Europarecht (Fach) / 9. Wettbewerbsrecht (Lektion)
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Wettbewerbsrecht
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- 1. Wettbewerbsrecht Art 101 bis 109 AEUV sind nicht ein Teil des Binnenmarktkapitels des AEUV (eigenständige Rechtsetzungsgrundlage), zusammenhang ist das Ziel in der EU einen einheitlichen Markt mit homogenen Bedingungen für grenzüberschreitend tätige Unternehemen zu errichten. Das Grundprinzip ist, dass Unternehmen im Binnemarkt ausschließlich auf Basis der Qualität ihrer Leistung miteinander in Konkurrenz treten und der Erfolg nicht auf leistungsfremden Faktoren beruht zB dass sie die einzigen am Markt sind (Marktmacht) oder die Marktmacht ausnutzen um ihren Mitwerbern oder Verbrauchern unangemessene Geschäftsbedingungen, hohe Preise usw aufzuerlegen. Nicht Gegenstand sind Normen, die unfairen Wettbewerbsverh. erfassen (Lauterkeitsrecht), zB die Nachahmung fremder Leistungsergebnisse. Monopolstellungen am Markt die Immaterialgüterrechtevermitteln gehören zum Binnenmarkt und sind dort Gegenstand von Rechtsangleichungsmaßnahmen. Die Wettbewerbsnormen enthalten überwiegend unternehmensgerichtete Bestimmungen: - das Kartellverbot Art 101 AEUV, das Verbot des Missbrauchs marktbeherrschender Stellung Art 102 AEUV Aber es beinhaltet auch staatengerichtete Bestimmungen: - das Beihilfeverbot Art 107 AEUV, Bestimmungen zu öffentlichen Unternehmen und Unt der Daseinsvorsorge Art 106 AEUV
- 1.1. Unternehmensbegriff, Marktmacht und Direktwirkung Unternehmensbegriff: Gefragt ist nach einer wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von der Rechtsnorm. Die reine Nachfrage nach Gütern oder Dienstleistungen begründet keine wirtschaftliche Tätigkeit. Ob und wie die bestimmungen Anwendung finden, hängt davon ab ob das Unternehmen ein Maß an Marktmacht verfügt. Marktmacht: - beim Missbrauchsverbot Art 102 AEUV ist Marktmacht eine Tatbestandsvoraussetzung - beim Kartellverbot Art 101 AEUV und Beihilfeverbot Art 107 AEUV spielen die Größe und Art des betroffenen Markts eine Rolle für die Beurteilung der wettbewerbsbeschränkenden oder wettbewerbsverfälschenden Wirkung - auch wichtig für die Rechtfertigungsfähigkeit des Verhaltens, es wird nach Abgrenzung des im konkreten Fall relevanten Markts entschieden (Marktabgrenzung). Direktwirkung: Alle diese Bestimmungen haben Direktwirkung, können also von Einzelnen vor den nationalen Gerichten geltend gemacht werden. Das Kartellverbot und die Missbrauchskontrolle haben unmittelbare Wirkung Art 101 und 102 AEUV. Beim Beihilfeverbot hat nur das Durchführungsverbot des Art 108 Abs 3 AEUV Direktwirkung, nicht aber der Grundtatbestand und die Rechtfertigungsgründe nach Art 107 AEUV. Die horizontale Direktwirkung ist hier der Normalfall und nicht ausgeschlossen, da sich diese Verbote direkt zB beim Beihilferecht Art 108 Abs 3 AEUV oder indirekt an Private richten.
