Soziologie (Fach) / Identität (Lektion)
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Was versteht man unter Identität? Erik Erikson, George Mead, Erving Goffman, David Riesmann, Anselm Strauss, Ralph Linton, Lothar Krappman
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- Wie entsteht George Herbert Mead die Identität? Nach Mead entseht Identität, indem wir uns ein Bewusstsein von uns selbst aus der permanenten Kommunikation zwischen uns und den Anderen machen. Das heißt: Indem wir uns in die Rolle einer anderen Person hineinversetzen und uns vorstellen, wie er auf uns reagieren wird, betrachten wir uns selbst, wir reagieren. Durch die Augen der anderen Person erkennt man sich selbst und entwickelt dadurch ein Bewusstsein zu sich selbst.
- Wie ist nach Mead die Entwicklung zur Identität möglich? Die signifikanten Anderen geben in der Kommunikation darüber Aufschluss, was andere Menschen über das Individuum denken, wodurch die Wahrnehmung der anderen bekannt und das Individuum sich in die Person hineinversetzen und verstehen kann. Das Individuum versetzt somit in die Rolle der anderen, um in der Vorstellung eruieren, wie die andere Person reagiert. Erst durch die Rollenübernahme wird einem selbst das Handeln und der Auslöser des Han-delns bewusst. Durch die Augen der Anderen erkennt man also nicht nur die eigene Reaktion, sondern man wird sich über sich selbst bewusst und entwickelt ein Selbstbewusstsein. Selbstbewusstsein ist die Voraussetzung für Identität.
- Welche zwei Phasen unterscheidet Mead in der Identitätsentwicklung? Die Rollenübernahme findet bereits sehr früh in der Identitätsentwicklung statt In der Entwicklung der Identität lassen sich zwei Phasen unterscheiden: Play und Game. Im Play schlüpft das Kind in die Rolle wichtiger Bezugspersonen --> signifikante Andere. In der anderen gespielten Rolle versucht das Kind aus der Sicht des anderen zu denken und handeln und spielt dann so als ob es die andere Person wäre. Beim Play übernimmt das Kind immer nur eine Perspektive Das Spiel, indem Kinder in einer Mannschaft und nach festen Regeln zusammen spielen, nennt Mead game. Beim Game muss das Kind muss das Kind jede Rolle richtig spielen. Das Kind muss in alle Rollen der Beteiligten schlüpften, um mögliche Handlungen antizipieren (Daher muss es auch den Geist des Spiels erfasst haben) zu können generalisierte Andere
- Aus welchen Identitätskomponenten setzt sich nach Mead die Identität zusammen? Durch die Rollenübernahme der signifikanten und generalisierten Anderen entwickelt sich die beim Individuum die soziale Identität, auch me oder reflektierendes Ich genannt. Die soziale Identität setzt sich zusammen aus den verinnerlichten Bilder eines Indivi-duums, die in verschiedenen Situationen, in verschiedenen Rollen, mit zahlreichen eigenen Zuschreibungen, die Menschen gegenüber der eigenen Person gemacht haben sollen. Dadurch ist die soziale Identität im ständigen Wechsel. Beim me handelt es sich um die subjektive Auffassung/Deutung/Bilder darüber, was andere über die eigene Person denken. Und diese Auffassung hat der Mensch verinnerlicht. Die Bilder können als eine Form von So-zialisation betrachtet werden, da diese verinnerlichten Bilder in konkreten Situationen in be-stimmten Rollenübernahmen wieder auftreten. In jeder Kommunikation tritt neben das me eine weitere Identitätskomponente hinzu. Diese bezeichnet Mead als I oder auch impulsives Ich. Das I ist vorsozialisiert und unbewusst, kann aber nie vollständig sozialisierbar sein, da im I körperliche, spontane, unreflek-tierte und kreative Bedürfnisse zum Ausdruck, die die soziale Selbstdisziplinierung des Indi-viduums aufheben. Das I und das me wirken auf das Individuum ein, wodurch beim Individuum ein reflexives Bewusstsein entsteht. Das Individuum muss hier versuchen aus der Vielzahl der reflexiven Perspektiven ein einheitliches Selbstbild zu synthetisieren. Wenn die Synthetisierung ge-lingt, dann entsteht nach Mead das self, auch Identität oder Ich-Identität genannt
- Welche These vertrat David Riesman über die Bedingungen der Identität? Der Mensch der Moderne lässt sich in seinem Denken und Handeln von anderen leiten. Das heißt: Das Individuum tut alles das, was andere Menschen, die ihn wichtig (Nachbarn, Eltern, Idol) sind tun auch. Er ist sozusagen „außengeleitet“.
