Psychologie (Subject) / Klinische Psychologie2 (Lesson)
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Vorlesung Prof. Mühlig SS 14
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- SGB 5: Qualitätssicherung Neue Untersuchungs und Behandlungsmethoden nur abgerechnet werden, wenn Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzen der neuen Methode notwendige Qualifikation der Ärzte sowie apparative Anforderungen erforderliche Aufzeichnungen über die Behandlung SIcherung der Qualität als Leistungserbringer ist eine vom Gesetz festgeschriebene Aufgabe der Ärzte, PP und KK
- Phasen der diagnostischen Beurteilung 1. Wahrnehmung von Krankheits- oder Störungsanzeichen 2. Bewertung dieser Zustände als krank, gestört oder abweichend 3. Überprüfung der Krankheits/ Störungshypothese
- Anwendung des modernen Störungsmodells Beobachtung: Intra- oder interindividuelle Abweichung in Zustand oder Verhalten Bewertung: Ist die Abweichung relevant/ abnorm/ behandlungsbedürftig? Überprüfung: Festigung der Hypothese mittels objektiver Befunde
- Beurteilung des Zustands einer Person als therapiebedürftig ("gestört mit Krankheitswert") spontane Beurteilung fachliche Beurteilung: Normen und Zusatzannahmen Aber: auch abnorm/unnormal kann toleriert werden Zusätzlich erforderlich: Bewertung, ob dieser Zustand änderungsbedürftig und änderungsfähig ist
- Elemente der Diagnose einer Störung Befinden Befund Beeinträchtigung Psychologische Diagnosen dürfen nicht leichtfertig vergeben werden
- Kriterien für Therapiebedürftigkeit Therapiewunsch von Seiten des Betroffenen akute Selbst oder Fremdgefährdung sozial inakzeptables Verhalten erhebliche Beeinträchtigung: Wohlbefinden, Leistungsfähigkeit, Alltagsaktivitäten, soziale Beziehungen
- Allgemeine Aufgaben der Diagnostik Beschreibung Klassifikation Erklärung Prognose Evaluation
- Grundarten von Diagnostik Eigenschaftsdiagnostik: Persönlichkeitseigenschaften Verhaltensdiagnostik: Verhaltensanalyse Verknüpfungen: interaktives Persönlichkeitsmodell
- Formen der klinischen Diagnostik bei psychischen Störungen Klassifikatorische Diagnostik Strukturdiagnostik funktionale Diagnostik Prozessdiagnostik
- Multimodale Diagnostik = Berücksichtigung verschiedener diagnostischer Ebenen Datenebenen Datenquellen Untersuchungsverfahren Konstrukte/ Funktionsbereiche
- Prozess der klassifikatorischen Diagnostik bei psychischen Störungen bestimmte Verhaltensaspekte werden über diagnostische Konventionen als diagnostische Symptome definiert und aufgrund der Störungslehre zunächst zu Syndromen zusammengefasst und dann über Zusatzannahmen zu Diagnosen verarbeitet Aber: Klassifikationssysteme nie objektiv wahr, sondern immer Resultat eines Konsensus
- Der klassifikatorisch-diagnostische Prozess Beschwerden, Klagen Verhaltensweise Symptome, Befunde Syndrome Störungsdiagnosen
- Quantifizierende Beschreibung von Symptomen Neben der qualitativen Beschreibung subjektiver Beschwerden ist es erforderlich die klinische Bedeutsamkeit der Symptomatik zu spezifizieren Kriterien: Symptomschweregrad Persistenz, Dauer, Frequenz Grad der subjektiven Belastung Grad der Beeinträchtigung und Gefährdung Ausmaß objektivierbarer Beeinträchtigungen organisch-physiologische Befunde
- Ziele interventionsbezogener Diagnostik Indikation Therapieplanung und Legitimation Verlaufskontrolle und Prozesssteuerung Qualitätskontrolle und sicherung Dokumentation
- Grundfragen der interventionsbezogenen Diagnostik Welche Verhaltensmuster bedürfen einer Änderung? (Zielanalyse) Welches sind die Bedingungen, unter denen dieses Verhalten erworben wurde und welche Fakoren halten es momentan aufrecht? (Problemanalyse) Welches sind die therapeutischen Mittel, um die erwünschten Veränderungen zu erzielen? (Therapieplanung)
- Screening: PHQ Patient Health Questionnaire speziell für Anwendung in Arztpraxis nach diagnostischen Kriterien des DSM4 gute psychometrische Eigenschaften: Sensitivität, Spezifität, Konstruktvalidität, Reliabilität
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- Screening: SKID Strukturiertes klinisches Interview für DSM4 international sehr verbreitet setzt klinische Erfahrung voraus weniger reliabel aber flexibler
- Screening: DIPS Diagnostisches Interview für psychische Störungen standardisierte Diagnostik nach DSM und ICD paper-pencil- Verfahren Kurzvariante Mini-DIPS
- Screening: M- CIDI Vorteile: reliabel, valide, umfangreich, computerisiert Nachteile: sehr aufwendig und anstrengend für Ptn