- 3. Kartelle Die Rechtsgrundlage bildet der Artikel 101 AEUV - Abs 1 regelt den Verbot von Kartellen - Abs 2 die Nichtigkeit sämtlicher Rechtsakte, die unter den Tatbestand des Abs 1 fallen - Abs 3 lässt bei Vorliegen bes Gründe eine Rechtfertigung zu Tatbestand: wenn - (1) die Formen der Koordinierung des Marktverhaltens von (2) Unternehmen stammt (3) die einen Zwischenstaatsbezug aufweisen und (4) zu einer Wettbewerbsbeschränkung führen Art 101 AEUV enthält eine Beispielliste von verbotenen Verhaltensweisen. Eine Kartellrelevante Verhaltenskoordination ist gegeben wenn eine Vereinbarung oder sonstige faktische Verhaltensabstimmung getroffen wird, einschließlich der koordinierten Vorgehensweise im Rahmen einer Unternehmensvereinigung - ob diese Vereinigungen zwischen Wettbewerbern (horizontal) oder Herstellern und Einzelhändlern (vertikal) getroffen wird, ist unerheblich. Die Vereinbarung muss den gemeinsamen Willen zum Ausdruck bringen, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten, faktische Verbindlichkeiten und konkludente Zustimmungen genügen. Ein Koordiniertes Vorgehen im Rahmen einer Unternehmensvereinigung ist etwa die Vorgaben einer Interessenvertretung hinsichtlich von Preisen, Gebühren, Geschäftsbedingungen usw ihrer Mitglieder. Auch jedes sonstige abgestimmte Verhalten zwischen Unternehmern dass sie zB sich am Markt voneinander unabhängig verhalten ist erfasst (Selbständigkeitspostulat). Potentiell sind alle Formen von Koordinierung durch unverbindliche Zusammenarbeit von Unternehmen erfasst. Bloßer Informationsaustausch (wechselseitige Fühlungsnahme) genügt schon wenn diese geeignet ist, druch Reduktion der unternehmerischen Selbständigkeit die Wettbewerbsbedingungen zu verfälschen. Rechtfertigung: Ausgenommen sind Vereinbarungen die zu einer Verbesserung der Warenerzeugung (Effizienzgewinne) führen, an der die Verbraucher in angemessener Weise beteiligt werden Art 101 Abs 3 AEUV. Allerdings greift eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, die Vereinbarung darf nicht zu einer Totalausschaltung des Wettbewerbs führen und muss angemessen sein. Es darf zudem nicht über das hinausgehen was zur Effizienzsteigerung nötig ist. Feststellung: Ob ein Verstoß vorliegt kann die Kommission im direkten Vollzug oder die nationalen Wettbewerbsbehörden dezentral prüfen (öffentliche Kartellrechtsdurchsetzung). Daneben sind auch die nationalen Gerichte zuständig (private enforcement, private Kartellrechtsdurchsetzung); eine Vorabentscheidung ist möglich. Die Feststellung führt zur absoluten Nichtigkeit ex tunc Art 101 Abs 2 AEUV. Es führt zum Entfall niedergelegter Verpflichtungen, Rückabwicklung der Leistungen und Geldbußen die bis 10% des letzten Jahresumsatzes erreichen dürfen. Zur Wahrnehmung der Kartellaufsicht hat die Kommission weitreichende Befugnisse hinsichtlich Auskunftsverlangen und Nachprüfungen. Zudem kann es Schadenersatz für Geschädigte geben, die prozedualen und materialen Bedingungen dazu sind mitlerweile teilweise harmonisiert.