- Wie hat sich die Verhaltenssteuerung von der Traditionsleistung zur außengeleiteten Steuerung entwickelt (nach Riesman)? • Jahrtausende haben Menschen das eigene Leben so bewältigt, wie es die anderen Men-schen aus ihrer Umgebung ebenfalls geführt haben, in Bezug auf die Kultur oder Traditi-on. Es wird vom Individuum erwartet, dass es sich in eine anerkannte Art und Weise ver-hält.• Die Zunahme der Bevölkerung in Europa seit dem Mittelalter führte dazu, dass eine Ver-dichtung der Siedlungen, eine intensivere Kommunikation und Differenzierung der Funktio-nen der Mitglieder der Gesellschaft (bedingt durch die Arbeitsteilung). Die gesellschaftliche und ökonomische Entwicklung wurde schneller und brachte neue Möglichkeiten und Forde-rungen, wie die Orientierung an Prinzipien, wodurch die Traditionslenkung schwerfälliger wurde.• Solche Prinzipien bildeten sich beispielsweise im Zeitalter der Renaissance und Refor-mation (15./16. Jh.) • Renaissance: Die Individualität des Menschen wurde betont und die Persönlichkeit als Ergebnis allseitiger Bildung idealisierte• Reformation: Die Protestantische Ethik hatte eine religiös fundierte, prinzipiengeleitete Hinwendung zur Welt, haben sich allerdings zu der Welt auch rational hingewendet und ha-ben dafür gestanden, dass der Mensch sein eigenes Leben selbstverantwortlich lebt.• Diese neue Verhaltenssteuerung nennt Riesman Innenleitung. Der innengeleitete Mensch ist weniger der Macht der Tradition und dem ständigen Druck des Kollektivs unter-worfen, sondern versucht sich nach den eigenen Bedürfnissen zu orientieren.• Mit der Industrialisierung seit der Mitte des 18. Jahrhunderts und vor allem den rasanten Entwicklungen in Technik, Wirtschaft und Handeln im 19. Jahrhundert beschleunigte sich die die Differenzierung der Gesellschaft. Auch die Rollen, die sich damit ergaben, wurden zahl-reicher und differenzierter. • Mitte des 20. Jahrhunderts kam es dann zum entscheidenden Wandel in der Orientierung der Menschen in der Gesellschaft, als die Massenmedien die zahlreichen Kulturen des Den-kens und Handelns sehr viele Menschen erreichen konnte und allen Alternativen zum Leben gezeigt haben.• ansteigender Wohlstand, wachsende Freizeit. KonsequenzÜbergang in das Zeitalter des Konsums• Da ein verbindliches, inneres Prinzip der Verhaltenssteuern nicht mehr vorhanden ist oder angesichts der Fülle von Möglichkeiten und Erwartungen nur noch schwach funktioniert, be-ginnt der moderne Mensch danach zu orientieren, was ihm seine Bezugspersonen vorleben oder wovon er denkt, dass sie so leben. Diese Orientierung nennt Riesman Außenleitung: Das gemeinsame Merkmal der außengeleiteten Menschen besteht darin, dass das Verhal-ten des einzelnen durch die Zeitgenossen gelenkt ist (Bezugspersonen o. Massenunterhal-tungsmittel). In gewissermaßen ist diese Steuerungsquelle von Bezugspersonen auch „ver-innerlicht“, da ihnen seid der Kindheit ein Abhängigkeitsgefühl eingepflanzt wird
