Differentielle Psychologie (Fach) / 6. Persönliche Umwelt und Beziehungen (Lektion)
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Diese Lektion wurde von SarahMeissner erstellt.
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- Definitionen Psychologie Persönlichkeitspsychologie Situationsexposition Psychologie: Umwelt eines Menschen = die Gesamtheit aller externen Bedingungen, die sein Verhalten und Erleben beeinflussen Persönlichkeitspsychologie: Eingrenzung auf regelmäßig wiederkehrende Situationen, d.h. mittelfristig stabile Umwelteigenschaften, die eine Person charakterisieren Situationsexposition: ! Häufigkeit oder Dauer, mit der eine Person Situationen eines bestimmten Typs ausgesetzt ist (Zeit vor dem TV, mit dem Smartphone, mit Gesprächen, im Streit mit dem Partner...) ! Umwelteigenschaft der betrachteten Person ! keine Annahmen über die Verursachung der Exposition
- Situationsexposition ! typische Settings können Aufschluss über die Persönlichkeit der betreffenden Person geben, z.B. Büro oder Schlafzimmer, weil sie Einfluss auf die Auswahl und Herstellung dieser Settings hat Studie von Gosling, 2002 ! Inwieweit geben die Büros und Schlafzimmer (Einrichtung, Zustand der Räume) Aufschluss über die von ihnen benutzten Personen? ! Einschätzung der Personen bezüglich der Big Five durch Studierende ! Messung der Übereinstimmung mit den Selbsteinschätzungen der Bewohner und von Bekannten von ihnen ! Überzufällig hohe Übereinstimmungen in Bezug auf Extraversion, Gewissenhaftigkeit und Offenheit ! Sherlock Holmes: die Persönlichkeit hinterlässt in der alltäglichen Umwelt tiefe Spuren, die sich deuten lassen...
- Situationsexposition ! typische Settings können Aufschluss über die Persönlichkeit der betreffenden Person geben, z.B. Büro oder Schlafzimmer, weil sie Einfluss auf die Auswahl und Herstellung dieser Settings hat ! Problem: Umweltdefinitionen sind personenabhängig ! Korrelationen zwischen Persönlichkeits- und Umwelteigenschaften können auf der persönlichkeitsabhängigen Bewertung von Settings beruhen ! Definition von 8 Dimensionen, mit denen gleiche Situationen konsistent zwischen verschiedenen Beurteilern mit objektiven Situationsmerkmalen und darin gezeigten Verhaltensweisen beschrieben werden können -> (DIAMONDS) Duty, Intellect, Adversity, Mating, Positivity, Negativity, Deception, Sociality Studie von Gosling, 2002 ! Inwieweit geben die Büros und Schlafzimmer (Einrichtung, Zustand der Räume) Aufschluss über die von ihnen benutzten Personen? ! Einschätzung der Personen bezüglich der Big Five durch Studierende ! Messung der Übereinstimmung mit den Selbsteinschätzungen der Bewohner und von Bekannten von ihnen ! Überzufällig hohe Übereinstimmungen in Bezug auf Extraversion, Gewissenhaftigkeit und Offenheit ! Sherlock Holmes: die Persönlichkeit hinterlässt in der alltäglichen Umwelt tiefe Spuren, die sich deuten lassen...
