasen der Aktion und der Non-Aktion, um Gegenüber Aktion zu ermöglichen (→ Vorläufer des „turn-taking“) - ab 2 Monaten: „Soziales Lächeln“ beim Sehen von Personen
  • Grundlagen Sozialer Kognition: dy- & tryadische Interaktion a) Dyadische Interaktion: zwei „Interaktionspartner“ - Bsp.: Kind/Mutter oder Kind/Objekt - innerhalb der ersten Lebensmonate erwobene Kognitionen sind z.B. Objektpermanenz, Soziales Lächeln, Gesichterpräferenz,  Verhaltenskontingenzen b) Tryadische Interaktion: drei Interaktionspartner -> „Joint Attention“: referentielles Dreieck zwischen Kind, Objekt und Mutter/Erzieher/Interaktionspartner - nach und nach werden drei für die Join Attention elementare Fähigkeiten erworben: "Joint Engagement", "Follow Attention" und "Direct Attention"
  • "Joint Attention" -> referentielles Dreieck zwischen Kind, Objekt und Mutter/Erzieher/Interaktionspartner - 3 Fähigkeiten der Join Attention: 1. ab 9-12 Monaten:  „Joint Engagement “ → Kind und Interaktionspartner (i.d.R. Mutter oder Erzieher) richten ihre Aufmerksamkeit auf dasselbe Ojekt (referentielles Dreieck), Kind prüft hierbei stetig, ob Mutter immernoch Aufmerksamkeit mit ihm teilt („Check Attention“) - ab 11-14 Monaten: „Follow Attention“ → Kind verfolgt Gesten und Blickrichtung der Mutter, „Social Referencing“: Rückversicherung in neuen Situationen über und Orientierung an emotionalem Ausdruck der Mutter - ab 13-15 Monaten: „Direct Attention“ → deklarative (Ziel ist das Teilen von Aufmerksamkeit „Guck mal da“) und imperative (Ziel ist eine Aufforderung „Bring mir das“) Zeigegesten des Kindes, die Mutter verfolgen soll - Defizite in der „Joint Attention“ treten z.B. bei Autismus schon im 1. Lebensjahr auf, zusammen mit Defiziten in der Imitation
  • Hilfeverhalten und Kooperation Hilfeverhalten - sozial-kognitive Vorraussetzung: Erkennen des Ziels des Anderen - weitere Vorraussetzung: Bedürfniss, ihm beim Erreichen dieses zu unterstützen - mit 14 Monaten klar nachweisbar - siehe Studien zum "Overjustification-Effect" (Warneken & Tomasello, 2007) Kooperation → Personen nehmen interdepende Rollen ein, die auf ein gemeinsames Ziel ausgerichtet sind - tritt ab 14 Monaten auf, starke Zunahme zwischen 14 und 18 Monaten - sozial-kognitive Vorraussetzung: Verständniss für individuelle Intentionen, Entwicklung einer geteilten Intention
  • Studien zum Overjustification-Effekt bei Kindern -> „Overjustification“- Effekt: das Wegfallen von extrinsicher Motivation verringert das Auftreten ursprünglich intrinsisch motivierter Interaktionen - Warneken und Tomasello (2008): Ist Overjustification-Effekt bei frühem altruistischem Hilfeverhalten nachweisbar? - UV: 3 Bedingungen, in denen 20 Monate alte Kinder in den ersten Durchgängen entweder Geschenk, Lob oder nichts nach Hilfeverhalten erhalten  - in den Testdurchgängen erhalten alle Kinder keine Art der Belohnung mehr - AV: in wieviel % der Testdurchgänge zeigen Kinder spontanes Hilfeverhalten?  - Ergebnis: signifikanter Unterschied zwischen Lob- und Geschenk-Bedingung  -> Lob wird eher als Kompetenzinformation interpretiert, Geschenk als Verhaltenskontrolle  -> extrinsische Motivation verringert altruistisches Verhalten  -> intrinsche Motivation zu prosozialem Verhalten sehr früh ausgeprägt
  • Theory of Mind „Theory of Mind“ (ToM): Fähigkeit, das Verhalten Anderer mentalistisch (durch Introspektion, Perspektivübernahme) interpretieren zu können → Zuschreibung von Wünschen, Intentionen, (falschen) Überzeugungen, Lügen, Täuschung, Wissen - diese Interpretation sind nicht selten falsch, da es nur Projektionen der eigenen mentalen Zustände sind (Naive Alltagspsychologie) Kennzeichen des Mentalen nach Perner (1992): - mentale Repräsentation sind der eigenen Erfahrung zugänglich und werden durch „Perspektivübernahme“ auch Anderen zugeschrieben - mentale Zustände/Repräsentationen beeinflussen Verhalten - mentale Respräsentationen können etwas misrepräsentieren (falsche Überzeugungen)
