Therapiearten (Subject) / Systemische Therapie (Lesson)

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Systemische Therapie

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  • Systemische Therapie allgemein Ursprung Als Systemische Therapie (auch: Systemische Familientherapie) wird eine psychotherapeutische Fachrichtung beschrieben, die systemische Zusammenhänge und interpersonelle Beziehungen in einer Gruppe als Grundlage für die Diagnose und Therapie von psychischen Beschwerden und interpersonellen Konflikten betrachtet. Seit Dezember 2008 ist diese Therapieform und ihre Wirksamkeit auch in Deutschland anerkannt, in Österreich und der Schweiz erfolgte die Anerkennung bereits in den 1990er Jahren. Familientherapeutisches Denken entwickelte sich so in den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts im Kontext der neuen Wissenszweige der Kybernetik und der Systemtheorie. Im Laufe der Zeit haben sich methodisches Vorgehen und zugrundeliegende Prämissen differenziert, so dass sich heute mehrere Schulen voneinander abgrenzen: strukturelle und strategische Familientherapie, aber auch Familientherapie mit mehreren Generationen (Mailänder Modell und Heidelberger Schule), narrative Ansätze (nach Michael White oder Harold A. Goolishian), Familienskulpturen nach Virginia Satir, Integrierte Familientherapie (nach Hans-Werner Gessmann - Psychotherapeutisches Institut Bergerhausen - Duisburg) oder die lösungsorientierten Ansätze der Schule von Milwaukee. Die Grundannahmen der letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts wie die Double-Bind-Hypothese von Gregory Bateson und Paul Watzlawick oder die anfängliche Gleichsetzung von Familie und System waren zwar prägend in der Gründungsphase der Systemischen Therapie. Sie gelten systemischen Therapeuten heute jedoch als überholt. Die heutige Theoriebildung wurde stark von der biologischen Systemtheorie der Chilenen Maturana und Varela beeinflusst, die dann von Niklas Luhmanns soziologischer Systemtheorie erweitert und ergänzt wurde.   Virginia Satir gilt als Mutter der systemischen Therapie. Sie hat das systemisches Repertoire und die Methodik erweitert und weiterentwickelt – erstens durch die Familienskulptur, zweitens die Familienrekonstruktion, drittens die Parts Party. Dadurch können biographische Muster und transgenerationale Problemstellungen entdeckt und bearbeitet werden, bzw. im dritten Fall eigene Persönlichkeitsanteile sichtbar gemacht und integriert werden. Die Amerikanerin Virginia Satir gab viele Seminare in Europa und beeinflusste nicht nur die systemische Gemeinde, sondern auch – von ihr selbst durchaus skeptisch gesehen – die Einführung des Neuro-Linguistischen Programmierens oder die Familienaufstellung nach Bert Hellinger. Vom norwegischen Sozialpsychiater Tom Andersen wurde das therapeutische Setting um das so genannte Reflecting Team erweitert. Dabei tauschen (in der Regel) am Ende einer Therapiesitzung Therapeut und Klient(en) mit dem Co-Therapeuten-Team die Plätze. Therapeut und Klient(en) beobachten nun, wie das Co-Therapeuten-Team das bisherige Geschehen aus ihrer Sicht in einer hilfreichen und unterstützenden Art und Weise reflektiert. Der erhöhte Aufwand (mehrere Therapeuten) bringt eine höhere Vielfalt der Perspektiven, vermindert Therapiefehler und Einseitigkeiten und wird mit hoher Effektivität belohnt (nur sehr wenige Sitzungen sind typischerweise notwendig). Insoo Kim Berg und Steve de Shazer konzipierten in Milwaukee eine lösungsorientierte bzw. lösungsfokussierte Therapie (lösungsorientierter Ansatz). Grundlegend beeinflusst vom österreichischen Philosophen Ludwig Wittgenstein geht dieser Ansatz davon aus, dass Problem und Lösung zwei verschiedenen Welten angehören. Die Problemstellung tritt in den Hintergrund, ebenso die Familie als System (mit den Familienmitgliedern als Elementen). Das gesamte „Therapiegeschehen“ wird als Prozess der Entwicklung und Loslösung vom Problem modelliert. Wichtige Instrumente der Lösungsfokussierung sind Wertschätzung, Skalierung und die sogenannte Wunderfrage ("Nimm mal an, Dein Problem würde, ohne dass Du es bemerkst, durch ein Wunder gelöst. Woran würdest Du das danach erkennen?").  
