Allgemeine Psychologie II (Fach) / Pro- und antisoziales Verhalten (Lektion)

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Agression, Prosoziales Verhalten und Altruismus

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  • Aggression -> Definition Aggression: Ein Verhalten mit der Absicht sich oder anderen zu schaden. - Arten von Aggression: a) feindselige Aggression: - emotionsbasierte Aggression - bewusst  - Ziel: jemanden körperlich oder emotional zu schädigen und zu verletzen b) instrumentelle Aggression: Aggression als Mittel zum Zweck, Schaden kein Selbstweck  - mögliche motivationale Ursachen für Aggression: Soziales Lernen, Phylogenetisches Lernen/ evolutionäre Notwendigkeit, Positive Affektbilanz erreichen, Erwartung x Wert- Modelle Theorien der Agression: Freud’s Todestrieb, Frustrations- Agressions- Hypothese (Dollard et al.), Reformulierte FA- Hypothese (Berkowitz), General Affective Agression Model (Anderson)
  • mögliche motivationale Ursachen von Aggression - Lernen, Soziales Lernen (-> Aggression als Umgang mit Emotionen, sozialen Status oder materielle Gewinne erhalten etc.) - Phylogenetisches Lernen/ evolutionäre Notwendigkeit (-> sozialen Status erhalten, sich und eigene Gruppe schützen, gegenüber Fressfeinden oder Fortpflanzungskonkurrenten durchsetzen) - positive Affektbilanz erreichen (gewissermaßen immer übergeordnetes Ziel)  -> materielle/ soziale Gewinne erlangen, Umgang mit Emotionen, Freude durch Leid Anderer (antisoziale Persönlichkeitsstruktur) - Erwartung x Wert- Modelle -> aus aggressiver Handlung lässt sich maximaler Gewinn ableiten
  • Frustrations- Aggressions- Hypothese (Dollard, Miller etc., 1939) -> Aggression steht im direkten Zusammenhang zu Frustration: keine Aggression ohne Frustration, aus Frustration entsteht immer eine bestimmte Art der Aggression => Frustration als einzige (!) Grundlage der Aggression  
  • General Affective Agression Model -> moderner Ansatz, Aggression zu erklären: multi-faktoriell determiniertes Phänomen  - Unterteilung des Inputs, der aggressives Verhalten potenziell begünstigt in soziale, situationale und personale Inputfaktoren (rein konzeptuelle Unterteilung, nicht logisch exklusive!!) - diese lösen interne Prozesse aus wie physiologische Erregung, Emotionen oder Kognitionen, welche dann zu Aggression führen (können) - bevor Aggression entsteht wird die Effektivität dieser evaluiert („Appraisal“), kann geblockt werden, falls aggressives Verhalten für den Akteur negative Konsequenzen hat -> hängt von der individuellen Fähigkeit & situationalen Aspekten (z.B. körperliche Fähigkeiten oder Status des Gegenübers) ab - die Fähigkeit, Aggressionen zurückzuhalten weist hohe interindividuelle Unterschiede auf
  • Beispiele für sozialen Input - Schulversagen, sozialer Ausschluss => Frustration (Emotion) - Stereotypisierung, Minoritäten => Provokation (Emotion) - Gewalt in den Medien ohne Sanktion dieser => Kognition: Gewalt ist ein legitimes Mittel, um eine positive Affektbilanz zu erhalten - Hitze (auch situationaler Input), sexuelle Erregung => physiologische Erregung
  • Beispiele für personalen Input - Persönlichkeitstyp (z.B. Narzissmus) - feindselige Attributionsschemata (eher internale als externale Attribution) - Geschlecht (Männer aggressiver als Frauen) - Alter („Peak“ in der Adoleszenz) - Hormonelle Einflüsse (Testoteron steigert Aggressivität, Oxytocin vermindert Aggressivität)
