Allgemeine Psychologie II (Fach) / Menschliche Motivation nach Maslow (Lektion)

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menschliche Motivation nach Maslow + renovierte Bedürfnispyramide

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  • Physiologische Bedürfnisse (Stufe 1 der Bedürfnispyramide) -> Grundbedürfnisse, die zum Erhalt des menschlichen Lebens notwendig sind (Nahrung, Wasser, Atmung, Schlaf, Sex) - haben stärkste Potenz, d.h drängen am stärksten nach Erfüllung & haben stärkste Macht, alle anderen Bedürfnisse in den Hintergrund zu drängen  - sind (nach Maslow) menschenuntypisch, da sie i.d.R. (in der 1. Welt) chronisch befriedigt sind - oft somatisch lokalisiert und somit unabhängig voneinander und von anderen Motiven - können z.T. auch durch Ersatzhandlungen befriedigt werden (Rauchen vermindert z.B. das Hungergefühl, Essen kompensiert Einsamkeitsgefühle)
  • Humanistische Psychologie - Antwort auf Dominanz der Psychoanalyse und des Behaviorismus in der ersten Hälfte des 19. Jh. :  - Behaviorismus sei zu reduktionistisch & deterministisch, Psychoanalyse zu trieborientiert und defiziär ausgerichtet, negatives Menschenbild  -> Humanistische Psychologie ganzheitlichen Blick auf Menschen: Mensch ist mehr als Summe seiner Teile (Kontrast zu Reduktionismus) -> Annahme, dass Mensch Bewusstsein, freien Willen und Verantwortung habe, intentional handle (Kontrast zu Determinismus, Triebgesteuertheit) -> positives Menschenbild (vgl. Humanismus): Mensch bringe alle Fähigkeiten mit, um ein glückliches, erfülltes Leben zu führen (Kontrast zu negativem Menschenbild) -> Mensch strebe nach Sinn, Kreativität und Selbstverwirklichung (Kontrast zu Triebgesteuertheit und negativem Menschenbild)
  • Analyselevel der Bedürfnispyramide von Maslow a) kognitive Hierachie (von unten nach oben) -> untere Bedürfnisse müssen (teil)befriedigt sein, bevor obere auftreten b) ontogenetische Hierachie (von unten nach oben) -> in der Säuglingszeit – frühen Kindheit dominieren die Basisbedürfnisse
  • Hierachie der Bedürfnisse 1. Physiologische Bedürfnisse 2. Sicherheitsbedürfnisse 3. Soziale Bedürfnisse 4. Individualbedürfnisse 5. Bedürfniss nach Selbstverwirklichung  - Hierachie nach Entstehung: untere Bedürfnisse müssen weitesgehend befriedigt werden, bevor obere entstehen (kognitive Hierachie)                                                                         -> bezieht sich nicht auf konkrete Situationen, sondern auf grundsätzliche Verfügbarkeit der Bedürfnisbefriedigung (z.B. grundsätzliche Verfügbarkeit von Essen, nicht Hungern im aktuellen Moment) - Hierachie nach ontogenetische Entstehung (ontogenetische Hierachie) -  Hierachie nach Potenz: untere Bedürfnisse haben höhere Potenz (-> drängen am stärksten nach Erfüllung und drängen am ehesten andere in den Hintergrund)                                       -> unbefriedigte Bedürfnisse drängen sich in den Vordergrund   
  • Besonderheiten/ Anspruch der Theorie Maslows - (Anspruch an) allumfassende Theorie der menschlichen Motivation (menschen- nicht tierzentriert!)  - (Anspruch an) allgemeingültige Theorie: kulturübergreifend, historisch unabhängig  - physiologische Bedürfnisse erstmals nicht im Fokus der Theorie, da (nach Maslow) menschenuntypisch - (restliche) Motive sollen anhand von Zielen, nicht anhand von Trieben klassifiziert werden (-> Definition „Motiv“; soziogene Motive; Wachstumsmotive) - Bedürfnisse nicht unabhängig voneinander, sondern bauen hierarchisch aufeinander auf - ein Bedürfnis kann auf unterschiedliche Art befriedigt werden, ein Verhalten kann mehrere Bedürfnisse auf einmal befriedigen
