Politikwissenschaft (Subject) / Steuerungs- und Governancetheorie Folie 3 (Lesson)

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Offe

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  • Perspektivenverlagerung (funktionale --> normative Zielsetzung) Mayntz und Offe Mayntz: - Konzeptualisierung von Steuerung aus der Perspektive des staatlichen Akteurs ("von oben") - zentral: Problembewältigungsperspektive (Effektivität) - Integration gesellschaftlicher Akteure in Konzeption des "kooperativen Staates" (mit Hierarchie-Elementen) - Staat= "primus inter pares" (Sonderrolle) (--> "Rute im Fenster" im Hintergrund erzeugt Druck) Offe: - zentral: sozialpolitische und ökologische Zielsetzung von Regulierung ("Abfederung" kapitalistischer Friktionen) - Konzeptualisierung regulativer Politik ("von unten") durch gesellschaftliche Selbstregulierung
  • Biographische Punkte: Prof. Dr. Claus Offe - geb. 1940 in Berlin - Hertie School of Governance Berlin - Forschungsschwerpunkte: Politische Soziologie und Demokratietheorie, Politik des Wohlfahrtsstaates, Europäische Integration, Osteuropäische Transformationsprozesse
  • Ausgangsbedung in der Debatte um Regulierung 1) Befund: Debatte zwischen a) Befürwortern und b) Gegnern   staatlicher Reguierung seit Mitte der 70er --> Punktegewinn der Deregulierer (b) 2) Förderung nach De-Regulierung <--> gegen Übermaß an staatlichen Normen --> für Entstaatlichung bzw. für Privatisierung a) Ziele: wirtschaftliche Effizienzsteigerung und Erweiterung der Handlungsfreiheit b) Rechtfertigung: "Staatsversagen" (d.h. Gegenargument) 3) begleitende Entwicklungen (begünstigens für b) a) in der Politik: Aufschwung neokonservative und marktliberale Parteien b) in der Kultur ("anything goes"- Parole): Aufkommen postmoderner Kulturrichtungen --> Gemeinsamkeit (mit Deregulierungsposition): Freisetzung von Evolution bzw. Beseitigung von Schranken ("Bremsklötzen") c) objektive Entschränkung "Globalisierung": wachsende Verflechtungen zwischen Nationalstaaten erschweren Versuche der Binnenregulierung
  • Staatliche Regulierung- Pro-Argumente a) Pro-Argumente der Befürworter --> ergeben sich aus Theorie des Marktversagens: Fälle, in denen Märkte ihre Funktion (=Vermittlung gleicher, freier und effizienter Transaktionen) nicht erfüllen 4 Fälle von Marktversagen: 1. natürliche Monopole 2. Externalisierung von Effekten 3. meritorische Güter ( Bsp. Gesundheitsvorsorge) 4. asymmetrische Macht- und Informationsverteilungen (Verkehrung der formell egalitären Marktbeziehung in Abhängigkeitsbeziehung)
  • Staatliche Regulierung Formen der Regulierung: 1. Gebote 2. Auflagen 3. Kontrahierungsverbote (=Normierung von Mindestvoraussetzungen, z.B. für Marktzugang) <--> Deregulierungsbestrebungen z.B. in mittlerweile "klassischen" Sektoren wie: • Kommunikationsindustrie (TV, Telefondienste) • Transportindustrien (Schienen-, Straßen-, Luftverkehr) • Teile des Energiesektors (Erdöl, Erdgas) • Teile des Kapitalmarktes (Banken, Versicherungen)
  • Staatliche Regulierung- Contra-Argumente der Gegner b) Argumente der Gegner --> ergibt sich aus der Theorie des Staatsversagens (gemessen an der Funktion, soziale und ökologische Fehlentwicklungen in der Gesellschaft wirksam zu beseitigen) 3 Fälle von Staatsversagen: 1. Funktionsverfehlungen von Regulierung (a) Expansionstendent v. Regulierungsversuchen (b) keine besseren Resultate (im Vgl. z. Marktdynamik) 2. unintendierte Nebenfolgen (unerwünschte Resultate) --> Fazit: - nicht zufriedenstellende gesellschaftliche Abläufe - Regulierung beeinflusst nur Art und Weise, nicht aber das Niveau der Suboptimalität
  • De-Regulierung Kritische Einwände der Regulierer Exkurs:                                 Freiheit hat zwei Verständnisse                     negative ("Freiheit von...")               positive ("Freiheit zu...") --> Abwehrrechte (De-Regulierer)                   --> Gestaltungsansprüche (Regulierer) Ideologie der Deregulierer (Pathos der "negativen Freiheit"): Zurückdrängen einer bevormundenen Staatsgewalt