  • Doppelbindungstheorie Die Doppelbindungstheorie (engl. double bind theory, franz. double-contrainte) ist eine kommunikationstheoretische Vorstellung zur Entstehung schizophrener Erkrankungen.[1] Die Theorie wurde von einer Gruppe um den Anthropologen und Kommunikationsforscher Gregory Bateson entwickelt. Sie identifizierten (im Gegensatz zu bis dahin geltenden intrapsychischen Hypothesen) Beziehungsstrukturen, die in der Folge zu Verhaltensformen führen können, die als Schizophrenie bezeichnet werden, und prägten für diese den Ausdruck double bind.[2] Die Doppelbindungstheorie beschreibt die lähmende, weil doppelte Bindung eines Menschen an paradoxe Botschaften oder Signale und deren Auswirkungen. Die Signale können den Inhalt der gesprochenen Worte betreffen, oder Tonfall, Gesten und Handlungen sein.
  • Therapieansatz Der historisch aus der Familientherapie entwickelte Ansatz sieht das familiäre System bzw. das organisatorische System eines Unternehmens als Ressource, auf dem aufbauend das einzelne Mitglied sowohl seine Fähigkeiten und Stärken als auch Verhaltensstörungen entwickeln kann. Zeigt ein Mitglied der Gruppe psychische oder Verhaltensauffälligkeiten, so wird der Betreffende als Symptomträger für das Gesamtsystem betrachtet. Dies kann sich beispielsweise in typischen privaten Konflikten mit dem Partner oder in immer wiederkehrenden Problemen mit Kunden oder Kollegen zeigen. Die Weiterentwicklungen zur Systemischen Therapie kennen bis heute keine dezidierte Störungslehre bzw. wird eine Diagnostik von „Störungen“ oder gar „psychischen Krankheiten“ samt traditionellen Psychopathologie-Konzeptionen größtenteils explizit als inadäquat abgelehnt. Dies hat einerseits die theoretische Nähe zu lösungsfokussierten Ansätzen zur Folge und dürfte gleichzeitig den größten und bislang kaum zu überwindenden Gegensatz zu Grundorientierungen der etablierten psychotherapeutischen Versorgung und dem Selbstverständnis des deutschen Gesundheitssystems ausmachen, das weitgehend störungsorientiert operiert und theoretisch hauptsächlich behavioristisch oder psychoanalytisch orientiert ist. Soziale oder psychische Auffälligkeiten werden nicht als „krank“ bzw. pathologisch sondern als prinzipiell verstehbare Reaktion auf Probleme oder Anforderungen gesehen, die gelegentlich selbst problematisch sein können.
  • Vorgehensweise Techniken Als wichtigster Startpunkt einer Systemischen Therapie hat sich eine möglichst präzise Auftragsklärung im Verhältnis von Therapeut und Klient/Kunde (die Bezeichnung Patient wird überwiegend abgelehnt) herausgebildet. Sind Ziele konkretisiert und für Klienten/Kunden und Therapeuten akzeptabel, kann die eigentliche Therapie beginnen. Sollte sich eine Therapie über mehrere Sitzungen erstrecken, empfiehlt sich eine gelegentliche neue Auftragsklärung, da sich Ziele über die Zeit einer Therapie ändern können. Als präferierte Form werden wenige Termine pro Therapie mit wenn möglich größeren zeitlichen Abständen zwischen den einzelnen Sitzungen gesehen, in denen die Klienten/Kunden eventuelle neue Erkenntnisse aus den Sitzungen in ihrer eigenen Lebenspraxis ausprobieren und/oder so genannte Hausaufgaben erledigen können. Insofern zeichnet sich die systemtherapeutische Vorgehensweise durch Sparsamkeit aus, die den Schwerpunkt auf Eigeninitiative des Klienten/Kunden setzt. Gebräuchliche Techniken, Interventionen und Methoden sind: Zirkuläre Fragen, die auf den vermuteten Standpunkt Dritter (auch Anwesender) abzielen Skalenfragen, zur Verdeutlichung von Unterschieden und Fortschritten Positives Konnotieren und Herausarbeiten der positiven Aspekte von problematischen Sachverhalten Reframing von Sachverhalten, um Bedeutungs- bzw. Interpretationsveränderungen anzuregen Paradoxe Intervention, i. d. R. Verschreibung des problematischen Verhaltens, um Automatismen zu verändern Hausaufgaben diverser und individuell angepasster Art zur Erledigung zwischen den Sitzungen Metaphernarbeit, Parabeln und Geschichten als Umgehungstechnik für potentielle „Widerstände“ Ausnahmen zum beklagten Sachverhalt erfragen, um die Änderbarkeit von als statisch angenommenen Sachverhalten zu verdeutlichen Verwendung von Konjunktiven zu Fokussierung auf Optionen und Möglichkeiten Skulptur, Darstellen von Familienbeziehungen als Standbild aus Personen im Raum Soziogramm, die grafische Darstellung der sozialen Beziehungen Reflecting Team – siehe oben bei Tom Andersen Einladung an Familienmitglieder oder Freunde, an einzelnen Sitzungen oder Therapiephasen teilzunehmen