Organisationspsychologie (Fach) / 8. Teamarbeit + 9. Konflikte in Organisationen (Lektion)
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8. + 9. Foliensatz
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- Gruppenarbeit... ...wird immer wichtiger und ist heute die häufigste Form organisationaler Zusammenarbeit.
- Funktionen von Gruppenarbeit in Organisation (3) Koordinationsfunktion: Gruppen koordinieren Arbeit versch. Teilbereiche und tragen dadurch zur reibungslosen Zusammenarbeit bei Repräsentationsfunktion: in wichtigen Gruppen, bspw. Projektgruppen, sind normalerweise alle wichtigen Interessengruppen des Unternehmens vertreten Verantwortungsfunktion: für kritische Entscheidungen, z.B. Restrukturierung, werden häufig Gruppen gebildet, die Vorschläge erarbeiten, wodurch die Verantwortung für die Folgen auf mehrere Schultern verteilt wird
- Definition: (Arbeits-)Gruppe Keine einheitliche Definition, jedoch zentrale Merkmale für (Arbeits-)Gruppe und Teams (Verwendung synonym: Eine Gruppe ist: eine Mehrzahl von Personen, die über längere Zeit in direktem Kontakt stehen, wobei sich Rollen ausdifferenzieren, gemeinsame Normen entwickelt werden und Kohäsion, d.h. ein Wir-Gefühl, besteht (Rosenstiel & Nerdinger, 2011)
- Wie groß sind Gruppen? (1) Untergrenze: meist 3 Personen, da sich hier erst typische Gruppenprozesse beobachten lassen, wie z.B. Mehrheitsbildungen Koalitionen Wechsel von Koalitionen Obergrenze: schwierig zu bestimmen, i.d.R. durch die Leitungsspanne (Zahl der MA, die einer FK direkt unterstellt sind) festgelegt Meister in Produktion kann eine Gruppe aus 30 gering qualifizierten führen Bankmanager, der Gruppe aus Spezialisten für Finanzierungsinstrumente führt, kann mit mehr als 6 MA schon überfordert sein
- Wie groß sind Gruppen? (2) In Problemlöse- und Entscheidungsgruppen fünf Personen optimal: finden noch leicht Kompromisse ermöglichen allen Mitgliedern Möglichkeit, sich an der Diskussion zu beteiligen mehr Zufriedenheit Gesamtergebnis von allen Mitgliedern mitgetragen
- Gruppenentwicklung über die Zeit (Tuckman, 1977) Abb. 14 Forming - Storming - Norming gegenseitiges Kennenlernen, Etablierung grundlegender Abläufe Konkurrenz um Status, Feindseligkeiten, Formierung von Koalitionen Entwicklung interner Normen und Werte, Teamgeist Performing zielorientierte Zusammenarbeit, Fokus auf Erfolg und Leistung Adjourning Auflösen der Gruppe, nachdem sie ihren Zweck erfüllt hat - heute: abgegrenzte zeitliche Abschnitte relativer Stabilität ohne lineare Ordnung - Gruppenentwicklung lässt sich nicht als feste Abfolge von Stufen oder Aktivitäten kennzeichnen
- Direkter Kontakt - direkter Kontakt zwischen allen Mitgliedern (MG) muss zumindest prinzipiell möglich sein - hat sich Gruppe gebildet, finden sehr viel mehr Kontakte der Gruppenmitglieder (GMG) untereinander als mit anderen Personen statt - in Kommunikation von Angesicht zu Angesicht: entfalten sich Beziehungen zwischen den GMG werden Fragen von Macht und Einfluss ausgehandelt klären sich Sympathie und Antipathie
- Rollendifferenzierung Rolle = erwartetes Verhalten in bestimmten für die Gruppe wichtigen Situationen in funktionierender Gruppe ergänzen sich Rollen gegenseitig bei Rollendifferenzierung wird vertikale von horizontaler Dimension unterschieden: Macht/Einfluss ("Hackordnung") (vertikal) Spezialisierung/Rollen (horizontal)
- Vertikale und Horizontale Achse Vertikale Achse (mehr vs. weniger) Status Macht Einfluss Horizontale Achse (Unterschiede) Spezialgebiete Rollen, z.B. Außenseiter oder Mitläufer
- Normen = Regeln für Verhaltensweisen, die in bestimmten Situationen (nicht) auftreten sollen Funktionen von Normen: Orientierung: Normen geben in unsicheren Situationen Hinweise, wie der Einzelne sich verhalten soll Selektion: aus prinzipiell unendlich großer Vielfalt von Verhaltensmöglichkeiten wähleb Normen einige aus, die in bestimmten Situation als sinnvoll erlebt werden Stabilisierung: durch Normen wird Verhalten der GMG stabil, sie sind Voraussetzung dafür, dass man in gegebener Situation auf bestimmtes Verhalten der anderen vertrauen kann Koordination: durch Normen wird Handeln der Mitgleder einer Gruppe aufeinander abgestimmt Prognose: ermöglicht Vorhersage, welches Verhalten in best. Situation wahrscheinlich auftreten wird