- Welche Folgen hat nach Riesman die Außenleitung für die Identität? • Das Problem des außengeleiteten Menschen liegt darin, dass er sich auf verschie-dene „Sender“ konzentrieren muss. Das heißt, dass stets darauf achten muss, auf welche sozialen Erwartungen, Verpflichtungen oder Menschen er sich fokussiert muss, um wei-terhin die Anerkennung der Gesellschaft bzw. des gewünschten sozialen Umfeldes zu erlangen. Wenn das Verhalten des Individuums sich zu sehr nach innen leiten lässt, läuft das Individuum Gefahr, dass es für andere nicht mehr attraktiv findet. Das Indivi-duum darf allerdings auch nicht zu stark auffallen. Beides könnte die Exklusion aus der normalen Anerkennung bedeuten. Daher hat der Außengeleitete Mensch eine Art Ra-dar, nach welchem er nach attraktiven Gruppen oder Zeitgenossen sucht, um sich nach de-ren Werturteilen und Verhaltensweisen zu orientieren. Das Problem hierbei ist: Das Individuum kann sich an denen nicht binden, da sie sich ständig wandeln. • Daher kann und sollte das Individuum auch nicht versuchen, sich nur an konkrete Personen zu binden, sondern versuchen, mit allen zurechtzukomme. Wenn es allerdings versucht es allen Menschen gleich recht zu machen, stets flexibel ist und stets die Rolle spielt, die ihm im Augenblick den größten Erfolg oder geringsten Ärger verspricht, hat dies Auswirkun-gen auf die Identität. Der Außengeleitete gibt die feste Charakterrolle des innengeleiteten Menschen auf und übernimmt dafür eine Vielfalt von Rollen, die er im geheimen festlegt und entsprechend den verschiedenen Begebenheiten und Begegnungen variiert. • Die Folge ist eine Verunsicherung darüber wer man wirklich ist. Das Individuum kann so keine Prinzipien ausbilden, nach dem das Individuum strukturiert handelt und nach dem es als Individualität identifiziert werden könnte. Durch das zeigen ver-schiedener Identität, je nach Situation, kann das Individuum nicht wirklich zeigen, wer er ist und was es wirklich kann. Demnach muss es sein eigenes Können stets danach messen, was die anderen sagen. • Die latente Angst darf bei dem Außengeleiteten Menschen nicht außer Acht gelassen werden: ständige Angst, dass das, was man heute gelernt hat morgen bereits als falsch o-der überholt erklärt wird. • Außenleitung ist in die Bedingungen der Moderne eingewoben • Nach der These der Außenleitung besteht Identität in einem ständigen Neuarrange-ment sozialer Identitäten (-->Mead).
- Welche These vertritt Goffman in seinem Buch "Wir alle spielen Theater"? Erving Goffman „Wir alle spielen Theater“, These: In dem Augenblick, wo wir vor anderen Menschen in Erscheinung treten, versuchen, den Eindruck den sie über uns haben oder haben sollen unter Kontrolle bringen wollen. war bekannt für sein „impression management“ . Mit dem impression management ver-sucht der außengeleitete Mensch die Bloßstellung vor anderen zu vermeiden
- Welche zentralen Begriffe von der Analyse des Schauspiels verwendet Goffman zum Erklären der Identität ("Wir alle spielen Theater")? zentrale Begriffe: Interaktion, Darstellung, Rolle Interaktion: Der wechselseitige Einfluss von Individuen untereinander auf ihre Handlungen Darstellung: Alle Tätigkeiten, mit denen ein Individuum die anderen Beteiligten in einer Situation beeinflusst Rolle: das Handlungsmuster, das sich während einer Darstellung entfaltet. Goffman geht es nicht darum, ob die Darstellung wahr, falsch, gut oder schlecht ist, sondern wie sie ge-macht wird und was alles passiert.
