Privatrecht 1 (Fach) / Vertragsschlusshindernisse - Unerlaubtheit (Lektion)
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Riedler 2010
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- Unerlaubte Geschäfte Alle Rechtsgeschäfte, die gesetzwidrig sind, also gegen im Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäftes existierende gesetzliche Ge- oder Verbote der gesamten Rechtsordnung verstoßen. Grundtatbestand: § 879 Abs 1 ABGB Rechtsfolge: Nach § 879 Abs 1 ABGB grundsätzlich nichtig
- Gesetzwidrigkeit liegt iSd § 879 Abs 1 nur vor, wenn gegen zwingende Vorschriften der Rechtsordnung vestoßen wird. Das Abweichen von dispositiven Normen durch Parteienvereinbarung ist gesetzlich zulässig.
- Nichtigkeit bei Gesetzeswidrigkeit iSd § 879 Abs 1 ABGB Nur anzunehmen, wenn: a) Nichtigkeit in verletzter Norm ausdrücklich normiert, b) Schutzzweck der verletzten Norm diese erfordert Inhaltsverbote/Verstöße gegen öffentliche Interessen: absolute Nichtigkeit Verstöße gegen NOrmen zum Schutz einer Partei: relative Nichtigkeit Verstöße gegen NOrmen, die Art und Weise des Zustandekommens des RG regeln: zivirlechtlich oftmals irrelevant Teilnichtigkeit: Überlegung, ob Schutzzweck der Norm die Nichtigkeit der gesamten Norm erfordert oder ob restlicher Teil gültig bleiben soll Es kommt nicht darauf an, ob die Parteien die Unerlaubtheit des Geschäftes kannten oder kennen mussten!
- Sondertatbestand des § 879 Abs 2 Z1-4 ABGB Z1 - Verbot entgeltlicher Ehevermittlung Z1a - Entgeltliche Vermittlung medizinisch unterstützter Fortpflanzung Z2 - An-sich-Lösen der Streitsache, Quota-litis-Vereinbarung Z3 - Veräußerung erhoffter Erbschaften Z4 - Wucher Rechtsfolge: jedenfalls Nichtigkeit
- Entgeltliche Ehevermittlung (Z1) Erfasst: Vereinbarungen über die entgeltliche Vermittlung des Zustandekommens einer Ehe Nicht erfasst: bloße Adressvermittlung von Heiratswilligen (Partnervermittlungsinstitute); Abschluss eines Vertrages über ein Zeitungsinserat in Sparte "Heirat"
- Entgeltliche Vermittlung medizinisch unterstützter Fortpflanzung Richtet sich v.a. gegen Vermittlung von Leihmutterschaften
- An-sich-Lösen der Streitsache (Z3) Ankauf der streitverfangenen Sache des Klienten durch den Anwalt
- Quota-litis-Vereinbarung (Z3) prozentuelle Beteiligung des Rechtsvertreters am ersiegten Betrag Erfolgshonorarvereinbarungen sind zulässig, wenn sie keine prozentuelle Beteiligung am ersiegten Betrag darstellen (zB 20 % Zuschlag zu dem im Rechtsanwaltstarifgesetz vorgesehenen Tarif)
- Veräußerung erhoffter Erbschaften (Z3) soll leichtsinnige Verfügungen durch den möglichen künftigen Erben verhindern
- Wucher (Z4) § 879 Abs 2 Z4 wird ergänzt durch das Wuchergesetz 1949 Relative Nichtigkeit bei kumulativem Vorliegen von: 1) Äquivalenzstörung zwischen Leistung und Gegenleistung, 2) Willensbildungsstörung des Bewucherten, 3) Ausbeuten der Lage des Bewucherten