- Kohäsion Gruppenkohäsion = "Wir-Gefühl"; Ausmaß an wechselseitig positiven Gefühlen der GMG; abhängig davon: Motive der GMG Anreize, die die Gruppe bietet Erwartung der MG, dass Mitgliedschaft positive Resultate erbringt Vergleichsniveau der GM bzgl. anderer Gruppenmitgliedschaften
- Arbeitsgruppen bisherige Erläuterungen eher allgemen für Arbeitsgruppen darüber hinaus charakteristisch, dass sie eine oder mehrere Aufgaben zu bewältigen haben und dadurch zu Zielen einer Organisation beitragen Arbeit in Gruppen (Teamarbeit) hat Vor- und Nachteile
- Mögliche Vorteile 1: Informationsverarbeitung typisch für Gruppen: gemeinsame Lösung von Problemen oder die Entwicklung von Ideen aber: verglichen mit gleicher Anzahl von unabhängigen Einzelperson, sog. nominale Gruppen - produzieren Arbeitsgruppen nicht mehr, sondern weniger Ideen Vorteile: mehrere Gedächtnisse (= mehr Speicherkapazität + mehr Fehler erinnern und vermeiden) geteiltes Wissen = transaktives Wissen
- Mögliche Vorteile 2: Motivationsgewinne - in Gruppe können grundlegende menschliche Bedürfnisse nach Geselligkeit und Einflussnahme (Macht) befriedigt werden → generell mehr Spaß - darüber hinaus drei spezifische Motivationsgewinne: mere presence - Motivationsförderung allein durch die Anwesenheit anderer (vgl. social facilitation) social compensation - sich für eine schwache Gruppe aufopfern social labouring - das Gefühl, für die Gruppe zu arbeiten
- Social compensation Ein Mitglied versucht, die Schwächen anderer durch zusätzliche eigene Anstrengungen zu kompensieren. Tritt auf, wenn Person glaubt, dass ihr persönlicher Leistungsbeitrag die Fragestellung der Gruppenleistung beeinflusst andere nur ungenügend zu dem Ergebnis beitragen es wichtig ist, dass ie Gruppenaufgabe gut erledigt wird
- Social labouring social labouring = Identifikation mit der eigenen Gruppe, die zur Zunahme der individuellen Leistung führt tritt vor allem im Wettbewerb mit anderen Gruppen auf
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- Mögliche Probleme bei der Teamarbeit Arbeit im Team ist aufgrund der dort ablaufenden Prozesse (= Gruppendynamik) schnell sehr komplex Leistungen von Teams nicht leicht zu messen Führung von Gruppen ist schwieriger als die Führung einzelner MA Probleme der Informationsverarbeitung und Motivation: - Groupthink - Motivationsverluste im Team
- Groupthink "Denkmodus, in den Personen verfallen, wenn sie MG einer hoch kohäsiven Gruppe sind, wenn das Bemühen der GMG um Einmütigkeit, ihre Motivation, alternative Wege realistisch zu bewerten, übertönt." (Janis, 1972, S.9)
- WICHTIG Folien 26-Ende ausgedruckt!
- Konflikte: Definition und Ansätze sozialer Konflikt = aversives Erleben von Unvereinbarkeit im Miteinander zweier Parteien und sämtliche Reaktionen dieser Parteien auf erlebte Unvereinbarkeit organisationspsychologische Konfliktforschung umfasst zwei Bereiche: deskriptive Ansätze: Konflikte beschreiben und ordnen erklärende Ansätze: Prozesse der Konfliktaustragung und Folgen sozialer Konflikte
- Konfliktgegenstände (1/2) Aufgabenkonflikte basieren auf erlebter Unvereinbarket, die Bearbeitung einer gemeinsamen Aufgabe direkt betrifft aufgegliedert in Beurteilungskonflikte (task conflicts) und Prozesskonflikte (process conflicts) Beurteilungskonflikte (task conflicts) beruhen darauf, dass Ziele und andere Vorgaben, Randbedingungen oder (Zwischen-)Ergebnisse unterschiedlich interpretiert und beurteilt werden Prozesskonflikte (process conflicts) betreffen organisatorischen Aspekt der Zusammenarbeit Wer macht was? Wer ist wofür verantwortlich Wer darf wann auf welche Ressourcen zurückgreifen?