- Messeverfahren für Situationsexposition Retroperspektive Einschätzung=- Wie oft / lange haben Sie sich in der letzten zeit typischerweise in bestimmten Situationen aufgehalten? - eher unzuverlässig, wenn der zeitliche Abstand mehr als einen Tag beträgt Tagebuch oder Logbuch! strukturierte Erfassung über einen ausreichen längeren Zeitraum (2 -4 Wochen) täglich abends ! Erfassung von Häufigkeit, Beginn und Ende und Qualität der interessierenden Tätigkeit! Erinnerungseffekte wenn die Tagebucheinträge nicht täglich sondern erst später nachgeholt werden ! Alternative: Daten werden täglich per Mail oder Internet abgerufen Experience Sampling Methode (ESM)! Die Probanden werden durch ein festgelegtes Signal zu bestimmten Zeitpunkten aufgefordert, ihre aktuelle Situation zu beschrieben ! fester oder variabler Zeitplan ! Reduzierung von Reaktivitätseffekten durch für die Probanden unvorhersehbare Zeitpunkte ! per App, programmierte Uhr, SMS ! nicht mehr als 6 Signale täglich bei längeren Untersuchungen! Untersuchungszeitraum mindestens 2 Wochen sorgt für ausreichende Reliabilität diekte Beobachtung! tägliche Protokollierung des Verhalten durch nahe Bezugspersonen ! direkte Beobachtung oder Rekonstruktion der Situation durch Nachfragen am selben Tag! sehr zuverlässige Methode
- Die persönliche Umwelt Dynamisch-interaktionistisches Modell zur Erklärung frühkindlicher Persönlichkeitsunterschiede - persönliche Umwelt = Einfluss proximaler Variablen (= Umweltvariablen, denen eine Person direkt ausgesetzt ist) und distaler Variablen (= werden durch die verbindenden Systeme, z.B. Familienbeziehungen vermittelt) - proximale Prozesse sind für die individuelle Entwicklung entscheidender als die distalen Strukturen 1. Mikrosystem2. Mesosystem3. Exosystem4. Makrosystem
- Persönliche Beziehungen ! Beziehungen zwischen 2 Bezugspersonen ! Persönlichkeits- und Umwelteigenschaften charakterisieren einzelne Personen ! Dyaden (= Personenpaare) charakterisieren Beziehungen ! Je länger sich 2 Bezugspersonen kennen, desto stärker wird ihre Beziehung von deren Persönlichkeit und der gemeinsamen Beziehungsgeschichte beeinflusst. ! Es entsteht eine persönliche Beziehung. ! Verhaltensebene: stabile Interaktionsmuster ! kognitive Ebene: Beziehungsschemata der beiden Bezugspersonen Beziehungsschemata bestehen aus 3 beziehungsspezifischen Bildern: 1. Selbstbild 2. Bild der Bezugsperson 3. Interaktionsskript ! affektive Ebene: werden von Emotionen begleitet (Hass, Liebe, Verlustangst, Scham, Schuld etc.); es können unterschiedlich starke Affekte ausgelöst werden, z.B. bei Arbeitsbeziehungen ! Merkmale von Beziehungen sind mittelfristig weniger stabil als Persönlichkeitseigenschaften. ! Ursache: Merkmale sozialer Beziehungen hängen von der Persönlichkeit der beteiligten Personen und deren Interaktionsgeschichte ab. ! Wechselwirkungen zwischen Persönlichkeit und sozialen Beziehungen werden als Persönlichkeits-Beziehungs-Transaktionen bezeichnet. ! entscheidend: untersuchtes Persönlichkeits- und Beziehungskonstrukt ! Wechselwirkungen in beide Richtungen (Beziehungseinflüsse auf Persönlichkeit und Persönlichkeitseinflüsse auf Beziehungen) konnten festgestellt werden für Beziehungen mit Partnern und Freunden. ! Aber: nicht jede Beziehung wirkt auf die Persönlichkeitsentwicklung, z.B. Beziehungen zu Verwandten oder Personen des peripheren Netzwerkes ! Wechselwirkungen häufig im Kontext von Lebensübergängen / Transitionen➔ Kontextabhängigkeit ! Bedeutung von Freundschaften für die Persönlichkeitsentwicklung scheint ab dem jungen Erwachsenenalter abzunehmen ➔ Altersabhängigkeit
- Persönliche Beziehungen: Bindungsstile bei Erwachsenen ! Qualität der Beziehung zur wichtigsten Bezugsperson wird als „inneres Arbeitsmodell von Beziehungen“ verinnerlicht und ist bis ins Erwachsenenalter vorhanden ! wichtig sind also die Bindungserfahrungen mit den Eltern ! aufgrund dieser Bindungserfahrungen sind auch Aussagen über die Bindungsqualität eines eigenen Kindes an die Person möglich ! im Erwachsenenalter wird die Funktion als primäre Bindungsperson (wenn vorhanden) vom Partner übernommen ! Bindungsstile in Liebesbeziehungen können durch verschiedene Methoden erfasst werden: Interviews, direkte Selbstbeurteilung, schriftliche Befragungen, Fragebögen Vier Bindungsstile von Erwachsenen: Sicher: Abweisend Ängstlich Besitzergreifend:
- Persönliche Beziehungen: Bartholomew (1990) ! abweisender und ängstlicher Bindungsstil stellen verschiedene Lösungen eines emotionalen Konfliktes mit der zentralen Bezugsperson dar (z.B. der Mutter) ! abweisendes oder distanziertes Verhalten der Bezugsperson führen zur Ausbildung eines negativen Fremdbildes ! beim ängstlichen Bindungstyp führt das ständig frustrierte Bedürfnis nach Nähe zu der internen Attribution, wenig liebenswert zu sein➔ negatives Selbstbild ! beim abweisenden Bildungstyp wird das Bedürfnis nach Nähe unterdrückt ➔ Aufrechterhaltung des positiven Selbstbildes ! besitzergreifender Bindungstyp möchte das negative Selbstbild durch Gewinnung von Anerkennung anderer korrigieren, die in einem positiven Licht gesehen werden ! sicherer Bindungstyp ➔ positives Selbst- und Fremdbild
- Persönliche Beziehungen: Bartholomew (1990) ! abweisender und ängstlicher Bindungsstil stellen verschiedene Lösungen eines emotionalen Konfliktes mit der zentralen Bezugsperson dar (z.B. der Mutter) ! abweisendes oder distanziertes Verhalten der Bezugsperson führen zur Ausbildung eines negativen Fremdbildes ! beim ängstlichen Bindungstyp führt das ständig frustrierte Bedürfnis nach Nähe zu der internen Attribution, wenig liebenswert zu sein➔ negatives Selbstbild ! beim abweisenden Bildungstyp wird das Bedürfnis nach Nähe unterdrückt ➔ Aufrechterhaltung des positiven Selbstbildes ! besitzergreifender Bindungstyp möchte das negative Selbstbild durch Gewinnung von Anerkennung anderer korrigieren, die in einem positiven Licht gesehen werden ! sicherer Bindungstyp ➔ positives Selbst- und Fremdbild Abb. 5.7 (a) Zweidimensionales Modell der Bindungsstile nach Bartholomew, (b) empirisch gefundene Lage der selbstbeurteilten Bindungsstile (z.B. mit dem RQ): sichere und ängstliche Bindungsstile als Gegenpole, nicht aber besitzergreifende und abweisende Bindung; beide sind unkorreliert und korrelieren mittelstark mit ängstlicher Bindung. In der Forschung durchgesetzt hat sich trotzdem ein zweidimensionales lineares Modell mit den Dimensionen Bindungsängstlichkeit und Bindungsvermeidung. Problematisch: Bindungssicherheit wird als primäre Dimension nicht direkt erfasst, sondern nur indirekt als Abwesenheit von Ängstlichkeit und Vermeidung (z.B. beim BoBi, ECR etc.)
- Persönliche Beziehungen : neue Erkenntnisse der Forschung ! neuere Erkenntnisse aus der Forschung: im Erwachsenenalter ist das Bindungsverhalten stark beziehungstypisch orientiert ! d.h. die Bindungsqualität ist kein Persönlichkeitsmerkmal, sondern Merkmal einer dyadischen Beziehung ➔ das Modell der Bindung an die Eltern hat nur geringe Ähnlichkeit mit dem Modell der Bindung an Liebespartner ! wichtiger sind frühere Erfahrungen mit anderen Liebespartnern ! möglicherweise wird der Bindungsstil in jeder Beziehung neu „ausgehandelt“
- Persönliche Beziehung: Soziale Unterstützung durch Beziehungen = Ausmaß, in dem andere emotional (z.B. trösten), instrumentell (z.B. finanziell unterstützen) oder informell (z.B. Ratschläge geben) tätig werden / helfen, belastende Situationen zu bewältigen ! Konzept der sozialen Unterstützung enthält das Konzept der Bindung als Spezialfall ! Unterscheidung zwischen Unterstützungsressourcen, erhaltener, erfahrener und potenzieller Unterstützung Unterstützungsressourcen: - Definition: Anzahl positiver Beziehung zu anderen- Operationalisierung: Anzahl von Freunden zum Zeitpunkt des Todes der Ehefrau Erhaltene Unterstützung:- Tatsächlich von anderen erhaltene Unterstützung- Zahl der Beileidsbriefe, Telefonanrufe und Besuche nach dem Tod der Ehefrau Erfahrene Unterstützung:- Subjektiv wahrgenommebe Unterstützung'- Gefühl dr Unterstützung nach ERhalt dieser Briefe, Telefonanrufe und Besuche Potentielle Unterstützung:- Subjektive Erwartung, Unterstützung bekommen zu können, wenn es zukünftig nötig wäre- Gefühl der Sicherheit, bei anderen Halt zu finden, falls die Ehefrau vor einem stirbt
