Klinische Psychologie Abschlussprüfung (Subject) / 6) Panikstörung (Lesson)
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Panikstörung ohne Agoraphobie
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- Definition und Beschreibung von Panikstörung Ein Patient mit einer Panikstörung leidet an plötzlichen (durch keine bestimmte externale Stimuli ausgelöst), unerklärlichen (situationsunabhängigen) wiederkehrenden Panikattacken (zeitlich umgrenzten Episoden akuter Angst). Diese sind gekennzeichnet durch Symptome wie Atemnot, Herzrasen, Übelkeit, Schmerzen oder Beklemmungsgefühle im Brustraum, Schwindel, Schwitzen, Zittern, Bennommenheit Die Angst kann sich in starker Besorgnis, panischer Angst oder in einem Gefühl drohenden Unheils äußern. Es kommt auch zu Gefühlen der Depersonalisation (Eindruck, sich selbst fremd zu sein) und Derealisation (Wirklichkeitsverlust), der Furcht, die Kontrolle oder den Verstand zu verlieren oder zu sterben. Panikattacken können mehrmals pro Woche oder mehrmals pro Tag auftreten. Sie dauern gewöhnlich Minuten und können in bestimmten Situationen (wie z.B. mit dem Auto im Stau stehen = situationsprädesponierende Attacken) oder völlig unterwartet auftreten. Eine Störung wird nur dann diagnostiziert, wenn solche Attacken wiederholt auftreten (mindestens 2mal) und der Betroffene Angst vor weiteren Attacken hat. Für die Diagnose einer Panikstörung muss im Anschluss an einen Panikanfall über mindestens einen Monatmindestens eines der folgenden Symptome auftreten: anhaltende Sorgen über das Auftreten weiterer Panikanfälle, Sorgen über die Bedeutung des Anfalls oder seiner Konsequenzen (z. B. die Kontrolle zu verlieren odereinen Herzinfarkt zu erleiden), deutliche Verhaltensänderungen infolge der Anfälle. Tritt neben den Panikanfällen auch Vermeidungsverhalten auf, wird nach dem DSM-IV-TR eine Panikstörung mit Agoraphobie diagnostiziert. Lebenszeitprävalenz für Panikstörung: 3 – 4% (Wittchen). Lebenszeitprävalenz für Panikattacken: 9% Frauen haben ein zweifach höheres Erkrankungsrisiko. Beginn meist im frühen Erwachsenenalter (meist zwischen Spätadoleszens und dem 4. Lebensjahr) Nur ein geringer Anteil an Personen, die gelegentliche Panikattacken erleben, entwickelt auch eine Angststörung.
- DSM Kriterien für einen Panikanfall Eine klar abgrenzbare Episode intensiver Angst und Unbehagens, bei der mindestens vier der nachfolgend genannten Symptome abrupt auftreten und innerhalb von 10 Minuten einen Höhepunkt erreichen: 1. Palpitationen, Herzklopfen oder beschleunigter Herzschlag 2. Schwitzen 3. Zittern oder Beben 4. Gefühl der Kurzatmigkeit oder Atemnot 5. Erstickungsgefühle 6. Schmerzen oder Beklemmungsgefühle in der Brust 7. Übelkeit oder Magen-Darm-Beschwerden 8. Schwindel, Unsicherheit, Benommenheit oder der Ohnmacht nahe sein 9. Derealisation oder Depersonalisation10. Angst, die Kontrolle zu verlieren oder verrückt zu werden11. Angst zu sterben12. Parästhesien (Taubheit oder Kribbelgefühle)13. Hitzewallungen oder Kälteschauer
- DSM IV Kriterien für eine Panikstörung A. Sowohl (1) als auch (2).1. Wiederkehrende unerwartete Panikanfälle.2. Bei mindestens einer der Attacken folgte mindestens ein Monat mit mindestens einem der nachfolgend genannten Symptome:a) anhaltende Besorgnis über das Auftreten wei-terer Panikanfälle,b) Sorgen über die Bedeutung der Anfälle oder ihre Konsequenzen (z. B. die Kontrolle zu ver-lieren, einen Herzinfarkt zu erleiden, verrückt zu werden),c) deutliche Verhaltensänderung infolge der At-tacken. B. Es liegt keine Agoraphobie vor. C. Die Panikanfälle gehen nicht auf die direkte körper-liche Wirkung einer Substanz (z. B. Droge, Medika-ment) oder eines medizinischen Krankheitsfaktors (z. B. Hyperthyreose) zurück. D. Die Panikanfälle werden nicht besser durch eine an-dere psychische Störung erklärt.