- Konfliktgegenstände (2/2) Beziehungskonflikte "relationship conflicts" haben nichts mit gemeinsamer Aufgabe zu tun hier sind Differenzen eher persönlicher Natur es geht um untersch. Temperamente oder allg. Werthaltungen, Stilfragen des Miteinanders etc.
- Soziale Konflikte in Gruppen Abb. 15
- Verteilugskonflikte Verteilungskonflikt Konflikt, der wegen Ansprüche mehrerer Parteien an begrenzte Ressourcen, die sich nicht gleichermaßen befriedigen lassen, entsteht
- Eskalation Konflikttypen lassen sich nur schwer auseinanderhalten: taktisches Verhalten: Stellvertreterkonflikte um Dinge, um die es eigentlich nicht geht oft eskalieren Meinungsverschiedenheiten zu emotional aufgeladenen Beziehungskonflikten
- Klassische Klassifikation der Verhaltensweisen im Konflikt (Van de Vliert & Janssen, 2001) Vermeiden bzw. Untätigkeit: sich zurückziehen, ignorieren, darauf hoffen, dass sich die Sache "von selbst" erledigen wird, etc. Sichanpassen bzw. Nachgeben: den Forderungen des Kontrahenten nachkommen, einseitige Zugeständnisse machen, sich unterordnen, etc. Kompromisseschließen: schrittweise die eigenen Forderungen reduzieren und den Verhandlungspartner drängen, dasselbe zu tun, Zugeständnisse erwidern, eine "50:50-Vereinbarung" anstreben, etc. Problemlösen bzw. Integrieren: kreativ nach Lösungen suchen, die geeignet sind, allen Seiten maximale Erträge zu bescheren Kämpfen bzw. Sichdurchsetzen: mit Bestrafung oder Rückzug drohen, sich auf unveränderliche Positionen festlegen, die Gegenseite falsch oder unvollständig informieren, Intrigen anzetteln, Koalitionen schmieden, etc.
- Ergänzende, neuere Klassifikation des Konfliktverhaltens Abb. 16
- Erklärende Ansätze: Konfliktverlauf Zwei Gruppen von Ansätzen zur Erklärung des Verlaufs sozialer Konflikte: Strukturorientierte Ansätze: Stabile Randbedingungen von Konflikten Organisationsstruktur Persönlichkeitsmerkmale der Kontrahenten Prozessorientierte Ansätze: Fokus auf die interaktionale Dynamik des Konfliktverlaufes zentrales Thema: Eskalation von Konflikten (ihre Intensivierung über die Zeit)
- Stufenmodell der Eskalation nach Glasl (1999) Abb. 17
- Eskalation Vergeltung: häufigste Form der Eskalation, Bestrafung der Gegenseite umso wahrscheinlicher, je mehr der Gegenseite unterstellt wird, sich absichtlich falsch verhalten zu haben (Attributionsprozesse) typisch: wechselseitige Kausalitätsumkehr; beide Parteien interpretieren das eigene Verhalten nur als Reaktion auf das absichtlich boshafte Verhalten der Gegenseite soziale Auswertung
- Verbindung von Struktur- und Prozesstheoretischen Ansätzen: Die Soziale Interdependenztheorie (Deutsch, 1973) Definition: soziale Interdependenztheorie postuliert, dass Verhalten der Konfliktparteien von der erlebten wechselseitigen Abhängigkeit (Interdependenz) ihrer Ziele beeinflusst wird sind Ziele gleichsinnig (positiv interdependent), so ist Wahrscheinlichkeit groß, dass Konflikt friedlich und konstruktiv beigelegt werden kann sind Ziele gegensätzlich (negativ interdependent), so ist Wahrscheinlichkeit groß, dass Konflikt feindschaftlich und eskalierend ausgetragen wird
- Die Soziale Interdependenztheorie strukturorientierter Aspekt: positive vs. negative Interdependenz ("Nullsummenspiel") prozessorientierter Aspekt: wahrgenommene Interdependenz setzt Interaktionsprozesse in Gang, in denen Parteien zunehmend reziprok aufeinander reagieren → kooperatives Verhalten wird durch kooperatives Verhalten beantwortet, kompetitives Verhalten provoziert kompetitives i.d.R. verfügen MG einer Arbeitsgruppe (AG) sowohl über positiv, als auch über negativ interdependente Ziele relative Stärke der erkebten pos. wie neg. Interdependenzbeziehungen entscheidend
