Rechtspsychologie (Subject) / Polizeiarbeit & Krisenverhandlungen (Lesson)

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Vorlesung 8

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  • Was sind Krisen? - Definition (Hammer et al.): als „Kirsen“ bezeichnet man in der internationalen Verhaltensforschung Lagen, die dur h folgende Merkmale gekennzeichnet sind:  - Treten selten und daher zumeist völlig unerwartet ein - Sind mit der Androhung von Gewalt verbunden- Müssen innerhalb eines begrenzten Zeitintervalls bewältigt werden- Können für alle Seiten verhängnisvolle Konsequenzen haben - Verursachen bei den Beteiligten ein hohes Maß an Stress  - Sehr heterogene Ereignisse - bspw. Suizidlagen, häusliche Gewalt, Geiselnahmen, Entführungen, Bedrohungslagen 
  • Was sind Probleme gibt es bei der Effektivität der Verhandlungsführung? - Diversität der Ereignisse - Seltenheit der Ereignisse- häufig nicht systematisch dokumentiert: Datenschutz, laufende Verfahren - wenig gesicherte, „objektive“ Erkenntnisse möglich- Skepsis gegenüber Übertragbarkeit wissenschaftlicher Erkenntnisse
  • Wodurch unterscheiden sich traditionelle von neueren Modellen der Krisenverhandlung? Alte Modelle: zu einseitig 1. Contending Approach (= kämpfen; Durchsetzung der Interessen beider Parteien —> Ziel= Geiselnehmer seine Unterlegenheit verdeutlichen; Problem= funktioniert nicht wirklich, siehe Bsp. Geiselnahme Olympiade 1972 München) 2. Bargaining Approach (= verhandeln; Annahme über zeitlich relativ stabile Ziele + Gewinnmaximierung beider Seiten —> Ziel= Zeitgewinn bei Verhandlung durch quid-pro-quo-Prinzip; Problem= Geiselnahmen sind selten rational, sondern extrem emotionsgeladen) 3. Expressive Approach (= psychothherapeutisch; Qualität der Beziehung der Parteien ist relevant für effektives Konfliktmanagement —> Ziel/e= verständnisvolle Beziehung mit Vertrauen aufbauen, erst emotionale Erregung abbauen und dann erst Förderung rationaler Problemlösungen; Problem= alle Modelle zu spezifisch, sind viel mehr Faktoren involviert) Neue Modelle: integrieren die alten Modelle, Fokus auf multiple Aspekte 1. S.A.F.E. Modell (Rogan & Hammer) - 4 frames/Ebenen der Kommunikation, die zu einer effektiven Krisenverhandlung zuerst identifiziert werden müssen Inhaltsebene (substantive frame)- konkreteinhaltl. Wünsche / Forderungen- Trennung zw. zentralen (z.B. Geld, Fluchtfahrzeug) und peripheren Interessen (z.B. Essen, Verpflegung) Beziehungsebene (attunement frame)- Macht / Kontrolle / gegenseitiges Vertrauen / Verständnis der Verhandlungspartner Identitätsebene (face frame) - Ansehen & Reputation - wichtig, weil Forderungen & Verhalten (u.a. auch) der Stabilisierung/Wiederherstellung des eigenen Selbstbildes dienen (können) - bestimmte Forderungen sollten nicht inhaltlich interpretiert werden, denn sie können ein Werkzeug zum Aufbau des Selbstbildes sein Emotionale Ebene (emotion frame) - s. expressive approach - sprachliche Indikatoren für Emotionalität bei suizidalem Ausgangunterscheiden sich von jenen ohne suizidalen Ausgang (Level der Emotionalität als Prädiktor) 2. Kommunikationsmodell (Taylor) - 3 verschiedene Facetten kommunikativen Verhaltens (Form, motivatonale Orientierung, Intensität der Interaktion) Interaktionsfacette = Ausmaß, in dem Konfliktparteien Kooperationsbereitschaft zeigen - allgemeines Konfliktverhalten- umfasst drei Verhaltensebenen* Vermeidendes Verhalten * Distributives/Kompetitives Verhalten * Integratives Verbal/-Verhalten —> Ähnlich Dual-Concern-Modell, Rubin Motivationale Orientierung = Ziel/Problem, auf das Interesse gerichtet ist → aus drei Elementen- Instrumentelle Motive = inhaltliche Wünsche/Forderungen- Relationale Motive = Vertrauensverhältnis zu anderen Personen - Identitätsbezogene Motive = Gesichtswahrung, Gesichtsverlust → ähnlich frame 2-4 vom S.A.F.E- Modell Intensität = Ausmaß der Allgemeinheit/Spezifität von Verhalten und Differenzierung von Eskalation und Deeskalation→ wenig ausdifferenziert, empirisch belegt
  • Was ist besser: Komparative Analysen oder Einzelfallanalysen? Komparative Fallanalysen= Bildung homogener Fallgruppen (Identifikation von externen Merkmalen, die unterschiedliche Verläufe vorhersagen) —> Problem= wenige ähnliche Fälle, extrem viele Merkmale —> schmale empirische Basis (bspw. Donohue et al.): 3 Gruppen (mental gestörte Fälle, rein kriminelle Fälle, Fälle im Familienkontext) Einzelfallanalysen= systematische, theoriebezogene Analysen von unterschiedlichen Einzelfallanalysen - Rückgriff auf Modelle (bspw. Kommunikationsmodell/Modelle aus der SP) - Konfliktverläufe als Abfolge qualitativ unterschiedlicher Phasen —> Problem= eskalierend & seeskalierend laufen unterschiedlich ab! (Aggressives Verhalten, drohender Gesichtsverlust, kompetitive/distributives Verhalten) Fazit: Kombination beider Analysen am besten! ;) 1. Differenzierung von Gesprächsphasen unterschiedlicher Konfliktintensität (=Einzelfallanalyse) 2. Fallübergreifende Überprüfung (=Komparative Analyse) - Kommunikationsmuster identifizieren (systematische Einteilung in Eskalation vs. Deeskalation) (=Komparative Analyse)- Notwendigkeit der Analyse auf mehreren Ebenen (bspw. Mit S.A.F.E-Modell von Rogan & Hammer)