- Was fällt (nach Goffman, "Wir alle spielen Theater") dem Soziologen bei der Darstellung als erstes auf? Die Fassade--> so nennt Goffman das Ausdrucksrepertoire, mit dem das Individuum ver-sucht sein Publikum zu bestimmen. Zu der Fassade gehört das Bühnenbild, das beispiels-weise eine Wohnung oder ein Cafe sein kann. Die persönliche Fassade--> Statussymbole, Kleidung, Geschlecht, Körperhaltung, Art zu sprechen Die soziale Fassade--> soziale Erwartungsmuster, die mit einer bestimmten Rolle ver-bunden sind (Verhalten eines Arztes, Mutter)--> eigene Vorstellung und die der anderen Voraussetzung für das Erkennen der Fassaden: Zur Identitätspräsentation gehört, dass man das richtige Publikum wählt, ihm das Richtige bietet und dass man den Eindruck, den man macht, auch kontinuierlich kontrolliert Wenn das Publikum die Darstellung falsch interpretiert, hat das Individuum wenig Chance, seine soziale Identität wieder zu reparieren. wenn kontinuierlich unverständliche Signale gezeigt werden, unterbricht irgendwann die Kommunikation
- Mit welcher Strategie kann die soziale Identität neu definiert werden (nach Mead "Wir alle spielen Theater"? • eine Strategie, die soziale Identität neu zu definieren, ist die Strategie der Rollendistanz.• Die Rollendistanz ist die Kompetenz souverän mit einer Rolle umgehen zu können. • Man will zeigen, dass man noch anderes und mehr ist als in der Rolle erwartet und ermöglicht wird
- Welche These vertritt Anselm Strauss bezüglich der Identität? These von Anselm Strauss--> Identität hängt davon ab, wie sich das Individuum vor Anderen präsentieren möchte und wie es sich von den Anderen eingeschätzt glaubt. Strauss (1959): „Jeder präsentiert sich Anderen und sich selbst und sieht sich in den Spiegeln ihrer Urteile. Die Masken, die er der Welt und ihren Bürgern zeigt, sind nach seinen Antizipationen ihrer Urteile geformt.“ Identität entsteht also vor anderen Menschen, in bestimmten Situationen und unter konkre-ten gesellschaftlichen Bedingungen. Identität ist nicht nur persönliche, sondern auch soziale Geschichte. Auf der „Suche nach Identität“ betrachten wir die Anderen als Spiegel, die das Bild, das wir gerne von uns vermitteln möchten, reflektieren. Die Erwartungen anderer werden in der Organisation der eigenen Handlung inte-griert, indem ihre Antworten antizipiert werden oder gedanklich in den Handlungsprozess einbezogen werden, ob sie da sind oder nicht (Was würde sie dazu sagen?). Wir setzen entsprechend Masken auf, mit denen wir zeigen, wer wir unter ihren Erwartungen sein wollen. Masken sind Symbole unserer Identität.
- Was versteht Strauss unter „Status“? Und welchen Einfluss hat sie (nach Strauss) auf die Identität? nach Strauß ändert sich in den Interaktionen die Stellung. Die Stellung ist der Status. • Der Status hat viele Facetten, Strauss spricht von Facettenarten. In derselben Situation kann nacheinander oder gleichzeitig in unterschiedlichen Statusarten gehandelt werden (bewusst o. unbewusst). • Beispiel: Neue Nachbarn/Anfang eines Abendessens. Man spielt die Rolle des freundli-chen, wohlwollenden, neugierigen und allwissenden Nachbarn. • In einer sozialen Gruppe lässt fällt der Status besonders auf und diese bleiben auch für ei-nen längeren Zeitraum erhalten (wird man nicht schnell los)--> dadurch entsteht ein Sta-tuszwang. Man kann sich selbst schwer vom Status lösen, wenn man viele Jahre etwas zu-geschrieben bekommt.
- Welchen Einfluss hat die soziale Identität auf die persönliche Identität? Das Individuum kann sozial verortet werden. Sozial verortet werden Menschen durch be-stimmte soziale Definitionen, z.B. Mann, Flüchtling, Mauerblümchen. Mit solchen Etikettierungen ist die Erwartung verbunden, dass die so bezeichnete Person ein bestimmtes, konsistentes Verhalten zeigt. Man selbst kann sich auch einen bestimmten Status geben, wenn entsprechende Verhaltensweisen gezeigt werden, die den anderen gegenüber gezeigt werden soll. Masken und Spiegel bedingen sich gegenseitig.