  • Sicherheitsbedürfnisse (2. Stufe der Bedürfnispyramide) -> Bedürfnis nach körperlicher Unversehrtheit, Sicherheit, Gesundheit, Bedürfnis nach einer geordneten und vorhersagbaren Welt (durch Religion, Wissenschaft), Routine & Kontrolle - bei Kindern besonders gut zu beobachten durch ungehemmten Ausdruck von Furcht und Schmerz - Sicherheitsbedürfnis in der Kindheit von den Eltern, grundsätzlich von Gesellschaft & Staat befriedigt - überhöhte Sicherheitsbedürfnisse manifestieren sich in Angst- und Zwangsstörungen
  • Individualbedürfnisse („esteem- needs“) -> Bedürfnisse nach positiver Evaluation des Selbst -> Bedürfnisse nach Stärke, Unabhängigkeit, Freiheit, Erfolg, Selbstvertrauen -> Bedürfnisse nach Anerkennung, Aufmerksamkeit Anderer - Befriedigung führt zu Selbstwirksamkeitsgefühl und Selbstvertrauen - mangelnde Befriedigung kann zu Minderwertigkeitsgefühlen – psychopathologischen Komplexen führen
  • Soziale Bedürfnisse („love- needs“) -> Sozialkontakte, Intimbeziehungen, Liebe & Zuneigung zu geben und zu bekommen, Zugehörigkeitsgefühl zu Gruppen, Sex  - Liebe =/= Sex, Sex kann sowohl Soziale Bedürfnisse, als auch physiologische Bedürfnisse befriedigen - unbefriedigte soziale Bedürfnisse ist die häufigste Quelle psychischer Erkrankungen - Liebe und Sex werden häufig ambivalent wahrgenommen und gehen mit Restriktionen und Hemmungen einher - b-love vs. d-love: -> defiency-love: Liebe und Anerkennung, die jemand braucht, um nicht einsam zu werden, Mangelmotiv, kann zu egoistischem, manipulativem Verhalten führen, Vorraussetzung für b-love  -> being-love: nicht-destruktive, selbstlose Art zu lieben, Wachstumsmotiv,  setzt Erfüllung der d-love voraus 
  • Bedürfnis nach Selbstverwirklichung ("self-actualization") -> Bedürfnis, das eigene Potenzial auszuschöpfen, zu werden wer man wirklich ist - spezifische Form des Bedürfnis variiert stark nach Person (Musik, Kunst, Familie, Beruf) - Selbstverwirklichung wird nur sehr selten erreicht, da selten alle vorherigen Bedürfnisse erreicht werden
  • Mangelmotive - universell - bestehen nur, bis sie befriedigt wurden - müssen befriedigt sein, bevor Wachstumsmotive ins Spiel kommen - motivieren durch negatives Gefühl, welches durch dessen Befriedigung verschwindet - Ziel: Überleben sichern - Bsp.: Hunger, Sicherheit, Liebe, Schlaf (i.d.R. eher die unteren Stufen) - Prinzip der Homöostase: Gleichgewicht
  • Wachstumsmotive - individuell - werden stärker, wenn man ihnen nachgeht -> können nie vollkommen befriedigt werden - motivieren durch positives Gefühl, welches erst entsteht, wenn man ihnen Aufmerksamkeit schenkt - Ziel: Glück, Erfüllung - Bsp.: Selbstlosigkeit, kreatives Schaffen, Wissbegier (i.d.R. eher die oberen Stufen)  - Prinzip der Heterostase
  • Gipfel-Erfahrungen ("peak-experiences") -> Moment der Euphorie, in der das Individuum sich mit sich selbst im Einklang befindet - etwas, was primär selbst-aktualisierte Menschen erfahren - vgl. „flow“- Erfahrungen - Erlebnisse, die das Leben lebenswert machen und Identität stiften - Ausdruck der menschlichen Intelligenz, da sie darin bestehen, das eigene Potenzial auszuschöpfen
  • "Ausnahmen" der hierarchischen Ausbildung von Bedürfnissen - Verhalten habe auch andere Determinanten als nur Bedürfnisse, nicht jedes Verhalten dient Erfüllung dieser - Menschen, die z.B. Individualbedürfnisse (z.B. Status) über Soziale Bedürfnisse stellen  -> entspringe aus der Überzeugung, dass nur erfolgreiche, starke Menschen geliebt werden und befriedigen so stellvertretend ihr Bedürfnis nach Liebe - chronische Unterbefriedigung von Bedürfnissen führt dazu, dass darüber liegende nicht mehr ausgebildet werden  - chronischer Befriedigung eines Bedürfnisses führt zu dessen Abwertung -> kann zur Befriedigung eines Höheren aufs Spiel gesetzt werden (Bsp.: Extremsport)  - Ausnahme sind Märtyrer, die sich für einen Wert opfern, haben erhöhte Frustrationstoleranz -> erhöhte Frustrationstoleranz könne sowohl durch chronische Befriedigung, als auch durch chronische Unterbefriedigung entstehen (Tautologie) 