  • frühes Verständnis zielgerichteter Handlungen → Studie (Woodward, 1998) -  Kinder beobachteten bis zur Habituation eine Hand, die ein bestimmtes Greifziel auf einem bestimmtem Greifpfad greift - Testphase: Wie reagieren Kinder auf veränderte Greifrichtung vs. Verändertes Greifziel? →  ab 5 Monate reagieren Kinder auf verändertes Greifziel mit Überraschung, auf veränderte Greifrichtung allerding nicht  => zielgerichtete Interpretation des Greifens  - ab 10-12 Monaten werden auch zielgerichtete Interpretation anderer Gesten wie Blicke, Zeigen => Indikator für Verständnis des mentalen Geschehens? (ToM)
  • Teleologisches Handlungsverständnis - Alternative zur mentalistischen Interpretation (ToM) von Zielgerichtetheit  - Gergely & Csibra, 2003: Zielgerichtetheit basiert auf dem Rationalitätsprinzip -> Menschen sind darauf angelegt, immer nach dem effizientesten Weg zu suchen, ein gegebenes Ziel zu erreichen und verrechnen dabei beobachtete Handlung, Zielzustand, situationale Gegebenheiten - dies erfordere nicht Wille, Intention oder subjektive Annahmen (mentalistische Auffassung)
  • Indikatoren für frühes mentalistisches Handlungsverständnis „failed attempt“ Studien (Meltzoff (1995), Carpenter et al. (1998)): - Person zieht an Ende einer Hantel, um Endstück zu lösen, rutscht dabei ab und schafft dies nicht - ab 10 Monaten imitieren Kinden intendierte Handlung (Brandone & Wellmann, 2009) „whoops-and-there“- Studie (Carpenter et al. (1998)):  - 14 Monate alte Kinder imitieren keine zufälligen Handlungen, sondern nur absichtsvoll vorgemachte  „unwilling vs unable“- Studie (Behne et al. (2005)): -  9 Monate alte Kinder agieren wesentlich länger mit Person, die Kind Objekt geben will, aber nicht kann (unable-Bedingung), als mit Person, die Kind Objekt nicht geben will (unwilling-Bedingung) Selektive Imitation (Gergely et al. (2002)):  - 14 Monate alte Kinder imitieren die Handlung einer Person, welche ihre Hände verbunden hat anders (indem sie trotzdem Hände benutzen), als Handlung einer Person, dessen Hände nicht verbunden sind (keine Benutzung der Hände) - teleologisches Handlungsverständnis unzureichend, da Kind laut diesem auch, wenn Person Hand nicht benutzt, aber könnte, diese benutzten müsste, da es effektiver ist  „Brokkoli-Cracker-Versuch“ (Repacholi & Gopnik (1997)): - 18 Monate alte Kinder entwickeln ein Verständniss der Wünsche ihres Gegenübers und bieten ihm das von ihm Präferierte an (von Brokkoli und Crackern), auch wenn das ihrem eigenen Geschmack widerspricht
  • mentalistisches vs. teleologisches Handlungsverständnis - teleologisch: Verständnis von Zielgerichtetheit erfodert keine mentalistischen Annahmen wie Intention oder Wille des Gegenüber - Menschen sind darauf angelegt, zielgerichtet zu handeln; immer nach dem effizientesten Weg zu suchen, ein gegebenes Ziel zu erreichen und verrechnen dabei beobachtete Handlung, Zielzustand, situationale Gegebenheiten => rationale Auffassung von Zielgerichtetheit  - mentalistisch (ToM): Menschen entwickeln ein Verständnis für den Wille, Intentionen & Ziele des Gegenübers und passen ihr Verhalten dementsprechend an  - viele Indikatoren für frühes (innerhalb des 1. & 2.LJ) mentalistisches Verständnis von Handlungen, z.B.: - Verständnis referentieller Gesten- Unterscheidung zufälliger / absichtsvoller Handlungen- Verständnis intentionaler Handlungen - Verständnis von Wünschen
  • Repräsentationale ToM -> Verständniss, dass Überzeugungen nur Repräsentationen der Welt darstellen, die wahr oder falsch sein können und nicht die Wirklichkeit - vgl. "Kennzeichen des Mentalen": mentale Repräsentationen können etwas misrepräsentieren -> Differenzierung zwischen a) epistemisch: etwas wissen b) doxastisch: etwas sehr stark glauben  
