Hundeverhaltensberater ATN (Fach) / Verhaltensphysiologie 1 u. 2 (Lektion)

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Teil 1 und 2 Zusammengefasst.

Diese Lektion wurde von Scherbenstern erstellt.

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  • Was versteht man unter Kommunikation? (1 von 4) a) Die gewollte Übertragung von Signalen von einem Sender zu einem Empfänger. b) Jegliche Art von Signalen, die zu einem Empfänger gelangen. c) Das Dekodieren von Signalen. d) Das Aussenden von Signalen Richtig A Kommunikation ist eine Form der Informationsübertragung vom Sender zum Empfänger, welche unter einem für beide Teile positiven Selektionsdruck entstanden ist. Das bedeutet, daß die Signalweitergabe vom Sender aus gewollt sein muß. Diese Einschränkung macht Sinn, wenn wir als Beispiel die Informationsübertragung in einem Räuber-Beutesystem betrachten. Ein Habicht kann einen Hasen nur deshalb -entdecken-, weil Signale vom Hasen als -Sender- (z.B. Form, Farbe, Bewegung) zum -Empfänger-, dem jagenden Habicht, übertragen werden. Entsprechend erhält der Hase, wenn er achtsam ist, Signale vom Habicht. Dieser wechselseitige Informationsaustausch wird nicht als Kommunikation bezeichnet; da sowohl Räuber als auch Beute versuchen, die Aussendung der Signale an den anderen zu unterdrücken. Zusätzlich wirkt in Räuber-Beute-Systemen die Selektion daraufhin, daß möglichst wenig Signale ausgesendet werden. Denn jedes Signal kann für den Sender von großem Nachteil sein, da er entweder (Habicht) entdeckt wird und seine Jagd nicht erfolgreich abschließen kann oder (Hase) entdeckt wird und somit als Beute endet.
  • Worin liegen die Vorteile des visuellen Kommunikationskanals? (2 von 5) a) Er hat eine große Reichweite im Wasser. b) Er kann eine sehr hohe Signalvielfalt erreichen. c) Der Sender ist schlecht ortbar. d) Es besteht eine geringe Abhängigkeit von der Tageszeit. e) Er hat in übersichtlichen Biotopen eine große Reichweite. Richtig B und EDer Vorteil des visuellen Kanals ist sehr abhängig vom Biotop. In übersichtlichen Biotopen, wie z.B. Steppen, ist die Reichweite sehr groß. In unübersichtlichen Biotopen, wie z.B. im Wasser oder im Dschungel ist die Reichweite sehr klein. Eine weitere Einschränkung besteht darin, daß ohne Spezialanpassung (z.B. Leuchtsignale) nur tagaktive Tiere den visuellen Kanal nutzen können. Der Vorteil des visuellen Kanals besteht darin, daß parallel verschiedene Eigenschaften des Körpers, wie Form, Farbe, Bewegung, eingesetzt werden können. Dadurch entsteht eine hohe Signalvielfalt. Zusätzlich können bestimmte Informationen durch Form und Farbe festgelegt werden und müssen nicht jedesmal wieder produziert werden wie beim akustischen Kanal. Ein weiterer Vorteil, nämlich daß der Sender gut ortbar ist, kann natürlich auch zum Nachteil werden.
  • Was versteht man unter einem -Kode-? (1 von 4) a) Alle Signale und Signalabstufungen, die einen Bedeutungsunterschied aufweisen. b) Alle möglichen Signale und Signalabstufungen. c) Die gleichzeitige Benutzung verschiedener Kommunikationskanäle. d) Die Verbindung von visuellen und akustischen Signalen bei Säugern. Richtig AEin Kode umfaßt alle Signale und Signalabstufungen, die einen Bedeutungsunterschied beinhalten. Die Größe des Kodes des Signalrepertoires einer Art steht offensichtlich in engem Zusammenhang mit der Komplexität der sozialen Organisationsform, da hiermit die Erfordernis verbunden ist, über eine Vielzahl differenzierter Bedeutungsinhalte kommunizieren zu können. Häufig werden in der Kommunikation gleichzeitig Signale aus verschiedenen Kommunikationskanälen eingesetzt. So findet in der sozialen Kommunikation von Säugetieren häufig eine Verbindung von visuellen (Körperhaltung, Gesichtsausdruck) und akustischen Signalen statt. Man spricht in solchen Fällen auch von Displays (Verhaltens- oder Signaleinheiten). Wichtig dabei ist, daß für Sender und Empfänger eine Bedeutungseinheit damit verbunden ist.