  • Kritische Evaluation der Theorie Maslow's - eher beschreibend, als erklärend - schwierig empirisch zu belegen oder zu widerlegen, da sie so abstrakt ist und Maslow selber Rechtfertigungen für Ausnahmen konstruiert - zugrunde liegendes Menschenbild zu optimistisch - Bedürfnispyramide entspricht einer westlichen, individualistischen Sichtweise, ist womöglich kulturabhängiger als Maslow vermutete - heutzutage kaum mehr Anwendungswert, Ausnahme: Arbeits- und Organisationspsychologie -> Arbeitsplatz muss auch Anreize liefern, andere Bedüfnisse, als nur die physiologischen (durch Gehalt) zu befriedigen
  • Die renovierte Bedürfnispyramide - 6 statt 5 Stufen: Physiogische, Sicherheitsbedürfnisse, Status- und Anerekennungsbedürfnisse, Partnerschaftsinitialisierung, Partnerschaftserhalt, Kindeserziehung  - unteren beiden Stufe nahezu identisch zu Maslow - evolutionspsychologische Perspektive -> 3 Fortpflanzungsziele bilden Dach der Pyramide - Selbstverwirklichung spielt keine Rolle bzw wird funktional erklärt: a) als Nebenprodukt anderer funktionaler Mechanismen wie hoher kognitiver Entwicklung oder b) als Mitte zur Erreichung von Status-, Anerkennungs- oder Fortpflanzungsbedürfnissen - Stufen der Pyramide weniger distinkt und dynamischer  - Ausplittung der kognitiven Hierachie in die proximale und die funktionale Hierachie 
  • Entwicklungshierarchie der renovierten Bedürfnispyramide -> vgl. Ontogenetische Hierachie bei Maslow - von unten nach oben - unteren Bedürfnisse eher wichtiger bei jüngeren Menschen (Essen, Trinken, Schlaf, Nähe sind beim Säugling die einzigen Bedürfnisse, andere entwicklen sich später) - entwicklungsbedingter Auslöser eines Bedürfnisses (z.B. Bedürfnis nach Sex durch pubertär einsetzende Ausschüttung von Sexualhormonen) - unteren Bedürfnisse verschwinden nicht, es erfolgt nur eine Fokusverschiebung (darin liegt die verschachtelte Form der Pyramide begründet)
  • Funktionale Hierarchie der renovierten Bedürfnispyramide -> Teil der Kognitiven Hierachie Maslows - begründet in evolutionsbiologischer Perspektive - hierarchische Ordnung der Bedürfnisse im Hinblick auf deren (Reihenfolge der) Relevanz für die Reproduktion des Menschens: von unten nach oben 
  • Kompatibilität der Pyramide Maslows mit der funktionalen Hierachie - ersten zwei Stufen Maslows sind kompatibel  - Sozialbedürfnisse gewissermaßen auch vereinbar, allerding renovierte Pyramide stärker auf Partnerschaft als evolutionär wichtigsten Sozialkontakt ausgerichtet - Individualbedürfnisse können ebenfalls aus evolutionärer Perspektive betrachtet werden: Erfolg und Status als Garantie für Fortpflanzungserfolg - Bedürfnis nach Selbstverwirklichung unvereinbar mit funktionaler Hierachie - Vorschlag: Bedürfniss nach Selbstverwirklichung sei a) Nebenprodukt von funktionalen Fähigkeiten, die Menschen erworben haben (abstraktes Denken) b) adaptiv, da Selbstverwirklichung auch Status erhöht und somit der Fortpflanzung diene
  • Proximale Hierarchie der renovierten Bedürfnispyramide -> Teil der Kognitiven Hierachie Maslows -> sozialpsychologischen Perspektive auf Motivation: Funktion des Bedürfnisses im Hinblick auf die Situation, in der sich ein Individuum grade befindet - Hierachie von unten nach oben: in einer gegebenen Situation müssen zuerst untere Bedürfnisse befriedigt werden, bevor obere auftreten  - unmittelbarer situativer Auslöser des Verhaltens - Forschung zeigt, dass Verhalten sehr abhängig von der Situation ist (z.B. Stanford Prison Experiment)  - Evolutionsbiologie: Organismus passt sich und seine Bedürfnisse adaptiv an Bedrohungen und Risiken seiner Umwelt an - widerspricht der starren Struktur der Maslow’schen Pyramide (Maslow: Situation ist abhängig von zu befriedigendem Bedürfnis)