Ökologie und Raumplanung (Subject) / Raumplanung (Lesson)
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Grundlagen der Raumplanung
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- Beteiligung der Öffentlichkeit in der Bauleitplanung TÖB: Träger öffentlicher Belange: Vereine, Kita, Post... Gesetzliche Grundlage: • ROG und BauGB sehen Beteiligung der Öffentlichkeit vor • Unterrichtung über Ziele und Zwecke der Planung• Frühzeitige Gelegenheit zur Stellungnahme muss gegeben werden
- Beteiligung (passiv) vs. Partizipation (aktiv) -> Kritik Gerade im Zusammenhang mit großen Infrastrukturprojekten werden partizipativen Verfahren große Bedeutung zugeschrieben -Planung mehr als ein rechtliches Instrument -> ist ein Eingriff in herrschende gesellschaftliche Verhältnisse, hat soziologische Relevanz!! Kritik an Beteiligungsverfahren A) Beteiligung zwar gesetzlich festgeschrieben, allerdings ist die Ausführung nicht gesetzlich gebunden -> na toll! B) Ziel ist es einen Konsens zu finden -> ergo keine ideelle Lösung, sondern eine „Konfliktbefriedung“, möglicherweise auch „Scheinlösung“, aber wer hat die Ressourcen, den Konsens zu prägen? - Planungskonflikte werde nicht weniger, sondern “sorgfältig choreographiert” - Technokratie um Konsens herzustellen -Zukünftig sollte Heterogenität und Diversität von Gesellschaften stärker berücksichtigt werden C) Je nach Form der Beteiligung sind verschiedene Verzerrungen möglich: -> Qualitativ: Wer wird beteiligt bzw. ausgeschlossen? z.B. durch Uhrzeit der Beteiligungsveranstaltung (18 Uhr = familienfreundlich) durch Sprache ( dt. schließt teilweise Migranten aus) Beispiel für schlechte Bürgerbeteiligung: Infoveranstaltung zu Münster 2050 mit 15 Leuten aus intellektuellem Milieu à Herausforderung: Wer soll eingeladen werden; gar nicht so einfach Beteiligung gut zu gestalten! -> Quantitativ: Wie hoch ist der Grad der Ungleichheit? Weitere Mechanismen: - Public-Private-Partnerships (Form von Governance z.B. durch BIDs) - New Public Management (z.B. stärkere Markt- und Wettbewerbsorientierung - Particitainment (Selle et al.) D) Formelle Planung und traditionelle Planungsverständnisse gehen von einer konsensualen Planung aus; noch stärkerer Trend seit Communicative turn E) Post-politische Bedingungen: Teil der Bevölkerung ausschließen, bis nur noch die übrig sind, die Vorhaben zustimmen z.B. durch Particitainment F) Mouffe (2005): Untertscheidung zwischen “dem Politischen” als Raum von Macht, Konflikt, Aushandlung und Antagonismen “Politik” als Mechanismen, Praktiken und Institutionen durch die eine bestimmte (hegemoniale) Ordnung hergestellt und organisiert wird -> Governance simuliert nur die Integration aller -> Gemeinschaft simuliert eine lokale Mehrheit -> Partnerschaft simuliert Kommunikation auf Augenhöhe G) Sollten zukünftig Proteste/Demos/Besetzungen als Form informeller Beteiligung akzeptiert werden und nicht nur als Störung gesehen werden? à Proteste stellen gesamtes System in Frage. Problem: Fehlen von Mechanismen, durch die Sinnvoll mit Protesten umgegangen werden kann H) Partizipations-Paradoxon: BürgerInnen müssten von vorne herein sehr viel Zeit & Energie investieren
- Planfeststellungsverfahren - Nach Abschluss eines ROV muss i.d.R. ein Planfeststellungsverfahren eröffnet werden, wenn es sich um Großvorhaben handelt 1. Antrag Der Träger des Vorhabens hat den Plan der Anhörungsbehörde zur Durchführung des Anhörungsverfahrens einzureichen 2. Zuständigkeit - Die Planfeststellungsbehörde stellt den Plan fest (Planfeststellungsbeschluss). - Im Planfeststellungsbeschluss entscheidet die Planfeststellungsbehörde über die Einwendungen, über die bei der Erörterung vor der Anhörungsbehörde keine Einigung erzielt worden ist. Sie hat dem Träger des Vorhabens Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind. 3. Anhörungsverfahren bzw. Öffentliche Auslegung nach § 73 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) - Der Träger des Vorhabens hat den Plan der Anhörungsbehörde zur Durchführung des Anhörungsverfahrens einzureichen. (...) - Innerhalb eines Monats nach Zugang des vollständigen Plans fordert die Anhörungsbehörde die Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, zur Stellungnahme auf und veranlasst, dass der Plan in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird, ausgelegt wird. - Gemeinden müssen Plan innerhalb von 3 Wochen nach Zugang für 1 Monat auslegen - Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann man schriftlich oder zur Niederschrift bei der Anhörungsbehörde oder bei der Gemeinde Einwendungen gegen den Plan erheben. (...) Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. (...)