  • Beispiele für situationalen Input - hohe Temperaturen - Alkohol - Enge - Normen - Cues in spezifischen Situationen (Aggression anderer, Waffen)  
  • Prävention aggressiven Verhaltens a) Bestrafung: hilft nur, wenn schnell und verlässlich, wobei Schwere der Strafe keine Auswirkung hat b) Katharsis: hilft nicht, sondern verstärkt bloß Aggressionen c) nicht-aggressives Verhalten vorgeben (siehe nicht-aggressive Rollenvorbilder: Martin Luther King, Gandhi) d) Attributionsmuster ändern durch z.B. Empathie, Entschuldigung für Provokationen
  • Prosoziales Verhalten und Altruismus Definition Prosoziales Verhalten: Verhalten mit der Absicht, anderen zu helfen. - positives und konstruktives Verhalten -> kann auch „nur“ auf das Wohlwollen anderer Personen abzielen im Sinne von instrumentellem Verhalten Definition Altruismus: Verhalten mit der alleinigen Absicht, anderen zu helfen ohne jegliche Eigeninteressen oder sogar entgegen dieser -> altruistisches Verhalten ist immer prosoziales Verhalten, aber prosoziales Verhalten ist nicht immer altruistisches Verhalten - mögliche Motivation hinter prosozialem Verhalten: Reziprozität (soziales Lernen), evolutionäres/ phylogenetisches Lernen (vor allem prosoziales Verhalten gegenüber Kindern und eigener Gruppe), Erzeugung positiver Afffektbilanz, Erhöhung des sozialen Status 
  • Theorien prosozialen Verhaltens a) Lern-Theorie: Belohnung & Bestrafung, Beobachtungslernen - Leid in anderen löst Leid in uns aus -> willl vom Individuum vermieden werden („negative-state-relief“- Hypothese) b) Evolutionsbiologie: Hile- Verhalten erhöht individuelle, aber auch evolutionäre Fitness der ganzen Gruppe/ Population/ Art - Vorhersage, dass Hilfeverhalten vor allem gegenüber Individuen der eigenen Art oder sich selbst ähnlichen Individuen gezeigt werden sollte  c) sozialen Normen (desssen Erfüllung zu positivem Affekt führt) -> Norm der sozialen Verantwortung („Hilf denen, die von dir abhängen“) -> Norm der Reziprozität -> Norm der sozialen Gerechtigkeit
  • Evidenzen für "wahren Altruismus" (Batson, 1891) - Versuchsaufbau: Vp beobachten wie „Elaine“ (Schauspieler) elektrische Schocks bekommt, bekommen nach den ersten beiden Schocks die Möglichkeit, diese für sie zu übernehmen  - UV 1: Vp muss die ersten beiden Schocks mit ansehen vs. alle mit ansehen => Wie einfach ist "Flucht" aus der Situation? (unter der "Negative State relief"-Hypothese sollten alle Personen weniger helfen, wenn Flucht einfacher ist)  - UV 2: Vp ist Elaine sehr unähnlich vs. sehr ähnlich (basiert auf Fragebogen, den Vps 4 Wochen vorher ausgefüllt haben) => Manipulation der Empathie  - AV 1: Wie viele tauschen nach den ersten beiden Schocks mit Elaine den Platz?  - AV 2: Anzahl Elektroschocks, die von "Elaine" übernommen werden - Resultate:  a) signifikanter Haupteffekt der Ähnlichkeit: Ähnliche Probanden tauschen häufiger der Platz und übernehmen mehr Elektroschocks als unähnliche Probanden  b) signifikante Interaktion von Ähnlichkeit und Fluchtmöglichkeit: - Ähnliche Probanden tauschen häufiger den Platz mit Elaine und tolerieren mehr Elektroschocks, wenn sie nur die ersten beiden Schocks mit ansehen müssen, als wenn sie alle anschauen müssen (kleiner Unterschied, signifikant??) - bei unähnlichen Probanden ist es genau andersrum (größerer Unterschied) => Ähnlichkeit bzw. Empathie scheint zu "echtem" Altruismus zu führen, ohne Empathie wird nur geholfen, um ein negatives Gefühl zu kompensieren ("negative state relief")