- Dimensionale Diagnostik zur Ausprägungs- und Schweregradbestimmung der depressiven Symptomatik Depression Selbstbeurteilung: SLC90, ADS, FFD Depression Fremdbeurteilung: BRMS, MADRAS, IDSC Screening bei Verdacht auf bipolare Störung: MDQ, HCL Manie Selbstbeurteilung: MSS, ISS, ADMS Manie Fremdbeurteilung: YMRS, BRMAS
- Warum formalisierte und standardisierte Diagnostik notwendig? reliable Diagnosen bessere Kommunikation sichere Ptn- Aufklärung mehr Sicherheit Qualitätssicherung
- Kritik an Klassifikaionssystemen abhängig von wissenschaftlichen und politischen Entscheidungen stetige Änderungen durch Revision vorübergehend brauchbare Konstrukte Grenzen: akute schwerste Störungen sind diagnostischem Interview nicht zugänglich Klassifikatorische Diagnostik ersetzt nicht die anderen Formen
- Diagnose= Therapieentscheidung? Nein, da Indikation einer Therapie von vielen Faktoren und Rahmenbedingungen abhängig Aber für viele Diagnosen stimmt diese Relation
- Beispiel: Ablauf des diagnostischen Prozess Erstkontakt Erstgespräch 2-4 Termin: differenzielle Diagnostik 5 Termin: differenzielle Indikation ab 6 Termin: Durchführung der Therapie
- Bereiche der Psychotherapieforschung Wirksamkeitsforschung vergleichende Wirksamkeitsforschung Nutzwertforschung Wirkfaktoren und Prozessforschung Prädiktorenforschung
- Fundamentale klinische Fragestellungen der Psychotherapieforschung Ist die Intervention an sich wirksam? (efficacy) Wirkt die Intervention auch unter realen Praxisbedingungen? (effectiveness) Ist die Intervention mindestens so wirksam wie eine Alternativbehandlung? (komparative Evaluation) Welche Faktoren sind für die Therapieeffekte verantwortlich? (Wirkfaktoren) Welche Faktoren sagen den Therapieerfolg vorher? (Prädiktoren) Wieviel Therapie ist optimal? (Dosis- Wirkungs- Beziehung)
- Evaluationsperspektive: Wer bestimmt, ob eine Therapie erfolgreich ist? Therapeut Patient soziales Umfeld Institution Sozialversicherungsträger Forscher Gesellschaft
- Datenquellen multimodaler Erfolgsdiagnostik Klinikereinschätzung unsystematische Selbstangaben des Ptn standardisierte Diagnosesysteme Verhaltensbeobachtung Fremdangaben des sozialen Umfelds psychophysiologische Messungen objektive Informationsquellen
- Zielperspektiven des Therapieerfolgs Untersuchungseinheit psychologische Zielaspekte psychosoziale Dimensionen Zieldefinition: störungsbezogen, individuell, therapiespezifisch
- Therapieerfolg: Erreichen spezifischer vs unspezifischer Therapieziele spezifische Therapieziele: Symptome, subjektive Beschwerden vs persönlich bedeutsame undindividuell definierte Therapieziele unspezifische Therapieziele: allgemeingültige oder zweckmäßige Ziele von Psychotherapie
- Erfolgsparameter für Psychotherapieerfolg Mortalitätsreduktion Morbiditätsparameter psychosoziale Funktionsfähigkeit Lebensqualität und Zufriedenheit gesundheitsökonomische Effekte Therapiezufriedenheit: Th und PTn
- Prädiktorenforschung: Welche Faktoren lassen eine Vorhersage über den Therapieerfolg zu? Problem: angemessene Auswahl möglicher Einflussvariablen, die vor Therapiebeginn erhoben werden müssen Methodische Zugänge: Breitbanderfassung von soziodemografischen, Morbiditäts, Störungs, Setting, Persönlichkeits, Interventions oder Therapeutenmerkmalen hypothesengeleitete Untersuchung spezifischer Einflussfaktoren
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- Wirkfaktorenforschung: Welche Faktoren sind im Rahmen einer Intervention für den Therapieerfolg verantwortlich? Problem: Therapieerfolg muss sich eindeutig kausal auf bestimmte Therapieelemente zurückführen lassen Methodische Zugänge: Vergleich unterschiedlicher Therapieformen Therapieprozessforschung Einzelfallanalysen Kontrollgruppenvergleich
- Dosis-Wirkungs- Beziehung: Wieviele Stunden sind zur Erreichung eines ausreichenden Therapieerfolgs notwendig? Problem: Definition eines ausreichenden Therapieerfolgs und negativer Effekte Methodische Zugänge: Vergleich Therapieformen Einzelfallanalysen Sekundäranalyse von Therapieverlaufsmessungen
- Levels of evidence Editorials, Expert opinions Case series, case reports case control studies cohort studies randomized controlled trials systematic reviews
- Definition Psychotherapie (Strotzka) Psychotherapie ist ein bewusster und geplanter interaktionaler Prozess zur Beeinflussung von Verhaltensstörungen und Leidenszuständen, die in einem Konsens für behandlungsbedüfrtig gehalten werden, mit psychologischen Mitteln, in Richtung auf ein definiertes, nach Möglichkeit gemeinsam erarbeitetes Ziel mittels lehrbarer Techniken auf der Basis einer Theorie des normalen und pathologischen Verhaltens. IdR ist dazu eine tragfähige emotionale Beziehung notwendig.