- Business Improvement Districts (BID) BIDs: Bereiche, in denen durch Zusammenschluss von Vorhabenträgern, die in einem festgelegten Zeitraum (maximal fünf Jahre) in Eigenorganisation Maßnahmen zur Aufwertung des eigenen Standorts durchgeführt werden (z.B. Weihnachtsbeleuchtung, Entfernung von Grafittis, -> Der Träger übernimmt die Ausarbeitung der Maßnahmen, die Stadt behält ein Veto-Recht Einrichtung eines BIDs 1. Vorbereitung 2. Konkretisierung 3. Entscheidung 4. Umsetzung
- Pro und contra BID (Business Improvment Districts) PRO -> Keine Chance für Trittbrettfahrer (Akteure, die sich ohne finanzielle Beteiligung an Erfolgen von Marketingmaßnahmen bereichern) -> Kosten zur Verschönerung, Belebung und Attraktivitätssteigerung der Einzelhandelsstandorte werden durch Grundeigentümer*innen gedeckt -> Finanzierungssicherheit: durch Investitionen wird der Standort attraktiv, Grundeigentum wächst -> Die Stadt spart und kann in benachteiligte Standorte investieren (win-win?) CON....Kritik: -> Diskriminierung z.B. von obdachlosen Menschen -> Auseinanderdriften der unterschiedlichen Quartiere in einer Stadt: Private Investoren sind bspw. nicht an Vororten interessiert -> keine Megaweihnachtsbeleuchtung im Vorort-> Gefahr, dass Kommunen ihrer Daseinsvorsorge nicht mehr nachkommen können
- Wo liegen die Grenzen der formellen Planung? (Klausurfrage) ????
- Soziale Exklusion Soziale Exklusion = Gesellschaftliches Verhältnis von Zugehörigkeit und Ausschluss ->Definiert sich über Interdependenz und Partizipation (nach Kronauer 2002) Interdependenz: die soziale Einbindungen der Individuen z.B. über den Arbeitsmarkt, Bildungssysteme und soziale Netzwerke, Universität, Verein etc. Partizipation: politisch-institutionelle, kulturelle und ökonomische Teilhabe
- Wer ist von sozialer Exklusion betroffen? - Betrifft alle Menschen, die „den Anschluss an den Mainstream der Gesellschaft“ (Bude 2008) verloren haben. - Im Unterschied zu früher zieht sich soziale Exklusion heute durch alle Bevölkerungsgruppen und –schichten -> auch Profs können trotz finanzieller Absicherung betroffen sein durch mangelnde Kontakte, kein Internetzugang... Mögliche Faktoren: Bildung, Sprache, Wohnraum, Einkommen, Mobilität, individuelle Beeinträchtigungen, Armut, soziale Beziehungen Beispiele für ausgeschlossene Gruppen: - Jugendliche im sog. Übergangssystem - Alleinerziehende - Kinder und Jugendliche - Personen, die Benachteiligung über einen konstruierten Migrationshintergrund erfahren - Menschen, die sich über körperliche und geistige Besonderheiten von der Gesamtheit der Gesellschaft unterscheiden und sich aufgrund dessen innerhalb dieser nicht gleichwertig entfalten können. -> je nach Gruppe kann es zu unterschiedlichen Exklusionsdynamiken kommen: a) Jungen Erwachsene: „Hängen-Bleiben“ (Armut, Homogenität der soz. Netzwerke, Unzufriedenheit) b) Ältere BewohnerInnen: „Isolation und Entfremdung“ (materielle Prekarität, Isolation, Entfremdung)
- Sozialer Raum hat auch geografischen/räumlichen Bezug 3 Kapitalsorten, die sozialen Raum prägen - soziales Kapital (z.B. Freundschaften), - ökonomisches Kapital (z.B. Einkommen) - kulturelles Kapital (z.B. Bildungsabschluss)
