Entwicklungspsychologie (Fach) / Piaget (Lektion)

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Piaget

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  • Funktionale Invarianten -> universelle geistige Funktionen, die über gesamte Entwicklung konstant bleiben - Adaption: Tendenz, dass eigene Wissen mit den Informationen der Umwelt in Einklang zu bringen (Äquilibrationsprinzip) -> erfolgt durch Assimilation und Akkomodation a) Assimilation: Anpassung der Realität an die vorhandenen kognitiven Schemata b) Akkomodation: Anpassung der vorhandenen kognitiven Schemata an Erfahrunden, Bildung neuer Schemata - Strukturierung: Tendenz, einzelne Beobachtungen in Wissensstrukturen zu integrieren
  • Konstruktivismus -> Konstruktivismus: - Wissen sei kein Zustand, sonder ein Konstruktionsprozess - Kind hat in diesem Prozess eine aktiven Part: Kinder konstruieren ihr Wissen als Reaktion auf Erfahrungen mit der Umwelt 
  • Strukturalismus -> Strukturalismus: - Versuch, komplexe Prozesse (wie z.B. das Denken) in seine einzelnen Strukturen aufzubrechen  - Funktionalität einzelner Strukturen erst als Teil des Ganzen ersichtlich (systemischer Blick) - Piaget: Suche nach universellen Strukturen des Denkens -> Strukturalismus auf 2 Ebenen a) Denken lässt sich auf geringe Anzahl geistiger Funktionen zurückführen  -> funktionale Invarianten (universelle Strukturen) b) individuelle Denkstrukturen bestimmen, wie Erfahrungen interpretiert werden  - Denkstrukturen entwickeln sich mit dem Alter => alterabhängige Interpretation von Erfahrungen mit der Umwelt 
  • Äquilibrationsprinzip -> Bemühen, ein Gleichgewicht herzustellen zwischen Realität und kognitiver Schemata  -> führt zu immer differenzierteren kognitiven Strukturen  => kognitive Äquilibration als Entwicklungsmotor  - Äquilibration auf 3 (zeitlichen) Ebenen: a) innerhalb der täglichen Aktivitäten durch kontinuierliche Assimilation und Akkomodation b) innerhalb der einzelnen Stadien -> zu Beginn großes Ungleichgewicht durch unzureichende kognitive Strukturen -> zu Ende Äquilibrium, Weiterentwicklung der kognitiven Strukturen - Äquilibrium am Ende eines Stadiums wird auf immer höherem Niveau erreicht  c) gesamter Verlauf der Entwicklung 
  • Stufenmodell der kognitiven Entwicklung - Stufen = Zeitabschnitte, in denen das Denken und Verhalten des Kindes in vielfältigen Situationen eine spezifische Grundstruktur widerspiegelt - jede Stude baut auf der vorherigen auf und bereitet die nachfolgende vor  -> festgelegte, universelle Abfolge  - nach Piage 4 Stufen nach denen die kogntive Entwicklung verläuft: 1. Sensomotorisches Stadium (0-2) 2. Präoperationales Stadium (2-6) 3. Konkretoperationales Stadium (6-12) 4. Formal-Operationales Stadium (ab 12) 
  • kognitive Schemata -> kognitive Struktur - bestimmt die Art und Weise, auf bestimmte Umweltgegebenheiten zu reagieren, sie zu interpretieren oder sich diese vorzustellen - innerhalb jeder Stufe der Entwicklung gibt es elementare kognitive Strukturen, die "typsich" für diese sind  - beinhalten auch Verhaltensmuster  - Bsp.: Saugen, Werfen, Greifen 
  • Sensomotorisches Stadium (0-2) - Erfahrungen mit der Umwelt beschränken sich auf solche sensomotorischer Art - Entwicklung von angeborenen Reflexen zu verschiedenen kognitiven Schemata - Angeborene Reflexe & Wahrnehmungsschemata: Saugreflex, Greifreflex, Blickfolgebewegung, Orientierungsreaktion auf Geräusche, Interesse an Kontrasten  - durch Assimilation und Akkomodation werden diese Reflexe und Wahrnehmungsschemata weitereintwickelt und ausdifferenziert  - Konzepte, die am Ende des Stadiums erworben wurden: a) Mittel-Zweck-Unterscheidung  b) Symbolische Funktion c) Objektpermanenz 
  • Objektpermanenz -> Wissen darüber, dass Objekte auch außerhalb der eigenen Wahrnehmung existieren - Erwerb in der sensomotorischen Phase  - Stadien der Objektpermanenz nach Piaget: 1. 0 - 1.5 Monate: Blickfolgebewegungen bei Verstecken eines Objektes, aber wenn es weg ist, wird es nicht gesucht 2. 1.5 - 4 Monate: Schauen auf den Ort, an dem ein Objekt verschwunden ist  3. 4 - 8 Monate: Antizipationen von Objektbewegungen, wenn Teile der Bewegungsbahn verdeckt ist  4. 8 - 12 Monate: "einfache Objektpermanenz": Suchen nach verdecktem Objekt, aber "A-Nicht-B-Suchfehler" 