- Worin zeichnet sich nach Ralph Linton die zugeschriebene und erworbene Identität aus? Linton fragt, wie es überhaupt zu einem sozialen Status kommt: er unterscheidet zwischen einem zugeschriebenen und erworbenen Status zugeschriebene Status: resultiert aus kulturellen Annahmen über die Bedeutung von Alter, Geschlechter, Herkunft und ähnlichem Beispiel: Ein Beispiel für den Effekt eines zugeschriebenen Status ist die Erwartung, dass ein Kind „aus gutem Haus“ auch bessere Leistungen in der Schule erbringt. Experiment --> man hat Lehrern Kindern zugeteilt, von denen es hieß, sie hätten in einem Leistungstests besonders gut bzw. besonders schlecht abgeschnitten, was nicht stimmte. Als man nach einem halben Jahr ihre Leistungen überprüfte, entsprachen diese der Vorhersage. der zugeschriebene Status ist Teil der sozialen Identität, denn Zuschreibungen verorten und bewerten das Individuum und definieren durch entsprechende Erwartungen an sein Verhalten auch das Bild, das es von sich selbst hat oder haben sollte (z.B. die damalige Rollenerwartung einer Frau oder Mann). erworbene Status: beruht auf individuelle Leistung. Auch die individuelle Leistung unterliegt sozialen Bewertungen. Wenn nämlich eine Person etwas Besonderes geleistet hat und eine soziale Gruppe die Leistung als unsinnig bewertet, dann sich die Leistung erheblich. Dadurch wird kenntlich, dass auch die individuelle Leistung soziale Anerkennung benötigt und erst durch die Erfahrung der sozialen Bewertung wird der erworbene Status Teil der sozialen Identität.
- Wie entsteht ein Stigma (Goffman)? Die Gesellschaft gibt uns vor nach welchen Kriterien wir Menschen einordnen und gibt die Attribute vor, die ein Mensch besitzen muss, um als „normal“ eingeordnet werden zu können. Mit diesem Schema werden andere Menschen nicht nur charakterisiert, sondern da-raus ergeben sich auch „berechtigte“ Erwartungen ab, welche soziale Merkmale der Mensch haben soll (wie Aussehen, Herkunft, Interessen und Verhalten). Fehlt ein solches Merkmal oder ist es nach den Maßstäben der „Normalität falsch, entsteht ein Makel der sozialen Identität, welches Goffman Stigma nennt.
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- Was versteht Goffman unter Stigma? • Goffman versteht das Stigma Attribute, die in irgendeiner Form die Identität des Indivi-duums schädigen (diskreditierenAnsehen/Ruf schädigen).• Beispiele für Stigmata: Hautfarbe, fehlende Bildung, Herkunft, ungewöhnliche Neigungen• Es gibt keinen Makel an sich, sondern ein Makel ist immer nur das, was als solcher von au-ßen definiert wird. Erst durch die soziale Reaktion wird das Merkmal eines Individuums zum Makel• Durch die Stigmatisierung wird der Person eine ganz bestimmte soziale Identität auf-gezwungen, die nicht unbedingt mit dem Verhalten des Menschen in Verbindung gesetzt wird, sondern hauptsächlich mit dem angenommenen Makel. Grund: Der Makel überstahlt jede andere Facette der sozialen Identität (Halo-Effekt). Das Stigma wird zum Identi-tätsträger.