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- Dual-Concern-Modell Definition: Dual-Concern-Modell postuliert, dass Verhalten der Parteien im Kontext eines sozialen Konflikts durch zwei Motive bestimmt werde: durch als Eigeninteresse bezeichnetes Selbstbehauptungsmotiv durch als Fremdinteresse bezeichnetes Unterstützungs- oder Kooperationsmotiv aus untersch. Kombinationen von Eigen- und Fremdinteresse resultieren fünf typische Verhaltensweisen im Konfliktverlauf: Vermeiden, Sichanpassen, Kompromisseschließen, Problemlösen und Kämpfen (Diagramm Abb. 18) Ausprägungsgrade des Eigen- und Fremdinteresses bestimmen Wahl des Konfliktverhaltens
- Kognitive Prozesse Conflict framing: Art und Weise, wie Konflikt wahrgenommen wird Conflict frame: individuelle Wahrnehmungsorientierung, die Informationssuche und -verarbeitung sowie Aktivierung relevanter Gedächtnisinhalte beeinflusst und auf diese Weise handlungsleitende Wirkung entfaltet emotional vs. intellektuell: emotionale Orientierung → Fokus auf Emotionen (Ärger, Eifersucht, Furcht, etc.), die Konflikt begleiten; intellektuelle Orientierung → Fokus auf Verhalten und Verhaltenskonsequenzen kooperativ vs. kompetitiv: kooperative Orientierung → Fokus auf Möglichkeiten, die Erträge beider Parteien zu maximieren; kompetetive Orientierung → Fokus auf Konflikt als Nullsummenspiel beziehungs- vs. sachorientiert: Beziehunsorientierung → Fokus auf guter Beziehung zur Gegenseite; Sachorientierung → Fokus auf materielle Aspekte des Konflikts
- Urteilsverzerrende Voreinstellungen (Bias) Anker-Effekte: von Initial gesetztem Ankerpunkt (z.B. Gehalt des Kollegen bei Gehaltsverhandlung) wird nur wenig abgewichen Fixed-Pie-Überzeugung: Gefühl, dass Gewinne der eigenen Partei Verluste für Gegenseite bedeuten - führt zu stark wettbewerborientiertem, wenig flexiblen Verhalten reaktive Abwertung: automatische Tendenz, Zugeständnisse oder Lösungsvorschläge der Gegenseite abzuwerten, ohne ihr integratives, d.h. beidseitig günstige Verhandlungsergebnisse ermöglichendes Potential zu erkennen
- Konfliktfolgen: Wohlbefinden und Arbeitszufriedenheit Spector und Jex (1998): Metaanalyse zu Auswirkungen der erlebten Konfliktintensität: Ängstlichkeit p = .36 Depression p = .38 Frustration p = .32 Arbeitszufriedenheit p = -.32 psychosomatische Beschwerden p = .26 Spector, Chen und O'Connell (2006): Ängstlichkeit/Frustration r = .35 Beschwerden r .38 De Dreu und Weingart (2011): Zufriedenheit p= - .26 (Aufgabenkonflikte) und p = - .54 (Beziehungskonflikte)
- Konfliktfolgen: Leistung von Teams und Arbeitsgruppen De Dreu und Weingart (2003): p = - .23 (Aufgabenkonflikte) und p = - .22 (Beziehungskonflikte) aber: Beurteilungskonflikte (task conflict) können auch pos. Einfluss auf Teamleistung haben insgesamt schein Einfluss von Konflikten auf Gruppenleistung von diversen moderierenden Größen abhängig zu sein
- Conflit-Outcome Moderated Model (Jehn & Bendersky, 2003): Moderatoren zwischen Konflikt und Leistung Abb. 19
- Präskriptive Ansätze zur Konfliktvermeidung: Verhandeln Verhandeln meint Beilegung eines Konflikts durch Austausch von Gegen- und Vorschlägen mit Ziel, eine von allen akzeptierbare Vereinbarung zu finden nehmen Verhandlungspartner Unterstützung einer neutralen Partei in Anspruch, so lässt sich von Mediation sprechen allparteilicher Mediator steuert Kommunikations- und Verhandlungsprozess mit Ziel, allseits zufriedenstellende Konfliktlösung herbeizuführen Entscheidungsmacht verbleibt bei Konfliktparteien
- Verhandlungstechniken Zwei Gruppen: Integrative Techniken zielen darauf ab, Menge der aufteilbaren Werte oder Ressourcen zu vergrößern und somit Win-win-Lösungen zu ermöglichen, bspw. durch Entbündelung Distributive Techniken verfolgen Ziel, Werte oder Ressourcen zu beanspruchen und möglichst viel von dem zu bekommen, was auf dem Verhandlungstisch liegt