- 4. Marktmissbrauch Bem Marktmissbrauch handelt es sich um einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung.Der Begriff ist objektiv also von der tatsächlichen Intention des Marktbeherrschers unabhängig. Der Kernbegriff ist Unsachlichkeit, der wettbewerbsverhindernden Verhaltensweise fehlt eine sachliche objektive Rechtfertigung – lässt sich aber die prima facie nachteilige Maßnahme nach Effizienzgesichtspunkten erklären (zB für Preissenkung) entfällt die Missbräuchlichkeit. Art 102 erfasst- (1) den Missbrauch (2) einer marktbeherrschenden Stellung (3) eines oder mehrerer Unternehmen der (4) zwischenstaatliche handelsbeeinträchtigende Wirkung hat. Marktbeherrschende Stellung liegt vor, wenn das Unt in der Lage ist die Aufrechterhaltugn eines wirksamen Wettbewerbs zu verhindern. Wann ein Unternehemn die Größe erreicht hat dass es marktbeherrschend ist, ist vom jeweiligen Markt abhängig. Ein zentraler Indikator ist ein hoher Marktanteil 50% - unter 25% schließt man die Marktbeherrschung aus. Letztendlich ist eine Gesamtbetrachtung aller Faktoren nötig, zB - größe bzw Wirtschafts- und Finanzkraft des Unternehmens, sein Abstand zu den nächsten Mitbewerbern oder das Vorhandensein von Marktzutrittsschranken, etwa technologischer Vorsprung Kategorien: Behinderungs- und Ausbeutungsmissbräuche, Art 102 AEUV: Behinderungsmissbräuche erfassen die Mitbewerberbehinderung & Leistungswettbewerbern: zB Lieferverweigerung, Verweigerung von essential facilities oder die Verweigerung sonstiger Geschäfte mit Mitwerbern: - Untergraben ihrer Preisbasis durch Kampfpreise (auf eigene Kosten: predatory pricing) - Untergraben ihrer Marktbasis durch weitreichende Abnehmer- oder Leiferantenbindungen, - Alleinbezugsverpflichtungen oder Treuerabatte für Abnehmer oder Koppelungsgeschäfte - Rechtsmissbrauch übersäen von Mitbewerbern mit rechtsgrundlosen Klagen Ausbeutungsmissbräuche erfassen die Ausbeutung der eigenen Abnehmer oder Geschäftspartner die aufgrund der Größe des Marktbeherrschers nicht auf alternativen ausweichen können (lock-in), Preise, unfaire Geschäftsbedingungen oder sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlungen. Feststellung: Der Art 102 AEUV ist per se verboten, dh eine Feststellung der Rechtswidrigkeit durch die Kommission ist nicht nötig. Es gilt dieselbe öffentlich und private Durchsetzung der beim Kartellverbot verwendete VO 1/2003, die Kommission kann wieder Geldbußen verhängen und die nationalen Gerichte wahren zusätzlich die Rechte Einzelner.Die Folgen der Feststellung ist die Nichtigkeit ex tunc und Klagen oder Einwendungen können auf Schadenersatz hinauslaufen.
- 5. Fusionskontrolle Die Aufrechterhaltung einer funktionsfähigen Marktstruktur durch vorsorgliche Kontrolle von Unternehmenzusammenschlüssen, verhindert werden sollen Fusionen bei denen die Gefahr besteht, dass der Wettbewerb danach eingeschränkt wird (zB merger control, m&a) Die Regelungen waren früher in Art 102 AEUV eingebettet, heute stehen sie in den Fusionskontrolleverordnung 139/2004. Tatbestand: Zusammenschlussvorhaben müssen nach der Fusionskontrolleverordnung sind bei der Kommission zur Genehmigung anzumelden, der Begriff Fusion meint die dauerhafte Veränderung der Kontrolle, den Erwerb von bestimmendem Einfluss. Anzumelden ist aber erst ab einer bestimmten Größe der beteiligten Unternehmen (Aufgriffsschwellen). Bei ihrem Überschreiten wird vermutet, dass die Fusion unionsweite Bedeutungen hat, sie wird deshalb von der Kommission überprüft. Die Fusionskontrolleverordnung knüpft entweder an die absolute Größe des Zusammenschlusses oder an dessen Auswirkung in MS. Die Prüfung erfolgt ausschließlich durch die Kommission. Feststellung: Der Zusammenschluss wird unter zwei Gesichtspunkten geprüft: - (1) der Dominanztest: ob das Vorhaben eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt. Die Kommission geht von Marktanteilen vor, wobei die Frage der Marktbeherrschung nach Art 102 AEUV zu beantworten ist. - (2) ob das Vorhaben wirksamen Wettbewerbs erheblich behindert: significant impediment to effective competition (SIEC-Test): dieser Test Prüft die wettbewerbsbeschränkenden Effekte über die reine Marktbeherrschung hinaus und eröffnet Raum für die Berücksichtigung nachteiliger Neben-Effekte. Auch der Zusammenschluss mehrerer kleinerer Unt kann nachteilig für die Marktstruktur sein, wenn danach nur noch wenige Anbieter verbleiben (Oligopol). Für Zusammenschlüsse gilt eine Anmeldepflicht bei der Kommission, die mit einem Vollzugsverbot verbunden ist. Dem Vollzugsverbot entgegenstehende Rechtsgeschäfte sind schwebend unwirksam und müssen auf Verlangen der Kommission rückgängig gemacht werden (Entflechtung).