  • Evidenzen gegen die Existenz von "echtem" Altruismus (Cialdini et al., 1973) - Versuchsaufbau: Probandem kamen in Raum, indem sich ein Stuhl befindet, der so präpariert ist, dass automatisch 3 Lochkarten herunterfallen, die essentiell für die Masterarbeit eines Kollegen des Versuchsleiters sind. Im Anschluss in das Experiments betritt Konförderierter den Raum und fragt Vp nach Hilfe (in Form von telefonischen Interviews), um dem Kollegen zu helfen.  - UV: Vp vs. Versuchsteilnehmer setzen sich auf präperierten Stuhl (-> Manipulation der Verantwortlichkeit für den "Unfall") - UV 2: Teilnahme an der Studie wurde mit Geld vs. Lob vs. nichts belohnt  - AV: Anzahl Personen, die angerufen werden - Resultate: - Wenn Versuchsleitender verantwortlich rufen Menschen durchschnittlich mehr Leute an, wenn sie nicht mit Lob oder Geld belohnt werden (kein Unterschied zwischen diesen beiden Bedingungen) => Negativer Zustand wurde bereits durch Lob oder Geld reduziert, Hilfeverhalten nicht mehr "notwendig" - Ist Vp selbst verantwortlich werden am meisten Leute bei einer Belohnung der Teilnahme an der Studie mit Geld angerufen, danach bei einer ausbleibenden Belohnung, am wenigsten, wenn gelobt wurde
  • Notwendige Schritte der Hilfeleistung 1. Aufmerksamkeit -> verhindert durch Ablenkung 2. Interpretation als Notfall -> Pluralistische Ignoranz verhindert dies 3. Verantwortung übernehmen -> Verantwortungsdiffusion verhindert dies 4. Richtige Hilfeleistung erkennen -> Hinreichendes Wissen erforderlich 5. Richtige Hilfeleistung anwenden -> kann gestört werden Gesetz, individuelle Kosten der Hilfeleistung (Peinlichkeit, Gefahr der eigenen Sichertheit etc.)
  • Hilfeleistung fördern - Klarheit schaffen über Notwendigkeit der Hilde in dieser Situation - Hilfe- Normen lehren - Hilfe- Normen aktivieren durch Modelle und positive Beispiele - Verantwortung fokussieren (direkte Handlungsanweisungen) - Identifikation fördern (Ähnlichkeit mit Opfern steigert Empathie und somit Hillfeleistung)
  • Studie zum Priming von agressivem Verhalten (Berkowitz & LaPage, 1967) - These: Die reine Anwesenheit von Waffen erhöht aggressives Verhalten. -> Waffen als situationaler "Cue" für Aggression, da sie mit aggressivem Verhalten assoziiert werden - Versuchsaufbau: Vps befanden sich in Raum mit je einer eingeweihten Person und sollten abwechselnd ein Problem lösen, während die andere Person diese Leistung anhand von Stromschlägen beurteilt (1- 10 Stromschläge, wobei 1 sehr gute Leistung und 10 sehr schlechte Leistung ist). - UV 1: Vp bekam 7 Stromschläge vom Gegenspieler vs. 1 Stromschlag (-> Ärger) - UV 2: es befand sich die „vergessene“ Waffe des Gegenspielers im Raum vs. die eines Unbeteiligten vs. keine Waffe - AV: Anzahl und Dauer der Elektroschocks, die Vp an Gegenspieler verteilten, sekundär Stimmung - Resultate: - signifikanter Haupteffekt des Ärgers: diejenigen, die mehr Elektroschocks bekommen haben, haben auch mehr Elektroschocks verteilt (-> "Anger"-Skala: die Probanden, die 7 Stromschläge erhielten waren signifikant verärgerter) - signifikante Interaktion: Nur in den Bedingungen, in denen Vp 7 Elektroschocks erhalten hat, hat die Anwesenheit einer Waffe einen Unterschied gemacht -> mehr Elektroschocks, wenn Waffe da ist, als keine => situationale Cues verstärken den Effekt negativer Emotionen auf aggressives Verhalten