  • mentale "Operationen" -> "Denkoperationen" -> flexible Kombination, Ordnung und Transformation mentaler Repräsentationen/kognitiver Schemata  - auch reversible geistige Aktivitäten 
  • Präoperationales Stadium (2-6 Jahre) -> "präoperational" = Beginn, sprachlich und symbolisch zu Denken (= mentale Operationen), noch kein flexibler Umgang mit mentalen Repräsentationen  - typische Phänomene präoperationalen Denkens: -> Egozentrismus: fehlende psychologische, sowie räumliche Perspektivübernahme  -> präkausales Denken/ prälogisches Schlussfolgern -> Übergeneralisierungen -> Wahrnehmungsverhaftung -> Endzustandsorientierung -> Zentrierung, Irreversibilität im Denken -> fehlende Invarianz/ defizitiäter Zahlbegriff 
  • Egozentrismus -> fehlende räumliche, sowie psychologische Perspektivübernahme  - kann sich zeigen in Bezug auf a) Wahrnehmung: Level 1 Perspektivübernahme: Kind kann sich nicht vorstellen, dass Anderer etwas, was es selbst sehen kann nicht sehen kann Level 2 Perspektivübernahme: Kind kann sich nicht vorstellen, dass etwas aus einer anderen räumlichen Perspektive anders aussieht  b) Emotionen  c) Wünsche  d) Wissen  e) Überzeugungen, Lügen/ Täuschungen  - vgl. ToM: noch keine mentalistische Erklärung des Verhalten Anderer 
  • Präkausales Denken/ Prälogisches Schlussfolgern -> Schlussfolgerungen sind argumentativ, nicht logisch -> kein Verständnis für kausale Zusammenhänge  - Beispiele a) Zirkularitätsschlüsse - A, weil B; B weil A b) Finalistische Schlüsse - Erklärung einer Sache durch ihren subjektiv wahrgenommenen Nutzen (Kerze brennt, da es sonst zu dunkel ist)  c) Transduktive Schlüsse - Erklärung einer Sache durch Beobachten dieser (Blätter fallen vom Baum, weil dass auch beim Baum vor unserem Haus passiert ist) 
  • Übergeneralisierungen -> ergibt sich auch defiziärem Kategoriewissen: Kinder haben noch unzureichendes Wissen über Merkmale einzelner Objektkategorien, daher generalisieren sie Eigenschaften einzelner Objekte auf die gesamte Kategorie  - Beispiele: a) Animismus: Überzeugung, alle Objekte seien belebt  - entwickelt sich in mehreren Stufen:  1. alle Objekte sind belebt  2. alles, was sich bewegt ist belebt (6-7)  3. alles, was sich selbstinitiiert bewegt ist belebt (8-10) 4. Pflanzen und Tiere sind lebendig  b) Artifizialismus: Überzeugung, alle Objekte der Umwelt seien auf menschliches Wirken zurückführbar (da die meisten Objekte in der Umgebung des Kindes dies sind)  - "Berge wurden von Menschen aufgestellt" 
  • Wahrnehmungsverhaftung -> Orientierung an dem, was aktuell Inhalt der Wahrnehmung ist, Schwierigkeiten sich von dem zu lösen  - vgl. Umschüttversuch: Orientierung an der Höhe des Wasserpegels, da diese visuell dominanter ist, als die Breite des Glases  - vgl. Schein-Objekte: keine dualen Repräsentationen möglich, entweder etwas ist A oder B 
  • Endzustands-Orientierung -> Orientierung am Endzustand, um einen Verlauf zu beurteilen, nicht am Startpunkt - Endpunkt dominanter in der Wahrnehmung - Beispiel Zugexperiment: Kinder im präoperationalen Stadium orientieren sich ausschließlich am Haltepunkt der Züge, nicht am Startpuntk der Züge 
  • Zentrierung der Wahrnehmung -> Zentrierung der Wahrnehmung auf Aspekte der Realität - Bsp.: Höhe des Wasserstandes beim Umschüttversuch - Aspekte können wechseln
  • Irreversibilität im Denken -> Ereignisse können gedanklich noch nicht so repräsentiert werden, dass sie im Geiste wieder rückgängig gemacht werden können und richtige Schlussfolgerungen gezogen werden können ("Umdenken") 
  • Fehlende Invarianz/defizitiärer Zahlbegriff -> Kinder verstehen noch nicht, dass eine Menge gleich bleibt, wenn nichts weggenommen oder hinzugetan wird 
  • Konkret-operationales Stadium (6-12) -> Kind in der Lage, mentale Operationen durchzuführen: mentale Repräsentationen von Objekten oder Handlungen flexibel zu kombinieren, ordnen oder zu transformieren -> "konkret": mentale Operationen beziehen sich immer auch konkret-wahrnehmbare Sachverhalte, keine abstrakten  - diese müssen aber nicht zwingen aktuell gegenwärtig sein  - Kind wird immer unabhängiger von aktuellen Gegebenheiten und persönlichen Zuständen (vgl. Egozentrismus, Wahrnehmungsverhaftung etc. im präoperationalem Stadium) => höhere Flexibilität und Ordnung im Denken, komplexere Zusammenhänge werden verstanden  