- Was verstehet Goffman unter „Stigmamanagement“? Die Anstrengungen mit den Zuschreibungen fertig zu werden oder die Anstrengung den Ma-kel zu vertuschen nennt man Stigmanagement Form eines Stigmamanagement: Im ersten Management versucht das Individuum, das ein Makel an sich erkannt hat, die eigene soziale Identität durch Korrekturen an sich selbst zu verbessern, z.B.: Schönheitsoperationen, heimliche Nachholen des Schulabschlus-ses. Die Person versucht sich an die Normalität anzupassen, indem sie sich normale Attri-bute zulegt. Dies bringt allerdings nichts, wenn die Korrekturen vom Publikum nicht akzep-tiert werden. Form eines Stigmamanagement: Auch hier wird versucht sich an die Standards der Normalität anzupassen, indem bestimmte Merkmale (Tattoos, Interessen) verborgen oder kaschiert werden. Es entstehen Strategien wie das Kontrollieren von Informationen, Notlü-gen, Abstreiten oder komplexe Strategie wie die Scheinidentität. Form eines Stigmanagement: in der 3 Form versuchen Diskreditierte nicht die sozialen Etiketten zu akzeptieren, sondern versuch sogar die Etiketten zu korrigieren. Hierbei wird der Makel für sich oder andere in ein normales Verhalten neu definiert. Die Betroffe-nen versuchen nicht nur eine eigene Normalität zu definieren, sondern auch die soziale Akzeptanz herbeizuführen. Sie versuchen nicht nur die zugeschriebene soziale Identität (soziale Erwartungen) außer Kraft zu setzen, sondern sie übernehmen somit auch die Defi-nitionsmacht. Beispiel: eine hinkende Person, die mit Tennis spielt oder die Beschwerde, dass ein Mensch im Rollstuhl sich in der Schlange vordrängelt. Zwei Strategien der Ge-gendefinitionen kommen zum Tragen. Die erste Strategie wird das Makel offenbart und er-klärt, dass man unter dem Makel leidet und es wird nach Verständnis oder sogar Schutz ge-sucht. In der zweiten Strategie definiert man den sozialen Makel als etwas Normales, be-kennt sich also nicht zum Makel, sondern hebt sich ausdrücklich in seiner persönlichen Iden-tität hervor. Auf diese Weise werden die Anderen gezwungen, über die Vorurteile zu ste-hen. Dadurch beginnt die bestehende Definitionsmacht zu schwanken.
- Welche identitätsfordernden Fähigkeiten benötigt das Individuum nach Lothar Krappmann? Lothar Krappmann: Individuen arbeiten ständig an ihrer Identität und versuchen sie ständig neu zu konstruieren, um aus sozialen Erwartungen nicht herauszufallen und Anerkennung zu erhalten. Das mühevolle Balancieren zwischen Erwartungen, Zuschreibungen, Interessen und Sehnsüchten entspringt aus der Not, seinen Platz in einer widersprüchlichen, sich wandelnden Gesellschaft zu bestimmen. Nach Krappmann kann man sich trotz des Aufwandes Keine Identität schlussendlich sichern, sondern lediglich, sich trotz einer immer problematischen Identität die weitere Beteiligung an Interaktionen sichern. • Um dies ausführen zu können, benötige man nach Krappmann identitätsfördernde Fä-higkeiten. Diese wären:1. Die Fähigkeit die Rollenerwartungen bis zu einem bestimmten Maße in Frage zu stellen in Form der Rollendistanz (von Goffman).2. Die Fähigkeit sich in die Situation des Partners hineinversetzen zu können und zu verstehen in Form von Empathie (nach George Mead)3. man muss aushalten, dass Rollen zweideutig sind und die Motivationsstrukturen einander widerstreben, weshalb nicht alle Bedürfnisse in jeder Situation befriedigt werden können. Diese Fähigkeit nennt Krappmann Ambiguitätstoleranz .4. Die Fähigkeit zu zeigen wer man ist, also anderen die eigene Identität zeigen zu können und eine Kontinuität der Biografie zu zeigen nennt Krappmann Identitätsdarstellung
- Was versteht Krappmann unter „Ich-Identität“? Krappmann definiert Identität als Balance zwischen persönlicher Identität (mit biogra-fischer Einzigartigkeit, vergleichbar mit dem I von Mead) und sozialer Identität (Reakti-on auf Erwartungen, vergleichbar mit me von Mead). Diese balancierende Identität nenn Krappmann Ich-Identität. Ich-Identität: o Fähigkeit zeigen zu können, wer unter normalen Erwartungen ist. o ein Bewusstsein über die eigene Geschichte zu habeno Ich-Identität ist kein fester Besitz des Menschen, weil sie Bestandteil des Interak-tionsprozesses ist. In jedem Interaktionsprozesses, unter verschiedenen Erwartungen und die ständige verändernde Lebensgeschichte des Individuums muss die Identität neu formuliert werden. Die Identität wird also in der konkre-ten sozialen Organisation des Lebens balanciert.