  • Kritische Einwände der Regulierer Gegen-Einwände der Regulierer: - These--> auch De-Regulierung ist = staatliche Intervention denn: beeinflusst Lebensverhältnisse durch Unterlassung von Regulierung (polit. Negativ-Entscheidung) • Indiz: De-Regulierung ≠ Selbstläufer --> angewiesen auf flankierende Maßnahmen (z.B. Öffentlichkeitsarbeit und Abwertung entgegenstehender Wertorientierungen, wie z.B. Gerechtigkeit, Solidarität) • "Projekt": Deregulierung: nur konflikthaft mit Mitteln des politischen Kampfes durchzusetzen
  • De-Regulierung und politischer Kampf Frage: Warum muss De-Regulierung überhaupt politisch erkämpft werden? - 2 Deutungen 1) Deutung der De-Regulierer • Gemeinwohlvorstellung (eine Dimension): ausschließlich aus ökonomischen Kategorien ableitbar --> maximale Effizienz- und Innovationsdynamik • die organisierten Interessen ( z.B. Gewerkschaften, Verbände) leisten aus selbstsüchtigen, kurzsichtigen Motiven Widerstand 2) alternative Deutung der Regulierer • Gemeinwohlvorstellung (mehr-dimensional): Kompromiss zwischen a) "ökonomischer Vernunft" und b) Sozial- und Umweltverträglichkeit (Arbeitsplatzsicherheit, gerechter Lohn...) • Credo: --> Möglichkeit "reicher" Gesellschaften des Westens nicht-ökonomischen Gütekriterien der gesellschaftlichen Entwicklung zum Durchbruch zu verhelfen und zwar: mit den Mitteln regulativer Politik • häufig diffus "Betroffene" = Opfer v. De-Regulierungspolitik (nicht organisationsfähig bzw. wehrhaft, z.B. Alte, Kranke, Arbeitslose)
  • Erklärungen für den Aufschwung deregulativer Politik Frage: Warum findet der De-Regulierungs-Ansatz so viel Aufmerksamkeit trotz der sozialen und ökologischen Folgeschäden die er verursacht? sozialwissenschaftliche Erklärungsansätze --> Hinweise auf Probleme regulativer Politik bezüglich: 1) Legitimation: < Knappheit an gemeinsamen Maßstäben für geordnetes Zusammenleben 2) Effektivität: < Rationalitätsgrenzen regulativer Politik 1) Legitimationsschwächen regulativer Politik --> aufgrund de Akzeptanzverlusts der Normen- Ursachen: a) Pluralisierung der Sozialstruktur --> Vervielfältigung der Beurteilungsmaßstäbe <--> nur noch "negativer Konsens" Folgen: Schwächung der sozialstrukturellen Basis des Kollektivismus b) Natur des Normbildungsprozesses: --> technokratisch-partikularistisch <--> traditionsgestütze Vorbilder für Normenbildung 2) Probleme der Effektivitt regulativer Politik Bedigungen regulativer Politik: --> Bedarf an "entgegenkommenden" normativen Dispositionen in der Bevölkerung (einsichtige Folgebereitschaft) <--> entgegenstehen: Schwierigkeiten der... a) Normsetzung (politische Willensbildung dominiert von technischer Expertise// Plausbilitätsverlust bei Regelungstatbeständen mit hohem Maß an Ungleichartigkeit) b) Normsanktionierung --> problematische Effekte Bsp.: Falschparken (kalkulierende Handhabung von Sanktionen) oder Umweltrecht (Funktion von "Umweltverschmutzungsrechten") --> Folge regulativer Politik: moralische Unterforderung der Bürger
  • "Dritter Weg" zwischen Regulierung und Deregulierung? Zwischenfazit: (1) "de-regulierte" Version reiner Markt-Vergesellschaftung --> normativ nicht wünschenswert (2) herkömmliche staatliche Regulierung via Geld und Recht --> begrenzte Reichweite (3) Erfordernis: --> ein Drittes: neuartige Formen der "Regulierung von Regulierung" = Rahmenwerk für faire und verantwortliche gesellschaftliche Selbstregulierung Weg: --> Kultur institutioneller Innovationen Bausteine: 1) Erster Baustein: Trennung von a) "ex ante-Regeln" = situationsabstrakte Vorgaben --> Festlegung des Modus (Prozeduren, Verfahren) für b) b) "ad hoc-Regeln" = situativer Normbildungsprozess --> Neutralisierung partikularer Machtinteresse durch "geeignete" Verfahren (universalistisches Kriterium) Zweiter Baustein: • Problem: strukturell unzulängliche Aufmerksamkeit der Akteure für externe und langfristige Folgen ihres Handelns = Nachhaltigkeitsproblematik • Steigerung der Vorsorgekapazität in der bürgerlichen Gesellschaft: Übergang von der 1) staatlichen Prävention (--> auf "Reservebank") zur 2) gesellschaftlichen Prävention --> kognitive und moralische Horizonterweiterungen = Basis und Konsequenz gesellschaftl. Selbstregulierung