- Intra- und interpersonelle Interventionsebene Intrapersonelles System: Funktionen, Funktionsmuster Interpersonelles System: Dyade (Familie), Betrieb (schule), Gemeinde
- interventionsrelevante Wissensarten Tatsachenwissen: singuläre Beobachtungen Nomologisches Wissen (Bedingungswissen): gesetzmäßige psychologische Zusammenhänge Nomopragmatisches Wissen (technologisches Handlungswissen): Handlungsempfehlungen -> Indikationsaussagen
- Wissensquellen Alltagserfahrung: subjektiver Erfahrungserwerb Wissenschaftlicher Erkenntnisprozess: systematische epirische Prüfung, wissenschaftliche Regeln Ideologie: willkürliche Annahmen, geleitet von sachfremden Interessen Viele psychotherapeutische Methoden sind eher auf 1 und 3 begründet als auf wissenschaftlicher Erfahrungsbildung
- Formen wissenschaftlich begründeter Handlungsregeln Indikationsempfehlung: allgemeine Handlungsregeln, die angeben, welche Maßnahmen unter welchen Bedingungen optimal sind Heuristiken: technologische Regeln oder Regelsysteme für Suchverfahren zum Finden von Lösungen für schlecht definierte oder komplexe Probleme
- Wann gelten Interventionsmethoden als „wissenschaftlich fundiert“? Wenn sie auf theoretisch begründeten Annahmen basieren die eine nomopragmatische Aussage erlauben welche wissenschaftlich prüfbar ist und empirisch bestätigt wurde
- Kriterien für „wissenschaftliche Fundierung“ klin.psychol. Interventionen (Baumann & Perrez) Vereinbarkeit der Grundannahmen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen Ableitung der nomopragmatischen Regeln aus bewährten psychologischen Gesetzen ethische Legitimierbarkeit der Prozessziele und Methoden empirischer Wirksamkeitsnachweise positive Effekte und Nebeneffekte angemessenes Kosten- Nutzen- Verhältnis Wissenschaftliche Fundierung -> Grundlage für professionelles, zweckrationales Handeln
- Merkmale klinisch-psychologischer Interventionsmethoden Wahl spezifischer Mittel differenzielle Interventionsfunktion Zielorientierung theoretische Fundierung Evaluation Professionalität
- Merkmale klinisch-psychologischer Interventionsmethoden: 1. Wahl der Mittel Gespräch Übung Zwischenmenschliche Beziehung Spezifische Techniken Ansatzpunkte der Interventionen= Erleben + Verhalten
- Merkmale klinisch-psychologischer Interventionsmethoden: 2. Interventionsfunktionen Gesundheitsförderung Prävention Therapie Rehabilitation Psychologische Interventionen können sich auf Veränderungen psychischer oder somatischer Zustände beziehen
- Merkmale klinisch-psychologischer Interventionsmethoden: 3. Zielorientierung explizit beschreibbar Erreichung durch regelgeleiteten Einsatz spezifischer Methoden Bezug zu den Therapiezielen klar umschrieben
- Merkmale klinisch-psychologischer Interventionsmethoden: 4. Theoretische Fundierung Wissenschaftlich begründete Interventionen= exoliziter theoretische Bezug zum rationalen Korpus Psychologie und ihren Nachbarwissenschaften rationaler Korpus= jene Theorien, Hypothesen, Forschungsmethoden und empirische Ergebnisse, die von Scientific Community akzeptiert werden Wissenschaftliche Fundierung= unterliegt der Dynamik des Erkenntnisfortschrittes
- Merkmale klinisch-psychologischer Interventionsmethoden: 5. Evaluation Klinische Interventionsmethoden müssen folgende Kriterien erfüllen, um ethisch und wissenschaftlich vertretbar zu sein: Gründung auf einer überprüfbaren Theorie empirische Überprüfung in Bezug auf ihre Anwendungsfelder empirischer Nachweis der Wirksamkeit und Unschädlichkeit
- Merkmale klinisch-psychologischer Interventionsmethoden: 6. Professionalität Klinische Interventionen werden berufsmäßg ausgeübt, dh durch Personen mit: spezifischer Kompetenz definierter Berufsrolle offizieller Legitimation
- Worin unterscheiden sich die psychotherapeutischen Ansätze? Metatheorie Störungs- und Krankheitsmodell diagnostische Methoden und Vorgehen Zielsetzung Strukturmerkmale Wirkmechanismen therapeutische Vorgehensweise Beziehungsgestaltung empirische Fundierung
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