  • Bei der Evolution von Sender-Empfänger Systemen zur Fortpflanzung müssen beide einen aufeinander abgestimmten Kode entwickeln. Welche der beiden, Sender oder Empfänger, kann sich dabei eine Abweichung erlauben? (1 von 4) a) Sender. b) Empfänger. c) Keiner von beiden. d) Beide können sich ähnlich große Abweichungen erlauben. Richtig B Durch den hohen intrasexuellen Selektionsdruck der Männchen führen kleine Abweichungen beim Sender schon dazu, daß er keinen Fortpflanzungspartner findet. Bei den Empfängern, d.h. den weiblichen Tieren, ist eine optimale Reaktion auf den Sender nicht mit der gleichen negativen Konsequenz verbunden, da immer eine größere Anzahl männlicher Konkurrenten vorhanden ist. Sie können somit verspätet noch auf Signale außerhalb ihres optimalen Spektrums reagieren, ohne zu riskieren, nicht zur Fortpflanzung zu kommen. Im Falle von ergänzenden Mutationen haben die weiblichen Tiere sogar die Möglichkeit, auf einen abweichenden oder einen optimalen männlichen Gesang zu reagieren. Sie sind somit in der Lage, die Selektion in bestimmte Richtungen zu lenken (Beispiel Paradiesvögel)
  • Was versteht man unter einer Ritualisierung? (2 von 4) a) Ritualisierungen sind Neukonstruktionen von Verhaltensmustern auf Basis physiologischer Effekte. b) Wenn Gebrauchsmuster als Übersprunghandlungen auftreten. c) Wenn Gebrauchsmuster in Signalmuster umgewandelt werden. d) Den phylogenetischen Prozeß, der ein ursprünglich -neutrales- Muster an eine neue Signalfunktion anpaßt. Richtig C und DUnter Ritualisierungen versteht man Vorgänge, bei denen Gebrauchsmuster in Signalmuster umgewandelt werden. Dabei scheinen die meisten Signalhandlungen (-muster) keine Neukonstruktionen zu sein, sondern leiten sich von anderen Verhaltensweisen ab. Hierbei sind Gebrauchsmuster, wie Übersprunghandlungen und Intentionsbewegungen, oder auch physiologische Nebeneffekte, die bei der verstärkten Aktivierung des autonomen Nerven-systems auftreten, häufig die Ausgangsmuster. Physiologische Nebeneffekte können z.B. das Aufstellen der Haare bei Säugetieren, das Sträuben der Federn bei Vögel oder auch, wie wir im vorhergehenden Abschnitt gesehen haben, das Ausatmen bei einer physiologischen Anstrengung sein. Entsprechend versteht man unter Ritualisierung den phylogenetischen Prozeß, der ursprünglich -neutrale- Muster (Gebrauchsmuster) an die neue Signalfunktion anpaßt.
  • Welche Veränderung erfährt häufig eine Signalhandlung durch den Ritualisierungsprozeß? (3 von 4) a) Die Signalhandlungen werden nicht deutlich hergestellt. b) Die Signalhandlungen werden oft rhythmisch wiederholt. c) Die Signalhandlungen werden oft übertrieben dargestellt. d) Die Signalhandlungen werden oft eindeutiger, unverwechselbarer. Richtig B, C und DDer Ritualisierungsprozeß zielt im allgemeinen darauf ab, die Signalhandlung auffälliger zu machen. Generell zeigt sich dabei folgende Tendenz: (1) Die Signalhandlungen werden übertrieben. Buntbarsche der Gattung Aequidens locken ihre Jungen mit übertriebenen Schlängelbewegungen herbei, was eigentlich eine Intentionsbewegung des -Davonschwimmens- ist. (2) Die Signalmusters werden rhythmisch wiederholt. Viele Eidechsen balzen oder drohen mit rhythmischen Nickbewegungen. Winkerkrabben balzen mit rhythmischen Bewegungen der vergrößerten Scheren. (3) Das Signal bzw. die Signalhandlung wird normiert, d.h. sie wird eindeutiger und unverwechselbarer. So wird der Grunzpfiff eines Stockentenerpels entweder in voller Intensität oder gar nicht ausgeführt. Weiterhin kann man stark formalisierte Bewegungsfolgen beobachten, die manchmal wie erstarrt wirken (z.B. bei dem Paarbildungszeremoniell der Lachmöwen).