  • formal-operationales Stadium (ab 12) - Entwicklung der Fähigkeit zum abstrakten wissenschaftlichen Denken - Schlussfolgerungen entsprechen den Gesetzen der Logik => Entwicklung zum  a) hypothetisch-deduktivem Denken - Berücksichtigung aller potenziell-relevanten Einflussgrößen => Variablenisolierung - systematisches (mentales) Testen aller Möglichkeiten, um ein Problem zu lösen (z.B. beim Schach) => Hypothesentesten  b) proposotionalen Denken  - Denkoperationen, die losgelöst von der Realität sind  - Bewertung von abstrakten Aussagen ohne sie zu konkretisieren 
  • Methodik Piagets - Beobachtung (ausschließlich) seiner eigenen Kinder (v.a. bei Einsichten zum sensomotorischen Stadium)  -> Nachteil: fehlende Repräsentativität der Stichprobe, Objektivität der Messung, keine Angabe zu Realibilität der Messung - bei älteren Kindern sog. klinische Interviews:  Versuchleiter führt in ein Problem ein, währrend der Problembearbeitung bildet er Hypothesen über die Gedankengänge der Kinder und fragt gezielt nach, um Gedankenwelt des Kindes offen zu legen  - zusätzlich: Anregen, mit Materialien umzugehen  -> Nachteil: fehlende Objektivität der Messung, keine Angaben zur Reliabilität der Messung, Konfundierung von sprachlicher Kompetenz und kognitiver Leistung, Umgang mit Suggestivfragen hängt ab von sozialer Reife  => Halbstandardisiertes Verfahren 
  • charakteristische Merkmale der Theorie Piagets a) interaktionistisch -> Denkentwicklungs vollzieht sich in der Interaktion zwischen Kind und Umwelt b) konstruktivistisch -> Kind konstruiert seine eigene Wirklichkeit (kognitive Repräsentationen der Wirklichkeit) als Folge von Adaptionsprozessen  c) individualistisch -> das Thema der sozialen Beziehungen spiel quasi keine Rolle in Piagets Theorie  d) strukturalistisch  -> siehe Strukturalismus-Erklärung -> nur wenige funktionelle Invarianten, die erklären, wie Kind seine Verstehenssysteme organisiert 
  • Stärken der Theorie - erstmals Kognition im Fokus (starker Kontrast zu Behaviorismus und Psychoanalyse)  - heuristischer Wert  - strukturalistischer Anspruch: Nicht nur Zusammenfassung der Beobachtungen, sondern Integration in einer Theorie  - Überraschungspotenzial: Entdeckung neue Phänome & interessante Erklärungen   - breiter Anwendungsbereich (deckt Spielverhalten, Problemlösen, mathematisches/begriffliches Denken ab)  - ökologische Validität/ externe Validität: Theorie basiert auf Beobachtungen in natürlichen, alltäglichen Situationen 
  • Schwächen der Theorie a) unzureichende Bestätigung des Stadienbegriffes: - Piaget leitete Stadien von der Ähnlichkeit des Denkens von Kindern desselben Alters in Bezug auf viele unterschiedliche Inhalte ab - lässt sich empirisch nicht bestätigen -> stattdessen: Horizontalverschiebung: Personen reagieren in einem Bereich entsprechend eines Stadiums, in einem anderen Bereich entsprechend eines Anderen - Bsp.: Invarianz von Mengen verschiedener Dinge, Hypothesentesten in unterschiedlichen Bereichen abhängigkeit von Expertise im jeweiligen Bereich  b) unzureichende Erklärung von Mechanismen (Assimilation, Akkomodation, Äquilibration) c) keine Performanz-Kompetenz-Unterscheidung  - keine Berücksichtigung performanz-beeinflussender kognitiver Prozesse wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Sprachverstehen  - keine Aussagen darüber, wann eine kognitive Struktur in Verhalten umgesetzt wird und wannnicht  d) Vernachlässigung der sozialen und emotionalern Komponente der Entwicklung  - kein Bezug auf soziokukturelle oder historisch-bedingte Einflüsse - zu wenig Einbezug von Emotionen, konzeptuell klare Trennung 
  • Rolle des Kindes - aktive Rolle des Kindes bei seinem eigenen Entwicklunngsprozess -> konstruiert die eigene Realität über die Konstruktion der kognitiven Strukturen selber - natürliches, angeborenes Streben nach Äquilibration  -> braucht keine externale Motivation, um sich zu entwickeln & zu lernen 
  • Person/Anlage vs. Umwelt - Person und Umwelt beeinflussen sich gegenseitig  -> organismisches Menschenbild - Anlage: Gehirnreife, Körperreife, Motivation zu Adaption und Strukturierung (Wunsch nach Äquilibration) - Umwelt: jegliche Erfahrung, die Kind mit seiner physikalischen und sozialen Umwelt macht