- Äquivalenzstörung liegt vor, wenn Leistung und Gegenleistung im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in einem auffallendem Missverhältnis zueinanderstehen, welches nicht durch die besonderen Umstände des konkreten Falles gerechtfertigt ist Entscheidend ist das Missverhältnis bei Hauptleistungspflichten. Nicht erforderlich ist, dass sich Leistung und Gegenleistung in einem Wertmissverhältnis von 49 zu 100 verhalten (wie bei der laesio enormis). Ohne Äquivalenzstörung kommt Wucher nicht in Betracht
- Willensbildungsstörung liegt vor, wenn der Bewucherte gehindert war, die Äquivalenz der Leistungen aus der in § 879 Abs 2 Z4 genannten Gründe aus eigener Macht zu wahren Gründe: Leichtsinn, Zwangslage, Verstandesschwäche, Unerfahrenheit, Gemütsaufregung
- Leichtsinn Sorglosigkeit, die sich um künftige Bedrängnis nicht kümmert
- Geschäftliche Unerfahrenheit Vertragspartner ist mangels Lebenserfahrung und allgemeiner Geschäftskenntnisse verhindert, seine Interessen beim Geschäftsabschluss gehörig zu wahren Fehlen von bloß individuellen Branchenkenntnissen nicht ausreichend
- Zwangslage ist gegeben, wenn der Bewucherte nur die Wahl hat, den ungünstigen Vertrag einzugehen oder einen noch größeren Nachteil in Kauf zu nehmen Auch ausreichend, wenn Bewuchernder die selbstverschuldete Lage des Bewucherten ausnutzt
- Verstandesschwäche mangelnde geistige Fähigkeit, die Äquivalenz aus Eigenem zu wahren muss nicht soweit gehen, dass Geschäftsunfähigkeit vorliegt -> schließt die Lücke zwischen voller Geschäftsfähigkeit und voller Geschäftsunfähigkeit
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- Gemütsaufregung Zustand psychischer Erregung, der das ruhige Sondieren einer Situation hindert ist idR situationsbedingt vorübergehend und nicht wie Geschäftsfähigkeit anlage- oder unfallbedingt dauerhaft gegeben
- Ausbeuten der Lage des Bewucherten Der Bewuchernde muss die Situation zwar nicht herbeigeführt haben, sie aber vorsätzlich oder fahrlässig ausgenützt haben. Ausreichend, wenn der Bewuchernde die Lage des Bewucherten und das grobe Missverhältnis der Leistungen kannte oder hätte erkennen müssen Ausreichend: Selbstverschuldete Zwangslage, Putativzwangslage
- Putativzwangslage Der Bewucherte glaubt, in einer Zwangslage zu sein, der Bewuchernde nutzt dies aus.
- Rechtsfolgen des Wuchers Sind in den § 879 Abs 1 ABGB und WucherG widersprüchlich geregelt: Laut ABGB absolute Nichtigkeit, laut WucherG Nichtigkeit auf Anitrag des Bewucherten (relative Nichtigkeit) Geschäft ist nur unwirksam, wenn sich der Bewucherte auf Nichtigkeit beruft Bei Auflösung wegen Wucher wechselseitige Rückabwicklungspflicht, wenn Leistungen bereits erbracht wurden. Bewucherter muss die erbrachte Sache zurückstellen und erhält den bezahlten Preis zurück (er darf sie nicht zum Verkehrswert behalten). Kreditwucher: KSchG sieht Weitergeltung der vereinbarten Rückzahlungsfrist und Reduktion der Kosten auf das Zweifache des Diskontsatzes der Nationalabank vor (=Teilnichtigkeit) Ein Vorwegsverzicht auf die Geltendmachung von Wucher ist nach der Rsp unzulässig.
- Unerlaubtheit wegen Sittenwidrigkeit Rechtsgeschäfte sind sittenwidrig, wenn sie "im Widerspruche gegen das Rechtsgefühl aller billig und gerecht denkenden Rechtsunterworfenen" stehen. § 879Abs 1 ABGB: "Ein Vertrag, der gegen ... die guten Sitten verstößt, ist nichtig."