- Persönliche Beziehungen: Unterstützungsparadox ! komplexes Wirkungsnetz kann zu Diskrepanzen zwischen den einzelnen Unterstützungsformen führen ! Beispiel: manche Menschen erhalten trotz großer Unterstützungsressourcen (großer Freundeskreis) wenig Unterstützung, weil sie ihre Probleme aus falschem Stolz für sich behalten oder die Hilfsbereitschaft anderer unterschätzen ! Wer glaubt, dass Hilfe vorhanden ist, wenn es unbedingt erforderlich ist, traut sich eher zu, sich selbst helfen zu können, kann Schwierigkeiten im Alleingang eher überwinden und erhält gerade deswegen wenig tatsächliche Unterstützung. ! Unterstützungsparadox: erhaltene Unterstützung korreliert bisweilen negativ mit psychischer Gesundheit, potenzielle Unterstützung meist positiv. ! erhaltene Unterstützung wirkt sich nur dann positiv aus, wenn sie durch ein hohes Maß an Responsivität begleitet wird: der Unterstützer ist / wird als verständnisvoll, bestätigend und fürsorglich wahrgenommen; der UnterstützungsEmpfänger nimmt die Beziehung nicht als unausgeglichen wahr und fühlt sich nicht übervorteilt oder wertlo
- Persönliche Beziehungen: Persönlichkeit und Partnerschaft ! Welche Persönlichkeitseigenschaften fördern eine gute Partnerschaft? ! Kriterien für eine gute Partnerschaft: " Zufriedenheit mit der Partnerschaft " Stabilität der Partnerschaft ! Beides wird beeinflusst durch die Persönlichkeitsmerkmale beider Partner (Ähnlichkeit oder Unähnlichkeit?) und durch die Passung der Persönlichkeit beider Partner ! Neurotizismus hat schädigenden Einfluss ! Akteur-Partner-Interdependenzmodell: die Persönlichkeit und die individuell erlebte Beziehungszufriedenheit (Akteureffekte) beeinflussen die vom Partner erlebte Beziehungszufriedenheit ! Erhöhter Neurotizismus sowie niedrige Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit beeinträchtigen nicht nur die eigene Beziehungszufriedenheit, sondern unabhängig davon auch die des Partner Anwendung: Partnersuche mithilfe von Online-Dating und Speed-Dating ! die Ähnlichkeit in Einstellungsmerkmalen fällt bei romantischen Partnern höher aus als in basalen Persönlichkeitsmerkmalen ! die Ähnlichkeit in basalen Persönlichkeitsmerkmalen beeinflusst aber etwas stärker die Qualität und Stabilität einer Beziehung als die Einstellungsähnlichkeit ! Online-Dating-Portale arbeiten mit Matching-Algorithmen, die als streng gehütetes Betriebsgeheimnis behandelt werden ! keine Aussagen über kurz- bis langfristigen Partnerschaftserfolg ! Matching-Algorithmen beruhen überwiegend auf dem Kriterium der Ähnlichkeit: Passung in Bezug auf Alter und Körpergröße, Bildungs- und Berufsabschluss, Religion und kulturellen Hintergrund ! die Zuordnung potenzieller Partner sollte auf wissenschaftlich fundierten Matching-Algorithmen basieren: Berücksichtigung basaler Persönlichkeitsmerkmale (z.B. Big Five), Bindungsstile (Angst, Vermeidung), Präferenzen für Nähe und Distanz, Einstellungen zur Sexualität (Verhütung, Treue) Speed-Dating ! Partnersuchende können Gleichgesinnte kennenlernen ! die Wahrscheinlichkeit einen romantischen Partner zu finden ist gering (4 - 6 %; aber nicht gleich Null) ! Prädiktoren für Popularität (Asendorpf et al., 2011): ! kurzfristige Popularität der Männer: fremdbeurteilte Attraktivität des Gesichts / der Stimme sowie hohe Soziosexualität (= Tendenz Sex mit vielen unterschiedlichen Partnern haben zu wollen / zu haben) ! kurzfristige Popularität der Frauen: fremdbeurteilte Attraktivität von Gesicht, Stimme und Body-Mass-Index Fazit: Online-Dating und Speed-Dating können die Partnerwahl unterstützen, wenn persönlichkeits-psychologisches Wissen über die Relevanz von Persönlichkeitsmerkmalen und deren Partnerpassung angemessen berücksichtigt werden. ! Der Erfolg ist allerdings nicht garantiert. ! Beide Methoden sind wahrscheinlich effizienter als eine reine Zufallsauswahl.