- 6. Staatliche Beihilfen Art 107 AEUV regelt die staatengerichtete Vorschriften zur Verhinderung staatlichen Eingriffs durch Bevorzugung einzelner Unternehmen mittels Geldwerter bzw wirtschaftlich werthaltiger öffentlicher Vorteile. Tatbestand: Art 107 Abs 1 AEUV umfasst (1) die Begünstigung (2) staatlichen Usprungs (3) die an Unternehmen und (4) mit einem bestimmte Begünstigtenkreis (selektiv) gewährt wird und zu einer (5) spürbaren Verfälschung des Wettbewerbs führt oder führen kann. Es gilt Formfreiheit des Begünstigungsbegriff (dh muss nicht nur Geldwert sein). Sie können direkte Finanzen (Direktförderung) oder etwa die Überlassung eines Grundstücks zu ermäßigtem Preis, Ausbildung oder Bereitstellung von Arbeitnehmern, Steuerermäßigungen uvm sein. Das Vorliegen ist nach den faktischen Wirkungen also objektiv (Intention ist unwichtig). Erst bei Genehmigungsfähigkeit wird nach Zielsetzung gefragt, sowohl die Maßnahme als auch die Finanzierung müssen der öffentlichen Hand zurechenbar sein (Staatlichkeit) (weiter Staatsbegriff! Dh Hoheitsverwaltung und staatsnahe Einrichtungen). Der Begünstigungsbegriff schließt Private (Endverbraucher) aus der Empfänger muss klar bestimmbar sein (selektiv), dies kann auch aufgrund der Merkmale der Maßnahmen erzielt werden. Nur Vorteile die alle Unternehmen im MS betreffen, fallen aus. Rechtfertigung: Die Ziele im Allgemeininteresse müssen nicht nur aus der staatlichen Sicht sondern auch aus der Unionssicht gerechtfertigt sein. Voraussetzung ist, dass der Eingriff im Hinblick auf das Ziel verhältnismäßig ist, die Rechtfertigungen befinden sich in: - Art 107 Abs 3 AEUV, der sachliche Rechtfertigungstatbestant, Art 106 Abs 2 besondere Rechtfertigungsgründe, Art 107 Abs 2
- 6.1. Verfahrensverordnung 2015/1589? Die Verfahrensverordnung 2015/1589 enthält eine - Vorprüfung, - Hauptprüfung, - Rückforderung und - Regime für die Kontrolle bestehender Beihilfen Art 108 Abs 3 AEUV letzter Satz ist der zentrale Ankerupunkt der privaten Durchsetzung des Beihilfeverbots vor den nationalen Gerichten. Einzelne können sich vor den nationalen Gerichten unmittelbar darauf berufen, nur zur prüfung der Vereinbarkeit ist das nationale Gericht nicht zuständig. Stellt das nationale Gericht fest, dass die Maßnahme unter den Beihilfetatbestand fällt, darf sie nicht durchgeführt werden. Die Folge ist die unwirksamkeit der gesetzten Maßnahmen (Nichtigkeit oder schwebende Uniwirksamkeit je nach Konstellation). Das nationale Gericht kann die Rückzahlung der Vorteile auftragen.