- Kognitive und psychophysiologische Modelle der Panikstörung Sowohl kognitive als auch psychophysiologische Modelle der Panikstörung gehen von einem Aufschaukellungsprozess zwischen physiologischen und kognitiven Vorgängen während einer Panikattacke aus: es besteht dabei eine positive Rückkopplung zwischen körperlichen Symptomen, deren Assoziation mit Gefahr und der daraus resultierenden Angstreaktion. I. Kognitives Modell des Panikanfalls von Clark (1986): ein Teufelskreis der Angst: interner/externer Reiz (Stressor) Körperliche oder psychische Veränderungen Wahrnehmung der Veränderung Assoziation der Veränderung mit Gefahr Angst/Panik Weitere physiologische und kognitive Veränderungen, etc. → ein schneller Rückkopplungsprozess, der mehrmals durchlaufen kann II. Psychophysiologische Modell der Panikstörung nach Ehlers und Margraf = ein Diathese-Stress-Modell der Panikstörung Es wird angenommen, dass eine individuelle biologische und dispositionelle Diathese dahin gehend besteht, auf Belastungen stark bzw. bevorzugt mit Erregungsanstieg und Hyperventilation zu reagieren sowie körperliche Veränderungen sensibel wahrzunehmen. Zusätzlich tragen situative Faktoren zur Entstehung bzw. Beschleunigung des Aufschaukelungsporozesses („Teufelskreis“) bis hin zur Panik bei. Zentrale psychologische Prozesse sind die Wahrnehmung von Angstsymptomen (somatisch, kognitiv), die Attribution mit Kontrollverlust und Gefahr das sich meist anschließende Flucht und Vermeidungsverhalten (z.B. Hilfe rufen, Medikamente nehmen, Weglaufen). Dieser Aufschaukeungsprzess kann an jeder Stelle beginnen, also bei den Stressoren, bei den zufälligen körperlichen Veränderungen, der Atemnot oder anderen Symptomen oder bei den Gefahrengedanken. Hier wird das nachlassen des Panikanfalls durch negative Rückkoppelungsprozesse (Wahrgenommene Verfügbarkeit von Bewältigungsmöglichkeiten (Vermeiden, Hilfe Suchen, Reattribuieren, Ablenken) oder Habituation,Ermüdung) erklärt. Diese können an jeder Stelle des Modells einsetzen. Angstmodulierende Faktoren, die auf den Rückkopplungsprozess wirken: momentane physiologische und psychische Zustände momentane situative Faktoren längerfrisitge situative Einflüsse Prädisposition Interozeptionsfähigkeit Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Modelle Modell von Clark • Modell des Panikanfalles • Kognitives Modell Modell von Ehlers et al. • Schon ehr Modell der Panikstörung • Rückkopplungsfaktoren wichtig dabei (Beendigung des Prozesse)
- Lerntheoretisches Modell der Panikstörung nach Bouton, Mineka und Barlow (2001) Grundannahme: Panikstörung entsteht durch die Konditionierung zwischen Angst und internen/externen Reizen. Dabei wird vor allem die Konditionierung von Emotionen berücksichtigt. Für die Anfälligkeit eines Individuums für die Konditionierung einer Panikstörung werden 3 Gruppen von Vulnerabilitätsfaktoren postuliert: · Unspezifische biologische Vulnerabilitätsfaktoren: biologische Prädisposition auf negative Lebensereignisse mit Emotionalität, negativer Affektivität und vielleicht falschen Alarm (Panikanfall) zu reagieren Unspezifische psychologische Vulnerabilitätsfaktoren:Frühkindliche Erfahrungen mit Unvorhersehbarkeit und Unkontrollierbarkeit, z.B. Überhütung der Eltern, führen dazu, dass die Selbstkontrolle der Bewältigung von negativen Ereignissen als niedrig eingeschätzt wird. Man lernt nicht, wie man mit Angst oder mit einem Panikanfall umgeht. · Spezifische psychosoziale Vulnerabilitätsfaktoren:Werden durch Modell- und operante Konditionierung vermittelt. Die Wahrscheinlichkeit der Konditionierung von Panikstörungen steigt, wenn Kinder von Panikpatienten Panikanfälle beobachten und lernen, dass körperliche Symptome lebensbedrohlich sind Diese 3 Vulnerabilitätsfaktoren spielen auf komplexe Weise zusammen und führen zu einer Panikstörung
- Risikofaktoren für die Entstehung einer Panikstörung · genetische Faktoren: o Behavioural Inhibition (Vermeidungsverhalten): Temperamentmerkmal wird genetisch weitervererbt, wie man auf neue Situationen und Personen zugeht und reagiert: Zurückgezogenes, schüchternes Verhalten prädisponiert für eine Entwicklung einer Angststörung. o Biologische Risikofaktoren: Auffällige Noradrenalinaktivität bei Menschen mit Panikattacken. Auffällige Noradrenalinaktivität im Locus coeruleus (Region im Gehirnstamm) § nachgewiesen durch Experimente an Affen: elektronische Reizung oder chirurgische Schädigung von Neuronen, die Noradrenalin ausschütten § nachgewiesen durch Experimente an Menschen: Verabreichung der Substanz Yohimbin verändert Noradrenalinaktivität und löst Panik aus. o Kognitive Risikofaktoren: § Angstsensivität: Trait-Merkmal zur Erklärung von Angststörungen. Die Überzeugung, dass Angst und die Angstsymptome (vor allem körperliche) zu einer schädigenden körperlichen, psychischen, sozialen Konsequenz führt, die über das Unbehagen während einer Panikattacke hinausgeht § Kognitive Verzerrungen (cognitive bias): ü Information bias: Neigung angstrelevante Reize als bedrohlich zu interpretieren ü Attention bias: Neigung, die Aufmerksamkeit selektiv auf bedrohliche Reize zu lenken ü Memory bias: Neigung, sich nur an bedrohliche Reize besser zu erinnern. o Weitere spezifische Risikofaktoren § Krankheitserfahrungen in der Kindheit § Trennungsangst bzw. Verlust von wichtigen Bezugspersonen
- Orientierungsfragen zu Panikanfällen Panikanfälle Kommt es vor, dass Sie ganz plötzlich einen An-sturm intensiver Angst, Furcht oder das Gefühl in-tensiven Unbehagens spüren? Entstanden diese Gefühle manchmal »wie aus hei-terem Himmel«, ohne erkennbaren Grund oder in Situationen, in denen Sie nicht erwartet haben, dass sie auftreten? Wie lange dauert es gewöhnlich, bis der Panikanfall seinen Höhepunkt erreicht?