- Materielle und prozedurale Ziele Materiell: Investive Maßnahmen: Bau eines Jugendzentrums, besserer Abwasserstruktur... Nicht-investive Maßnahmen: Einstellung von Sozialarbeitern, Einrichtung einer Hausaufgabenbetreuung oder von Freizeitangeboten Prozedurale Ziele: Intersektorale Zusammenarbeit: z.B. für Ziel „Nachhaltige Stadt“ müssen unterschiedliche Verwaltungsbereiche zusammenarbeiten (z.B. Grünflächenamt & Verkehrsamt). In Münster funktioniert Zusammenarbeit von Klimabeirat & Mobilitätsbeirat leider nicht so gut -> Prozedurale Ziele ggf. nachhaltiger bzw. führen eher zu Umdenken Für zukünftige Planung ist es wichtig: -materielle & prozedurale Ziele zusammenzudenken! - innerhalb der Verwaltung besser zu kooperieren! - einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen! - Abkehr von Containerdenken dringend notwendig
- Verteilungsgerechtigkeit und Verfahrensgerechtigkeit Distributional justice (Verteilungsgerechtigkeit) Hat wohlhabende Bevölkerungsschicht einen einfacheren Zugang zu umweltbedingten Vorteilen bzw. leiden weniger wohlhabende Schichten z.B. unter einem schlechten Abfallsystem in dem benachteiligten Quartier? (Harvey, 1973) Procedural justice (Verfahrensgerechtigkeit): Haben alle Menschen die Möglichkeit sich an Entscheidungsprozessen (z.B. zum Standort einer neuen Bushaltestelle) zu beteiligen?
- Environmental Gentrification Environmental Gentrification = Konvergenz von Stadtsanierung, ökologisch orientierten Initiativen & Umweltgerechtigkeitsaktivismus im fortgeschrittenen Kapitalismus Kritik -Verbesserung der Umweltqualität in einer Nachbarschaft mit niedrigem Status kann zu Gentrifizierung führen - Bewohner mit niedrigem Einkommen werden verdrängt; unter „Deckmantel der ökologischen Nachhaltigkeit“ Beispiel in die andere Richtung: Wenn ein gefährlicher Standort z.B. umweltschädliche Fabrik oder Mülldeponie, in der Nachbarschaft gebaut wird, ziehen Bewohner aus höheren sozioökonomischen Schichten eher aus und solche aus niedrigeren sozioökonomischen Schichten ein - ökologische Nachhaltigkeit ≠ soziale Gerechtigkeit!! - Begriff „Nachhaltige Stadtentwicklung“ wird missbraucht!!
- Gentrifizierung bezeichnet man den sozioökonomischen Strukturwandel großstädtischer Viertel durch eine Attraktivitätssteigerung zugunsten zahlungskräftigerer Eigentümer und Mieter als vorher und deren anschließenden Zuzug
- Soziale Gerechtigkeit in der Planung (Gesetzliche Grundlagen) Grundgesetz: - Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen - Sicherung gleichwertiger Lebensbedingungen (zielt auf die gleichmäßige Entwicklung der Teilräume vor allem bezogen auf Daseinsvorsorge, Einkommen und Erwerbsmöglichkeiten) Raumordnungsgesetz: §2 (2): 1. Im Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und in seinen Teilräumen sind ausgeglichene, soziale, infrastrukturelle, wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Verhältnisse anzustreben. (Gleichermaßen in Ballungsräumen wie in ländlichen Gebieten)