  • Was spricht für die Hypothese, daß die Signale des Senders etwas -kosten- müssen? (2 von 5) a) Nichts. b) Mit Signalen, die den Sender nichts kosten, könnte er den Empfänger zu leicht manipulieren. c) Signale, die den Sender etwas -kosten-, können als -ehrlicher- angesehen werden als Signale, die keinen Aufwand benötigen. d) Da die Signale durch einen längeren phylogenetischen Prozeß entstanden sind, kann man davon ausgehen, daß sie grundsätzlich -ehrlich- sind. e) Signale sollten in allen Fällen wenig Aufwand kosten, da so die Kommunikation optimiert wird. Richtig B und CIn den Fällen, in denen der Sender die Möglichkeit hat, den Empfänger zu manipulieren, z.B. bei der Partnerwahl, sollte der Empfänger einen gewissen Aufwand für das Signalisieren der Nachricht fordern. Denn wenn die Produktion des Signals unabhängig von der Fitneß des Senders ist, ist der Informationsgewinn für den Empfänger gleich null. Als Beispiel können die tiefen, kräftigen Paarungsrufe von Froschmännchen gelten. Wenn ein schwächlicher, kleiner Frosch diese Signale ebenso produzieren könnte wie ein großer ausgewachsener Frosch, hätten sie für die weiblichen Tiere auf der Suche nach dem geeigneten Paarungspartner keinen Wert. Solche Signale sollten also in einem gewissen Zusammenhang mit der Fitneß oder der Investitionsbereitschaft des männlichen Partners stehen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der Hypothese des -honest-signalling- (= ehrliches Signalisieren).
  • Was ist nötig für eine Kommunikation unter Tieren? (2 von 5) a) Ein geeigneter Übertragungskanal. b) Die Redundanz von Signalen. c) Ein gemeinsamer Kode. d) Ein gemeinsamer Genpool. e) Ein geschlossenes Räuber Beutesystem. Richtig A und CNeben dem Vorhandensein von Sender und Empfänger setzt die Kommunikation unter Tieren einen geeigneten Übertragungskanal für die Signale voraus. Dabei bestimmt einerseits die Leistungsfähigkeit bestimmter Sinnesorgane einer Tierart die möglichen Kommunikations-kanäle, andererseits bestimmt die Art der zu übermittelnden Information, welcher Übertragungskanal am geeignetsten ist. Des weiteren wird ein gemeinsamer Kode benötigt, d.h. die Tiere müssen die Bedeutungsinhalte der Signale entschlüsseln können.
  • Worin liegt der Vorteil des akustischen Kanals? (2 von 5) a) Er ist gut ortbar. b) Die hohe potentielle Signalvielfalt. c) Die Signale bleiben lang erhalten. d) Er hat eine große Reichweite in unübersichtlichen Habitaten. e) Geringer Energieaufwand. Richtig B und DDer Vorteil des akustischen Kanals liegt in seiner zeitlich Flexibilität. Dadurch kann eine große Signalvielfalt erreicht werden. Die Reichweite hängt stark von der Energie der Signale und den Habitatsbedingungen ab. Er ist aber in unübersichtlichen Biotopen dem visuellen Kanal weit überlegen. Der Energieaufwand, vor allem bei größeren Entfernungen, ist relativ hoch. Die Ortbarkeit hängt stark vom Signaltyp ab, ist aber kleiner als bei visuellen Signalen.