- Was ist Krappmanns Anliegen mit dem Konzept der balancierten Identität? • Der Identitätsbegriff hat eine gesellschaftliche Dimension• Krappmann fordert, dass der Raum, in dem Interaktionen stattfinden mit kreativen Normen verändert werden kann. Hier soll das Individuum in der Lage sein können, die nicht überein-stimmenden Normen überschreiten zu können• Doch die Chancen, Identität gegen die Erwartungen zu behaupten, sind in einem gegebenen System sozialer Ungleichheit nicht gleich, was Krappman veranlasste, Chancengleichheit im Bildungssystem herzustellen und in der Schule auch Kindern aus benachteiligten sozialen Milieus die Grundqualifikation zur Interaktion zu vermitteln, die man braucht um eigene Bedürfnisse in Handlungssituationen einbringen zu können und Identität zu gewinnen.
- Wie definieren Berger, Berger & Kellner die Identität in der modernen Gesellschaft? • Peter Berger, Brigitte Berger & Hansfried Kellner behaupten, dass die Identität heute prob-lematisch sei und dass es eine Krise der modernen Identität gebe.• Früher Gesellschaften lebten alle in der gleichen „Welt“• In der modernen Gesellschaft vervielfältigt die Arbeitsteilung die sozialen Rollen, und die Liberalisiserung der Weltanschauung und Rationalitäten gibt Raum für eine Fülle von Hand-lungsoptionen• Die Pluralisierung ermöglicht im Alltag jeden Tag neu eine Vielzahl an Handlungsmöglich-keten. Dadurch kann das eigene Leben nicht mehr langfristig geplant werden.• Berger, Berger und Kellner stellen sich nun die Frage, welche Implikationen das für die Iden-titä in der modernen Gesellschaft hat. Mit Identität meinen sie die tatsächliche Erfahrung des Ich in deiner bestimmten sozialen Situation bzw. die Art und Weise, in der das Individu-um sich selber definiert. Der Lebensplan ist eine Quelle der Identität und umgekehrt kann man auch die Identität in der modernen Gesellschaft als Plan definieren. • Somit ist Identität eine fortlaufende Konstruktion
- Welche vier Kennzeichen definieren die moderne Identität nach Berger, Berger und Kellner? 1. Die moderne Identität kann als besonders offen beschrieben werden, wobei die Offen-heit im Sinne der Außenleitung zu verstehen ist (David Riesmans). In gewisser Weise ist je-der Mensch, wenn er mit anderen Menschen außengeleitete, sobald er mit anderen zu-sammenlebt, da keiner Insel ist. o Neu ist die Vervielfältigung der Anerkennungschancen, o die Vielfalt der Rollen, die sie spielen müsseno die objektive Fähigkeit zu Transformationen der Identität und die Bereitschaft zur Transformationo Wie der Mensch selbst seine Identität unabgeschlossen und offen hält, so tun es auch die Anderen: Auch sie definieren seine soziale Identität immer wieder neu2. Die moderne Identität ist besonders differenziert, was mit der Pluralisierung der Le-benswelt und der Vielfalt der Rollen zusammenhängt, mit denen der moderne Mensch kon-frontiert ist.o Für das Individuum wird die Selbsterfahrung zunehmend realer, weshalb es mehr den Halt in sich als außerhalb seiner selbst sucht.o Die Wirklichkeit wird differenzierter und komplexer, wodurch das Individuum keinen Halt in der Wirklichkeit findet.o Der fortlaufende Wandel und die Unabgeschlossenheit der Identität führen zu einer permanenten Identitätskrise entwickelt.3. Aus der Tatsache, dass die moderne Identität angesichts der Relativität der vielen sozialen Welten immer differenzierter wird ist sie besonders reflexiv.4. Die Identität ist besonders individuiert (individuell).
- Was versteht man allgemein unter Identität? Identität als Vorstellung, wer wir sind, und als Erfahrung, dass wie wird von den Anderen in einer bestimmten Weise wahrngenommen werden ist eine lebenslange Konstruktion Unsere Vorstellung von uns selbst--> personale Identität das Bild der anderen, mit denen wir es zu tun haben, und deren Bild von uns wir verarbeiten --> soziale Identität