- Orientierungsfragen zu Panikstörung Erleben Sie mindestens vier Symptome, die abrupt auftreten und innerhalb von 10 Minuten ihren Höhepunkt erreichen? (Herzrasen, Schwitzen, Zittern, Gefühl der Kurzatmigkeit, Erstickungsgefühle, Schmerzen in der Brust, Übelkeit, Schwindel, Gefühl der Unwirklichkeit, Angst, die Kontrolle zu verlieren oder verrückt zu werden, Angst zu sterben, Taubheit, Hitzewallungen oder Kälteschauer) Haben Sie sich im Anschluss an einen Panikanfall über mindestens einen Monat hinweg Sorgen gemacht, dass Sie weitere Panikanfälle haben könnten oder Ihr Verhalten bzw. Ihren Lebensstil geändert?
- Therapie von Panikstörungen Bei Patienten mit Panikattacken stehen die Exposition an körpereigene Signale (z.B. beim Hyperventilationstest) sowie kognitive Umstrukturierung als therapeutische Verfahren im Vordergrund. Da bei Patienten mit Panikanfällen körperinterne Reize als Angstauslöser fungieren, werden kognitive Behandlungsprogramme zur Therapie verwendet, die gezielt an den störungsspezifischen Fehlinterpretationen ansetzen. Die meisten Ansätze kombinieren die Konfrontation mit internen Reizen (besonders körperlichen Symptomen) mit der Vermittlung von Strategien zur Bewältigung von Angst und körperlichen Symptomen und kognitiven Methoden, die auf eine veränderte Interpretation der ursprünglich als bedrohlich erlebten Angstsymptome abzielen. Die Therapie besteht aus den Komponenten Informationsvermittlung (Erkennen der wahren Gründe für die körperlichen Empfindungen und ihrer Missinterpretation), kognitive Therapie, Erlernen des Umgangs mit der Angst, Coping-Strategien, Überprüfung und Korrektur der Fehlinterpretationen körperlicher Symptome Konfrontation mit angstauslösenden Reizen, kontrollierte Provokation der Panikempfindungen und Trainieren der Bewältigung; Verhaltensexperimente Rückfallprophylaxe nach Therapie wichtig (der Patient wird auf mögliche Fluktuationen im Angstniveau vorbereitet und dazu angehalten mögliche Rückfälle nicht als Katastrophe nach dem Prinzip "alles oder nichts" zu sehen; Erklärung des Diathese-Stress-Modells hilfreich) Grundprinzip der Therapie ist es, nicht nur die Angst der Patienten zu reduzieren, sondern ihnen Fertigkeiten und Strategien zu vermitteln, die sie auch ohne Therapeuten selbstständig einsetzen können. Medikamentöse Therapie · Antidepressiva (sind wirksam unabhängig davon, ob Panikstörung von depressiven Symptomen begleitet ist oder nicht) · Benzodiazepine: Alprazolam (aber ein hohes Abhängigkeitspotenzial und Rückfallsrisiko nach Absetzen)
- Biologisches Modell der Panikstörung Genetische Studien zeigen eine höhere Rate der Panikstörungen bei den Verwandten ersten Grades von den Betroffenen sowie höhere Konkordanzraten bei den eineiigen Zwillingen Es wird vermutet, dass der GABA (Gamma-Aminobuttersäure), die den Hauptanteil des inhibitorischen Neurtransmittersystems im Gehirn darstellt, eine wichtige Bedeutung (im Sinne der Erniedrigung) bei der Entstehung von Panikstörungen zukommt. Studien legen nahe, dass die Panikanfälle mit Veränderung der Noradrenalin-Aktivität im Locus coeruleus zusammen hängen. Yohimbin erhöht die Noradrenalinaktivität im L.C. ohne andre Transmitter zu beeinflussen und führt zu Angstsymptomen Aufgrund der therapeutischen Wirkung von Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern wird auch dem serotonergen Neurotransmittersystem eine wesentliche Rolle bei Provokation von Angstsymptomen zugeschrieben.