  • Entwicklung eines repräsentationalen Verständnis mentaler Zustände -> Deceptive Container Task/ Representional Change Paradigm: Was ist in der Smartie-Schachtel? - mit 3 Jahren sagen Kinder nach Herausfinden, dass in der Schachtel Stifte statt Smarties sind, dass sie dies vorher auch dachten und ihr Bruder dies auch denken wird - mit 5 Jahren haben sie Verständnis dafür entwickelt, dass sie vorher eine falsche Überzeugung hatten und andere diese auf den ersten Blick auch haben werden  -> "Sally-Ann- Task"/ "Maxi und die Schokoladen- Aufgabe": Wo sucht Maxi die Schokolade - Kinder lesen Geschichte, inder Maxi eine Schokolade in einen Schrank tut, aber die Mutter diese später ohne sein Wissen in einen anderen legt  - mit 4-5 Jahren sagen Kinder vorher, dass Maxi die Schokolade dort suchen wird, wo er sie hingetan hat  - 3-Jährige sagen vorraus, dass er sie dort suchen wird, wo die Mutter sie (ohne sein Wissen) hingelegt hat  => mit 4-5 Jahren entwickelt sich ein Verständniss von falschen Überzeugungen, repräsentationales Verständnis mentaler Vorgänge 
  • Repräsentationales Verständnis mentaler Zustände im Säuglingsalter? - bisherige Evidenzlage deutet auf eine Entwicklung des repräsentationalen Verständnis mentaler Zustände im Vorschulalter (4/5 Jahre) hin  - Onishi & Baillargeon (2005): 15 Monate-alte Kinder verstehen Falsche Überzeugungen - seitdem zahlreiche Studien (die andere Methoden, non-verbale Zustände nutzten), die Verständnis faslcher Überzeugungen nahelegen, allerdings noch nicht so sichere Evidenzen - aktuell läuft große Replikationsstudie zu dem Thema (an der die Biggi selbstverständlich auch mitarbeitet)
  • "Lügen" -"Lügen" = Schaffen falscher Überzeugungen - Kinder lügen sehr früh, allerdings oft nur sog. "Scheinlügen":  -> J. Peskin ( 19992) "Sticker- Studie": - 3 Jährige sind noch nicht in der Lage absichtlich einem Gegner falsche Informationen zu übermitteln, um selber einen Vorteil zu haben - 4-5 Jährige allerdings schon
  • Fähigkeit zur Perspektivübernahme a) Piaget: Präoperationales Stadium (2-6 Jahre): Kinder noch sehr egozentristisch, noch keine Fähigkeit zur Perspektivübernahme  b) Studie Judy DeLoache (2000):  In einem Versuchsraum wird ein Objekt versteckt, welches anschließend a) im Versuchsraum & b) in einem verkleinerten Modell des Versuchsraumes wiedergefunden werden soll - 2-3-Jährige finden das Objekt in a), aber nicht in b), 4-Jährige finden das Objekt in a) und b)  - wenn 2-3-Jährigen Kindern gesagt wird beim Modellzimmer handle es sich um das durch Magie geschrumpftes Originalzimmer, sind auch sie in der Lage ein im Realzimmer versteckten Gegenstand im Modellzimmer zu finden c) "appearance-reality-tasks": Präsentation eines Gegenstand in der Form eines anderen, z.B. Kerze in Apfelform - 5- Jährige sind in der Lage, dies zu benennen, 3-Järige verfallen entweder dem "realism-error" ("Das ist eine Kerze") oder dem "phänomenalism- error" ("Das ist ein Apfel") d) Ambige Figuren: Im Kindergartenaltern kann immer nur eine Art der Figur gesehen werden, Grundschulkinder können beide benennen => Fähigkeit zur Entwicklung "dualer Repräsentationen" und Verbindungen zwischen Modell und Wirklichkeit erst im Vorschulalter (4 Jahre)
  • Arten des Spiels a) Parallelspiel: Das Kind spielt in der Nähe Anderer mit ähnlichem Spielzeug ohne sich einzumischen (bis 3 Jahre häufigste Spielform, danach nimmt es ab) b) Assoziatives Spiel: Jedes Kind spielt für sich alleine, doch es besteht ein Austausch über das Spielen, Spielzeug (nimmt zwischen 2 und 5 Jahren zu) c) Kooperatives Spiel: Spiel miteinander (nimmt zwischen 3 und 5 Jahren zu) d) Rollenspiel: Art des Kooperativen Spiels, indem sich Kinder mit Rolle des Erwachsenen auseinandersetzen e) Regelbasierte Spiele: Kartenspiele, Brettspiele, Ballspiele (deutliche Zunahme im Grundschulalter)