  • Diskussion der Studie Berkowitz' und LaPages - nur teilweise Replikation durch nachfolgende Studien, auch Einschränkungen  -> Effekt verschwindet bei hoher „evaluation apprehension“ (Bewertungsangst) -> Effekt nur, wenn Probanden provoziert werden (siehe Studie) -> Effekt nur, wenn Probanden kein Wissen über Hypothese haben -> wenn alle Bedingungen erfüllt sind mittlere Effektstärke => Meta- Analyse (Benjamin et al. 2018): - Anwesenheit von Waffen erhöht aggressive Gedanken, weniger Verhalten  - Effekt schein robust zu sein (Geschlechter, Altersklassen, Art der Waffe Labor vs. Feld) - aber: aufgrund von publication bias ist diese Meta-Analyse evtl. verzerrt
  • Die "negative-state-relief"- Hypothese (Cialdini) -> „Transgression-altruism-effect“: Das Anrichten eines Schadens erhöht die Tendenz zu helfen. - auch, wenn Schaden nur beobachtet wird oder Hilfe nicht demjenigen gilt, dem Schaden zugefügt wurde! - vorherige Erklärungen (Schuldgefühl, soziale Gerechtigkeit, Stärkung des Selbstwertgefühls) können alle oben genannte Effekt nicht vollständig erklären  -> Cialdini: „negative-state-relief“: Schaden einer anderen Person löst in einem selber Unwohlsein aus („negative state“), Helfen ist ein Weg, dieses Gefühl wieder zu reduzieren -> nicht nur Helfen, sondern auch jede andere Handlung, die eine positive Emotion herbeiführt führt zu einer Reduzierung des „negative states“  (z.B. Lob oder das Erhalten von Geld, Flucht aus der Situation)  -> jegliche Form des Helfens ist egoistisch motiviert (-> Es gibt keinen „echten“ Altruismus.)
  • Altruismus: Cialdini vs. Batson Cialdini: "negative-state-relief"- Hypothese -> Wir helfen, um einen negativen Zustand zu kompensieren.  Batson: Empathie als Moderator -> Empfinden wir Empathie handeln wir "echt" altruistisch.  - Einigkeit darüber, dass Empathie über das starke Hineinversetzen („Einssein“) zu Hilfeverhalten führt - Uneinigkeit darüber, ob dieses „Einssein“ altruistisch oder egoistisch ist
  • Altruismus und Emotionen aus der Sicht soziobiologischer Theorien a) "egoistischer" Altruismus  -> auch Altruismus kann Reproduktion der Gene dienen, ist besonders stark gegenüber Menschen, die einen ähnlichen Genpool aufweisen (Verwandte, insbesondere direkte Nachkommen) b) Emotionserleben  -> kann auch Reproduktion der Gene dienen (handlungsvorbereitende Funktion): mehr Trauer bei größerer Gefahr der Genproduktion  - empirischer Test: Dilemmata, in denen "kleineres Übel" ausgewählt werden soll -> 5-järiges Kind sollte (von den Eltern) eher vor dem Tod bewahrt werden als 1-jähriges, da es näher an einer möglichen Fortpflanzung ist  -> Mutter sollte mehr über den Tod des Kindes trauern als Vater (da weniger Möglichkeiten, sich fortzupflanzen), alte Eltern sollten mehr über den Tod ihres Kindes trauern als junge (da mehr Möglichkeiten neue zu zeugen)
  • Reformulierung der Frustrations-Agressions-Hypothese (Berkowitz, 1969) - Frustration löst nicht direkt Aggression aus, sondern zuerst nur eine negative Emotion, welche dann die Aggression auslöst - neben Frustration gibt es aber noch andere Auslöser von negativen Emotionen, die alle indirekte Auslöser von Aggression sind (z.B. Schmerz oder jede unangenehme Erfahrung)